Bernd Dombek

Ab dä Fisch


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genehmigen sich die Beiden erst einmal ein Getränk auf Kosten des Hauses. Weil man sich danach noch immer in der Warteschleife befindet, bestellen sie sich gleich das Nächste. Die lustigen kleinen Vulkane auf der Theke rauchen derweil fröhlich vor sich hin und benebeln die Sinne der Anwesenden. Als dann irgendwann Doktor L auftaucht, ist der Alte von den happy Essenzen dermaßen breit, dass er keine klare Wahrnehmung mehr hat. Auch Doktor Haferflocke hängt mittlerweile wie ein angeschossenes Reh auf dem Barhocker. Zur Sicherheit hat sie sich aber mit ihren Strapsen an der Theke fixiert.

      ''Wie ich sehe, habt ihr euch gut amüsiert'', strahlt L zufrieden.

      ''Das kann man mit Fug und Recht behaupten'', erwidert der Alte, ''ist ein echter Knaller dein Labor.''

      ''Und das im wahrsten Sinne des Wortes. Komm mit Helge, ich zeig dir den Rest.''

      ''Ja, aber mach bitte langsam. Mir ist ein bisschen schwindelig.''

      ''Du musst dich beim nächsten Mal nicht so nah an die Vulkane setzen'', sagt L schmunzelnd und hilft dem Alten behutsam vom Barhocker.

      ''Ich dachte du arbeitest hier alleine. Dafür ist deine Bude aber ganz schön voll'', bemerkt der Alte.

      Doktor L erklärt daraufhin den Sachverhalt.

      ''Der Verantwortliche bin ich, aber natürlich werden die Experimente von vielen Helfern ausgeführt. Es würde eine fast unlösbare Aufgabe sein, wenn das alles hier nur von einer Person abhängig wäre. Hat etwas mit Gewaltenteilung und delegieren zu tun.''

      ''Und was hat Doktor Haferflocke hier unten zu schaffen? Ich denk die ist aus der Verwaltung.''

      ''Ist sie auch, aber nach der Mittagspause kommt sie regelmäßig zum abfeiern ins Tiefgeschoss. Hier unten lassen die von der Personalabteilung und der gesamte Einkauf regelmäßig völlig ungehemmt die Sau raus. Es bleibt nämlich alles unter uns und man kann sogar Themen erörtern die in den anderen Etagen tabu sind.''

      ''Der berüchtigte Beschleuniger Knopf zum Beispiel?!''

      ''Zum Beispiel'', pflichtet Doktor L bei.

      ''Ja was hat es denn eigentlich mit dem Teil auf sich?''

      ''Ach das ist wie immer viel Wirbel um nichts. Es hat etwas mit Entropie zu tun und dem Grad der Unumkehrbarkeit eines Vorganges.''

      ''Also Umwandlung von thermischer in mechanische Energie?!''

      ''Genau das geschieht'', bestätigt L, ''und macht gewisse Dinge irreversibel.''

      Mittlerweile haben die Beiden die Tiefen des Labors erreicht und stehen jetzt vor einer Art Panzerglasscheibe. Dahinter strahlt und funkelt eine Versuchsanordnung in ungeheurer Helligkeit.

      ''Das ist eines meiner favorisierten Experimente, Helge. Zieh' dir bitte zur Sicherheit eine Schutzbrille auf. Wir haben hier unten strenge Sicherheitsauflagen'', erklärt L und reicht dem Alten einen Augenschutz.

      ''Was passiert denn da drüben?''

      ''Wir lassen jetzt gleich einen Stern mit 15 Millionen Standardsonnenmassen zu einem schwarzen Loch kollabieren!''

      ''Das ist aber viel!''

      ''Kannst du wohl laut sagen!''

      ''Aber dabei geht doch in der näheren Umgebung alles kaputt!''

      ''Nun ja, wo gehobelt wird, da fallen Späne. Kann später aber alles wieder ausgebeult werden.''

      ''Aber das ganze Leben wird dort ausgelöscht'', interveniert der Alte.

      ''Jetzt mach mal 'n Punkt, Helge. Indianer kennt kein' Schmerz'', zwinkert L fröhlich.

      Der Alte kommt zu keiner weiteren Erwiderung, denn hinter dem Panzerglas entsteht just in diesem Moment eine ungeheure Lichtkugel, die sich rasend schnell ausdehnt. Das monströse Ding überstrahlt alles mit seiner Helligkeit, kommt dann aber abrupt zum Stillstand und schrumpft innerhalb eines Wimpernschlages auf die Größe eines Stecknadelkopfes zusammen. Dann ist gar nichts mehr zu sehen. Noch nicht einmal irgendwelche Reste des ganzen Vorganges.

      ''So eine Umwandlung ist jedes Mal aufs Neue faszinierend. Mein Lieblingsversuch übrigens'', schwadroniert Doktor L und knufft dem Alten leutselig in die Rippen.

      ''So kann man das auch sehen'', erwidert dieser, ''ich hab eine ganz trockene Kehle bekommen. Brauch jetzt echt etwas zu trinken.''

      ''Lass uns zur Theke gehen. Die Drinks gehen selbstverständlich auf mich'', erwidert der Doktor jovial.

      Dann schnappt er sich den Alten und manövriert ihn zurück in die Pole-Dance Sektion. Natürlich wird er wieder ganz nah an den rauchenden Vulkanen platziert, was seinem benebelten Zustand weiterhin erheblich zuträglich ist.

      ''Mix uns bitte zwei 'Bloody Purgatory'. Extra stark'', ordert er augenzwinkernd beim Barkeeper.

      ''Geht klar, kommt sofort'', antwortet der und füllt augenblicklich mehrere undefinierbare Substanzen in einen Shaker. Das chromblitzende Teil wird danach von ihm mit der Gewandtheit eines Zirkusjongleurs geschüttelt. Die lustigen Lichtreflexe auf dem Shaker haben eine mild hypnotisierend Wirkung auf den Alten, sodass er seine Augen nicht mehr von der Darbietung abwenden kann. Als sich dann schließlich zwei grüne, dampfende Getränke vor ihm auf der Theke materialisieren, ist er definitiv in einer anderen Sphäre angekommen.

      ''Auf ex'', fordert Doktor L den Alten auf, ''ist hier die Hausordnung.''

      ''Wenn es sein muss, so sei es'', erwidert der.

      Klirrend stoßen sie ihre Gläser zusammen und stürzen sich das Gebräu die Kehlen hinunter. Als das Gesöff den Magen erreicht, explodiert es dort mit der Gewalt einer nuklearen Tellermine.

      Der Alte sackt auf dem Barhocker in sich zusammen und ihm dämmert langsam der Sinn hinter dem Begriff : 'Heilige Dreifaltigkeit'.

      Zugedröhnt! Hypnotisiert! Besoffen!

      Was der Alte zu diesem Zeitpunkt nicht weiß ist die Tatsache, dass der ganze Event im Labor für Pyrotechnik von langer Hand geplant wurde. Alles ist eine einzige, hervorragend gestaltete Kulisse. Die Pole Tänzerinnen, der Türsteher und selbst der kleine Hund sind nicht das was sie vorzugeben scheinen. Doktor L hat keine Kosten und Mühen gescheut und die teuerste Schauspieler Agentur mit der Besetzung der einzelnen Rollen beauftragt. Selbstverständlich ist Frau Doktor Haferflocke ebenfalls von einer Schauspielerin aus einer Doppelgänger Agentur gedoubelt worden. Frau Doktor würde nie ihren Fuß über die Schwelle dieses Labors setzen, ebenso wenig wie auch die gesamte Personalabteilung nebst Einkauf. Das sind nämlich alles anständige Leute und würden 'im Leben nicht' ein solch verruchtes Etablissement betreten. Doktor L hat sogar am Morgen das ganze Tiefgeschoss vorsorglich und abgefeimt mit konzentriertem Hasch Dampf fluten lassen um die Zielperson schon im Vorfeld zu benebeln. Damit der süßliche Geruch nicht sofort auffällt, lässt er ein paar milde, harmlose Schwefel Experimente auf dem Flur durchführen. Immerhin hat das alles erfolgreich funktioniert, denn der Alte ist bis zum jetzigen Zeitpunkt immer noch völlig ahnungslos.

      Daran wird sich auch nichts ändern, denn Hand aufs Herz, nach einem 'Bloody Purgatory' ist die Chance noch irgendetwas zu merken auf ein verschwindend geringes Minimum geschrumpft.

      Und all dies geschieht nur aus einem einzigen perfidem Grund.

      ''Mir ist übel. Ich geh' jetzt besser'', nuschelt der Alte.

      ''Glaub' ich auch, sonst kotzt du mir nachher noch auf den Teppich'', pflichtet der Doktor bei.

      ''Hilf mir mal hier runter bitte, ich kann kaum noch gerade stehen. Das Zeug ist wirklich sehr stark.''

      ''Wenn man es nicht gewöhnt ist, zieht es einem schon die Beine weg.''

      Doktor L greift dem Alten hilfreich unter den Arm und bugsiert ihn danach vorsichtig zum Eingang.

      ''Ich habe hier unten einen kleinen Lastenaufzug. Nimm den doch einfach, dann brauchst du dich nicht mit den Treppen abquälen'', schlägt L vor.

      ''Gute Idee'', sagt der Alte, ''wie hoch fährt der? Ich muss in die 5te Etage.''

      ''Leider