Lisa W. Barbara

Avenae


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in mein Lachen ein. Eigentlich war es ja ein wirklich schönes Geschenk. Einfach frei sein.

      Ich drückte mein Gesicht in seinen Nacken und küsste ihn, so gut es der Helm zuließ. Plötzlich verlangsamte er das Tempo und ich blickte wieder hoch.

      Wir kamen an die Küste Rügens und ich sah die hohen Kreidefelsen. Ich liebte diese Insel. Mein Zuhause.

      Ein bisschen zerzaust stellten wir die Vespa am Strand ab und liefen bis hin zum Meer. Er hatte mich an eine Stelle geschleppt, wo absolut niemand war. Keiner. Er kannte viele solche Stellen.

      "Du siehst etwas verschwitzt aus, Liebes. Wie wäre es mit ein bisschen Abkühlung?", rief er und packte mich an der Hüfte, hob mich hoch und warf mich über seine Schulter, als würde ich nichts wiegen.

      Ich kreischte wie wild, als er mich in das kühle Wasser warf.

      Er lachte und sprang zum Strand zurück, zog sich seine Hose und sein Hemd aus, bis er nur noch mit der schwarzen, engen Boxershort dastand, in der er einfach unwiderstehlich aussah.

      Ich rappelte mich auf und lief ihm nach.

      "Du Idiot! Schau nur, wie ich jetzt aussehe. Ganz nass!"

      Ein leises Lächeln erklang und er setzte seinen Verführerblick auf.

      "Dann musst du aus den nassen Sachen raus, wir wollen doch nicht, dass du krank wirst..."

      Seine Augen blitzten, als seine Hände anfingen, mir das Wasser aus dem Gesicht zu streichen, hinunter über meine Haare und meinen Hals.

      Dann wanderten sie weiter über meine Brüste zu meinem Bauch. Sanft zog er mich an sich und es war elektrisierend, ihn so nah bei mir zu spüren, während das Wasser aus meinen Haaren auf meine Schultern tropfte.

      Ich gab ihm einen kleinen Stoß mit meinen Händen und er plumpste auf den Sand.

      Zur Strafe kitzelte er mich durch, bis ich keine Luft mehr bekam.

      Eine Weile lagen wir so da, er auf dem Rücken und ich auf seinem Arm neben ihm. Um mich zu ärgern spannte er seine Muskeln immer wieder an, sodass mein Kopf von seinem Arm in den heißen Sand rutschte.

      Die Sonne auf meiner Haut und Toms Atem in meinem Haar zu spüren zauberte mir ein Lächeln auf meine Lippen.

      Er flüsterte mir zärtliche Worte ins Ohr und die Sonne war nur durch den leichten Sommerwind zu ertragen.

      "Tom?", fragte ich ihn vorsichtig, da ich nicht wusste, ob er eingeschlafen war.

      Ein Brummen erfüllte seinen Brustkorb und ich musste lächeln.

      "Du, ich weiß, dass das noch früh ist, aber ich würde so gerne mal über unsere Zukunft reden."

      Er setzte sich auf und sah mich an.

      "Was soll damit sein?"

      Ich räusperte mich und sah betroffen auf den Boden, schubste mit dem Finger kleine Sandkörnchen von meinen Beinen und er hob mein Kinn mit beiden Händen an.

      "Hast du gedacht, ich frag dich, ob du mich heiraten willst?", platze er plötzlich heraus.

      Schockiert riss ich die Augen auf und wollte schon meinen Mund zu einem Nein formen, als er mir zuvor kam.

      "Ich weiß es, du brauchst es nicht leugnen. ´Ja, ich will´ ", äffte er mir mit einer sehr gut getroffenen Stimme von mir nach.

      "Ach Ave. Du bist noch so jung."

      "Also bitte, so viel älter als ich bist du auch nicht!", fauchte ich ihn an und mir war das alles so unendlich peinlich. Ich drehte den Kopf weg, doch er hielt ihn mit einem eisernen Griff fest und zwang mich, ihn anzusehen.

      "Ist das so abwegig? Liebst du mich denn nicht?", flüsterte ich und hatte schon Angst vor der Antwort.

      "Klar lieb ich dich, aber Ave, schau du bist grad mal 20 und hast noch so viel Zeit im Leben. Warum willst du dich genau jetzt für immer an mich binden?"

      Weil ich dich liebe, wollte ich sagen, aber ich brachte es nicht über die Lippen.

      "Tomas, weißt du, wie mein Plan vom Leben aussieht, seit ich dich getroffen hab? Dich heiraten, am liebsten fünf Kinder mit dir haben und ihnen beim Großwerden zusehen und sie niemals im Stich lassen, so wie meine Eltern es getan haben. Denn das ist das Schlimmste, was einem Kind passieren kann." Meine Stimme brach ab und meine Augen füllten sich ungewollt mit Tränen. Mann, ich war doch sonst nicht so nah am Wasser gebaut…

      Sein Mund verzog sich zu einem gekünstelten Lächeln.

      "Ich glaube, ich sollte etwas klarstellen zwischen uns. Ich liebe dich, wie ich noch nie jemanden geliebt habe, kleine Avenae, aber um zu heiraten find ich das Ganze noch nicht besonders genug. Und Kinder, Kinder will ich überhaupt keine. Weißt du, ich hab so viel gesehen. Einmal hab ich einen verhaftet, der sein ganzes Zimmer voller selbstgedrehter Kinderpornos hatte. Glaubst du, in so eine Welt mag ich ein Kind setzen? Nein, ganz sicher nicht. Es tut mir leid."

      Seine Worte trafen mich so hart, dass ich zurückzuckte und aufsprang. Er war so überrascht, dass er nach hinten fiel, rappelte sich aber erstaunlich schnell wieder auf und blickte mich von oben herab an.

      "So denkst du also über mich? Dass ich dir nicht wichtig genug bin?", schrie ich ihn an und jetzt war mein Image als kalte, unnahbare, starke Frau tatsächlich hinüber, denn die Tränen rannen mir nun unaufhaltsam die Wangen hinunter.

      Einen Moment blieb sein Blick noch kalt, doch dann wurde er weicher und er zog mich in den Arm.

      "Tut mir leid. Das war blöd ausgedrückt. Ich wollte eigentlich sagen, dass mir das alles noch zu früh ist. Wir sind seit ein paar Monaten zusammen. Warum willst du unbedingt heiraten? Das ist doch nur ein kleines Stück Papier. Was ist so besonders daran?"

      Toll. Ich wollte ihm gerade erklären, was so besonders und romantisch an Heiraten war, als sein Handy klingelte.

      Er versteifte sich und ließ mich los. Sein Blick war echt mitfühlend, aber Wut bahnte sich von meinem Bauch aus durch meinen ganzen Körper.

      Er zog sein Handy aus seiner Hose, die am Boden lag und drehte sich weg. Mit einer Handbewegung bedeutete er mir, zu warten, doch ich wollte nicht warten um mir meine Vorstellung von einem schönen Leben noch mehr zerplatzen zu lassen.

      Ich bückte mich und hob meine Sachen hoch und blickte mich nach Tom um. Er stand ein paar Meter weiter weg und flüsterte energisch ins Telefon. Ich wusste was das bedeutete. Es war wieder irgendein Notfall und er musste weg.

      Mein Verdacht bestätigte sich, als er sich zu mir umdrehte und meinen Blick erkannte.

      Schnell schlüpfte ich in die Bluse und den dunklen Rock. Ich konnte noch hören wie er sagte: "Ich bin sofort da" und schon rannte ich über den Strand zurück zu der Vespa, ohne Tom auch nur eines Blickes zu würdigen. So schnell konnte es gehen. Ich rate euch, verliebt euch nie in einen Polizisten, verliebt euch am besten nie in irgendwen. Fahrig setzte ich mir den pinken Helm auf und wollte starten, als meine Hände ins Leere griffen.

      Der Schlüssel. Warum hatten eigentlich alle Schlüssel ein Problem mit mir und waren nie da, wenn ich sie brauchte?

      Etwas klapperte vor meinem Kopf herum. Da war er ja! Ich wollte danach greifen, aber meine Hände griffen wieder nur Luft.

      Ich sah Tom an, der den Schlüssel immer wieder lässig in seine Hand schnappen ließ. Er hatte sich sein Hemd nur flüchtig über die Schultern gestreift und seine Hose hing ihm ein bisschen zu tief, was daran lag, dass sie offen stand. Aber nein, ich würde mich nicht von diesem Anblick ablenken lassen.

      "Gib her!"

      "Ach, Ave. Es tut mir leid, wirklich, aber ich kann dich nicht fahren lassen. Du hast keinen Führerschein", grinste er und mein Herz sackte in die Hose, bzw. in meinem Fall in den Rock.

      "Das kannst du doch nicht ernst meinen! Und doch, ich hab einen ob du es glaubst oder nicht. Und jetzt gib her...", schrie ich ihn an, was ihn total kalt ließ, denn er setzte sich mit betonter Langsamkeit den Helm über den Kopf