Larissa Schwarz

Zauberhaft - Victoria


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mir von der Sache her fremd ist. Wie die Eheschließung an sich auch nur ein formaljuristischer Akt.«

      »So nüchtern, wie du das betrachtest, bist du echt drüber hinweg, oder?«

      »Aber so was von. Sonst hätte ich mich auch gar nicht auf Victoria eingelassen. Das kannst du mir glauben.«

      »Tue ich. Ohne Zweifel. Noch eins?« Moritz deutete auf das Bier.

      »Hm. Nur wenn du noch Zeit hast und auch eins mittrinkst.«

      »Sonst würde ich kaum fragen ...«

      Mit den frisch befüllten Gläsern in der Hand steuerte Moritz auf den Wohnzimmertisch zu. Gringer hatte es sich inzwischen neben Magnus bequem gemacht und miaute.

      »Wenn du magst, kannst du ihn kraulen. Der stirbt sonst vor Verzweiflung ...«, lachte Moritz und Magnus fing an, dem Kater vorsichtig über das Fell zu streichen. Das Miauen verstummte und Gringer fing leise an zu schnurren.

      »Wenn ich das jetzt alles richtig zusammenfüge, war Victoria früher eure Chefin?«, fragte Magnus. Moritz grinste.

      »Ja, das stimmt wohl. Elisabeth und ich haben beide in der Firma angefangen, als ihr Vater sie noch geführt hat. Hast du Wilhelm schon kennengelernt?«

      »Nein. Morgen.«

      »Ohne Victoria?«

      »Sieht so aus ... Er hat mich vorhin angerufen und zum Abendessen eingeladen. Einer der Gründe, warum ich vorhin unbedingt vor die Tür wollte.«

      »Mach dir mal keinen Kopf. Wilhelm ist im Prinzip eine Blaupause von Victoria. Er wird dich schon nicht fressen.«

      »Das sagst du so ...«

      »Im Ernst. Ich bin mir sicher, dass er dich einfach nur kennenlernen will. Vielleicht ist es sogar ganz gut, dass Victoria nicht dabei ist. So ein Gespräch unter Männern hat ja manchmal was für sich.«

      »Auch wieder wahr. Nur, jetzt mal unter uns, in unserem Männergespräch ...« Magnus zögerte.

      »Schieß los ...«

      »Mir behagt das alles irgendwie nicht. Nur damit wir uns richtig verstehen, in Relation zu dem, was ich über Victoria weiß und bisher hier in Eschberg und Düsseldorf erlebt und gesehen habe, komme ich aus sehr einfachen Verhältnissen. Und auf gut Deutsch gesagt, geht mir gerade echt die Flatter. Ich hab keinen Plan, wie ich neben einer Frau bestehen soll, die eine schwarze American Express besitzt und Angela Merkel für mich warten lässt.«

      »Was, das hat sie echt getan? Cool.« Moritz lachte laut.

      »Hat sie. Zwar nur am Telefon, aber sie meinte nur ganz trocken ›Ich ruf zurück.‹.«

      »Und wieso hast du da jetzt noch Zweifel?«

      »Das ist irgendwie nicht meine Welt. Wie gesagt, ich bin in einem bescheidenen Umfeld groß geworden, mein Studium kreditfinanziert. Und irgendwie von einer Misere in die nächste geschlittert, die Scheidung ist finanziell gerade relativ ungünstig, deswegen habe ich hier auch erst mal nur eine Mini-Wohnung Downtown genommen ...«

      »Verstehe. Und davon weiß Victoria auch noch nichts!?«

      »Nein. Und ich wäre dir sehr verbunden, wenn das auch erst mal so bliebe.«

      »Kein Ding. Ich muss mich zwar zusammenreißen, das nicht Elisabeth zu erzählen, weil Victoria es sonst sofort weiß, aber ich denke, dass ich das vertreten kann.« Moritz dachte an seine eigene Situation und seinen Freund Markus, der ihn immer gedeckt hatte. Er nickte Magnus aufmunternd zu, der aber rollte nur mit den Augen.

      »Mann, Mann, Mann ... Du steckst echt in der Klemme, was?«, seufzte Moritz.

      »Gefühlt zumindest. Aber ich bin wirklich froh, dass du mich noch überredet hast, mitzukommen.«

      »Weißt du, ich glaube, du solltest dich mal mit Elisabeth unterhalten. Die hatte am Anfang auch ein paar – nennen wir es mal – Akklimatisierungsschwierigkeiten. Ich meine das nicht despektierlich, auf keinen Fall. Ihr war halt auch nur das alles hier nicht sonderlich geheuer und ich hab es leider alles andere als gut verstanden, ihr das Schloss, die Holding und meine, beziehungsweise ihre Rolle, hier nahezubringen. Mein Vater hat großen Anteil daran, dass sie und ich glücklich miteinander sind. Geworden sind. Er hat sich übrigens auch ungebeten eingemischt. Und er ist ein Freund von Wilhelm.«

      »Nachtigall ick hör dir trapsen ... Du meinst also, ich soll das alles auf mich zukommen lassen und wenn ich dann erst mal so weit involviert bin, dass ich einen Überblick habe, will ich auch gar nichts anderes mehr?«

      »Wunderbar auf den Punkt gebracht.«

      Mit dem letzten Rest Bier stießen sie an und ergingen sich in Schweigen. Gringer rieb seinen Kopf an Magnus‹ Hand und als es auf Mitternacht zuging, erlosch die Außenbeleuchtung.

      Magnus richtete sich auf: »Ich werd dann mal langsam ...«

      »Hey, ich hab gesagt, ich fahr dich, also fahr ich dich. War ja alkoholfrei.«

      »Quatsch, bleib hier, ich lauf ...«

      »Keine Widerrede. Ich krieg sonst obendrein Ärger mit Elisabeth. Und ganz ehrlich ... Mir ist egal wo und wie du wohnst, wenn du wüsstest, wie ich in meiner Studentenzeit gehaust habe ...«

      »Wie meinen?«

      »Erzähl ich dir Dienstag, nach dem Boxen.«

      »Na dann ...«

      Sie schlüpften in ihre Trainingsschuhe und Moritz schloss leise die Tür hinter ihnen. Mit wenigen Schritten waren sie halb um das Haus herumgelaufen und Moritz drückte auf die Fernbedienung von Elisabeths Jaguar.

      »Nett«, entfuhr es Magnus. »F-Type R, V8, 550 PS?«

      »Ich sehe, du bist im Bilde. Elisabeth trauert dem Wagen jetzt schon hinterher. Wenn die Kids erst mal da sind, wird sie ihn nur noch selten fahren können und bisher hat sie immer einen Riesenspaß damit gehabt. Haben wir immer einen Riesenspaß damit gehabt.«

      »Glaub ich gern ...«

      Sie stiegen ein, Moritz fuhr los.

      »Ganz offen gesprochen: Ich sitze jetzt zum zweiten Mal innerhalb einer Woche in einem meiner Traumautos. Langsam kommt mir Eschberg vor, wie das Land in dem Milch und Honig fließen.«

      »Ein bisschen ist es auch so ... Aber lass dich davon nicht überfahren. Wir kochen alle nur mit Wasser. Außer Elisabeth. Die hat noch irgendwelche Geheimzutaten, mit denen sie selbst unseren Sternekoch hin und wieder neidisch macht.«

      »Okaaaayyy ...Ich lass das jetzt mal so stehen. Wenn du mir dann nur noch eine Sache verrätst: wer ist Frederik Stein?«

      Donnerstag, 18.07.

      Victoria schlug die Augen auf. Ein Luftloch. Sie hasste Turbulenzen. Es war zwei Uhr in der Nacht, MESZ. Dubai war zwei Stunden weiter. Wieder ein Luftloch. Die Anschnallzeichen leuchteten auf. Na, danke. Sie legte den Gurt um und brachte den Sitz in eine aufrechte Position.

      Magnus. Wenn sie jetzt abstürzen würde – unwahrscheinlich, aber immerhin möglich, Elisabeths Mann war schließlich auch bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen – Magnus würde nie erfahren, dass sie ihn liebte. Ein Moment freier Fall. Ein Aufschrei ging durch die Kabine.

      Sie kämpfte mit den Tränen. Sollte sie ihm eine Videobotschaft aufnehmen? Vielleicht würde man ihr Handy im Trümmerfeld finden und so könnte sie ihm wenigstens mitteilen, was ihr auf dem Herzen lag.

      Ein Moment Ruhe.

      Eine Minute Ruhe.

      Victoria atmete durch und lachte über sich selbst. Sie würde bei ihrer Rückkehr dringend mit Peter Knoll, dem Therapeuten bei ECG, reden müssen.

      Als sie planmäßig um 5.50 Uhr in Dubai landete und aus dem Flugzeug stieg, war sie ermattet und die Hitze, die ihr mit schon über 30 Grad entgegenschlug, machte ihr alsbald zu schaffen. Das kurze Stück bis in den Terminal legte