Larissa Schwarz

Zauberhaft - Victoria


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Arm aus, blickte auf den freien Platz neben sich und deutete mit dem Kopf dorthin: »Magst du?«

      »Ja ...«, antwortete sie leise und setze sich zu ihm, lehnte sich an und sie setzten ihr Schweigen fort. Minutenlang hielt Magnus sie einfach nur im Arm und hörte ihr zu, wie sie leise atmete, steckte seine Nase in ihr Haar, genoss diesen kleinen Moment der Glückseligkeit. Herzklopfen.

      In die Stille drang plötzlich ein klingelndes Handy.

      Magnus fluchte leise. Victoria grinste ihn an. »Kommen wir beide jemals zur Ruhe?«

      »Ich hoffe es ...«, antwortete er und blickte auf das Display. Anna. »Hey Kleines, was gibt’s?«

      Victoria konnte zwar Magnus hören, aber nicht, was die Frau am anderen Ende der Leitung sagte. Kleines!? Sie stutzte. Es wäre ziemlich dreist, vor ihr mit seiner Ex-Noch-Sonst-Was-Freundin oder wen auch immer er womöglich verbarg, zu telefonieren.

      Reflexartig stand Victoria auf und wandte sich Richtung Schreibtisch, Magnus hielt sie an der Hand fest und sah sie durchdringend an. »Warte mal kurz, Anna.« Er schaltete auf stumm. »Hey ... Das ist meine kleine Schwester, Anna. Ich spreche kurz mit ihr und bin dann wieder ganz und gar für dich da, okay?«

      Erleichtert nickte Victoria. Seine Schwester. Wie sollte es auch anders sein?

      Sie setzte sich und lehnte sich wieder an.

      »So, Schwesterherz, da bin ich wieder. Also, ja, ich bin gut in Eschberg angekommen. Momentan bin ich aber in Düsseldorf ... Mhm ... Hm. Da wollte ich eigentlich mit Victoria zum Mountainbiken gehen ... Ja, erzähle ich dir in Ruhe ... Okay. Gib Henry eine Umarmung von mir, ja? Fein ... Bis dahin ...«

      Magnus schaltete das Handy in den Nachtmodus und lehnte seinen Kopf gegen Victorias, strich langsam über ihren Arm und atmete tief. »Ich hatte noch keine Gelegenheit, dir von Anna zu erzählen. Früher waren wir unzertrennlich, bis ich nach Berlin gegangen bin und sie später nach Köln. Sie ist mittlerweile alleinerziehend und schlägt sich als Sportlehrerin mit einer Halbtagsstelle durch.« Magnus sah sie beschwichtigend an.

      »Rechtfertigst du dich gerade?« Victoria schmunzelte.

      »Ein bisschen ...«, antwortete er und fuhr mit seinen Fingern über ihren Hals.

      »Du bist süß.« Victoria stupste seine Nase mit ihrer an, wand sich unter seiner Berührung und biss ihm vorsichtig in den Finger.

      »Du bist nicht du, wenn du hungrig bist ...«, lachte Magnus leise und Victoria fiel ein. Es klopfte und David kam mit zwei großen Tellern hereinbalanciert, stellte sie auf den Tisch und legte das Besteck daneben. Ohne einen weiteren Kommentar verschwand er wieder. Victoria und Magnus kicherten immer noch. »Lass uns essen, bevor es kalt wird. Gehen wir rüber an den Konferenztisch, da sitzt es sich besser!?« Victoria deutete auf den monströsen Glastisch im anderen Teil des Raumes, der Platz für schätzungsweise 20 Personen bot.

      »Ja, du hast wahrscheinlich recht.«

      Victoria stellte die beiden Teller auf dem Konferenztisch ab und rückte Magnus den Stuhl vor Kopf zurecht. »Bitte.«

      »Ist das nicht dein Platz?«

      »Heute nicht.« Sie schmunzelte und deutete mit der Hand auf den einzigen weißen Lederstuhl, zwischen all den Schwarzen, die im Design zu ihrem jedoch gleich waren.

      »Danke.« Magnus setzte sich und ließ den Blick durch den Raum schweifen. »So fühlt man sich also ... Primus inter Pares ...«

      »Lass es dir schmecken ... Das Steak und die Aussicht ...« Victoria zeigte in Richtung des Panoramafensters, öffnete per Fernbedienung die Jalousie komplett und überließ Magnus seinem Staunen.

      »Danke ...«, murmelte er, begann zu essen und wandte den Blick kaum ab. Victorias Büro lag zur Wasserfront des Medienhafens, was ihm auf dem Weg dorthin nicht aufgefallen war. »Kannst du eigentlich konzentriert arbeiten, bei dem Ausblick hier?«, fragte er sie.

      »Ja, ich gebe zu, es hat etwas sehr Beruhigendes, auf das Wasser zu schauen, fast so meditativ wie ein Zen-Garten. Aber um ehrlich zu sein: Ich habe mich so daran gewöhnt, dass ich mich schon sehr bewusst an das Fenster stellen muss, um den Ausblick überhaupt wahrzunehmen. Richtig schön ist es aber erst, wenn es dunkel ist ...«

      »Glaube ich gern ... Die Lage hier ist ein Traum ...«

      »Im Prinzip schon. Die Königsallee ist einen Katzensprung entfernt, am Flughafen bin ich, bei günstigem Verkehr, in 10 Minuten ... Nur die Pendelei zwischen hier und Eschberg ist eben nervenraubend.«

      »Warum ziehst du nicht hierher?«

      »Hab ich mehrfach überlegt. Ich bin eh kaum zu Hause. Aber Eschberg ist mein Rückzugsgebiet, meine Zuflucht. Wenn ich in Düsseldorf wohnen würde, würde ich nur noch arbeiten. Wenn ich hier ausgehe, treffe ich buchstäblich immer Klienten oder Mitarbeiter. Und das Schlimmste: Ich würde dann nach Feierabend nur noch shoppen. Das ist viel zu verführerisch.« Theatralisch verdrehte sie die Augen, Magnus schmunzelte und griff ihre ausgestreckte Hand.

      »Natürlich, das wäre das Schlimmste!«, lachte er.

      »O ja. Seitdem Frederik Stein auf der Kö einen Flagship-Store aufgemacht hat, laufe ich Elisabeth ihren Rang als umsatzstärkste Kundin ab. Aber was jammere ich ...«

      Ja, was jammerst du?, ging es Magnus durch den Kopf. Es war nicht despektierlich gemeint, Victoria wusste ja nicht um seine aktuelle Situation. Aber etwas surreal schien ihm das Ganze für den Moment schon.

      Victoria sah ihn an, fragte leise: »Alles okay?«

      »Ja, schon. Ich bin halt immer noch nicht ganz hier angekommen ...«, entgegnete er.

      »Verstehe.«

      Als sie aufgegessen hatten, ließen sie das Geschirr am Konferenztisch zurück und gingen die wenigen Schritte zur Sitzgruppe. »Ich muss in einer halben Stunde los ...«, seufzte Magnus. »Wobei, eigentlich muss ich in zehn Minuten los, ich muss noch zum Gericht zurücklaufen.« Sie standen vor dem Sofa. Victoria hatte sich daran angelehnt, Magnus näherte sich ihr millimeterweise.

      »Hm. Wenn einer der Fahrer dich gleich bringt, haben wir aber eine ganze halbe Stunde ...«

      »Fahrer?«

      »Ja, wir haben hier eine Fahrbereitschaft. Wenn innerhalb Düsseldorfs oder Umgebung Termine wahrzunehmen sind, lassen die Mitarbeiter sich bringen und abholen, das erspart ihnen die lästige Parkplatzsuche, mir unzählige abzurechnende Kilometer in Privatwagen, Ärger mit Versicherungen und vor allem kommen meine Leute entspannt hin und zurück. Also, wenn du magst ...«

      »Ich bin um jede Sekunde mit dir froh ...« Er umarmte sie und hielt sie fest. Seine Wange an ihre gelehnt flüsterte er: »Es tut mir leid, dass ich dich heute Nacht so abgewimmelt und mich dann nicht mehr gemeldet habe. Bei mir ist gestern eine Sicherung durchgebrannt und ich wollte nicht, dass du mich von dieser Seite kennenlernst.«

      »Klingt nicht gut. Magst du erzählen, was passiert ist?«

      »Ein anderes Mal. Ja?«

      »Okay.«

      »Ich bin nur ganz selten so komisch. Eigentlich nie. Das hat sich alles fürchterlich ungünstig ergeben gestern.«

      »Rechtfertigst du dich schon wieder?« So milde wie ihre Stimme klang, so sanft küsste sie ihn auf die Wange.

      »Ein bisschen vielleicht.« Magnus hielt sie immer noch fest und seinen Kopf an sie gelehnt, Augenkontakt vermeidend. Wenn sie ihn jetzt ansah, würde er ad hoc in Tränen ausbrechen und ihr alles erzählen. Das wollte er unbedingt vermeiden.

      »Ich merke, dass es dir nicht gut geht ...«, flüsterte sie und begann, seinen Nacken zu kraulen.

      Nach einer Weile ließ sie von ihm ab, Magnus seufzte und lächelte sie an. Victoria schmunzelte. »Wenn du hier arbeiten würdest, hätte ich dir schon bei ›mir ist eine Sicherung durchgebrannt‹ erst einen Termin bei unserer Physiotherapeutin gemacht und dich dann zu unserem Gesprächstherapeuten geschickt. Aber