Larissa Schwarz

Zauberhaft - Victoria


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hatte. Verzaubert. Das war das Wort, nach dem er die ganze Zeit gesucht hatte.

      🎓 Hey, das war vorhin nicht ganz so clever von mir; vielleicht hätte ich dir auch meine Nummer geben sollen, damit du mir sagen kannst, dass du gut angekommen bist ... Sorry!

      Ein Häkchen. Zwei Häkchen. Zwei blaue Häkchen. Victoria Berg schreibt. Herzaussetzer.

      💎 Ja, aber ich hab auch nicht dran gedacht ... Schlafentzug ist als Foltermethode anerkannt, hier sehen wir den Grund dafür ... Ich bin aber auch gerade erst zur Tür rein, habe doch noch schnell meinem Vater die Unterlagen gebracht, die ich versprochen hatte. Schon auf dem Weg ins Bett?

      Magnus schmunzelte. Es beruhigte ihn, dass sie offenbar noch gesprächig war.

      🎓 Bin gerade aus der Dusche raus. Werde mich jetzt so langsam Richtung Schlafzimmer bewegen. Eigentlich müsste ich noch tausend Sachen erledigen, aber dann sind es morgen halt zweitausend – was soll’s ...

      💎 O je ... Aber das war auch alles ein bisschen viel für den ersten Tag. Oder? Klingt jetzt vielleicht blöd, aber: Kann ich dir irgendwie helfen!?

      🎓 Danke für das Angebot, nur solange du nicht meine Gürteltiere für mich erledigst oder mir als eine Art Babelfisch in meinem Ohr die Namen zu den Gesichtern der Mitarbeiter zuflüsterst, fürchte ich nicht.

      💎 Also, was ein Babelfisch ist, weiß ich ja glücklicherweise aus »Per Anhalter durch die Galaxis«, aber warum soll ich denn ein armes Gürteltier »erledigen«? 😁

      Victoria schmunzelte. Per Anhalter durch die Galaxis. Die Romanreihe von Douglas Adams hatte sie im ersten Semester verschlungen und war seinem Humor von dieser Sekunde an verfallen. Offenbar war auch Magnus kein Unwissender. Konnte es tatsächlich sein, dass es jemanden gab, mit dem sie so sehr auf einer Wellenlänge lag? Für einen Moment beschlich sie ein dunkler Gedanke: was, wenn er längst wusste, wer sie war und ein hinterhältiges Spiel mit ihr trieb? Sich ihr Vertrauen erschleichen und sie dann hintergehen wollte?

      🎓 Gürteltiere heißen im Amtsjargon die dicken, umfangreichen Akten, die durch einen Gürtel zusammengehalten werden müssen, weil sie so voluminös sind, dass sie sonst platzen würden. Und davon liegen momentan zehn in meinem Büro und zwei in meiner Wohnung. Ein nettes Erbe ... Aber eigentlich mag ich auch gar nicht an die Arbeit denken jetzt ...

      Es fröstelte sie. Obwohl es noch relativ warm war, warf sie ein Cardigan über. Victoria öffnete die Flasche Contur und schenkte den Wein in ein Glas. Sie sah auf und starrte ins Nichts. Nein, dieser Typ Mann war Magnus definitiv nicht. Sie täuschte sich nie in jemandem und sowohl ihr Kopf als auch ihr Bauch signalisierten ihr, dass er zwar gerade vielleicht eine Phase des Strauchelns erlebte oder erlebt hatte, aber ein unehrlicher Richter? Unwahrscheinlich. Wobei – die Menge der Gemeinsamkeiten war auch unwahrscheinlich. Und plötzlich wurde ihr klar, warum sie Statistik als Fach immer gehasst hatte. Nein. Magnus ist kein Arsch. Punkt.

      💎 So, so. Woran möchtest du denn lieber denken?

      Blöde Frage, dachte Victoria, aber es konnte nicht schaden, ihm ein wenig auf den Zahn zu fühlen. Es kribbelte in ihren Fingerspitzen. Und in anderen Körperteilen. Sie errötete unweigerlich.

      🎓 Morgen der Tag wird ziemlich busy, ich weiß nicht genau, ob ich dazu komme, dir zu schreiben. Deswegen (ohne dass ich jetzt drängeln will) sollten wir vielleicht schon mal überlegen, wann wir uns morgen wo treffen und was wir dann machen!?

      💎 Alles gut. Ich habe solche Tage auch zur Genüge. Dann schaue ich abends auf das Handy und wundere mich, dass sich die Welt auch ohne mich gedreht hat ... Also, ich kann gegen 18 Uhr in Eschberg sein. Wenn du magst, sammle ich dich bei dir ein und wir entscheiden spontan, was wir machen?

      Es wurde unvermeidlich. Einer von beiden würde den anderen abholen. Dann lieber ich sie oder irgendwo treffen, dachte Magnus.

      🎓 Ich werde auch um die Zeit Feierabend machen. Spontan entscheiden klingt erst mal gut. Mountainbike fahren behalten wir uns aber vielleicht besser für ein Wochenende vor, oder?

      Hm. Neutraler Boden wäre vielleicht gut, überlegte er und schrieb noch eine weitere Nachricht.

      🎓 Sonst ... Lass uns doch im Café Daily treffen!?

      💎 Gute Idee. Falls es bei einem von uns beiden später wird, verhungert /verdurstet der andere nicht direkt 😉 Halten wir gegen kurz nach sechs fest?

      🎓 Ja, gern.

      Gerettet, dachte Magnus.

      🎓 Was machst DU denn noch Schönes?

      💎 Sitze auf der Couch, höre Musik und trinke den Weißwein, den ich mir heute Mittag versprochen habe. Werde aber auch gleich ins Bett fallen und hoffentlich schnell schlafen. Gestern Nacht hat mich eine Mücke immer wieder geweckt.

      🎓 Auweia ... Ich schlage vor, dass ich mich sofort daran mache, Mücken mit Glühwürmchen zu kreuzen, dann weißt du demnächst schneller, wo du hinschlagen musst.

      Victoria grinste.

      💎 Fürchte nur, dass das noch eine Weile dauern wird ... Wenn du also heute noch von einem Amoklauf in Eschberg hörst, dann war ich das und die Mücke war wieder da.

      Magnus lachte.

      🎓 So blutrünstig hab ich dich gar nicht eingeschätzt ...

      💎 Eigentlich bin ich auch ganz lieb und handzahm. Aber wenn ich meinen Schlaf nicht bekomme, werde ich sehr schnell sehr ungeduldig.

      🎓 Gut, dann lass ich dich jetzt besser schlafen ☺

      💎 Schon in Ordnung, für ein nettes Gespräch bleibe ich gern etwas länger auf ...

      🎓 Das nehme ich jetzt mal als Kompliment. Aber mir fallen schon zwischendurch die Augen zu. Nicht böse sein, wenn ich gleich auf einmal weg bin. Was hörst du denn Schönes?

      💎 Du musst dich nicht rechtfertigen. Reicht schon, wenn ich das immer tue. Ich höre gerade (Schande über mein Haupt) Chicago – You’re the inspiration.

      🎓 Warum Schande? Ich mag das Lied total gern. 80er eben.

      Magnus malte gedankenverloren auf einem Blatt Papier herum. Irgendwann schrieb er ein paar Worte auf. Duplo. Erdbeeren. Schokoladeneis. Chicago. Pastafari. *meow* Als sein Handy die nächste Nachricht signalisierte, legte er das Blatt beiseite auf den Nachttisch.

      💎 Schade, dass du gerade nicht hier bist.

      Victoria las noch einmal, was sie geschrieben hatte. Lachte über sich selbst und ihre Direktheit. Und wartete.

      Wartete. Zwei blaue Häkchen. Gelesen hatte er die Nachricht. Aber warum kam keine Antwort?

      Sie widmete sich dem Weinglas und blickte durch die Terrassentür in den Garten. Die Beleuchtung im Pool tauchte die Umgebung in ein diffuses, aquamarinblaues Licht. Ein wenig gespenstisch. Eigentlich eine Verschwendung, dachte Victoria. Mehr als dreihundertfünfzig Quadratmeter Wohnfläche für einen einzelnen Menschen, ein Pool, den sie höchst selten benutzte, ein riesiger Garten, für den sie einen Gärtner in Festanstellung beschäftigte und über allem lastete diese fürchterliche Leere. Ihr Vater, der ein paar hundert Meter entfernt wohnte, in einer fast baugleichen Villa, hatte sie gewarnt. Ohne zumindest ein Haustier aufzunehmen würde sie schnell an der Einsamkeit ersticken. Nur: Für ein Haustier hatte sie keine Zeit und sie wollte es nicht für die Haushälterin und den Gärtner anschaffen. Letztlich verbrachte sie ohnehin kaum Zeit zu Hause. Genau genommen war sie die letzten Wochen quasi nur zum Schlafen und Duschen hergekommen. Sie wohnte jetzt seit einem Jahr in der Villa und hatte es noch nicht einmal geschafft, sie wohnlich einzurichten.

      »Mir fehlen die Zeit und der Elan dazu. Andererseits