Larissa Schwarz

Zauberhaft - Victoria


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mir passt ... Ich habe eine Couch und ein Bett, eine funktionierende Küche und drei Bäder, das reicht für den Anfang«, hatte sie neulich noch zu Elisabeth gesagt, als diese fragte, wann Victoria denn nun richtig einziehen würde.

      Armes, reiches Mädchen, schoss es ihr durch den Kopf, als ihr Handy eine Nachricht signalisierte.

      Magnus. Endlich. Auf dem Foto sah er süß aus, ein bisschen in Bond-Manier. Der Dreitagebart stand ihm gut. Generell mochte sie seinen Look, die nicht zu kurzen dunkelblonden Haare, der leicht bronzene Teint. Und was sich unter dem Anzug erahnen ließ, war auch nicht von schlechten Eltern. Mountainbiken war sicherlich nicht der einzige Sport, den er betrieb.

      🎓 Sorry, war eingenickt. Krabble jetzt unter die Bettdecke. Wobei ich eigentlich lieber mit dir auf der Couch sitzen würde. (Wenn ich das »Schade, dass du nicht hier bist« so verstehen darf.)

      💎 Darfst du. Sollst du sogar. Aber jetzt schlaf erst mal schön und träum was Süßes. 💋

      🎓 Danke. Dir auch eine angenehme Nacht. 😚

      Magnus zog die leichte Sommerdecke hoch und drehte sich auf die Seite. Als er die Augen schloss, überkam ihn die Sehnsucht. Sie hatte ihn verzaubert. Keine Frage. Aber wie um alles in der Welt? Und vor allem: Wie sollte er es ohne sie aushalten? Heute Nacht, morgen tagsüber. Hatte sie nicht erwähnt, dass sie bald auf Geschäftsreise ging? Er griff wieder zu seinem Handy.

      Anrufen? Nicht anrufen? Anrufen? Nicht anrufen?

      Anrufen!

      »Hey ... War das Sandmännchen noch nicht da?« Sie flüsterte fast. Aber ihre Stimme klang angenehm ruhig und sanft.

      »Nein, leider nicht«, entgegnete er. »Eigentlich gehe ich auch nie vor zehn ins Bett, wahrscheinlich kommt sich mein Körper gerade vor, als machte ich einen schlechten Scherz.«

      »Na ja, es ist auch erst halb. Ich komme sonst aber auch selten vor elf in die Federn ... Wenn du jetzt hier wärst, würde ich dir den Nacken kraulen, bis du eingeschlafen bist.« Victoria biss sich auf die Zunge. Sie meinte es so. Hatte es aber eigentlich nicht verraten wollen.

      »Hmmmm. Stellt sich die Frage, ob ich dann überhaupt schlafen könnte. Wobei, das wäre mir in dem Moment auch egal ... Sag mal, du hast vorhin erwähnt, dass du vor dem Wochenende, an dem der Mittelaltermarkt in Bärenthal stattfindet, beruflich unterwegs bist. Darf ich fragen, wo es hingeht?«

      »Scheiße«, fluchte Victoria und kniff die Augen zusammen.

      »Scheiße?«, schmunzelte Magnus.

      »Sorry, ist eigentlich nicht meine Ausdrucksweise ... Ich hab das total verdrängt. Du darfst übrigens auch immer alles fragen, was du möchtest, und musst das nicht einleiten ... Ich fliege nach Dubai. Für knapp zwei Wochen. Montags hin und in der Woche drauf komme ich donnerstags zurück. Ein … VIP-Kunde. Alle sechs Monate dasselbe Spiel.« Sie war tatsächlich so bedrückt, wie sie klang. Für diesen Abend hatte sie Hakim und die Reise in die VAE völlig vergessen. Und nun hörte sie sich plötzlich so geschäftsmäßig-wichtig an. Was ihr eigentlich völlig zuwider war.

      »Oh.« Magnus‹ Herz polterte. Zwei Wochen? Undenkbar. »Dubai ... klingt aufregend. Aber wenn du sagst, dass es Routine ist?«

      »Hm. Irgendwie schon. Klar, Dubai ist eine wahnsinnig tolle Stadt, den Kunden kenne ich auch irrsinnig lange und ich gebe zu, dass ich auch immer einen gewissen Erholungsfaktor erlebe, wenn ich dort bin, aber letztlich ist es Arbeit. Ich muss in der kurzen Zeit eine Halbjahresbilanz erstellen, prüfen und das Resultat den zuständigen Behörden vorlegen. Und das für einen multinationalen Multimilliarden-Konzern. Klingt wahnsinnig wichtig und toll, ist aber eher öde.«

      »Rechtfertigst du dich schon wieder?«

      »Ja.«

      »Du bist süß ...«

      »Findest du?«

      »Ja. Sehr sogar ...«

      Für einen Moment schwiegen sie.

      »Bist du noch da?«, flüsterte Victoria.

      »Ja, ich hab nur gerade einen Moment nachgedacht ...«

      »Worüber?«

      »Hm ... Ich kenne dich jetzt seit schätzungsweise 13 Stunden und kann mir gerade nur sehr schwer vorstellen, wie ich es nur einen Tag ohne dich aushalten soll. Und dann erfahre ich, dass du sooo schnell für sooo lange sooo weit weg gehen wirst.«

      »Mach dir keinen Kopf, bisher bin ich immer wieder zurückgekommen. Dubai wäre auch keine Lebensweise für mich. Urlaub, ja. Arbeiten, ja. Aber ich würde nicht dort wohnen wollen ...«

      »Hm, aber wenn du sagst, dass dieser VIP-Kunde so anspruchsvoll ist, handelt es sich sicherlich um einen Scheich oder so. Und dann wirst du zur Prinzessin aus Tausend und einer Nacht und lässt alles hinter dir ... Aber lass mich raten, Betriebsgeheimnis?«

      »Hm, prinzipiell geheim, ja. Aber ich will dir nichts vormachen; ja, es ist eine der Herrscherfamilien der Emirate. Das hat alles eine ewig lange Vorgeschichte. Erzähle ich dir in Ruhe. Und das mit der Prinzessin ... Pfffft ... Nein. Nicht mein Ding. Ich bin froh, dass wir in einem demokratischen Staat leben und alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht ...«

      »Du bist süß. Sag ich doch. Und: alles gut. Ich wollte nicht neugierig sein. Oder. Hm. Na ja, ich bin schon neugierig, aber ich wollte nicht, dass du dich aus dem Fenster lehnen musst, von wegen Compliance oder so.«

      »Das geht schon in Ordnung, ich kann das ganz gut vertreten. Mach dir keine Sorgen.«

      »Duuu ...«

      »Ja?«

      »Versteh das nicht falsch, aber ...«

      »Ja, ich fliege allein.«

      »Woher ...?«

      »Ich höre das an deiner Stimme ...«

      »Oh.«

      »Spooky?«

      Magnus lachte leise. »Nein. Minimal vielleicht.«

      »Wir sollten nur die Zeitverschiebung berücksichtigen, ich bin dir dann zwei Stunden voraus ...«

      »Aber wir schreiben?«

      »Natürlich. Jetzt hab ich ja deine Nummer ...« Sie schmunzelte hörbar. »Duuuuu ....«

      »Ja?«

      »Ich freu mich darauf, dich morgen zu sehen ...«

      »Und ich mich erst ...«

      »Krieg ich einen Gute-Nacht-Kuss?«

      »Einen? Hunderte. Von mir aus 1001 ...«

      »Dann mach schnell, damit ich dir auch für jeden einen zurückgeben kann ...«

      Wenige Minuten später war Magnus eingeschlafen. Victoria hörte ihn leise atmen und legte beruhigt auf. Die Nacht war über den Garten hereingebrochen, Grillen zirpten und vom Teich im hinteren Teil der Anlage hörte sie die Frösche quaken. Mit einem gezielten Schwung schob sie die große Terrassentür zu und ging die wenigen Stufen hoch in ihr Schlafzimmer. In die frische Leinenbettwäsche gekuschelt, überkam sie schlagartig die Sehnsucht. Der Moment, als Magnus sie auf dem Parkplatz im Arm gehalten hatte, fuhr ihr in den Kopf und vernebelte ihr die Sinne. Er roch so unsagbar gut und der Gedanke an seine sanfte Berührung jagte ihr einen warmen Schauer über den Rücken.

      Dienstag, 16.07.

      Victoria genoss die Atmosphäre in den frühen Morgenstunden, wenn in der Firma noch nicht alles auf Hochtouren lief, die Geräuschkulisse sich durch leises Geschirrklappern und ein paar gemurmelte »Guten Morgen« noch in Grenzen hielt und man dem Tag noch nicht ansah, welchen Verlauf er nehmen würde. Der Empfangstresen war noch unbesetzt; es gab eine strikte Regelung, dass die Mitarbeiter nur zwischen sieben und sieben ihre Arbeit verrichten durften. Ausnahmen liefen direkt über Victorias Tisch beziehungsweise Telefon. Wollte jemand eher kommen oder blieb länger, bekam sie eine Benachrichtigung und musste