Bridget Sabeth

Sandy - Entwurzelt zwischen den Kontinenten


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der Bruder und sie von Kindesbeinen an zweisprachig erzogen worden. Auch beim Lernen unterstützten sie sich als Geschwister häufig. Erst voriges Wochenende hat Mario mich die Vokabeln abgeprüft! – Und jetzt ist nichts mehr, wie es war!

      Sandy konnte es nicht fassen. In ihrem Kopf blitzte die Erinnerung auf, wie Vaters Augen gefunkelt hatten, wenn er vom ersten Aufeinandertreffen mit ihrer Mama erzählte: Mary zu sehen, wirkte, als würde der dichteste Nebel Londons im hellen Licht strahlen!

      Sandy schluckte, der Kloß in ihrer Kehle ließ sich nicht vertreiben. Es klang so, als wäre diese Begegnung eine Liebe auf den ersten Blick gewesen. Ob es das gibt? Hat Paps uns etwas vorgespielt? Und was meinte Night mit Eta...bliss...ment? Ein Bordell? Davon haben meine Eltern nie gesprochen! ... Nun bin ich in ein anderes Leben katapultiert worden. Macht die Flucht einen Sinn? Kann ich Kurt dauerhaft abschütteln? Wo soll ich hin? Zur Polizei? Ich hab ja nicht einmal einen Pass, um mich auszuweisen! – Mario … Lebst du? Bitte, du musst wenigstens leben!

      Sandra stoppte, wischte sich die tränennasse Spur aus dem Gesicht. Ich kann dir nicht einmal sagen, dass es mich gibt, oder weshalb unsere Eltern sterben mussten! Verstört blickte Sandy an sich runter. Sie besaß bloß die staubige Kleidung, die sie an ihrem Körper trug: T-Shirt, Jeans und Turnschuhe. Damit unterschied sie sich kaum von den Obdachlosen ringsum. Schlimmer noch, ich zähle nun zu ihnen! Ob sich Ur-Oma in der Kriegszeit auch so gefühlt hat? Durchbeißen!!!

      Ziellos marschierte Sandra weiter. Stunden, denen sie ihrer Umgebung keine Bedeutung zumaß. Die innere Qual trieb sie an. Beinahe wäre sie über einen Kerl gestolpert, der auf dem Asphalt lag. Sie machte einen Satz zur Seite, blickte auf und registrierte, dass das Leid um sie herum größer geworden war.

      Der Mann lallte, war sichtlich angetrunken. Unwillkürlich wich sie zurück. Dessen Kleidung war zerrissen. Irritiert beobachtete sie, wie er liegend den Reißverschluss der Hose öffnete, um neben sich auf die Straße zu urinieren. Eine große Pfütze breitete sich aus, benetzte ihn und bahnte zeitgleich in Rinnsalen einen Weg über den Asphalt.

      Angewidert wendete sich Sandra ab. Sie entdeckte weitere Menschen in den Gassen, manche sitzend auf dem dreckigen Boden, andere teilnahmslos, fast wie tot. Einige hielten fordernd und begierig ihr die Hände entgegen, wohl in der Hoffnung auf ein paar Almosen. Eine alte Frau stöberte unweit im Mülleimer. Sie entblößte ihre gelben Zahnstummel, als sie ein Stück verschimmeltes Brot hervorzog.

      Entsetzt rannte Sandy an den Menschen vorbei, bog um die nächste Ecke, konnte nur knapp einen Zusammenstoß verhindern. Sie starrte auf eine langbeinige Frau, deren Rock kaum den Schritt verdeckte. Der Mund war knallrot geschminkt, und das gesamte Gesicht wirkte übermäßig angemalt. Sandy erschauerte unter dem kühlen Blick, als wäre sie ein Eindringling. Sie eilte weiter, bis neben ihr ein Wagen hielt, der die Seitenscheibe herunterließ.

      »Du bist neu. Ich halte immer Ausschau nach Neuem … Komm, es wird nicht zu deinem Schaden sein.«

      Sandra rückte ab, bis sie die Hausmauer im Rücken spürte. Der Kerl hinter dem Steuer grinste und wedelte mit einem Dollarschein. »Einen erhältst du jetzt und das doppelte danach, wenn ich mit dir zufrieden bin.«

      Ihr Herz raste vor Entsetzen. Wo bin ich hier hingeraten?

      Ein Mädchen mit zierlicher Figur trat heran. Im totalen Kontrast zum jugendlichen Alter standen das enge Outfit und das grelle Make-up. »Komm, nimm mich. Ich weiß, was dir gefällt«, säuselte das Mädchen.

      Der Fahrzeuglenker lachte. »Steig ein.«

      Sogleich öffnete das Mädchen die Tür, warf sich zufrieden auf den Beifahrersitz. Erst, als der Wagen sich in Bewegung setzte, fiel etwas von Sandras Anspannung ab. Sie stieß hörbar Luft aus, folgte dem Straßenlauf. Jeder Meter frustrierte sie mehr. Bestürzt betrachtete Sandra all die Leute. Noch nie in ihrem Leben war sie derart mit Elend konfrontiert gewesen. Sie hatte zwar daheim Bilder oder Reportagen im Fernsehen über Menschen in Armut gesehen, doch die konnte man nicht mit diesem Umfeld vergleichen. Sie erinnerte sich an die Bettler vor manchem Supermarkt, aber die hatten keineswegs solch eine Not ausgestrahlt, die hier fühlbar war.

      Schockiert wandte sie den Blick ab, um ihre Tränen zu verbergen. Ich will weg … Heim! Obwohl die Umgebung vor ihr verschwamm, stoppte Sandra nicht, sondern beschleunigte ihren Schritt, in der naiven Hoffnung, dem Schmerz davonlaufen zu können.

      Die Sonne brannte heiß vom Himmel herab. Sandra war durstig, hungrig und verschwitzt. Sie versuchte, im Hintergrund zu bleiben, um keine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, ehe noch jemand neben ihr halten und ein unmoralisches Angebot vorschlagen würde. Da entdeckte Sandy den Zugang zu einer öffentlichen Toilette. Sie schaute sich um. Keiner schien von ihr Notiz zu nehmen. Sie eilte die Stiegen hinab, betätigte den Wasserhahn und trank in gierigen, großen Schlucken das kühle Nass. Als Sandra den Kopf hob und in den Spiegel blickte, zuckte sie zurück. Hinter ihr stand ein Mädchen in ihrem Alter mit schmutzigem Gesicht.

      »Was machst du hier?«, fragte es forsch.

      »Sorry«, brachte Sandy leise heraus. Sie drehte sich um. Ihr Gegenüber hatte nicht einmal Schuhe an, die Kleidung war verschlissen und fleckig. Werde ich auch so enden? Sandras Beine zitterten. Sie sank auf den kalten Fliesenboden nieder, hatte keine Kraft mehr. Wohin soll ich gehen oder fliehen? Wozu auch? Ich hab alles verloren …

      Unkontrolliert schluchzend verbarg Sandy das Gesicht hinter den Fingern. Plötzlich fühlte sie eine Berührung an ihrer Schulter. Erstaunt bemerkte sie, dass das fremde Mädchen noch da war.

      »Komm mit«, sprach es.

      Sandy spürte keine Ablehnung mehr in dessen Stimme. Als das Mädchen ihre Hand ergriff und sie mitzog, ließ sie es bereitwillig geschehen.

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