Tennisclub erneuern sie endlich die Sandböden. Bald findet ein Lehrgang für den Nationalkader statt. Und Herr Evers besteht darauf, dass ich daran teilnehme. Du kannst dir nicht vorstellen, wie viele Spieler deswegen eifersüchtig sind.«
Er redete wie ein Wasserfall. Die Wiedersehensfreude und die Versöhnung lockerten seine Zunge. Meike saß neben ihm, nickte mechanisch und haderte mit sich selbst. Was machte sie bloß verkehrt? Kaum saß er mit ihr zusammen, redete er nur noch über sein geliebtes Tennis und hatte keinen Sinn mehr für etwas anderes. Sie musste sich beherrschen, um ihm nicht an die Gurgel zu gehen.
Flüchtig dachte sie an ihre Nachricht auf dem fremden Anrufbeantworter. Bis jetzt hatte sich Jan-Erik noch nicht gemeldet.
»Herr Evers versucht, einen Sponsor für mich zu finden. Wäre das nicht toll? Dann trage ich auf meinem Trikot einen berühmten Markennamen.«
Ehrfürchtig nickte Meike, dabei beeindruckte sie das in keinster Weise. Aber was sollte sie tun?
Ihr Handy piepste leise, und Meike schrak aus ihren Gedanken. Vermutlich wollte Sandra wissen, wie sich die Angelegenheit entwickelte.
»Warte, ich mache das schon.« Michael schnappte sich ganz selbstverständlich ihr Handy, das auf dem Tisch lag, und tippte auf das Display. Abwartend blieb Meike sitzen, und grübelte über das Verhalten ihres Freundes nach. Nicht nur, dass er nur noch ein Thema kannte, er schien sich bei ihr als zu Hause fühlen und ihre Sachen als sein Eigentum zu betrachten.
»Ja, da sind Sie hier richtig«, hörte sie ihn sagen. Seine Stimme klang verwirrt.
Meike nahm ihr Handy entgegen, und wunderte sich über seinen verblüfften Gesichtsausdruck. Sein Gesicht glich einem übergroßen Fragezeichen.
»Irgendein Typ will dich sprechen. Keine Ahnung, was er will.«
»Danke.« Sie hielt ihr Handy ans Ohr. »Ja, guten Tag, Meike Sanders.«
Schon nach wenigen Momenten wusste sie, wen sie in der Leitung hatte. Sie drehte ihrem Freund den Rücken zu. Sollte er doch ruhig wissen, dass ihn dieses Gespräch nichts anging.
»Bitte warten Sie einen Augenblick.« Sie wandte sich zu Michael um und hielt das Handy ein Stück zur Seite. »Michael würdest du bitte ...«
Er zuckte mit den Schultern, sein Gesicht glich einer Totenmaske. Verwundert beobachtete sie, wie er zur Garderobe ging und die Jacke anzog.
»Tut mir leid, ich muss weg. In einer halben Stunde beginnt mein Training. Ich melde mich bei dir.«
Ein kurzes Winken, ein symbolisches Küsschen in ihre Richtung. Ohne ein weiteres Wort zu sagen, huschte er hinaus und zog die Tür hinter sich zu.
Meike seufzte. Erneut lief in ihrer Beziehung etwas schief.
»Entschuldigen Sie bitte, dass Sie warten mussten.« Verlegen räusperte Meike sich. Worüber sprach man mit einem Callboy?
»Sie hatten auf meinen Anrufbeantworter gesprochen. Wie kann ich Ihnen behilflich sein?«
Meike spürte, wie ein prickelnder Schauer über ihren Rücken lief. Die Stimme von Jan-Erik klang angenehm und warm.
»Es ist so«, begann sie hilflos und geriet ins Stottern. »Ich ... habe ein Problem ... mit meinem ... Freund. Seine große Liebe ist das Tennis.«
»Das ist doch nicht weiter dramatisch«, beruhigte er sie und lachte leise. »Oder vergisst er dabei alles andere?«
»Ja, stimmt«, sagte sie aufseufzend. »Ständig ist er unterwegs. An mich erinnert er sich, wenn er sonst nichts zu tun hat.« Meike zauderte einen Moment. Es fiel ihr schwer, so offen zu einem Fremden zu sein. »Aus diesem Grunde möchte ich Ihre Zeit in Anspruch nehmen.«
»Was genau stellen Sie sich darunter vor?«
In kurzen Worten erklärte Meike ihm den Aufgabenbereich.
»Gut. Dann schlage ich vor, dass wir uns am Dienstag um neunzehn Uhr am Busbahnhof treffen. Sie erkennen mich daran, dass ich eine rote Rose in der linken Hand halte. Wir können anschließend alles in Ruhe besprechen.«
»Ja. Das ist mir recht. Also, am Dienstag am Busbahnhof. Bis dann, tschüss.«
»Einen schönen Tag.«
Meike beendete das Gespräch und betrachtete nachdenklich ihr silbern glänzendes Handy. Nun, wo das erste Treffen feststand, fühlte sie sich nicht mehr so zuversichtlich. Sie hatte ein wenig Angst vor dem, auf was sie sich da eingelassen hatte.
Einen Erfolg hatte sie erzielt. Michael würde sich einige Tage lang den Kopf zerbrechen, wer dieser männliche Anrufer gewesen war.
Hoffentlich wurde sie die Geister auch wieder los, die sie rief.
*
Endlich flaute der Ansturm der Kunden ab. Meike rieb sich mit beiden Händen über das Gesicht und atmete einmal tief durch. Nun fand sie Zeit, die bunt bedruckten Seidenblusen zusammenzulegen und die Regale zuräumen. Im Lager warteten noch mehrere Kartons der aktuellen Kollektion darauf, dass sie sie auspackte und sortierte.
Frau Mertens, ihre Chefin, saß hinten im Büro und befasste sich mit der Buchhaltung.
Meike wollte eben im Lagerraum verschwinden, als erneut die Ladentür ging. Sie drehte sich auf dem Absatz um. Es vergingen Sekunden, bis sie im Gegenlicht Sandra erkannte.
»Hallo.« Die beiden Freundinnen umarmten sich zur Begrüßung.
»Seit Stunden meldest du dich nicht bei mir«, sagte Sandra, und musterte sie mit einem prüfenden Blick von oben bis unten. »Keine SMS, überhaupt kein Pieps. Bei dir in der Wohnung scheint es ein Funkloch zu geben. Da wollte ich mal nach dir sehen. Hätte ja sein können, dass etwas passiert ist.«
Meike mimte die Ahnungslose. »Was soll schon passieren? Werte Freundin, du übertreibst. Michael hat sich endlich zurückgemeldet. Mit Blumenstrauß und einem leidenden Gesichtsausdruck. Du wirst es kaum glauben, aber er bereute sein Verhalten.«
»Das ist ein erster Fortschritt. Er lernt langsam, das gibt Anlass zu Hoffnung.«
Meike unterdrückte ein empörtes Schnauben. »Von wegen. Er kam, entschuldigte sich und verschwand nach wenigen Minuten in Richtung Tennisplatz.«
Sandra knuffte ihre Freundin in die Seite. »Das war doch nicht alles, oder? Du verheimlichst mir etwas! Wir kennen uns so lange, und eine gute Schauspielerin warst du noch nie.«
»Du hast mich durchschaut.« Mit einem glücklichen Glanz in den Augen sah Meike sie an. »Das Beste weißt du noch nicht. Als Michael in meiner Bude war, rief Jan-Erik an.«
»Der Callboy? Wieso hast du mir das verschweigen? Du hättest mich sofort anrufen müssen! Und das nennt sich beste Freundin!«
»Bin ich auch. Schließlich informiere ich dich ja jetzt! Wir haben uns sehr nett unterhalten und uns für morgen Abend verabredet. Er legt Wert auf ein persönliches Gespräch, bevor er einen Auftrag annimmt.«
»Hört sich vielversprechend an. Meine Bemühungen scheinen nicht umsonst zu sein. Gratuliere, du machst ebenfalls Fortschritte. Was ziehst du an? Schon eine Idee?«
Meike deutete auf einen fliederfarbenen Hosenanzug, der dekorativ über einem Drahtgestell hing. »Er ist neu eingetroffen. Heute Abend nehme ich ihn mit nach Hause.«
»Nicht schlecht, in diesem Outfit schindest du Eindruck. Und wenn das klappt ...« Sie hielt kurz inne, und legte den Kopf zur Seite. »Dann hast du gleich zwei Typen an der Backe.«
»Na, nicht ganz. Schließlich bezahle ich Jan-Erik für seine Dienste.«
Das Geräusch der sanft aufgleitenden Tür lenkte die beiden von ihren Betrachtungen ab.
»Kundschaft, Sandra. Ich rufe dich heute Abend an.«
Конец ознакомительного фрагмента.
Текст