Liv-Malin Winter

Pechschwarzer Sand


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sich Tom ruhig anzusehen.

      »Wollen wir weitermachen?«, fragte sie.

      »Sicher, geh schon mal zu Eric. Ich bin in ein paar Minuten da.«

      Isabella ging wieder in die Küche. Eric stand auf und kam zu ihr. Endlich war er mit ihr allein.

      »Isa, wir müssen reden«, sagte er ernst und legte seine Hände auf ihre Schultern.

      »Das geht jetzt nicht«, wehrte Isabella ab und machte sich los.

      »Du vertröstest mich, seit ich hier bin. Mir reicht es jetzt. Ich will wissen, warum du spurlos verschwunden bist und es nicht für nötig gehalten hast, dich bei mir zu melden.« Eric war aufgebracht.

      »Weil ich Angst um mein Leben hatte«, flüsterte Isabella.

      Tom betrat den Raum. Er hatte ihren Wortwechsel gehört, aber nicht verstanden, was sie gesagt hatten. Sie hatten ihre Unterhaltung auf Deutsch geführt. Doch ihm war die Angst in Isabellas Stimme nicht entgangen.

      »Was ist hier los?«, griff er ein.

      Eric ignorierte Tom einfach. »Ich will mit dir allein sprechen und zwar sofort!«, forderte er aufgebracht.

      »Also gut«, seufzte Isabella resigniert und machte Anstalten mit Eric nach draußen zu gehen. Tom hielt sie am Arm fest.

      »Amy, du musst nicht … «, setzte er an.

      »Du verstehst das nicht, Tom«, sagte sie erschöpft. »Lass mich bitte los.«

      Tom reagierte nicht und hielt ihren Arm weiterhin fest.

      »Lass mich sofort los!«, befahl sie. Doch sie gab ihm keine Zeit zu reagieren. Mit einer schnellen Bewegung befreite sie sich aus Toms Griff. Dieser sah sie überrascht an. Kommentarlos verließ sie die Hütte und lief los. Eric musste sich beeilen, um an ihr dran zu bleiben. Nach ein paar Minuten bog sie in den Wald ab und folgte einem kaum sichtbaren Pfad.

      Schließlich blieb sie stehen, wandte sich zu Eric und sah ihn abwartend an. Eric betrachtete schweigend die Frau, die er die letzten drei Jahre so schmerzlich vermisst hatte, von der er so oft geträumt und um die er getrauert hatte, weil er dachte, er hätte sie für immer verloren.

      »Isabella, ich...«, begann er. Doch dann verfiel er wieder in Schweigen. Er wollte ihr so viel sagen und sie so viel fragen, dass er nicht wusste, wo er anfangen sollte. »Isa, ich habe dich schrecklich vermisst. Ich habe mir große Sorgen um dich gemacht. Ich dachte sogar, du wärst vielleicht...« Diesen Gedanken sprach er nicht zu Ende aus. »Warum hast du dich in Brüssel nicht wie verabredet mit mir getroffen? Wenn du deine eigenen Wege gehen willst, ist das in Ordnung, aber ich finde es nicht fair, dass du mich im Ungewissen lässt und einfach verschwindest.« Anklagend sah er Isabella an.

      »Eric, so war es nicht«, entgegnete Isabella traurig.

      »Dann erklär mir doch bitte endlich, wie ich dein Verschwinden richtig verstehen soll!«, rief Eric gereizt.

      Isabella sank erschöpft zu Boden. »Ich hätte nichts lieber getan, als mich in Brüssel mit dir zu treffen«, begann sie leise und sah zu Boden. »Aber ich konnte nicht. Die haben mich verfolgt. Ich bin aus Versehen in den falschen Bus gestiegen. Mir war der Rückweg versperrt. Wäre ich zurückgefahren, wäre ich denen geradewegs in die Arme gelaufen. Ich wollte dich anrufen.« Tränen standen ihr in den Augen, als sie Eric ansah. » Glaub mir, ich hätte dich so gerne angerufen, aber es ging nicht.« Sie hielt kurz inne. »Ich vermute, die haben mich über mein Handy geortet. Wie hätten sie mich sonst so schnell finden können? Ich dachte, wenn ich dich anrufe, hören die uns ab. Also habe ich es ausgemacht, in der Hoffnung zu entkommen.«

      »Das wusste ich nicht.« Eric hockte sich zu ihr und nahm ihre Hand in seine. »Aber warum hast du dich nicht später gemeldet, als du außer Gefahr warst?«

      »Ich hatte zu große Angst«, gestand Isabella. »Diese Typen haben uns immer wieder aufgespürt, egal, wo wir uns versteckt haben. Ich wollte sie nicht wieder durch einen dummen Fehler auf meine Spur führen. Also habe ich die Einzelteile meines Handys im Atlantik versenkt, um nicht irgendwann in Versuchung zu kommen. Außerdem...«, fügte sie zögernd hinzu, »was hätte es genützt, wenn du gewusst hättest, wo ich bin? Du hast...«

      Eric ließ sie nicht weiterreden.

      »Was es genutzt hätte?«, fragte er aufgebracht und sprang auf. »Ich habe dich überall auf der Welt gesucht! Ich habe mich schuldig gefühlt, weil ich dachte, dir ist etwas Schreckliches zugestoßen. Wenn ich gewusst hätte, wo du bist, hätte ich sofort alles stehen und liegen gelassen und wäre zu dir gekommen. Verdammt, Isabella, ich liebe dich!«

      Isabella starrte Eric sprachlos an. Sie war überrascht, sowohl von Erics Liebeserklärung als auch von deren Heftigkeit. Sie waren nur kurz zusammen gewesen, zu kurz für Liebeserklärungen.

      Eric interpretierte Isabellas Schweigen falsch.

      »Es tut mir leid. Du hast jetzt ein anderes Leben. Darin ist offensichtlich kein Platz mehr für mich. Sobald ich meine Arbeit hier erledigt habe, werde ich verschwinden.« Er wandte sich um und wollte fortgehen.

      »Nein!« Isabella sprang erschrocken auf.

      Eric drehte sich wieder zu ihr. Isabella lief zu ihm.

      »Nein«, wiederholte sie etwas sanfter und ergriff Erics Hand. »Du verstehst das falsch. Ich habe dich schrecklich vermisst. Es ist so schön, dass du da bist. Für mich ist es ein Wunder, dass wir uns hier am anderen Ende der Welt begegnet sind. Eric, ich liebe dich auch.«

      »Was ist mit Tom?«, fragte Eric skeptisch.

      »Was meinst du? Was soll mit Tom sein?«

      »Du bist jetzt mit Tom zusammen.« Das war keine Frage, sondern eine Feststellung.

      »Nein, bin ich nicht.«

      »Er verhält sich aber so.«

      »Ich weiß, er ist ziemlich besitzergreifend. Aber wir sind nicht zusammen.« Isabella strich mit ihrer Hand sanft Erics Wange entlang. Sie konnte immer noch Zweifel in Erics Augen erkennen. Ihre Hand glitt in seinen Nacken. Sie spürte seine warme Haut unter ihren Fingern. Sie zog sein Gesicht zu sich und küsste ihn zärtlich. Eric wollte den Kuss vertiefen, doch Isabella legte eine Hand auf seine Brust und schob ihn ein paar Zentimeter von sich.

      »Ich liebe dich. Ich bin mit keinem anderen zusammen. Hast du das verstanden?«, erklärte sie nachdrücklich.

      Ein Grinsen blitzte in Erics Gesicht auf.

      »Yes, Ma‘am.« Er zog sie an sich und küsste sie wieder. Ihre Zungen verschmolzen miteinander. Isabella ließ ihre Hände über seinen Körper gleiten. Sie konnte nicht genug von ihm bekommen, er fühlte sich so unglaublich gut an. Ihr Kuss wurde leidenschaftlicher und es schien, als würde die Last der letzten drei Jahre einfach von ihnen abfallen.

      »Ich habe dich so vermisst«, murmelte Eric in Isabellas Ohr.

      Die beiden schienen alles um sich herum vergessen zu haben. Sie bemerkten nicht, wie der Wind auffrischte und das leise Wispern der Bäume sich in ein Rauschen verwandelte. Sie wurden von Regentropfen aus ihrer Zweisamkeit gerissen. Lachend liefen sie tiefer in den Wald hinein und suchten Schutz vor dem Regen.

      »Wir sollten wieder zurückgehen. Tom ist bestimmt schon ganz krank vor Sorge«, bemerkte Isabella widerstrebend. Sie gab die Zweisamkeit mit Eric nur ungern auf.

      »Ich habe das Gefühl, Tom mag mich nicht besonders. Er benimmt sich, als ob ich dir etwas Schlimmes angetan hätte.«

      Isabella blickte verlegen zu Boden. Das entging Eric nicht.

      »Was hast du ihm über mich erzählt?«

      »Ich habe ihm gar nichts über dich erzählt«, verteidigte sie sich.

      »Wie erklärst du dir dann sein Verhalten? Er führt sich auf wie der große Beschützer, der dich vor einem bösen Exfreund retten will.« Auf einmal ging Eric ein Licht auf. »Ist es das?«

      »Irgendwie musste ich mein