Thomas Niggenaber

Barbaren am Rande des Nervenzusammenbruchs


Скачать книгу

Klumpen Fleisch steckte der er nun auf der langen Klinge. Doch das störte Hohlefried nicht weiter. Da sich der andere Bursche wieder aufgerappelt hatte und nun angriff, musste er umgehend handeln. Ungeachtet des zusätzlichen Gewichts auf seinem Schwert schwang er selbiges kraftvoll zur Seite. Es traf den Heranstürmenden und zerschnitt ihn knapp oberhalb seines Bauchnabels in zwei Teile. Während die obere Körperhälfte samt einer unsagbar dämlich dreinblickenden Goblinfratze nun zu Boden plumpste, blieben die Beine noch ein paar Sekunden lang stehen. Unmengen an Blut in die Gegend verspritzend fielen auch sie letztendlich um.

      Der Paladin stemmte seinen Fuß gegen den Leichnam auf seinem Schwert und mit einem starken Ruck befreite er es aus selbigem. Beide Hände auf dem Knauf seiner Waffe stieß er sie danach vor sich in den Boden, dabei einen Laut der Zufriedenheit ausstoßend. Hätte er all dies nicht mit blankem Hinterteil vollbracht, wäre Storne Stahlhand vielleicht sogar beeindruckt gewesen.

      »So habe ich also einen Hinterhalt der Goblins vereitelt!«, lobpreiste sich der gepanzerte Krieger selbst. Er tat dies voller Inbrunst, als spräche er vor einem großen Publikum. »Wenn ich erst mal wieder in Loewenehr bin, werde ich ein Heldenlied darüber verfassen, welche Abenteuer wir auf unserer Reise erlebt haben. Dieser Kampf wird sicherlich einer der Höhepunkte darin sein.«

      Storne reagierte darauf mit einem spöttischen Grinsen. »Ihr solltet in Eurem Lied aber besser verschweigen, dass Ihr beinahe von zwei Goblins beim Kacken überwältigt wurdet. Und nun bedeckt endlich Euren Poppes, Kerl!«

      Der Gescholtene richtete sich etwas verschämt sein Unterzeug, bevor er das Blech vor seinem Gesäß wieder hochklappte. Mit schmalen Lederriemen befestigte er es dann wieder an seiner Rüstung.

      Der Barbarenkönig vernahm währenddessen leises Rascheln und das Knacken zerbrechender Äste in den Büschen und Bäumen ringsumher. Er kannte den Wald gut genug, um zu wissen, dass diese Geräusche nicht von herkömmlichen Waldbewohnern verursacht wurden.

      »Gebt Acht, die Gefahr ist noch nicht vorbei!«, warnte er seine Mitstreiter. »Die kleinen Bastarde stecken hier überall.«

      Mit zusammengekniffenen Augen versuchten die drei Gefährten, ihren Feind im Unterholz ausfindig zu machen. Doch kleine grüne Wesen in dichtem Gesträuch zu finden, erwies sich selbstredend als recht schwierig. Aufgrund der Vielzahl an Geräuschen um sie herum mutmaßte Storne jedoch, dass sie es noch mit mehr als einem Dutzend weiterer Angreifer zu tun bekommen würden.

      »Ich frage mich, was diese Biester antreibt«, überlegte Teophus laut. »Die trauen sich normalerweise nicht an ausgewachsene Menschen heran. Dieses miteinander abgestimmte Vorgehen gegen einen gemeinsamen Feind ist auch äußerst ungewöhnlich. Ich hatte zudem den Eindruck, dass sie Hohlefried nicht töten, sondern nur gefangen nehmen wollten.«

      Ein Rascheln zu seiner Linken ließ Storne herumfahren und erwartungsvoll seine Axt heben. Er entspannte sich jedoch umgehend wieder und senkte seine Waffe.

      »Nun ja, vielleicht erfahren wir ja jetzt mehr«, mutmaßte er, denn eine kleine, grüne Gestalt trat mit erhobenen Händen aus dem Buschwerk heraus.

      Dass es sich bei dieser um einen weiblichen Vertreter der Goblins handelte, war unschwer zu erkennen. Untrügliche Anzeichen dafür waren die zwei schlaff herabhängenden Brüste, die auf einer weit hervorstehenden, recht wabbeligen Wampe ruhten. Selbige wurde wiederum von zwei krummen, spindeldürren Beinen getragen. Dem ästhetischen Empfinden Stornes hätte es wohl weitaus mehr entsprochen, wenn diese Gestalt mehr als nur einen Fellrock an ihrem unförmigen Leib getragen hätte. Im Optimalfall wäre dies ein Kleidungsstück gewesen, welches auch das Gesicht der Kreatur bedeckt hätte. Dieses war nämlich selbst für einen Goblin von erlesener Hässlichkeit.

      »Nix mehr Haue!«, drang es über die wulstigen Lippen des grünhäutigen Pummels.

      Dies versetzte die drei Menschen in enormes Staunen. Keiner von ihnen hatte jemals etwas von sprechenden Goblins gehört.

      »Ich Gryxela, große Schamanin von mächtige Goblin-Stamm!« Sie deutete auf den Paladin und ein seltsam verzückter Ausdruck erschien in ihrer unansehnlichen Visage. »Das hübsch Mann-Ding. Gryxela hübsch Mann-Ding habe wolle! Goblins wolle fange hübsch Mann-Ding für Schamanin, aber böse Mensche mache Goblins tot. Nix nett!«

      Der Erzmagier gab ein amüsiertes Prusten von sich. »Potzblitz!«, entfleuchte es ihm. »Jetzt wissen wir, warum die grünen Burschen Euch fangen wollten. Anscheinend habt Ihr eine Bewunderin, Hohlefried. Aber womöglich sieht sie in Euch auch nur ein üppiges Abendmahl.«

      Mit einer Mischung aus Abscheu und Verunsicherung musterte der junge Krieger die Schamanin. Diese warf ihm schmachtende Blicke zu, derweil sie mit den Wimpern klimperte.

      »Verzeiht mir, gnädige … äh … Frau?« Er sah hilfesuchend um sich, doch seine Begleiter grinsten ihn nur breit an. Er konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass sie die ganze Angelegenheit nicht wirklich ernst nahmen. »Mein Name ist Hohlefried von Ömmerbaum und ich frage mich, weshalb Ihr meiner habhaft werden wollt. Wollt Ihr mich etwa verspeisen?«

      Die Kreatur namens Gryxela schüttelte den Kopf und verzog den Mund zu einer Grimasse, welche wohl ein Lächeln darstellen sollte. »Nix aufesse! Gryxela mag hübsch Hohlefr… Hohlefra… Hohl-Mann-Ding. Gryxela werde Weib von hübsch Hohlmann-Ding.«

      Nun konnte auch der Barbarenkönig sein Lachen nicht mehr unterdrücken. Dröhnend und schallend brach es aus ihm heraus. »Meinen Glückwunsch, edler Recke! Die liebliche Maid hat sich wohl in Euch verguckt, als sie Euch mit entblößter Kehrseite hinterm Busch hat hocken sehen. Ich bin gespannt darauf, wie diese Anekdote in Eurem Heldenlied Erwähnung finden wird.«

      »Euer Humor ist mitunter recht derb«, stellte der Paladin etwas pikiert fest. Dann klappte er sein Visier herunter, da ihm die lustvollen Blicke der Schamanin allmählich unangenehm wurden.

      Selbige verlor augenscheinlich die Geduld. »Ihr gebe Gryxela hübsch Hohlmann-Ding!«, verlangte sie barsch. »Ihr gebe, dann Goblins nix mehr kämpfe. Wenn Ihr nix gebe, dann wir uns einfach nehme und andere beide Mensche töte!«

      Ihre Drohung vermochte es nicht wirklich, den König in Furcht zu versetzen.

      »Na, dann ist ja alles klar!«, stellte er fröhlich fest. »Wir geben ihnen unseren jungen Freund, dann können wir endlich weiterziehen. Klingt nach einem prima Handel. Ein dreifach Hoch dem glücklichen Paar!«

      Hohlefried sah erst ihn an, dann den Magier und dann wieder ihn. Seine Beunruhigung konnte er trotz des geschlossenen Visiers nicht verbergen.

      »Aber das könnt Ihr doch nicht machen! Ich will nicht der Gemahl dieser garstigen Vettel werden. Wir sind doch Kampfgefährten, wir …«

      »Beruhigt Euch«, bat ihn der Erzmagier. »König Storne hat sich nur einen kleinen Scherz mit Euch erlaubt.« Nach einem kurzen Zögern wandte er sich an den Barbaren. »Ist doch so, oder?«

      Storne antwortete nicht direkt, sondern richtete sein Wort an die adipöse Schamanin. »Auch wenn ich damit vielleicht einer hoffnungsvollen Romanze den Todesstoß versetze, werde ich mich wohl kaum von so einer missgestalteten, grünen Kartoffel wie dir erpressen lassen. Also verschwinde, bevor ich deinen widerlichen, schwammigen Leib in tausend kleine Stücke zerhacke, die ich dann irgendeinem Aasfresser als Festmahl kredenze. Und besorg dir mal 'nen Büstenhalter!«

      Zorn in seiner reinsten Form verunstaltete nun die Miene der Goblin-Frau. Dass sie diese Angelegenheit nicht auf sich beruhen lassen würde, war wohl jedem Anwesenden klar.

      »Ihr tot!«, zischte sie nur noch, dann verschwand sie wieder im Gebüsch.

      In Erwartung weiterer Angriffe stellten sich die drei Weggefährten nun mit erhobenen Waffen Rücken an Rücken, um sich nach allen Seiten abzusichern. Die lauter werdende Geräuschkulisse um sie herum überzeugte sie von der Notwendigkeit, dies zu tun.

      »Ein sprechendes Goblin-Weib auf Partnersuche und eine ganze Armee dieser kleinen Biester als ihre Kuppler«, fasste Teophus die augenblickliche Situation in wenigen Worten zusammen. »Diese Sache wird immer abstruser.«

      Der König stimmte