Christian Jesch

Renaissance 2.0


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einen eigenen Staat aufzubauen. Das Land hier zu regieren. Es zu einem Land der Magus zu machen."

      "Noch jemand, der meint, seine Spezies sein privilegierter, als die Menschen. Das bedeutet dann nur, dass diese Frauen nicht besser sind, als die Hexe mit ihren Mutanten."

      "Wie gesagt, es ist nur ein Gerücht. Keiner hat eine Ahnung, woher es stammt oder wer es aufgebracht hat. Ich persönlich halte es für Blödsinn. Trotzdem sollten wir es nicht ganz beiseiteschieben. Möglicherweise liegt ein wenig Wahrheit darin."

      "Und wie soll mir das nun bei meiner Suche weiterhelfen?"

      "Leider wenig bis gar nicht. Aber das ist die letzte Hoffnung, die ich dir mitgeben kann."

      "Also gut. Wo finde ich diese letzte Fraktion?"

      "Das ist schwierig. Sie versteckt sich in einer Klosteranlage irgendwo in den Bergen. Angeblich soll sie sogar aus dem Berg selbst gehauen worden sein. Würde mich nicht wundern, wenn dem so ist. Schließlich gehört der Stein zur Erde und die Erde ist nun mal eines der vier Elemente."

      "Dann werde ich mich wohl auf die Suche nach diesem Kloster machen müssen. Gibt es vielleicht noch irgendwelche Hinweise, die das Gebiet eingrenzen?" In der nächsten dreiviertel Stunde sammelte Shilané alles, was ihr die Anwesenden zu berichten wussten. Das meiste stammte vom Hörensagen. Einige warteten jedoch sogar mit konkreten Angaben auf, die sie aus ihren Familienchroniken hatten oder direkt von ihren Eltern und Großeltern erzählt wurden. Hinzu kamen dann noch die Geschichten, welche definitiv nicht stimmen konnten, da sie einfach zu fantastisch waren. Aber auch dort konnte sich ein Körnchen Wahrheit finden. Mit all diesen Informationen begab sich die junge Magus wieder durch ein Portal in ihren Raum in der Bastei, wo sie sofort anfing alles auszuwerten. In der Mitte von Unmengen an Papier sitzend, sortierte sie alle Angaben, notierte sich die Dinge, die mehrfach und unabhängig von verschiedenen Personen berichtet wurden. Langsam kristallisierten sich Beschreibungen des Klosters heraus, Angaben zu natürlichen Eigenheit des Gebietes, Flüsse, Felsformationen und vieles mehr. Schließlich konnte sie alles auf drei Blättern zusammenfassen und machte sich damit auf den Weg in die Bibliothek. Am aufregendsten fand sie die Beschreibung einer Felsformation, die das Blatt der Alten genannt wurde. Eine Bezeichnung, die sie nur all zu gut kannte. Sie musste nur noch endlich genau herausfinden, wo sich dieser Fels in Form eines Schwertes befand. Dazu suchte sie nach alten Karten, die nicht wie die modernen einfach nur aus verschiedenen Farben bestanden, welche dann für Wald, Wüste und Gebirge bestanden, sondern auf denen Besonderheiten noch mit zweidimensionalen Zeichnungen hervorgehoben wurden. Endlich, nach stundenlangem durchsuchen der Regale und Bücher, fand Shilané das, wonach sie gesucht hatte. Eine Karte, die vor etwas mehr als einhundert Jahren angefertigt wurde. Mit äußerster Vorsicht entfaltete sie das Din A3 große Blatt. Da war das Schwert, dieses Blatt der Alten, nach dem sie schon so lange gesucht hatte. Unglaublich viele Geschichten rankten sich um dieses Symbol. Geschichten, die ihre Mutter ihr immer und immer wieder erzählen musste, bis diese einfach keine Lust mehr dazu hatte.

      "Hier bist du", erscholl plötzlich die Stimme des Ratsherren. Das Mädchen zuckte heftig zusammen. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals. Fast wäre sie gestorben, hatte die junge Frau das Gefühl. "Ich bitte um Entschuldigung", fuhr der Mann umgehend fort. "Ich wollte dich nicht erschrecken."

      "Ist schon gut", antwortete Shilané immer noch schwer atmend. "Ich war nur so sehr vertieft."

      "Was schaust du dir da an?" Er kam näher und blickte über ihre Schulter. Sofort erkannte der Magus, was dort auf dem Tisch vor ihm lag. Und er begriff augenblicklich. Hektisch dachte er darüber nach, wie er es verhindern konnte. Doch dann musste er sich eingestehen, dass es dazu vermutlich schon zu spät war. Oder doch nicht?

      "Meine Mutter hat mir oft von diesem Blatt der Alten berichtet. Ich wollte die Geschichten immer wieder aufs Neue hören. Jetzt, wo ich hier bin, wollte ich endlich einmal in Erfahrung bringen, ob es denn wirklich existiert", log sie ihm vor.

      "Und du bist nicht auf der Suche nach etwas anderem?", hakte der Ratsälteste nach.

      "Gibt es da noch etwas anderes?", fragte sie gespielt überrascht. "Wenn dem so ist, würde ich mich freuen, wenn Sie es mir erzählen würden."

      "Nein, da gibt es nicht wirklich noch etwas. Nur einige erfundene Geschichten, die man seinen Kindern erzählt, wenn sie unartig waren", erwiderte der Mann mit einem väterlichen Lächeln. Shilané durchschaute jedoch ohne Probleme seine Anspielung und schwor sich, sobald er wieder verschwunden war, noch um einiges tiefer zu graben. Offensichtlich gab es an dieser Stelle mehr zu finden, als die alten Geschichten hergaben. Zu ihrem Glück lagen die persönlichen Aufzeichnungen, die sie zuvor gemacht hatte, unter der Karte und konnten somit nicht von dem Ratsherren gesehen werden. Sie würde sich diese und auch die anderen in ihrem Zimmer noch einmal genauer ansehen. Möglicherweise übersah das junge Mädchen noch einen wichtigen Hinweis auf das Kloster oder aber auch auf eine andere, wichtige Sache. Das Verhalten des alten Mannes gab ihr zu bedenken. Er verheimlichte etwas. Nur er? Oder wussten die anderen aus dem Rat ebenfalls mehr? Das musste sie unbedingt in Erfahrung bringen. Endlich ging der Führer des Rates wieder und sie konnte ihre Arbeit fortführen. Die junge Frau war sich jedoch überaus sicher, dass er die anderen informieren würde. Kaum, dass der Mann aus dem Raum war, öffnete sie ein Portal in ihr Zimmer, um alle dort herumliegenden Papiere zusammenzuraffen und in die Bibliothek mitzunehmen. Keine Minute zu früh, wie sich schnell herausstellen sollte. Erneut machte sie sich intensiv an die Arbeit. Was um alles in der Welt war an diesem Ort so besonders, so geheimnisvoll? So gut Shilané konnte, bereitete sie alles vor. Wenn sie an dem Blatt der Alten eintraf, musste sie zumindest ungefähr wissen, wonach sie suchte.

      Kapitel 11

      "Kommandant!", rief der wachhabende Offizier den Mann zu sich. "Ich habe hier eine Person auf dem biometrischen Scanner, die vielleicht interessant sein könnte."

      "Warum?"

      "Wir können diese Person zwar identifizieren, die Akte ist jedoch gesperrt." Jetzt wurde der Kommandant doch neugierig. Langsam ging er zu seinem Offizier herüber und schaute auf dessen Monitor. Jikav, Passwort erforderlich, stand dort. "Sollen wir ihn aufnehmen?", fragte der jüngere Mann.

      "Warum?", erwiderte der Kommandant kurz angebunden.

      "Vielleicht ist er wichtig."

      "Oder er gehört zu einem Personenkreis, der uns nichts angeht, weswegen die Akte für uns gesperrt ist."

      "Ich habe den Namen gerade mal durch das System geschickt. Er war an den Auseinandersetzungen in Nuhåven beteiligt. Jedenfalls taucht sein Name ein paar mal auf."

      "Auf welcher Seite?", erkundigte sich der Kommandant lapidar.

      "Unbekannt." Der Sura Centum grübelte einige Zeit nach. Offiziell gab es keinen Haftbefehl gegen diesen Jikav. Trotzdem schien er etwas Besonderes zu sein. Aber, wenn sein Dossier gesperrt war, konnte dies auch bedeuten, dass er für den Geheimdienst arbeitete. Ganz eindeutig sollte niemand mehr als seinen Namen über ihn erfahren. Er befahl dem Offizier, Kontakt zu den Behörden aufzunehmen und nachzufragen. Schnell stellte sich dabei heraus, dass die ProTeq wirklich ein gesteigertes Interesse an dem Mann hatte.

      "Gehen Sie runter. Wir nehmen ihn mit. Schicken Sie ein bewaffnetes Team zur Rampe. Die sollen ihn in Empfang nehmen. Sie dürfen ihn aber unter keinen Umständen töten, ist das klar?"

      "Verstanden, Sura Centum."

      Wenige Minuten später befand sie Jikav im Inneren des Patrouillenhover. Er hatte keinen Widerstand geleistet, da es ihm völlig egal war, was passierte. Es war auch weniger eine Festnahme, als eine Aufforderung, das Flugzeug zu betreten. Aufgrund der Tatsache, dass sich der Junge so friedlich verhalten hatte, ließ der Kommandant ihn umgehend auf die Brücke bringen, wo er ihn befragte.

      "Ihr Name ist Jikav?", wollte der Mann als Erstes wissen, um sicherzugehen, die richtige Person vor sich zu haben.

      "Bin ich", antwortete dieser desinteressiert.

      "Was machen Sie hier draußen in den Dædlænds?"

      "Ich suche die Einsamkeit."

      "Sind Sie auf der