Nippeln zu befestigen, da ich das noch nie selbst getan habe. Ich weiß, wie sehr es schmerzt; was das Ganze nicht gerade vereinfacht. Eigentlich sollte ich geübt darin sein, mich selbst zu quälen, aber ich denke, dass diese Hürde immer bestehen wird und immer wieder aufs Neue gemeistert werden muss.
Kurz nachdem ich sie mir angelegt habe, ziehe ich scharf Luft ein. Allerdings stelle ich sehr schnell fest, dass der Schmerz meine Geilheit nicht wie sonst eindämmt, sondern das Gegenteil bewirkt. Ja, es kickt mich, in Liams Auto zu sitzen, ohne BH, und seine Nippelklemmen zu tragen. Aber noch mehr reizt mich überraschenderweise das Brennen meiner Brustwarzen.
Ich genieße die Autofahrt in vollen Zügen. Ab und zu wendet Liam sich zu mir und schnipst mir gegen meine Mamillen. Statt zu fluchen, lächle ich.
Indem er mir nicht verraten hat, wo es hingeht, regt er mein Kopfkino an. Diese Art von Fantasieren mag ich durchaus. Es ist für mich nicht gleichzusetzen mit den sexuellen Fantasien, die man hegt, wenn man sich alleine liebt. Das sind Fantasien, die sexuelle Wünsche schaffen; neue Ideen für die Kopfmenschen.
Das Kopfkino, welches durch die Gegenwart eines Mannes in die Gänge gebracht wird, hängt mit der Realität zusammen, ist bezogen auf die gesamte Situation. Das, was ich mir vorstelle, kann eintreffen, ohne dass ich ihm mitteile, was ich mir wünschen würde. Natürlich gibt es keine Garantie dafür, dass das, was in meiner Vorstellung lebt, eintrifft und nicht immer geht man von etwas Gutem aus … Man hofft, dass es anders kommt, als man denkt. Diese Ungewissheit macht einen großen Reiz aus.
Liam hat noch keine eigene Wohnung. Also schließe ich aus, dass wir heute gemeinsam in einem Bett miteinander vögeln werden, obwohl es genau das wäre, wonach ich mich gerade total sehne. Wie gerne würde ich diese neue Lust, die mit unbeschreiblicher Intensität anwesend ist, jetzt unbändig mit ihm ausleben.
Für ein Hotelzimmer hat er keine Kohle … und ich auch nicht. Meine Kreativität stößt schnell an ihre Grenzen. Mir fällt nichts weiter ein. Gerade im BDSM spielt das Kopfkino eine große Rolle. Ich erinnere mich daran, wie Liam in unserer ersten gemeinsamen Nacht mehrmals an dieser Wundertüte zugange war und ich mich durchgehend gefragt habe, was wohl als nächstes passieren wird … Und ich bin durchaus nicht nur von schönen Dingen ausgegangen.
Die Aufregung löste ein begieriges Prickeln aus. Wie auch in diesem Moment. Fünf Monate später. Ich bin damals nicht davon ausgegangen, dass wir über diesen Zeitraum in Kontakt bleiben werden. Das Leben ist nicht vorhersehbar.
Ob Liam und ich irgendwann an eine Mauer stoßen werden und ich durch ihn nichts Neues mehr erleben kann? Wer weiß …
Ich lasse den weiteren Tag auf mich zukommen.
Wir befinden uns im Stadtteil St.Pauli. Er biegt in die Glacischaussee ab und reduziert die Geschwindigkeit.
„Willst du hier parken?“, frage ich, um nun endlich herauszufinden, wie sein Plan ausschaut.
„Genau.“
„Aber der Hamburger Dom hat noch zu …“, merke ich an.
„Ich weiß. Da das Wetter gut ist, dachte ich, wir könnten in Planten un Blomen etwas spazieren gehen.“
„Schöne Idee. Darf ich die Klemmen abnehmen?“ Liam nickt kurz. Konzentriert schaut er nach einem freien Parkplatz.
Ein Spaziergang ist eine gute Möglichkeit, um mit mir das Gespräch zu führen, auf das ich schon viel zu lange gespannt warte.
Nachdem wir einen Parkplatz gefunden haben, gehen wir stillschweigend nebeneinander her. Erst, als wir den Eingang des Parks ein paar Meter hinter uns gelassen haben, ergreift Liam das Wort.
„Möchtest du ein Eis?“ Links vor uns steht ein Kiosk.
„Da sage ich nicht Nein“, bejahe ich seine Frage.
Ich wähle ein günstiges Eis aus. Den Flutschfinger. Obwohl ich eher Lust auf ein Magnum Mandel habe. Aber ich finde es süß genug, dass er mich einlädt, obwohl es ihm finanziell nicht gut geht. Erst, als er bezahlt, sehe ich, welches Eis er genommen hat … Magnum White. Ich verkneife mir jeglichen Kommentar und nehme dankbar mein Eis an.
„Lass uns mal eine Sitzmöglichkeit suchen.“ Liam geht voran, ich folge.
„Ich weiß auch schon wohin. Ich bin echt gerne hier. In der Zeit, als ich noch in der Bar getanzt habe, war ich oft in diesem Park. Ich mag die Anlage, die Natur. Da kann man wunderbar in Ruhe seinen Gedanken nachgehen.“
Ich erinnere mich an ein Foto, welches er auf Facebook gepostet hatte. Da saß er auf einer Bank in der Sonne. Ich verdammte Stalkerin habe sein Profil so weit heruntergesrcollt, bis ich bei seiner Anmeldung angelangt war. Hätte ja sein können, dass ich aufschlussreiche Informationen über ihn finde …
„Ich finds auch schön hier. Vor allem, dass so eine riesige Grünanlage mitten in der Stadt liegt …“, bemühe ich mich, die Unterhaltung aufrechtzuerhalten.
„Das stimmt. Das ist wirklich cool.“
Meine letzte Erinnerung an diesen Park ist allerdings nicht sonderlich positiv. Auf der anderen Seite der Anlage teilte er mir vor ein paar Monaten mit, dass er Hamburg verlassen wird …
Und nun spazieren wir hier wieder nebeneinander her. Wieder ohne körperliche Nähe. Aber wir verspeisen auch gerade unser Eis. Ich bin gut damit beschäftigt, da es sehr schnell schmilzt und ich mich nicht vollkleckern möchte.
Mein Eis droht in den nächsten Sekunden das Zeitliche zu suchen, daher schiebe ich mir den ganzen Rest in meinen Mund. Was verdammt kalt ist! Dementsprechend verzerrt muss mein Gesichtsausdruck aussehen.
„Hahaha! Da nimmt sie den Mund mal wieder zu voll!“, macht Liam sich über mich lustig.
Ich bleibe stehen, wedle wild mit meiner Hand vor meinem Mund herum, den ich leicht geöffnet habe, damit die kalte Luft entweichen kann. Gleichzeitig versuche ich, das aufgelöste Eis herunterzuschlucken, ohne mich zu verschlucken.
„Du bist echt ne Marke“, kommentiert Liam meine Gestiken und Mimiken und wuschelt mir einmal über den Kopf.
„Geht’s wieder?“, erkundigt er sich.
„Ja, das war doch etwas zu viel Eis … aber ich wollte nicht, dass es auf den Boden fällt. Das schmolz einfach zu schnell.“ Während ich mich rechtfertige, versuche ich, mit einer Hand meine Haare wieder herzurichten, denn in der anderen Hand halte ich noch den klebrigen Eisstiel.
Als wir an einem Mülleimer vorbeikommen, nimmt Liam mir diesen ab und wirft ihn mit seinem Stil vorbildlich in den Abfallbehälter. Er wischt sich seine Hand an seinem Hosenbein sauber und ergreift dann meine nicht schmierige Hand. Endlich.
Händchen haltend führt er uns zu der Bank, die er im Sinn hat.
Ich spüre, wie mein Engelchen versucht, sich an die Oberfläche zu drängeln, um mich daran zu erinnern, dass ich gefälligst keine Nähe brauche und dem Händchenhalten mit Gleichgültigkeit begegnen soll.
Doch fühlt es sich einfach viel zu gut an, wenn Liam meine Hand in seiner hält. Ich schenke dem Blondkopf keinerlei Beachtung. Obwohl ein tief verborgener Teil in mir weiß, dass es besser wäre, auf sie zu hören und ihr mehr Aufmerksamkeit zu widmen.
Die Schmetterlinge in meinem Bauch bleiben fern. Das sollte ihr genügen. Sie sollte darauf vertrauen, dass ich die richtigen Entscheidungen treffe und mir ein wenig Zweisamkeit und Glück gönnen. Auch wenn Liam nicht der Mann fürs Leben ist …
Was spricht dagegen, weitere Erfahrungen mit ihm zu sammeln? Darf ich das nur mit einem Mann, von dem ich denke, dass er der Richtige für mich ist und es auch ernst mit mir meint? Dann kann ich ja lange warten …
Und welcher Mann möchte sich auf eine Frau festlegen, die kaum Erfahrungen in ihrem Leben gesammelt hat?
Ich bin mir sicher, dass mein Engelchen spätestens jetzt Ruhe geben würde, wenn es überhaupt zu Wort gekommen wäre.
Und wer weiß … vielleicht ist er ja doch der Mann, der an deiner Seite