Klara Chilla

Die Tränen der Waidami


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den Geräuschen an Bord. Es war relativ ruhig. Keine Schüsse fielen mehr. Sicher waren wieder alle Mann an Bord, und die Treasure nahm gehorsam Kurs auf Waidami. Torek lächelte. So schlecht war es gar nicht. Der erste Ausflug mit Morgan war ein Erfolg. In ein paar Tagen waren sie wieder zu Hause, und er würde wenigstens einen Blick auf Shamila werfen können. Die Versuchung wurde immer größer. Er hatte sich einst geschworen, niemals in ihre Visionen zu schauen, aber sein größter Wunsch war es, sie einst zu seiner Frau machen zu können.

      Nur ein Blick!

      Was konnte es schon schaden?

      Er hatte es geschworen.

      Aber nur sich selbst. Nichts war verwerflich an einem Blick.

      Nur einen einzigen Blick auf ihre Augen werfen und dann würde er sofort wieder aus der Vision herausspringen.

      Noch während der Wunsch in ihm immer größer wurde, schob sich bereits das Bild von Bairanis Tochter in seinen Kopf. Ihre dunklen Locken schimmerten blauschwarz. Mit ihren tiefbraunen Augen sah sie ihn direkt an. Ihr Blick traf geradewegs in sein Herz. Sie lächelte ihn an, wie sie ihn früher immer angelächelt hatte, wenn sie sich begegnet waren. Toreks Herz begann schneller zu schlagen. Er fühlte sich ertappt. Beschämende Hitze versengte seine Wangen, und er schlug die Augen nieder. Genau das hatte er nicht gewollt. Er wollte sie nicht heimlich betrachten wie ein Verrückter, der sich mit seinen Gefühlen nicht ans Licht wagte. Er wollte sie nicht ansehen, ohne dass sie die Möglichkeit hatte, auch ihn anzusehen. Bitterkeit überkam ihn, und er wischte die Vision fort. Für eine Weile lag er so da und spürte dem Nachhall der Vision hinterher. Scham und Sehnsucht paarten sich mit dem Wissen, dass Shamila nicht ihn so angelächelt haben konnte. Aber wer mochte derjenige gewesen sein?

      Es ging ihn nichts an.

      Es stand ihm nicht zu. Nicht bei ihr.

      Der Verlust ihres Lächelns war der Preis für seinen Erfolg bei ihrem Vater. Möglicherweise war es nur gerecht.

      Plantage

      Cale und Lanea verhielten ihre Pferde auf einer Hügelkuppe. Unter ihnen lag in einem Tal ein Plantagenhaus. Wie ein Fremdkörper stand es inmitten von üppigen grünen Bäumen und Sträuchern, an deren Rand sich einfache Holzhütten demütig unter dem prachtvollen Weiß des Herrenhauses duckten. Lanea seufzte unwillkürlich, als ihr Blick auf die Sklavenunterkünfte fiel. Sie hatte die Sklaverei immer verabscheut. Und jetzt sollte sie selber auf einer Plantage leben, die von der Arbeit dieser armen Seelen abhängig war. Ein Seitenblick auf Cale bewies ihr, dass er das Gleiche denken musste. Sein Gesicht wirkte ablehnend, und sie hätte eine Dublone für seine Gedanken in diesem Augenblick gegeben. Doch sie fragte nicht und schwieg, so wie sie es getan hatten, seitdem sie an Land gegangen waren.

      Das war es also! Vor ihnen lag ihr neues Zuhause, ihre Zuflucht und ihre Zukunft. Lanea hätte beinahe wieder geseufzt, doch sie hielt sich im letzten Augenblick zurück.

      Cale nickte ihr kurz zu und schnalzte dann leise. Sein brauner Wallach zockelte los, als könnte er es kaum erwarten, sein neues Heim zu beziehen. Doch Lanea hielt die Zügel fest in der Hand und blieb, wo sie war. Plötzliche Panik schlich in ihre Brust und griff nach ihrem Atem.

      Wie konnte sie das nur tun? Wie? Wie konnte sie einfach der See den Rücken kehren und all den Männern, die ihr so ans Herz gewachsen waren? Wie konnte sie Jess hier vergessen? Sie hatte geschworen, ihn nie im Stich zu lassen. Ihr Vater selbst hatte ihr das abverlangt, als sie an Jess verzweifelt war. Doch er hatte sie weggestoßen. Wieder einmal. Er hatte sie einfach zurückgelassen. Ohne ein Wort des Abschieds war er gegangen. Wie konnte sie ihm das verzeihen und wie noch zu ihm halten? Indem sie sich auf einer Plantage verkroch und dem salzigen Seewind aus dem Weg ging? Ihr neues Heim war weit genug im Inselinneren, sodass sie nicht Gefahr lief, versehentlich an die Küste zu gelangen. Mit brennenden Augen sah sie in den Himmel und seufzte nun doch. Die Wolken flogen dahin, wie in einem Wettstreit mit den Vögeln, unter denen sich glücklicherweise keine Seevögel befanden. Und doch spürte sie genau, wohin es die Wolken trieb. Dahin, wo sie ihnen am liebsten auf der Stelle folgen wollte.

      »Lanea?« Cales Stimme riss sie aus ihren Gedanken. Er war auf der Hälfte des Abhangs stehengeblieben und hatte sich im Sattel herumgedreht. Sein Gesicht war schmaler geworden; die Kinnlinie härter, als kaute er immer noch auf der Demütigung herum, von seinem besten Freund und Captain einfach über Bord geworfen worden zu sein.

      Dachten sie wirklich, dass sie hier dem Schatten Jess Morgans und der Waidami entkommen konnten? Cale war gezeichnet, so wie sie auch. Jess hatte ihn zu dem Mann gemacht, der er heute war. Und auch sie konnte die Zeit mit ihm nicht verleugnen, jedenfalls nicht mehr lange.

      »Ich komme gleich. Gib mir einen Moment«, entgegnete sie leise. »Bitte!«

      Wieder nickte er, keine Spur von Ungeduld in der Miene. Er ritt ein Stück weiter hinab und wartete dort erneut, doch diesmal ohne sich nach ihr umzudrehen. Ihre Panik wuchs unter seinem Gleichmut. Wie konnte er dieses Leben nur so gelassen betrachten? Lanea atmete tief ein und sah sich um. Sie betrachtete die Büsche und Bäume, die Gebäude und vermisste bereits jetzt aus tiefstem Herzen die See. Alles hier umstand sie wie eine Mauer, die nichts anderes im Sinn hatte, als sie von der See abzuschneiden. Dabei brauchte sie das Meer. Sie war ihr gesamtes Leben nie weit davon entfernt gewesen, und nie war ihr bewusst gewesen, wie sehr sie es brauchte. Wie sehr das Blut der Ka’anu in ihr pulsierte und die Nähe zum Meer einforderte.

      »Cale?« Ihre Stimme klang viel zu dünn. Auch Cale bemerkte die Stimmung darin. Er wendete sein Pferd und sah zu ihr hinauf. »Was tun wir hier, Cale? Wir können doch unmöglich unser Leben an diesem Ort verbringen.« Lanea umzeichnete mit ihrem Arm einen großen Bogen, der alles um sie herum einschloss. »Wir können doch unmöglich leugnen, wer wir sind.«

      Cale seufzte und sah sich ebenfalls um. Seine Stirn legte sich in Falten, als bemerkte er erst jetzt, wo sie sich befanden. Dann sah er sie wieder an. Seine Miene verschloss sich wie eine Auster, während er sprach: »Du willst wissen, was wir hier tun? - Wir lecken unsere Wunden.«

      »Und dann?«

      Cale trieb sein Pferd wieder an und lenkte es in Richtung Plantage. »Dann machen wir uns wieder auf den Weg und werden den Waidami ein wenig ins Handwerk pfuschen.«

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