Ewa A.

1001 Dattelkeks


Скачать книгу

so ungezügelt in der Liebe.

      Der Schah legte einen Zahn zu und holte schließlich Navid ein, der angehalten hatte und anfing, an sich selbst zu schnuppern. Shanli hatte von dem Gespann ebenso die Fährte aufgenommen und grinste zufrieden. Ihre Wünsche erfüllten sich also, selbst wenn sie nicht direkt an Navids Ohren drangen.

      Allerdings war ihr Wunsch vergebens. Sprachlos musste sie mit anschauen, wie Parviz seinen Arm um Navids Taille legte. Zu ihrer Genugtuung schubste Navid ihn jedoch an der Schulter so kräftig zur Seite, dass der Schah in einem Strauch landete, welcher neben dem Weg wuchs.

      Laut konnte sie die hohe Stimme des Dschinns vernehmen: »Hach, Ihr seid aber auch ein ganz, ganz schlimmer Schlawiner, Schah Parviz.«

      Dieser torkelte eilig zu Navid zurück. Und nach wenigen Schritten versuchte der Schah erneut, seine Finger auf Wanderschaft bei der Blondine gehen zu lassen. Das brachte ihm wieder einen derben Klaps ein und ein entsetztes, tiefes »Finger weg, Ihr Lümmel!«

      Derweil glaubte Shanli, ihren Augen nicht zu trauen. Navids Weigerungen schienen den Schah nur noch weiter in seinen Bemühungen anzuheizen. Ständig kicherte der Schwerenöter oder lachte aus vollem Hals. Navid machte aus dem Schah ein kopfloses Huhn oder einen Hahn, wie auch immer. Aber dennoch war es unglaublich!

      Endlich hatten sie das Fest wieder erreicht. Kaum hatte sich der Schah widerwillig entfernt, tippelte Navid aufgebracht zu Shanli hinüber, die nach ihnen im Iwan angekommen war.

      »Hast du dir etwa gewünscht, dass ich stinke?« Ungeduldig wippte der blonde Dschinn mit dem Fuß und wartete auf Shanlis Antwort. Er war sich gar nicht bewusst, dass er sich wie eine zickiges Mädchen gebärdete.

      »Nein?!«, säuselte Shanli zahm.

      »Nimm es zurück! Sofort!«

      Die Bäckerstochter machte auf Unschuldslamm. »Nein. Warum?«

      Navid Augen stierten sie drohend an. »Weil der Gestank diesen angehenden Ziegenschänder erst richtig rollig macht.« Shanli schlug sich die Hand vor den Mund und musste ungewollt prusten, während Navid sich weiter ereiferte. »Dieser Kerl ist ein widerlicher Lüstling! Dazu noch dickfellig, und er besitzt die Intelligenz einer getrockneten Feige. Und den wolltest du küssen?!«

      »Ja, das wollte ich!«, giftete Shanli zurück. »Warum hast du das verhindert? Du solltest mir helfen und mir nicht in den Rücken fallen. Oder willst du ihn dir selbst unter den Nagel reißen?«

      Angewidert und zugleich völlig empört verzog Navid den Mund. »Äah, igitt! Bist du von allen guten Geistern verlassen?« Shanli legte den Kopf schief, und ihre Miene sprach Bände, dass sie noch immer sauer auf ihn war. »Ich … ich wollte dir doch nur helfen«, stammelte Navid. »Wenn du ihm das gibst, was er verlangt, wird er dich fallen lassen. Nur, wenn du es ihm verweigerst, kannst du sein Interesse wach halten.«

      Navid atmete durch. Die Ausrede klang doch gut. Sogar in seinen Ohren. Ach, was! Es war gar keine Ausrede, genauso verhielt es sich doch. Er hatte Shanli nur davor bewahren wollen, ihre Zuneigung Parviz vor die Füße zu werfen, die jener mit besagten, stinkigen Körperteilen getreten hätte. Bestimmt würden die muffeln wie alter Schafskäse.

      Allmählich verschwand die Wut aus Shanlis Gesicht, und Navid traute sich, ihr zuzuflüstern: »Ich sollte das wohl am besten wissen, denn schließlich bin ich ein Mann.« Ein Wimpernschlag später meinte er interessiert: »Du hast dir also wirklich gewünscht, dass ich stinke?«

      Shanli nickte.

      »Das heißt, dass sich die Wünsche auch erfüllen, wenn ich sie gar nicht höre.« Er grübelte. »Ich wusste es, bevor ich den Mief roch, dass du es dir gewünscht hast. Es war, wie eine Eingebung. Ich hatte bisher keine Ahnung, dass das auf diese Weise ebenso funktioniert.«

      Shanli hob vielsagend die Brauen. »Auf jeden Fall ist das gut zu wissen – dass du zwar außerhalb des Smaragdes sein musst, aber nicht unbedingt in meiner Nähe, um meine Wünsche zu erfüllen.«

      Navid pflichtete ihr bei. »Ja. Das könnte vieles einfacher machen.« Seine Augen begannen, zu leuchten. »Ich bräuchte nicht mal bei dir zu sein, wenn du die Prüfungen machst. Nie wieder muss ich Parviz' Dattelfinger ertragen.«

      Shanli verneinte sofort. »Nein! Du wirst mich begleiten! In welcher Gestalt auch immer!«

      »Shanli!«, flehte Navid jammervoll.

      Doch die Bäckerstochter blieb hart. »Nein! Darüber brauchen wir nicht mehr zu streiten.«

      Navid grollte unzufrieden, und Shanli ließ sich dazu herab, seinen Gestank fortzuwünschen. Was sie jedoch nur tat, weil sie es auch ihrer Nase nicht mehr länger zumuten wollte.

      Nach und nach hatte Parviz mit allen Bewerberinnen gesprochen. Oder sonstiges mit ihnen getan, wie Navid mutmaßte. Das Fest neigte sich dem Ende zu, als der Schah einen Gong schlagen ließ und damit um die Aufmerksamkeit seiner weiblichen Gäste bat. Allmählich verebbte das Geschnatter der Mädchen, und Parviz bezog, vor seinem erhöht liegenden Thronsessel, Stellung. Mit einem breiten Lächeln schaute er auf die Bewerberinnen herunter, die alle gebannt an seinen Lippen hingen – außer eine.

      Der blonde Navid schüttelte angewidert den Kopf und nuschelt vor sich hin: »Was schwebt der Wasserpfeife jetzt schon wieder vor?«

      »Meine lieben Vögelchen, mit jeder von euch habe ich … gesprochen.«

      »Vermutlich nicht nur das, du Schleimbeutel!«, kommentierte Navid leise.

      »Und ihr alle seid ganz bezaubernd, doch leider kann ich euch nicht alle zur Gattin wählen. Sondern nur eine. Deswegen will meine Mutter, Aazar, euch vier Prüfungen unterziehen.«

      Wildes Getuschel setzte ein, und auch Shanli sah sich um. »Wo ist Aazar überhaupt? Sie ist schon wieder nicht anwesend.«

      Simin, die neben der Bäckerstochter stand, wisperte ihr zu: »Ja, Aazar ist wieder krank. Das hat sie alle paar Monate. Tagelang schließt sie sich dann in ihren Gemächern ein. Niemand darf sie in dieser Zeit stören. Irgendwann verlässt sie dann ihren Räume und sieht dann schöner aus als je zuvor.«

      »Seltsam!«, erwiderte Shanli.

      Navid dagegen interessierte sich für die vier Prüfungen, die die Mädchen absolvieren sollten. »Na, da bin ich ja mal gespannt, was das wird. Dem Himmel sei Dank, dass seine Mutter die Angelegenheit in die Hand nimmt. Ansonsten gäbe es wahrscheinlich einen Wettbewerb in nassen Kleidern mit Bananenschlecken.«

      Shanli und Simin schauten angeekelt zu Navid hinüber, während Leilah laut grölte: »Bananenschnecken?! Warum sonnten wir an Bananen nutschen? Das sähe ja dämnich aus.«

      Parviz schien Leilah gehört zu haben und griff ihre Frage auf. »Nein, Nina, ihr müsst keine Bananenschnecken sammeln.« Verwirrt hielte er inne, um gut vernehmlich zu grübeln. »Gibt es solche Tiere überhaupt? Ich hab noch nie solch eine Bananenschnecke gesehen.« Er schüttelte den Gedanken ab. »Wie dem auch sei. Übermorgen werden wir uns vor den Toren Al Hurghas treffen und gemeinsam zur Wüste Nahtab reiten.«

      Die ersten Zwischenrufe erklangen, die fragten, was sie dort sollten. Auch Shanli und ihre Freundinnen blickten sich verwundert an, denn damit hatte keine von ihnen gerechnet.

      Parviz hob beschwichtigend die Hände. »Nur Ruhe, meine süßen Sandmäuse. Ihr könnt jederzeit eure Bewerbung zurückziehen, wenn euch die Prüfungen zu gefährlich erscheinen. Doch meine Mutter hat ganz bestimmte Gründe, warum sie diese von euch verlangt. Bei der ersten Aufgabe geht darum, dass die angehende Gemahlin des Schahs dazu bereit sein muss, jedweder Gefahr zu begegnen. Und das wird sie, indem sie mir innerhalb von fünf Tagen ein schwarzes Schlangenei bringt.«

      Ein Tumult brach aus, die Mädchen schrien aufgeregt durcheinander.

      »Was?!«

      »Ein Schnangenei?!«

      »Wo sollen wir denn das in der Wüste finden?«

      »Das ist lebensgefährlich!«

      »Nie und