Ewa A.

1001 Dattelkeks


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erwiderte Navid. »Ich habe einen anderen Verdacht, warum du hier bist.«

      Shanli wollte schon fragen, welchen Vermutung Navid hege, als Parviz seinen Arm um Simin legte.

      »Simin, du siehst heute Abend wunderschön aus. Wie ich sehe, hast du dich mit den Schwestern angefreundet. Ihr redet doch nicht etwa über mich, oder?«

      Das einstimmige »Nein, nein!« ließ Parviz nicht einen Moment stutzig werden. Munter wandte er sich an Leilah, der er seine Hand reichte. »Kleine Lilie, du bist an der Reihe. Lass uns spazieren gehen!«

      »Ich heiße Neinah und nicht Ninie?«, sagte das schwarzhaarige Mädchen und ließ sich von Parviz fortführen.

      »Ja, aber das ist kein Grund, dich zu grämen, Neinah«, konnten sie den Schah noch antworten hören.

      Navid schüttelte nur den Kopf, hielt dann jedoch inne und zog Shanli jäh mit sich fort. »Entschuldige uns, Simin. Wir müssen uns kurz die blonden Locken kämmen.«

      Eilig zog er Shanli in ein stilles Eck. »Schnell, deine Haarspitzen werden schon schwarz, und ich glaube …«, Navids Augen irrten ratlos umher,«… bei mir baumelt jeden Moment etwas im Freien.«

      Hastig murmelte Shanli die Wünsche und meinte danach: »Die ganze Aufregung macht mich hungrig.« Ein verschmitztes Lächeln legte sich auf ihre Züge. »Nass uns endnich von den Köstnichkeiten probieren.«

      Navid folgte Shanli mit einem Lachen zu den reichlich bedeckten Tafeln, wo sie sich gleich zwei Teller mit Essen belud. Navid nahm sich lediglich ein wenig Obst und beobachtete Shanli schweigend. Kein Wort kam über seine Lippen, aber der Bäckerstochter fiel sehr wohl sein amüsiertes Mienenspiel auf. Gemeinsam ließen sie sich an einem niedrigen Tisch nieder, um den mehrere dicke Sitzkissen lagen. Shanli stellte ihre Teller ab und nahm sich sofort ein knuspriges Fleischbällchen, welches zur Gänze in ihrem Mund verschwand. Kaum hatte sie ein paar Mal gekaut, begann sie wonnig, mit vollen Backen zu stöhnen. »Oh … ist das gut. Mmmh! Ahh!« Sie schloss selig die Augen und genoss sichtlich jeden Bissen.

      Navid beäugte Shanli irritiert. Denn diese Geräusche, die sie von sich gab, erinnerten ihn an etwas … anderes … Sinnliches.

      Ganz in ihr Tun versunken, schleckte sie sich die Finger ab und saugte geräuschvoll an den Kuppen.

      Navid hielt den Atem an, als er sah, wie sich Shanlis rot glänzende Lippen um ihre Fingerspitzen schlossen und dabei verführerisch kräuselten. Wie es sich wohl anfühlen würde, wenn ihre vollen Lippen ihn … Nein, das durfte er nicht mal denken!

      Als nächstes griff Shanli zu einem Stückchen Baklava. Der dickflüssige Zuckersirup tropfte aus dem Strudelteiggebäck heraus und lief ihr über die Hände, bis ans Handgelenk. Shanli wusste sich nicht anders zu helfen, und leckte mit der Zunge die süße Spur fort.

      Ein heiseres Krächzen entfloh Navid. Der Anblick von Shanlis rosa Zungen, die sich sanft über ihre samtbraune Haut wand, war zu eindeutig zu viel für einen Mann, der schon lange keine Frau mehr gehabt hatte. Erotische Bilder stiegen in ihm auf, in denen es keine Rolle spielte, ob es ihre oder seine Zunge war, die mit ihrer Haut oder seiner spielte.

      Erneut gab Shanli genießerische Töne von sich. Ihr wohliges Brummen und Seufzen lösten eine neue Woge von Verlangen in ihm aus. Unruhig rutschte Navid auf seinem Kissen herum. Sein Atem ging schwerer und schwerer. Was war nur mit ihm los?

      Shanli bemerkte Navids seltsam erstarrtes Gesicht. Sein Blick war verhangen, und seine grünen Augen wirkten dunkler als sonst.

      Sie schmatzte entschuldigend: »Leilah hatte recht, das Essen ist wirklich lecker.«

      »Mmhm«, erwiderte er lahm. »Ich sehe, wie du es genießt.«

      »Ja«, nickte Shanli und angelte sich nebenher eine Praline vom Teller. Obwohl sie Schokolade noch nie gesehen hatte, roch sie nur kurz daran und steckte sie sich, ohne Bedenken, in den Mund. »Und das ist das Problem«, mampfte sie und lutschte nebenher die braune Süßigkeit. »Essen ist für mich nicht nur Nahrungsaufnahme, sondern ein Genuss. Mit allen Sinnen!« Sie riss entzückt die Augen auf, denn die Schokolade schmolz und entfaltete ihren vollen Geschmack. »Du lieber Himmel! Das musst du probieren, Navid.« Abermals schloss sie die Augen und stöhnte im Schmatzen. »Das ist unglaublich!«

      Sie schnappte eine Praline und hielt sie Navid vor die Nase. »Na, komm schon, die ist nicht vergiftet.«

      Der Dschinn zögerte. Seine Augen glitten langsam über Shanlis Gesicht und blieben auf ein Neues an ihren vollen Lippen hängen. Allmählich öffnete Navid seine. Shanli grinste zufrieden, als sich diese über ihre Finger stülpten und die Praline aufnahmen. Sie beobachtete aufmerksam, wie sich sein Mund schloss.

      »Zerbeiße es nicht! Warte! Fühle, wie kühl es ist und die Hitze es nach und nach schmelzen lässt!«, befahl Shanli ihm leise. »Spürst du, wie es auf deiner Zunge ganz … langsam zergeht? Wundervoll, nicht wahr? Zuerst ist es ein wenig herb, aber gleich … überschwemmt eine herrliche Süße deinen Mund.« Gebannt hörte Navid Shanlis Flüstern zu. »Sie dringt in jeden Winkel vor. Nimmt all deine Sinne mit ihrer Lieblichkeit gefangen. Und dann … kommt er: dieser Rausch. Er wird stärker und stärker. Und während dir diese flüssige Wonne die Kehle hinunterläuft, stetig weniger wird, erfasst dich ein dunkles Verlangen nach mehr.«

      Navid knurrte: »Ja, ich kann dieses Verlangen spüren, mehr, als mir lieb ist.«

      Hätte er jetzt seine männliche Gestalt, müsste er eine steinharte Erregung verbergen. Aber auch jetzt nahm er wahr, wie ein Kribbeln sich in seinem Unterleib ausbreitete. Nie hätte er vermutet, dass ihn die Beschreibung einer Leckerei wolllüstig machen könnte. Nein, gewiss lag es nicht an Shanli!

      Kapitel 12

      Schnecken und Eier, die nicht existieren

      »Oh, Parviz kommt auf uns zu!« Shanlis Wangen röteten sich vor Aufregung und Vorfreude, als sie den Schah durch die Menge schreiten sah.

      Navid schnaubte, denn Parviz glotzte mit einem selbstgefälligen Grinsen in ihre Richtung.

      Shanli murmelte derweil ihr Wünsche-Mantra und erteilte danach Navid im Flüsterton den Befehl: »Egal, wen er von uns nun mitnimmt, der andere muss heimlich folgen und in Hörweite bleiben. Es wäre das Schlimmste, was passieren könnte, wenn gerade in Parviz' Gegenwart dein Zauber nachlassen würde.«

      »Na, also ich könnte mir da noch etwas Schlimmeres vorstellen!«, war Navids trockene Erwiderung.

      Shanli konnte ihn nicht mehr fragen, was er damit meinte, da Parviz ihr seine Hand vor die Nase hielt.

      »Kleine Perle, komm, lass uns spazieren gehen!«

      Die Bäckerstochter lächelte glücklich und legte ihre Finger in Parviz'. Sie erhob sich und warf Navid, bevor sie gingen, nochmals einen mahnenden Blick zu. Der Schah führte sie quer durch das Festgelage zur steinernen Treppe, über die sie in den Garten gelangten. Alle paar Schritte schaute Shanli verstohlen über ihre Schulter, und kontrollierte, ob Navid ihnen folgte. Der Dschinn war ihnen auf den Fersen, allerdings in gebührendem Abstand, was sie beunruhigte. Denn was würde geschehen, wenn Navid ihre Wünsche nicht hörte?

      Ihr Herz pochte ungestüm. Die Freude, endlich mit Parviz allein sein zu können, mischte sich mit der Angst, im ungünstigsten Moment dick und dunkelhaarig zu werden.

      »Wie war dein Name noch gleich?«, fragte Parviz.

      Die Bäckerstochter sah hinter sich und stammelte zerstreut: »Ähm … Shanli, Euer Hoheit, wie das Stachelschwein.«

      »Ach, ja!«, grinste Parviz und wanderte mit ihr die Wege entlang. »Wo stammen deiner Schwester und du her?«

      Shanli entschloss sich, bei Navids Geschichte zu bleiben und antwortete brav: »Aus Hesch Tael.«

      »Eine schöne Stadt und eine der größten in meinem Reich«, entgegnete der Schah stolz und deute auf zwei Sitzkissen, die Nahe am Wasserbecken lagen. »Setzen wir