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Umwelt durch Ordnungszufuhr zu formalisieren, so werden aus Phänomenen Informationen, aus Geschehnissen Sachverhalte, und die künstliche Sterilität vertreibt alles Leben.

      Unter dem Gesichtspunkt der Prinzipienvergabe fällt auf, dass den Kapitelüberschriften, bestehend aus polaren Begriffspaarungen, immer jeweils nur ein Prinzip zukommt.

      Nach dem Polaritätsgesetz muss dem Begriff, dem das Prinzip zukommt, immer eine oppositionelle Begrifflichkeit gegenüberstehen, um im dualen Spannungsfeld bestehen zu bleiben. Dieser Gegenpol wird aber nicht etwa darüber bestimmt, dass ihm das gegensätzliche Prinzip innewohnt, sondern das, was den Begriff ausmacht, ist die Abwesenheit des Prinzips seines Gegenteils. Kommt nur einem Pol die Ordnungsunterfütterung zu, dann muss man, um alles weiterhin in Ordnung zu halten, sich genau eben diesem Pol verschreiben. Beispielsweise besitzen Relativität, Unwissen, das Andere, Determinismus, das Seiende usw. kein eigenständiges Prinzip, sondern sie definieren sich über die Abwesenheit des Prinzips von Absolutheit, Wissen, das Ich, Freiheit, das Sein usw. Um aber das, was Prinzip hat, zu erfahren und wahrzunehmen, müssen wir etwas davon Unterschiedliches, ja Gegenteiliges Wahrgebung zukommen lassen, weil nur Unterschiede wahrnehmbar sind, denn Wahrnehmung ist Wahrnehmung von Unterschieden. Das Prinziplose ist das, was nicht von sich aus ist, sondern erst durch einen Existenzzuspruch von dem bereits bestehenden Prinzip seiend gemacht wird. Dass dieses Geschaffene eine geringere Wirklichkeit besitzt als sein prinzipunterfütterter Gegenpol, sollte damit auf erdrückende Weise erkenntlich werden. Damit wird nahezu alles selbst Erschaffene nur ein Seiendes für die Erfahrbarmachung seines Gegenteils! Dass etwas kein Prinzip hat, schließt aber keinesfalls aus, dass innerhalb dessen eine Vielzahl an Prinzipien und Gesetzmäßigkeiten herrschen, beispielsweise ist Determinismus ein in sich stark auftretendes Prinzip, das aber an und für sich kein Prinzip hat. Alle im prinziplosen Pol herrschenden Ordnungsprinzipien sind aus absoluter Sicht mögliche und nicht wirkliche Gesetzmäßigkeiten. Es sind zur Wahrheit gemachte Gesetzmäßigkeiten, die vollständig, unter Anwendung höherer Prinzipien, ausgehebelt werden können. Wenn also irgendetwas innerhalb des prinziplosen Pols chaotische Züge entwickelt, dann ist das vollständig in Ordnung. Dass etwas kein Prinzip hat, wird sehr deutlich am Beispiel von Licht und Dunkelheit: Dunkelheit hat kein Prinzip, es ist lediglich ein Mangel an Licht. Dadurch ist das Licht in der Lage, die Dunkelheit zu verdrängen, nicht aber umgekehrt. Licht kann in der Dunkelheit sein (und Dunkelheit so in Licht transformieren), wohingegen Dunkelheit nie im Licht sein kann. Die aktionale Bewegung wird immer vonseiten des Lichts ausgehen und lässt da, wo es sich vollständig in seine Abwesenheit zurückzieht, etwas entstehen, was wir dann Dunkelheit nennen. Aus sich heraus kann Dunkelheit somit nie übergriffig werden, sie ist lediglich dazu da, das Licht über die Abwesenheit von Licht als das, was es ist, kenntlich zu machen.

      [Wem es Spaß macht, der kann das kompositionelle Verhältnis von Licht und Dunkelheit auf die im Text genannten Begriffspaarungen analog übertragen. Dazu eignen sich Sein/Seiendes, Chaos/Ordnung, Subjekt/Objekt, Relativität/Absolutheit und Tod/Leben im Besonderen, wobei nicht jedes Zusammenspiel gleich sinnvoll ist und zu Gehirnwindungsverrenkung führen kann]. Zugegebenermaßen sind nicht alle Kapitelüberschriften wirkliche, polare Gegensatzbegriffe, bei denen eine Aufteilung in prinzipvolle und prinziplose Pole sinnvoll und stimmig ist. Die meisten Hauptüberschriften jedoch lassen sich in dieses Schema einordnen, wobei der prinzipvolle Pol immer der erstgenannte ist. Das Wechselspiel zwischen prinzipvollem und prinziplosem Pol, sowie das Schema der Analogebenen, das in “Inhalt und Form“ ausführlich dargestellt wurde, sind die zwei zentralen konzeptuellen Knotenpunkte dieser Abhandlung. Jede Satzaussage über ein Verhältnis scheinbarer Gegensätze läuft in diesen zwei Knotenpunkten zusammen, und es erhöht den Beschäftigungswert mit der gesamten Abhandlung enorm, wenn sowohl Inhalt und Form, als auch Prinzip und Prinziplosigkeit stets gedanklich mitgeführt werden. Die Abhandlung zielt auf einen durchlebten Wegfall des prinziplosen Pols ab, indem das gesamte duale Spannungsfeld in sich zusammenbricht und den Zugang zu etwas Konzeptfreiem, Nondualem schafft. Hierfür muss die Prinziplosigkeit so weit durchdrungen werden, dass man sie als etwas Ursachenloses begreift. Der prinziplose Pol ist grundlos, denn er ging nur scheinbar aus dem Prinzip hervor, das davon träumte, sich in sich selbst aufzuspalten, um so, getrennt vom Prinzip, das heißt getrennt von sich selbst, andere Prinzipien zu etablieren. Das Prinzip ist trotz hartnäckiger Versuche der Ab- und Aussonderung von Prinzipelementen nach wie vor ungeteilt, so wie es immer schon war. Es kann von der Prinziplosigkeit nie ernstlich bedroht oder von dieser vernichtet werden, da die Wirkrichtung immer nur vom Prinzip ausgeht. Und trotzdem muss der prinziplose Pol erscheinen, um den prinzipvollen Pol in die Erfahrung und zu sich selbst zurückzubringen. Wer beständig den prinzipgedeckten Pol polarisiert und ausschließlich auf den lichthaften Pol fixiert hat, dem sollte bewusst sein, dass die Stärkung des einen auch immer eine Stärkung des Gegensatzes mit sich bringt, solange es in einem dualistischen Denken stattfindet. Der gespaltene Geist des Dualismus sucht automatisch nach dem prinziplosen Pol, wenn er das Prinzip sieht. Er sucht automatisch nach Leid, wenn er Glück erfährt, er sucht automatisch nach einem Teufel, wenn er von Gott hört, weil er nur innerhalb der Dualität denken kann. Erst in der Erkenntnis der Nondualität, in der erfahren wird, dass Ordnung bzw. der prinzipvolle Pol kein Gegenteil hat, und es dadurch keine Polarisierung geben kann, löst sich das Konzept von Prinzip und Prinziplosigkeit auf. Was daraus entsteht, ist ein abgelöster Gleichmut, der gegenüber jeder Polarisierung neutral mitfühlend ist, sich aber jeder sprachlichen Beschreibung entzieht. Für einen nondualistischen Geist, der mit sich eins geworden ist, erübrigt sich die Gegenüberstellung von Prinzip und Prinziplosigkeit. Für ihn ist der prinzipvolle Pol ein Einheitssymbol, außerhalb dessen es nichts gibt. Ordnung, Licht, Geist, Absolutheit, Wahrheit sind dann Symbole, denen man nichts gegenüberstellen kann, da sie alles sind, was ist und was nicht ist. Werden diese Symbole von dem gespaltenen, noch heilungsbedürftigenden Geist aufgenommen, so braucht dieser ein gegenteiliges Symbol, um sich das eigentlich Gegenteilslose vorstellen zu können. Er braucht eine Vielheit, die um das Einheitsfundament herum konstruiert wurde, für die Erfahrbarmachung seines konstruktionslosen Seins. Der prinziplose Pol ist eine Hilfskonstruktion für die Wahrnehmbarmachung des prinzipvollen Pols. Doch sobald das Prinzip in die Wahrnehmung herunter- gezogen wird, kann es nicht mehr als das Prinzip wahrgenommen werden, was es zuvor war, und die Prinziplosigkeit schleicht sich ein. Nur im relativen Bereich der Wahrnehmung hat der prinziplose Pol eine gewisse Wirklichkeit, sobald aber die Polarität zur Einheit hin verlassen wird, wird der prinziplose Pol verschwinden. Gäbe es keine Spaltung innerhalb des Geistes, so wären wir in der Lage, die Einheit des einen wahren Prinzips einzusehen. Da wir aber auf Trennung beharren, trennen wir auch unsere Innerlichkeit, wobei alle nachträglichen Selbstzuschreibungen prinziplos sein müssen, da sie auf der Prinziplosigkeit der Trennung aufbauen. Diese innerliche Zerteilung des gespaltenen Geistes, des polaren Bewusstseins, ist der Grundstein aller nach außen projizierten, polaren Vielheitswahrnehmungen. Jeder Versuch, den prinziplosen Pol wirklich werden zu lassen, hat zur Intention, sich seine eigene abgetrennte Existenz zu bestätigen. Das Heraustreten aus der Einheit wird dann als besonders wirklich erlebt, wenn man unter einer Welt leidet, die getrennt von mir, mich beeinflussen kann. Die Funktion der Prinziplosigkeit hat nichts anderes zum Ziel, als mir zu bestätigen, dass ich meine selbst gewählte Besonderheit, meine Außerordentlichkeit, mein Sein außerhalb der Ordnung, auslebe. Zu existieren bedeutet hervorstechen wollen und als etwas Besonderes aus der Ordnung auszubrechen. In der Meisterung der Existenz, in dem Rückweg zur nie verlassenen Ordnung, werden die Illusionen der Prinziplosigkeit aufgegeben, und alles fügt sich wieder in die nie verlassene Ordnung ein. Man transzendiert, verschwindet in der Ordnung, wird den Ordnungsmustern des Lebens angeglichen und vereinigt sich letztlich mit dem einen Prinzip, das immer war. Es gibt nichts Leichteres als wieder ins Prinzip zu kommen, man muss lediglich den Traum der Prinziplosigkeit aufgeben und von ihm zum Prinzip hin erwachen. Der Erwachte kann denen, die noch von Prinziplosigkeit träumen, sagen, dass sie das Prinzip nie wirklich verlassen haben, und dass alles, was sie an Prinziplosigkeit wahrnehmen, lediglich eine Halluzination eines gespaltenen Geistes ist. Wer meint, er sei noch von Prinziplosigkeit belagert, dem sei gesagt, dass man nicht nicht im Prinzip sein kann, man kann höchstens nur nicht erkennen, dass es nach wie vor nur das Prinzip gibt. Für einen geheilten, sprich nondualen Geist, der erkennt, dass es nie etwas anderes als das Prinzip geben kann, ist alles, was für einen dualen Geist als prinziplos erscheint, ohne Wirkung. Was eine Wirkung hat, muss eine Ursache haben, der prinziplose Pol jedoch hat keine Ursache und dadurch