Robin Kaiser

Eine relative Abhandlung über das Absolute


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von außen auf Innerlichkeit wirken könnte, da du die Innerlichkeit bist, die alles ist, was ist. Es ist unabhängig, ob die Aussage “du bist alles, was ist“, als richtig oder falsch gesehen wird, denn für die Psychohygiene ist sie heilsam, und hilft dabei, Veränderungen zu bewirken. Solange du meinst, jemand anderes hätte Schuld an dem, was dir widerfährt, solange kannst du dich nicht in der Lage sehen, daran etwas zu verändern. Übernimm folglich deshalb die volle Verantwortung für alles, was dir widerfährt, damit du die Veränderungsmöglichkeit wieder innerhalb deiner selbst erkennst. Wenn noch etwas anderes, als das, was du bist, als die Ursache für etwas innerhab deiner selbst gesehen wird, dann scheint Beeinflussung von außen nach innen möglich. Erst in dem Empfinden, alles zu sein, was einen umgibt und widerfährt, kann gesehen werden, dass Beeinflussung immer aus dem Innen heraus geschieht, auch wenn es scheinbar die äußere Rückspiegelung ist, die wirkt. Die Innerlichkeit, die du bist, ist die Innerlichkeit, die auch allem anderen innewohnt, oder mit anderen Worten: du bist alles, was ist, und alles was du siehst, bist du. Doch du, als alles was ist, bist nicht in der Lage, dich als ungebrochenes Ganzes selbst zu erkennen. Du kannst nicht sein, was du bist, und gleichzeitig wissen, was du bist. Erst dadurch, dass du zu dem wirst, was du nicht bist, kannst du die Erfahrung deiner selbst einholen. Um das sein zu können, was man nicht ist, muss man Ich- Gleiches als Ich-Fremdes sehen, um dann Ich-Fremdes wieder ich-gleich zu machen. Das, was überall Ich- Fremdes sieht, ist das, was du nicht bist und braucht häufig genau das, was dir am meisten schadet . Damit wird Selbsterkenntnis von Innerlichkeit zwangsläufig zu etwas Leidvollem, denn es ist das Gift, das dir zur Heilung gereicht wird. Das, was du nicht bist, träumt von seiner Existenz, seinem Anderssein und seiner Trennung von dem, was du bist. Durch das Anderssein-Wollen träumt das, was du nicht bist, davon, einer Vielzahl an anderen zu begegnen, wobei sowohl das eigene Anderssein, als auch das Anderssein der anderen beängstigend sein kann. Die konstruierte innere Äußerlichkeit hat Angst um ihre Konstruktion und füttert diese immer weiter mit der Bestätigung eigener Innerlichkeit. Die Innerlichkeit, die du bist, ist nichts Konstruiertes, sie ist ein selbstloses Aus- Sich- Heraus- Sein. Erst durch die Selbstlosigkeit, dadurch, dass du nicht bist, wurde dir ermöglicht, alles sein zu können. Die selbstlose Innerlichkeit erkennt, was sie ist, indem sie erkennt, was sie nicht ist, nämlich Verschiedenheit von Äußerlichkeiten. Das, was du bist, hat ein Wissen darum, was du nicht bist. Doch das, was du nicht bist, kann eben weil es nicht sein will, wie es ist, nicht wissen, wie es ist, und dadurch auch wie du bist. Oder mit anderen Worten: Äußerlichkeit ist als Äußerlichkeit blind gegenüber seiner eigenen Innerlichkeit, demgegenüber, was es eigentlich ist. Aus der Innerlichkeit heraus gesprochen passiert alles nur so für sich/ für dich, und jeder, dem du begegnest, bist du. Eine von allen Äußerlichkeiten sowie den damit einhergehenden Bedingtheiten und Bestimmungen frei gemachte Innerlichkeit, hat sich geweitet und umspannt alles, was ist. Auch wenn es nichts gibt, was den Zugang zu allem, was ist, nicht hat (sprich: alles verfügt über eine gewisse Innerlichkeit ), so ist dieser Zugang doch nur über die Innerlichkeit gegeben. Die Innerlichkeit, die andere Innerlichkeit als eigene Innerlichkeit erkennt, hat alles in sich aufgenommen und für sich zugelassen, sie befindet sich in einer übergeordneten Übereinstimmung mit der Soheit. Sie ist eingefügt in einem “Ort“, an dem alle Dinge alles sind. Das Eingefügtsein der Innerlichkeit erlaubt es, den Fügungen die Führung zu überlassen. Dinge fallen dir dann zu, wenn du sie aufzufangen weißt, sie fügen sich so ein, wie Platz für sie geschaffen worden ist. Erst dann kann sich etwas fügen, wenn sich die Einfügung von dem, was sich darin einfügen soll, gebildet hat und die Fläche von dem, was sich einfügen soll, freigehalten wird. Ist diese Fläche bereits mit Äußerlichkeiten zugestellt, dann kann sich nichts fügen, und Fügungen werden nicht als solche erkannt. Wenn du als geschaffene Innerlichkeit deine geschaffenen Äußerlichkeiten nicht als solche erkennst, dann erkennst du dich selbst nicht als erschaffene Innerlichkeit. Erst wer seine eigene Schöpfungen erkennt, erkennt sich selbst als geschaffenes Geschöpf. Und erst, wer seinen Schöpfer erkennt, erkennt seine eigenen Schöpfungen. Für eine veräußerlichte Innerlichkeit ist die beste Schöpfung, die eigne Innerlichkeit aus den Äußerlichkeiten abzuschöpfen. Eine Innerlichkeit, die sich für ihre Äußerlichkeit hält, erkennt weder den Schöpfer der Innerlichkeit, noch die eigenen Innerlichkeitsschöpfungen, die sich als Äußerlichkeiten manifestieren. Jeder Sprössling aus der Innerlichkeit ist vollkommen, kann aber durch die Bestimmtheit der Erschaffung nicht anders, als zu einer Fehlschöpfung zu werden, sobald sich Innerlichkeit in Äußerlichkeiten kleidet. Die Innerlichkeit weiß über die von ihr geschaffene Äußerlichkeit Bescheid, nicht aber zwingenderweise andersherum, weil die Äußerlichkeit gerade in ihrem Anderssein- Wollen nicht mehr erkennt, was sie eigentlich ist. Das, was du bist hingegen, weiß genauestens, ab wann das Anderssein von dem, was du nicht bist, beginnt, und in welches Anderssein es sich hinein begibt. Du kannst nicht sein, was du bist, und gleichzeitig existieren, denn die reine Innerlichkeit, die du bist, ist nicht, wenn sie sich nicht veräußerlicht. Das ist die Tragik der Existenz, in der du, egal mit welcher Äußerlichkeit du dich anreicherst, dir deiner unwürdig wirst. Alle Äußerlichkeiten sind Verwicklungen von Innerlichkeit, die für sich meint, dass eine solche Verwicklung in irgendeiner Weise lohnenswert für sie wäre. Jede Entwicklung ist das Herausentwickeln von einer in eine Äußerlichkeit verwickelten Innerlichkeit. Wenn die Innerlichkeit ihren Glauben in etwas Äußeres setzt, muss sie dadurch den Glauben an sich selbst verlieren. Was die Innerlichkeit in etwas Äußerem sieht, das kann sie langsam in sich sehen, und sieht sie es in sich, dann wird sie in keinem Anderen mehr etwas anderes sehen, als das, was sie in sich sieht. So gewinnt die Innerlichkeit wieder ihren Glauben an sich zurück, wobei die Innerlichkeit in ihrem Wesen nie geringer als vollkommen war, auch dann, als sie sich vollständig veräußerlichte. Innerlichkeit beginnt dann sich zu veräußerlichen, wenn sich eine Innerlichkeit sich selbst vorstellt. Die Vorstellung über sich ist eine Vorstellung, die etwas vor das, was du bist, vorstellt. Stellt sich eine Vorstellung vor etwas, wie es ist, dann verdeckt die Vorstellung das, was ist.

      Eine äußerlichkeitsorientierte Vorstellung bildet einen Sichtschutz vor dem So- Sein der Innerlichkeit, wobei die Vorstellung das imitiert, das nachstellt, was sie sich bereits vorgestellt hat. Sie stellt nicht das eigentliche So-Sein nach, sondern baut auf bereits Vorgestelltes auf. Verdichtet sich eine Vorstellung zu einer Einstellung, dann ist der Grad der Flexibilität noch geringer, und die Innerlichkeit ist so weit eingefasst, dass sie nur voreingestellte Konditionierungen abspielen kann. Wer seine Vorstellungen abzustellen und seine Einstellungen einzustellen weiß, anstatt sie öffentlich auszustellen, der kann mit Offenheit dem begegnen, was kommt. Das, was du nicht bist, ist ein komplexer Reflex, ein reagierendes, reaktives Ich, das auf das, was es ist und aus sich heraus geschaffen hat, auf verdrehte Weise reagiert. Wenn nichts mehr reagiert, bist du das, was du bist, denn das, was du bist, ist unbedingt und kann nur agieren nicht aber reagieren, unabhängig davon, mit welcher Äußerlichkeit es sich konfrontiert sieht. Die Äußerlichkeit hat sich eine konventionelle Realität geschaffen, in der nur innerhalb gewohnter Denkpfade gedacht wird. Was sich dort immer und immer wiederholt, ist die Verselbstständigung von dem, was du nicht bist, aber einmal sein wolltest. Das, was du nicht bist, hat deiner Meinung nach mehr mit dir zu tun als das, was du bist, denn das transpersonale Wesen, was du bist, kann mit nichts etwas zu tun haben. Würde es doch mit etwas zu tun haben, würde es zu etwas, was es nicht ist. Die Identität, die du bist, ist identisch allen anderen Identitäten, deshalb hat das, was du bist, nichts mit dir zu tun. Um zu dem zu werden, was man ist, braucht man nichts zu tun, man muss “nur“ die Verstrickung in Äußerlichkeiten lösen, was die einfachste und schwierigste Aufgabe zugleich ist. Denn Äußerlichkeit kleidet sich gerne gedanklich ein, und alles andere gedanklich aus. Damit hängt sie sich den Mantel der Entfremdung um und entmystifiziert und profaniert alles um sie herum. Eine außenperspektivischen Betrachtung sieht viel und ist doch blind gegenüber genau dem, was ihr wichtig ist, nämlich sich und anderes zu kennen. Sie benennt und bestimmt alles, um es entweder als sich zugehörig, oder von sich verschieden einzuteilen. Die Innerlichkeit hingegen lässt allen Dingen Ehre zuteilwerden, dadurch, dass sie keine Bestimmungen und Benennungen vornimmt. Sie kleidet sich ohne äußere Formgebung, nur von innen heraus aus. Äußerlichkeit ist eine über sich nachdenkende Innerlichkeit, die sich für das hält, worüber sie nachdenkt. Die Persönlichkeit, die Ich-Vorstellung, ist ein von einem Gedanken gemachter Gedanke, denn das, was du bist, ist ein Gedanke, ein Gedanke, der in der Lage ist, Gedanken über sich zu denken und sich damit von sich selbst wegzudenken und sich