ramona wegemann

10 Jahre Stalking - Nur weil Du ihn nicht siehst, heißt es nicht, dass er nicht da ist!


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zu wahren. Er hat nichts gesagt und ich habe nichts gehört, und mein Wort zählt. Zudem war mir nicht klar, wie Frederik darauf reagieren würde. Auf keinen Fall wollte ich Streitigkeiten wegen diesem Vorfall riskieren, weder zwischen Frederik und mir noch zwischen Frederik und Zwille. Die beiden hatten ja ohnehin kaum Kontakt miteinander, das würde also zukünftig nicht viel anders werden. Doch fortan hätte ich mehr Ruhe vor Zwille und ich fühlte mich einen Moment lang wieder richtig frei und gelöst. Zu meinem Wort stand ich und behielt diesen Vorfall für mich.

      Schon am nächsten Tag wurde meine Illusion von Ruhe und Erleichterung jedoch zerschlagen. Meinen Ohren mochte ich kaum Glauben schenken, als ich das Motorengeräusch von Zwilles altem Golf vernahm. War es tatsächlich so undeutlich, was ich gesagt hatte? Wollte er sich vielleicht entschuldigen? Warum kommt er doch wieder her? Was nun? Wie soll ich mich nun verhalten? Hingehen oder nicht? Mir blieb quasi kaum eine Wahl, denn meine Zweifel waren kaum zu Ende gedacht, da war er ja schon da. Er drehte die Seitenscheibe des Autos herunter und sprach mich gleich an: „Bist de nachher da?“ Darauf ging ich gar nicht erst ein, ich versuchte eher, nochmal deutlich zu machen, dass ich das gestern wirklich ernst meinte, als ich ihm gesagt hatte, dass wir zukünftig nicht mehr miteinander reden sollten. Die Sache sei mir unangenehm und ich möchte keinen Kontakt mehr zu ihm. Zwille wollte noch irgendwas sagen, aber ich hörte nicht mehr hin, drehte mich um und ich ging einfach ins Haus. Es war mir wirklich sehr unangenehm, ihn so stehen zu lassen, aber ich wollte mich wirklich nicht mehr in aufgezwungene Gespräche verwickeln lassen, egal wie unverschämt mein Verhalten auch sein mochte. Man war ja wohlerzogen, aber genug war einfach genug und ich ließ ihn nun einfach stehen. Natürlich missfiel mein Verhalten Zwille sehr. Er trat auf das Gaspedal, sodass loser Sand, der auf der Straße lag, hinter den Reifen regelrecht hervorgeschleudert wurde. Er raste ins Dorf hinein. War ich schlecht? Nein, soweit kommt es noch, dass ich mir jetzt noch Vorwürfe mache. Das war doch jetzt nur konsequent, oder nicht? Mein Versuch, es dabei zu belassen, hatte scheinbar nicht gefruchtet. Dann muss ich doch auch das Recht haben, Zwille konsequent abzuweisen, oder nicht? Trotzdem nagte dieser Zweifel an mir, denn so hatte ich mich bis dahin noch nie verhalten müssen. Obwohl ich mich auch über diese Dickfälligkeit von Zwille sehr ärgerte, ließen mich Selbstzweifel nicht in Ruhe. Hätte ich mich doch bloß mit jemandem darüber austauschen können. Was dachte er sich nur dabei? Um diesen Gedankenwechsel zu verdrängen, widmete ich mich meiner alltäglichen Arbeit und zog mich zurück ins Arbeitszimmer. Am Nachmittag zog mich aber das schöne Wetter wieder mit den Hunden nach draußen in den Garten. Endlich gelang es mir, die Zweifel wegzuwischen. Die Hunde tobten über die Wiese, und weit und breit war nichts zu hören, außer ein Auto. Ein Auto? Das konnte doch wohl jetzt nicht sein Ernst sein! Aus der Entfernung hörte ich wieder das alte Auto von Zwille nahen. Rasch rief ich die Hunde zusammen und eilte ins Haus. Um ihn nicht schon wieder so stehen lassen zu müssen und nicht schon wieder mit ihm konfrontiert zu werden, ergriff ich praktisch die Flucht. Die Tür schloss sich grade hinter mir, da klingelte schon das Telefon. Ein unbekannter Anrufer. Zwille war dran und schimpfte sofort lauthals rum: „Watt solln dit jetzt?! Du versteckst dir wohl vor mir!“ Er pöbelte weiter, das wäre eine Unart von mir, dass ich ihn so stehen lassen und die Tür hinter mir regelrecht zuschmeißen würde! Gut, ich muss gestehen, dass es mich wirklich ärgerte, dass er mich im Grunde genommen dabei ertappt hatte, wie ich vor ihm ins Haus geflüchtet war. Noch mehr ärgerte es mich aber, dass ich mich tatsächlich vor ihm versteckte. Da konnte ich nicht mehr an mich halten und schimpfte nun jetzt auch mal zurück: „Sag mal, Zwille, was willst du eigentlich von mir? Es war doch wirklich ganz deutlich von mir gewesen, dass ich keinen Kontakt mehr mit dir haben möchte. Ich werde deine Gefühle nicht teilen, und ich erwarte, dass du meine Meinung nun respektierst und dich hier nicht mehr blicken lässt!“ Meine Wut war während meines Schimpfens so weit angestiegen, dass ich es mir nicht verkneifen konnte, ihm noch mehr an den Kopf zu werfen: „Und wenn du nun schon selbst mitbekommst, dass eine Frau regelrecht vor dir Reißaus nimmt, dann sollte das doch wohl aussagekräftig genug sein!“ In meiner Wut sprudelte es nun unaufhörlich aus mir heraus: „Was fällt dir eigentlich ein! Ich will den Kontakt nicht mehr haben, du sollst mich gefälligst in Ruhe lassen und dich hier nicht mehr blicken lassen! Weißt du, Zwille, ich finde es unmöglich von dir, mich derartig zu belästigen! Du lässt mich jetzt in Ruhe, ich werde mich auf keinen Kontakt mehr mir Dir einlassen!“ Dann legte ich einfach auf. Danach war auch Ruhe, für ungefähr 20 Minuten. Was schon einmal zum Erfolg geführt hatte könnte wohl wieder Erfolg haben? Das Telefon klingelte erneut, diesmal war es, wen wundert es nicht, der Frederik. Zwille hatte wutentbrannt bei Frederik angerufen und ihn beschimpft, was er für eine „blöde Olle“ hätte, dass Zwille sich von mir so nicht behandeln, sich nicht von mir beschimpfen lassen würde! Er würde uns so viel Gutes tun und ich würde ihn undankbar und völlig grundlos beschimpfen und beleidigen. Mündlich kündigte Zwille nun Frederik sofort die Hallen, welche wir bereits für ein Jahr im Voraus bezahlt hatten. Zwille tobte am Telefon, dass er unser Heu sofort aus den Hallen entfernt haben wolle! Frederik war natürlich völlig überrumpelt von dem Anruf. Nicht nur, dass er mit seinen Gedanken voll und ganz bei der Arbeit sein musste und mit diesem Anruf völlig unerwartet und unvorbereitet konfrontiert wurde, sondern er wusste ja auch von dem ganzen Vorgeschehen nichts. Dass Zwille wieder bei Frederik anrief, war nicht sonderlich überraschend, aber es ärgerte mich maßlos, aber ein klein wenig war ich auch überrascht. Zwille hätte doch damit rechnen müssen, dass Frederik vielleicht doch etwas von seinen Avancen mir gegenüber hätte wissen können. Wie sollte ich diesen Streit zwischen Zwille und mir nun erklären, ohne weiter Öl ins Feuer zu gießen? Zudem hatte ich doch mein Wort gegeben, dass ich niemandem etwas von Zwilles deutlichen Liebesgeständnissen sagen würde. Andererseits hatte ich meine Zusicherung daran gebunden, dass er sich zurückziehen und wir beide einfach getrennter Wege gehen würden. Doch das, was Zwille nun veranstaltete, war völlig gegen jede Vereinbarung. Wie man sich so verhalten konnte, war mir völlig schleierhaft. Damit wusste ich auch nicht umzugehen. Zunächst beschloss ich, auch weiterhin nichts von Zwilles Avancen zu erzählen, sondern vorerst nur von seinem Anruf, bei dem er mich mal wieder unverschämt beschimpft hatte. Aber diesmal blieb ich Frederik gegenüber starrsinniger und blockte völlig ab, als er mich in die Richtung bringen wollte, für Zwille mal wieder Verständnis aufbringen zu müssen. Diesmal blieb ich dabei. Ich möchte diesen Typ hier nicht mehr sehen, und ich möchte mich nicht immerzu mit ihm abgeben müssen. Es ist schließlich meine Zeit, die mir täglich verloren geht, und es sind meine Nerven, die das ertragen müssen. Das kann so nicht weitergehen und das akzeptiere ich auch nicht mehr. Natürlich war Frederik verwundert über meinen Starrsinn, aber Frauen sollen ja, laut Ansicht der Männer, wohl manchmal einfach so sein? Da kann sich doch jetzt mal der Frederik mir gegenüber so verständnisvoll zeigen, wie er dies von mir gegenüber Zwille immer erwartete.

      Neben dem funktionstüchtigen RS09 baute sich Frederik voller Hingabe nun den Styler nach und nach wieder auf. Dies nutzte Zwille plötzlich für sich und schwenkte nun trickreich um. Er brachte Frederik scheinbar selbstlos Ersatzteile, tauschte mit ihm Teile am Trecker und kam hin und wieder einfach mal vorbei, um zu helfen. Praktisch war dabei natürlich, wenn Zwille die Ersatzteile nur bringen konnte, wenn Frederik ausgerechnet dann auf der Arbeit war, sodass ich diese für Frederik entgegen nehmen sollte. Doch da machte ich nicht mit. Ganz gleich was Frederik auch sagte, ich wusste genau, warum Zwille nun diesen Weg einschlug. In Gedanken hörte ich Zwilles widerliche Stimme, wie er sagte, er mache das alles nur für mich, nicht für Frederik, nur für mich! Einmal ließ er sich auch nicht davon abbringen, selbst an dem Trecker herumzuschrauben, obwohl Frederik gar nicht da war. Das war mir nicht recht, und ich sagte Zwille, er soll das lassen und wieder gehen! Zwille überhörte das einfach stur und fummelte weiter am Trecker herum. Das war ein so schrecklich hilfloses Gefühl, denn was sollte ich nun tun außer sauer werden? Vielleicht wäre es fatal, ihn einfach unbeobachtet auf dem Grundstück an dem Trecker rumdoktern zu lassen und zu gehen. Doch wenn ich nun dabeistehen würde, hätte Zwille wieder seinen Willen bekommen und mich auf diesem Weg dazu gezwungen, mit ihm Zeit zu verbringen. Egal, wie auch immer ich mich entscheiden würde, es war einfach nicht richtig. Ein derart schrecklich hilfloses Gefühl, welches nur wegen falscher Höflichkeit zustande kommen konnte. Wäre ich nicht so höflich gewesen, so hätte ich hier doch einfach die Polizei rufen oder den Hund holen oder Frederik alles sagen können? Im Nachhinein oder als Unbeteiligter ist es immer leicht zu sagen, „da hätte ich aber das und das getan oder es so und so gemacht“. Ja, mit dem heutigen