Marie J. D. Caulfield

Indien, ich komme


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zusammen mit der jungen Intensivärztin Doktor McAllister haben auf diesen Moment gewartet. Endlich war er angekommen. Mit großer Spannung hielt Clara die kraftlose Hand von ihrem kleinen Bruder fest und wollte ihn rechtzeitig willkommen heißen. Dr. McAllister stand neben ihr und drückte John`s Schwester und sich fest die Daumen, ersehnte sie auch das Aufwachen des 58 jährigen Patienten John Feelgood. Mehrere Operationen und eine große Menge von Bluttransfusionen waren notwendig, ihn an dem seidenen Faden seines Lebens zu fixieren. War es endlich soweit?

      Clara wischte mit ihrer betont weiblichen Zartfühligkeit den Schweiß von John`s Stirn. Sie betete und hoffte, dass ihr Bruder die Augen bald aufmachen würde. Jeden Tag hatte sie nach Dienstschluss, sie arbeitete als Frauenärztin in Teilzeit im Love Your Life Hospital, LCC, die Tageszeitung LCC Express gekauft, eine Scheibe Brot mit Schafskäse von Giovanni belegt, schnell gegessen und sie war mit gerade noch erlaubter Ortsgeschwindigkeit zur Uni Klinik Sherwood County gefahren, um John zu besuchen. Jeden Tag sprach sie mit ihm, obwohl er bis vor kurzem ein beatmeter Komapatient gewesen war und jeden Tag legte sie ihm seinen Kopfhörer an, um ihm über einen Walkman die letzten aktuellsten Songs von den Charts des LCC Rock and Blues Radio zu spielen. Sie las ihm die neuesten Ereignisse seiner Heimatstadt LCC vor. Sie hatte gelernt, ihn so zu behandeln, als wenn John immer wach gewesen wäre. Sie flehte ihn jetzt an, er möge bitte die Augen aufmachen. Plötzlich bewegten sich die Augenlider. Die Finger fingen an, ein bisschen Leben auszusenden, als wenn sie irgendetwas abtasten wollten. Das Zimmer war still, fast unheimlich still. Die Töne vom Überwachungsmonitor übertrugen garantierte Lebenszeichen, rhythmischer Puls, 76 bpM, EKG Zeichen im gesunden Bereich. Clara schaute auf diese neugierig tastenden Finger und fing an zu lächeln, wechselte kurz ihren Blick zu Dr. Allister und dann: John öffnete die Augen. Ja, war es endlich soweit? WOW! Clara konnte ihre Stimme nicht bändigen: „John, John, Hallo John. Herzlich willkommen, John, oh liebster Bruder, liebster John. Hallo“ und leicht lächelnd flossen ein paar Tränen vor Freude an ihrer Wange hinunter. Die Hände von Dr. Allister vergruben sich in den Schultern von Clara. Das Gesicht von John Feelgood formte sich aus seiner Komastarre zurück in ein neues Leben. Seine Lippen fingen an, irgendwelche Bewegungen zu bilden. Seine Zunge schlich sich zuerst an die Oberlippe und vorsichtig weiter an die Unterlippe. Dann, er öffnete zaghaft, nein, eher schüchtern seine Augen. Er erkannte schemenhaft jemand, der an seinem Bett saß. „Hi John“ sprach Clara noch etwas zögerlich. Sie konnte einfach nicht glauben, dass ihr Johnnyji tatsächlich angekommen war. Sie nahm ihr Taschentuch und wischte sich schnell die Augen trocken und schnupfte ihre vor Glück tropfende Nase. Sie sah, wie John versuchte, ihr etwas zu sagen. Dr. Allister nickte ihr zu und sie bückte sich leicht über seinen Kopf. „Hallo Bruderherz, sag es mir. Du kannst es mir sagen. Sag mir, wie es dir geht. Geht es dir gut? Hey John, geht es dir wirklich gut?“ John bewegte seinen Mund: „Wo bin ich hier? Haltet sie ab von der Diät. Sie dürfen nicht aufgeben. Wir müssen reden. Bitte, haltet sie ab von der Diät. Der King muss einschreiten. Bitte Clara, halte die Humboldts ab.“ Clara schluckte:“ John, wen meinst du? Wovon redest Du? Wer ist SIE?“ „Clara, bitte halte die Humboldts vom Hungern ab. Diese armen Schwarzfracks begehen Selbstmord. Sie müssen mit der Diät aufhören und anfangen, wieder die Nahrung Fische zu suchen. Das weiß ich von Tony, dem Barkeeper. Bitte rede mit dem Humboldt Clan“ erwiderte John schnell und konkret. Nun verstand Clara überhaupt nichts mehr. Sie schüttelte ihren Kopf und schaute fragend hoch zu Dr. Allister: „Wovon spricht mein Bruder? Verstehen Sie das? Was passiert mit ihm? Bitte Doktor, was ist mit ihm los?“ Die Ärztin antwortete mit professionell ruhiger aber weiblich betont umsorgter Stimme: „Mrs Feelgood, es überrascht mich nicht, ihren Bruder so zu hören. Bei allem, was sein Körper durchgemacht hat, deutet alles auf ein posttraumatisches Stresssymptom hin. Außerdem ist er stark analgetisiert mit einem Morphium Pflaster. Ihr Bruder scheint etwas verwirrt zu sein. Bitte sorgen sie sich nicht, Mrs Feelgood. Schon bald in den nächsten Tagen kehrt ihr Bruder in den Bereich der Normalität zurück. Sie müssen noch etwas geduldig mit ihm sein. Seine Vitalwerte sind im absoluten Normbereich.“ Clara wandte sich sofort zu ihrem Bruder, sie hielt seine Hände fester als fest und versuchte aus diesem doch etwas veränderten Neuanfang das Beste rauszuholen. „John, lieber John, es wird alles wieder gut. Glaube mir, alles wird gut werden. Soll ich dir eine Coke holen, oder möchtest du lieber einen kalten Pfefferminztee? John, mein lieber kleiner Bruder, du musst viel trinken, damit du gesund wirst.“ John Feelgood, der gerade aufgewacht war, konnte sich mit dieser Antwort, die er von seiner Schwester gehört hatte, nicht zufrieden geben. Er lag in einem Bett, sah seine Schwester und eine andere Frau daneben stehen, die einen weißen Kittel anhatte. Wo war er überhaupt? Er war doch gerade mit King auf einer Insel gelandet, auf der die Beiden einen Zwischenstopp einlegten. Es war eine Insel mit Palmen und einer Cocktailbar. Der Barkeeper, wie hieß der Barkeeper? Ja, Tony hieß er. Da kam schon wieder die Erinnerung. „Clara, wo bin ich hier? Bitte, rette den Humboldtclan. Die sollen woanders hinziehen. Sag denen, die sollen aufhören mit der Diät. Die sollen sich von den Netzen fernhalten. Glaube mir, was mache ich hier? Ich will zurück auf die Insel. Ich will zurück zu King. bitte“ John fühlte, dass er an diesem Ort nichts zu suchen hatte.

      Eric Clapton, B.B. King, Buddy Guy und Johnny Lang stehen zusammen auf der Bühne. In ihrer Seele pocht der Song. Sie spielen auf dem Crossroads Festival für John Feelgood den „Hoochy coochy Man“

      Zuerst löste er sich von den Händen seiner Schwester und nahm sich den dünnen Schlauch aus der Nase. Da kam irgendetwas rausgezischt. Irgendetwas Luftiges. Nun denn, was hatte das in seiner Nase zu suchen? Dann machte er Anstrengungen, die lästige Bettdecke von sich zu ziehen. Diese Kabel auf dem Oberkörper störten ihn auch. Mit denen konnte er doch nicht nach Lebendig Wasser zurück. In diesem Moment tönte schon der Monitor, der mit der erhöhten Herzfrequenz des angeschlossenen Patienten John Feelgood, 58 Jahre, mehrere Brüche am ganzen Körper, sehr schwere Schädelverletzung mit Blutung, Darmrisse usw. usw. überhaupt nicht zufrieden war. Dr. McAllister reagierte sofort und versuchte ihn, im Bett ruhig zu halten. John fühlte sich gefangen und reagierte mit Widerstand. Verdammt, was will diese Frau von ihm. „Clara, what the hell!!! Hilf mir, Clara, bitte“ und schon kam ein anderer weiß gekleideter Typ ins Zimmer gerannt. Er sah den sich heftig wehrenden Patienten, der von der Ärztin Dr. McAllister gehalten wurde und die aufgeschreckte, verwitwete Schwester des Patienten John Feelgood, Mrs Clara Heartburn. Die Alarmtöne drangen durch Johns Gehörgang in den ganzen Körper. Noch bevor Dr. McAllister ein Sedativum intra muskulär verabreichen konnte, hüllte sich das Zimmer in dichten Nebel. Daraus kam eine vom Wind verwehte, weibliche und sehr angenehme Stimme an sein Ohr: „Ich bin die Zeit und werde dich nun wieder zurückbringen. Ich bringe dich an den Ort des Lernens zurück. Benutze deine Augen und deine Ohren mit Verstand. Wo nur die Sonne scheint, kann sie auch verwirren. Ich bin die Zeit, Johnnyji“

       16. Die River Smile Bar

      Eben noch der Patient John Feelgood, löste sich dieser in Staubteilchen auf und wurde durch Raum und Zeit gewirbelt. Die letzten Szenen an der Bar wurden ganz einfach zurückgedreht, Ein Lichtkegel erschien und im Land Lebendig Wasser kam das Leben zurück. Die Pflanzen blühten wieder auf, die Tiere in der Luft, auf der Erde und im Wasser hatten ihre größte Freude. John Feelgood stand an der Bar und unterhielt sich mit dem Barkeeper Tony, daneben stand der König von Lebendig Wasser, King BeagleEagle der Erste, und wartete in blaublütig diplomatischer Ungeduld darauf, den Flug zu El Sonchero, dem Kämpfer, fortzusetzen. Er breitete seinen rechten Flügel majestätisch mit den Worten auf dem Boden aus: “Möge der Mensch John Feelgood mir die Ehre erweisen, auf meinem Rücken Platz zu nehmen. Der Start mit der königlichen Brave Island Linie wird in ein paar Atemzügen erfolgen. Unser Flug wird einige Sonnenstrahlen länger als sonst dauern.“ John verabschiedete sich von Tony: “Tony, mein tierischer Freund, ich verspreche dir, dass ich mich für deine Familie bei uns in Totes Wasser einzusetzen werde. Meine Worte werden somit Bestandteil endlos langer Diskussionen werden, die vielleicht Früchte tragen könnten. Vielen Dank für deine Gastfreundschaft. Bye, bye“ Tony, der Barkeeper, nahm aus dem Fach unter dem Thresen ein Instrument heraus, das eine Ähnlichkeit mit einer Fanfare hatte, die Sonnenfanfare. Speziell für Humboldt Pinguine aus dem Land Lebendig Wasser entworfen, nahm er das dafür präparierte Schnabelstück in seine Öffnung und ließ seine Kommt-doch-bald-wieder Salve aus dem Rohr dieses exotischen Instruments schallen. John hatte es sich auf dem Flügel des King