Marie J. D. Caulfield

Indien, ich komme


Скачать книгу

mir sicher, als König versucht er sein Bestes, aber auch Könige haben ihre Fehler. Gerade dann, wenn Könige oder andere Regenten versuchen, unerreichbare Stärke zu zeigen. Wenn sie Vollkommenheit demonstrieren wollen. Aber eine Vollkommenheit, so wie sie heute jeder und überall erstreben will, um einen imaginären Respekt zu erlangen, nein, so etwas kann keiner erreichen. Willst du sie erreichen, dann versagst du. Und wenn du versagst, dann erst kommt das wahre Ich, das Ego, zum Vorschein. Dann gibst du ja Fehler zu. Au weia, in unserer Zeit Fehler zuzugeben, ja, das ist doch verdammt erniedrigend. Dann fliegt ja deine Maske auf. Und das tut verdammt weh. Hast du dann das Gefühl, versagt zu haben, dann fliegt auch noch deine Deckung auf, die du dir dein Leben lang aufgebaut hast. Dann stehst du in deiner Ecke, in der du dich ungerechterweise verdrängen ließ und weinst heimlich, still und leise.

      Hey, John Feelgood, du solltest daraus lernen und dich dann fragen: Bin ich ein Mensch oder ein ferngesteuerter Arschkriecher?

      Der Staub verzog sich langsam. Nach und nach erreichten alle Beide einen Zustand, der einem Kater glich. Kopfschmerzen wie nach einem Trink Gelage. King stellte sich wieder auf seine Pfoten, rupfte etwas am linken und rechten Flügel zurecht, machte einen Flügelschlagtest und schaute ganz fürsorglich zu seinem Gast, der sich den Kopf schüttelte, seinen Gürtel in der Hose nachzog und nun fürsorglich zu ihm hinblickte. „Hey Feelgoody, nichts für ungut, Shit happens. Klettere auf meinen Rücken und los geht es. Ich habe dir noch viel von meinem Königreich zu zeigen. Auf geht`s. Come on, lets rock, Baby.“ John nahm wie gewohnt auf King Platz und war neugierig auf die weiteren Sehenswürdigkeiten dieser abenteuerlichen Insel. Die illustre, aber nicht so schöne Staubeinlage verschwand schnell aus John`s Gedächtnis, so dass er wieder etwas lächeln konnte. Er hatte das Bedürfnis, die frische gute Höhenluft von Brave Island ein- und auszuatmen.

      King holte nun tief Luft, spreizte stolz sein Schwanzgefieder aus und scharrte leicht mit seinem rechten Fuß den Boden, koordinierte somit die Muskelspannkraft seiner durchtrainierten, aber doch schön älteren Gebeine mit den ausgeprägten Muskeln seiner Spannweiten und wie gehabt brauchte er wieder nur einen Flügelschlag, um eine Höhe wie die des Kölner Doms zu erreichen. John sah, wie die Traumbäume unten am Boden in dem Urwaldgewirr an Bedeutung verloren, schüttelte noch einmal seinen Kopf über das, was er erlebt hat und wartete gespannt darauf, was als nächstes auf ihn zukommen würde. Plötzlich aber tauchten die mit verschiedensten Früchten behangenen Äste doch noch einmal kurz in seinen Gedanken auf. Bei dieser nun eher vitaminhaltigen Reminiszenz fing sein leergebliebener Magen an zu knurren. Seit dem er hier auf der Insel war, hatte er tatsächlich noch nichts gegessen. Er stellte sich nun einen verdammt guten und deftigen Strammen Max vor. Dieses sättigende Essen hatte er von seinem Freund Mike aus dem Chippis gelernt. Die zwei hauchdünnen Scheiben German Ham, am besten die frisch vom Butcher Josef geräucherten, weil zart auf der Zunge zergehend, legte er behutsam auf ein vorbereitetes Holzbrett, dass das Aroma des frischen Rauchwunders vorsichtig aufnahm, ohne es in der Küchenluft vergeuden zu lassen.

      John pfiff dazu den Song von Peter Gabriel „Steam“ und spielte mit zwei frisch gelegten Eiern Schlagzeug, um den heilig gelben Inhalt mit einem „ yeah my chicken, you did it for me“ in die Pfanne hineingleiten zu lassen.

      Zu dem crashigen Sound von Mr. Gabriel tänzelnd nahm er die Pfanne in die Hand und beobachtete nun die sacred eggs mit Hingebung. Ja, John kam in Steam Laune. Mit gekonnten Stand-back! Schritten widmete er sich nun dem German Holzofenbrot, das er am Morgen aus Helens Bakery gekauft hatte. Ebenfalls frisch aus dem Ofen gezaubert verlieh dieses Stück gebackenen wilden Roggens der Nase John die Versuchung, die verdammt gut schmeckende Kruste voreilig abzuknabbern. John konnte sich gerade noch zurückhalten und hatte nun die hellste Freude daran, mit einer frisch abgeschnittenen Scheibe dieses edlen Backelements dem Holzteller einen Touch rustikalen Lebens einzuhauchen. Die hauchdünnen Schinkenscheiben legte er dann extrem behutsam auf die edelbraune Scheibe Brot, um abschließend mit einem How-i-feel-to-make-it-real die lieb gebratenen Spiegeleier dem Schinken und dem Brot eine Art Leben zu vermitteln. Hmm John, du bist aber hier in Wirklichkeit ein gezeichnetes Cartoon Element und du dürftest auch keinen Hunger haben. Okay, okay, du bist John Feelgood. Ein John Feelgood ist mal wieder die Ausnahme. Mit seinen Gedanken zurück auf Kings Rücken sah John unten auf dem Boden ein lustiges Springen und Laufen von verschiedensten Tieren der Hasen- und Rehfamilien. Weiter oben in luftiger Höhe kamen ihnen Vögel kuriosester Gattungen entgegen, die mitsamt alles gemeinsam hatten, dem König ein fröhliches Hallo und Hi entgegenschnattern. Das war eben deren ungemein frische Art, ihm zu zeigen, dass es ihnen allen verdammt gut ging. Das alle fliegenden Tiere die höchste Freude am Leben hatten, und das verdankten sie dem Unbesiegbaren, dem King BeagleEagle dem Ersten. John ließ sich jedes Mal von dieser glücklichen Stimmung mitreißen und pfiff dazu ein oder zwei Songs aus dem Repertoire der Stücke seiner früheren Jugendband. Der King hatte nun seine Fluggeschwindigkeit erreicht, richtete seinen Blick zu seinem Gast und bat ihn, die Kopfhörer vor ihm anzulegen. John sah vor sich im Federkleid des Adlers eine viereckige Ausbuchtung, die ganz fein im Rücken des Kings eingearbeitet war. Er öffnete den Deckel und nahm das Headset mit den BI Initialen an sich, legte es an, richtete das Mikro vor seinem Mund und wartete auf Kings reiseführerische Einlagen. „An den Passagier des Fluges Happy ever. Hier spricht Cpt. King BeagleEagle der Erste, Ich fliege in einer wunderschönen Höhe und grüße dich, John Feelgood. Als nächstes fliege ich zu dem Zentrum aller Zentren von Lebendig Wasser. Dort hält Living Tree seit ewigem Gedenken die Wache über uns. Durch seine weitreichende Wurzeln ist er mit jedem Punkt der BI verbunden. Sollte Living Tree verdächtiges aufnehmen, dann schickt er seine blau-weißen Blüten in die Luft, damit alle auf BI gewarnt sind. Auch dann, wenn er Eindringlinge vermutet. Living Tree hat ein stark ausgeprägtes empathisches Rindengeflecht und merkt sofort, wenn das Glück nachlässt. In dem Fall schießt er seine all in Wonder Sonnenpoints in unsere BI Stratosphäre und das Glück klopft wieder an. So ist es uns immer möglich, unser allseits geliebtes Happyface aufrecht zu erhalten. Nach einer gleich von meinem Astralkörper ausgerichteten Nun-kannst-du-prima-nach-unten-schauen Linkskurve mit einem anschließenden Suizide Sinkflug werde ich die Landung zum Freund Living Tree einleiten. Schnall dich bitte wieder an und genieße den Rundherum Blick. Over and out. Ach ja, unser Freund Tony hat auf der Insel noch zwei Brüder, um uns getränkemäßig zu erfrischen. Die wirst du bald kennenlernen. Den einen gleich und den anderen später. Hast du alles verstanden?“ John war in allerbester Laune und antworte ihm: „Hier spricht Passagier 57, John Feelgood, alles verstanden, over and out“

       18. Die Gesichter

      Der King veränderte die Winkel seiner majestätisch zu beiden Seiten ausgerichteten Flügel und ließ seinem Gast bei einer wohlfühlenden Linkskurve das sonnige Inselleben beobachten. Jetzt erst bemerkte John, da er intensiver gerichtete Blicke nach unten auf den Boden warf, dass sich das Leben auf der Insel eigentlich nur unter Tieren abspielte. Bis jetzt hatte er tatsächlich keine Menschenseele gesehen. Ja, das war es. Genau das beschrieb sein Gefühl, das er von Anfang an bei Tonys Bar empfunden hatte. Alles schien so glücklich und so friedlich. Hey, das war so, dass es durch die anhaltend gute Laune den Anschein einer Hier-ist-ja-gar-nichts-los Stimmung hatte. Nee, nee, das müsse er jetzt unbedingt den King fragen „Hi King, wo sind denn überhaupt die Menschen? Ich habe noch keinen gesehen. Ich weiß, dass du der König der Tiere bist, aber gibt es denn nur Tiere auf BI?“ und der King brauchte nicht lange zu überlegen und antwortete John mit größter Überzeugung: „Reichen dir die Tiere nicht aus? Hey John, alles ist so friedlich hier. Tiere machen keine Probleme. Tiere lieben es, wenn alles glücklich ist. Seit ewigem Gedenken gibt es nur Tiere hier. Das war früher so und ich als König, ich als Regent über alle Tiere möchte es weiter so haben. Es macht das Regieren leichter. Veränderungen liebe ich nicht so sehr. Wie dem auch sei, my Friend, ich läute nun meine Landung ein. Du müsstest jetzt schon Living Tree sehen können. LT ist nicht so groß, er lebt auf einer kleinen Insel in der Mitte eines kleinen Sees. Diesen See kannst du im Herzen des Waldes unter dir sehen. Der Name des Waldes ist „Der Wald der bunten Seelen“. Den Namen Living Tree hat er von mir bekommen. Seine Art zu leben und zu wachsen ist einmalig. Hey, Living Tree ist auch sehr gesprächig. Fragst du ihn etwas, dann hört er nicht mehr auf zu reden. Er redet da immer und immer wieder etwas von seinen Verwandten in Totes Wasser. Ach was, frag ihn das mal selbst.“ John bekam große Ohren und auch große Augen. Hatte