Hermann Büsken

Die Tore der Atlanter Buch 3 von 4


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sie früh auf. Nach dem Frühstück packte er seine Sachen. »Kristian sei vorsichtig«, Jessika machte ein besorgtes Gesicht.

      »Keine Angst, ich passe schon auf mich auf.«

      Großvater und Maria standen abseits und warteten, bis er sprang. Das Kastell bot jetzt wieder einen normalen Anblick, keine Zelte, dafür in einer Reihe die Transportkarren. Er band sein Pferd an und ging zum Tribun. Auch hier herrschte Aufbruchsstimmung. Sein Speer stand noch an seinem Platz. »Hallo Octavius.«

      »Kristian, wir sind abmarschbereit. Decimus wartet bei den Pferden auf dich.« Kristian hatte seine digitale Fotokamera dabei und machte schnell noch ein paar Fotos von Octavius. »Tribun, wir gehen jetzt.«

      »Kristian, sieh dich vor, für zwei Reisende ist die Gegend nicht unbedingt sicher«, sagte Rufus zum Abschied. Kristian fand Decimus bei den Pferden. Andere Reiter führten ihre Pferde vor das Tor. »Decimus, ich möchte noch warten, bis sich alle in Bewegung setzen.« Auf beide Seiten von Decimus Pferd hingen Beutel herab, in denen Decimus seine persönliche Habe und Verpflegung hatte. Normalerweise wurde diese auf einer Karre mitgeführt. Kristian hatte ein Problem, seinen Speer unterzubringen. Es bot sich nur eine Möglichkeit an. Längs in kniehöhe, befestigte er ihn hinter dem Steigbügel. Sie gingen auch vor das Tor und sahen dem Treiben zu. Die Reiter formierten sich in Viererreihen und setzten sich in Bewegung. Acht Reiter scherten aus und bildeten die Nachhut hinter dem letzten Karren. Das alles hielt er mit seiner Kamera fest. »Wo werden sie heute ihr Lager aufschlagen«? fragte er. »Schaffen sie es bis zum nächsten Kastell?«

      »Nein, aber es gibt unbemannte befestigte Lagerplätze.«

      »Komm, wir folgen ihnen, bis wir außer Sichtweite des Kastells sind.« Sie ritten eine Weile still nebeneinander her.

      »Decimus, deine Leute halten mich für einen Zauberer oder Schlimmeres?« Decimus nickte.

      »Es stimmt, ich kann Sachen machen, die ein normaler Mensch nicht begreifen kann. Deshalb musst du dich aber nicht fürchten. Fürchtest du dich vor mir?«

      »Bis jetzt gabst du mir noch keinen Grund.«

      »Ich hoffe, dass du immer noch so denkst, nachdem, was ich mit dir jetzt vorhabe. Du kannst dir die Streckenabschnitte nach Octavius Haus vorstellen?« Decimus nickte.

      »Ich möchte, dass du dir den Abschnitt hinter den Bergen (Alpen) vorstellst. Kannst du dass?«

      »Ich bin dabei.«

      Kristian sah in Decimus Gedanken ein Dorf auftauchen. »Verbleibe bei dem Dorf, lass es nicht los.« Er drängte sein Pferd gegen das von Decimus, und sie sprangen, das Dorf vor Augen, auf das Dorf zu. »Du darfst deine Augen öffnen.«

      Erstaunt blickte Decimus sich um. »Wir sind in dem Dorf, an das ich gerade gedacht habe.«

      »Du hast recht.«

      »Du bist tatsächlich ein Zauberer.«

      »Denk daran, aber ein Guter. Du wirst dich lange auf deine faule Haut legen können bis Octavius kommt.«

      »Ich freue mich darauf.« Als wenn der Regen auf sie gewartet hatte, fing es an zu tröpfeln. »Wie schützt ihr euch vor Regen«, fragte Kristian. »Wir haben Regenumhänge.«

      »Und woraus bestehen sie?«

      »Aus gewachstem Leinen.«

      »Wo ist dein Umhang?«

      »Daran habe ich nicht gedacht.«

      »Aber ich.« Er sprang vom Pferd, rollte den Schlafsack auf und entnahm ihm die zwei Regenumhänge. Decimus schaute verwundert zu, als Kristian sich seinen über den Kopf zog. »Hier, nimm, ehe du ganz nass bist.« Er saß wieder auf. Der Regenumhang war so lang und weit, dass auch die Beine geschützt waren. Probleme hatte Kristian mit der Kapuze. Sie war so groß, weil sie normalerweise über einen Stahlhelm passen musste. Jetzt rutschte sie ihm über die Augen, sodass er nichts mehr sah. Decimus hatte diese Schwierigkeiten nicht, da er einen Helm aufhatte. »Eine praktische Erfindung«, freute der sich. Sie ritten durch den Ort und wurden entsprechend bestaunt. Es war ein kleiner Ort. Mittags hörte es auf zu regnen, sie legten die Umhänge hinter sich. Langsam bekamen sie Hunger. Den nächsten Ort erreichten sie zwei Stunden später. Sie banden ihre Pferde vor ein Rasthaus an. Im Inneren selbst war nicht viel los. Mehrere Tische und Bänke waren leer. Der Wirt freute sich, sie als Gäste begrüßen zu können.

      Decimus bestellte Wein, Fleisch und Brot.

      »Wo sollen wir übernachten«, fragte Kristian.

      »Wir könnten hier bleiben.« Das war Kristian recht. So hatten sie heute wenigstens ein Dach über den Kopf.

      »Ich schau mich mal draußen um.«

      »Nein, tu das nicht, ich begleite dich.«

      »Warum, sind wir in ein Räubernest geraten?«

      »Es sind schon viele Reisende verschwunden, du willst doch nicht dazugehören.«

      »Du machst mir Angst.« „Ich hätte mir wohl besser ein Schwert umgebunden. Und wenn es nur als Abschreckung gedient hätte.“ »Decimus, wir haben viel Zeit gewonnen, du könntest mir zeigen, wie man mit einem Schwert umgeht.«

      »Aber nicht hier, im nächsten Kastell besorge ich uns Übungsschwerter aus Holz.« Kristian bezahlte zwei Sesterze für ihr Essen. »Wirt, wir möchten hier übernachten, zeig uns die Kammer.« Sie folgten ihm. Die Kammer hatten zwei Liegen. Auf einem Schemel stand ein Krug Wasser und eine Schüssel. Die Tür hatte einen stabilen Riegel auf der Innenseite. Sie gingen in den Stall und überzeugten sich, dass die Pferde gut versorgt waren. Dann sahen sie sich im Dorf um. Nur die Hauptstraße war befestigt. Ein kleines Mädchen beobachtete sie neugierig. Kristian suchte in seine Gürteltasche, in der hauptsächlich Denare waren, fand einen As und gab ihn ihr. Die kleine Hand schloss sich um das Geldstück, ihre Augen strahlten Kristian dankbar an.

      Ein As war der sechzehnte Teil eines Denars. Ein Denar hatte vier Sesterzen, ein Sesterz ergab vier As. Für einen As bekam man einen halben Liter Wein. Decimus sagte nichts. Sie gingen weiter. Die Häuser waren alle aus Holz. Womit die Bewohner ihren Lebensunterhalt verdienten, war schwer zu erahnen.

      »Komm, wir gehen zurück.« Das Mädchen kam ihnen entgegengelaufen. In der ausgestreckten Hand hielt sie Kristian einen Apfel entgegen. Dieser ging in die Hocke. »Das wäre aber nicht nötig gewesen.«

      »Meine Mutter möchte sich bedanken.«

      »Wo ist deine Mutter?« Er nahm ihre Hand. Das Mädchen zog ihn zu einer windschiefen Hütte. Die Mutter kam heraus, in ihrem Arm ein kleines Kind.

      »Dürfen wir eintreten?« Sie zögerte, nickte dann. Er musste sich bücken, um durch die Tür zu gelangen. Den Raum erhellte nur wenig Licht. Ein Schlafplatz, eine Kochstelle, ein Tisch und Stühle. In zwei Truhen war wohl ihre ganze Habe. Die Decke über ihn machte einen morschen Eindruck. »Regnet es durch«? fragte er. Die Frau nickte. Er fragte sie nicht, womit sie ihren Lebensunterhalt verdiente. Viel konnte es nicht sein. Er gab ihr fünf Denare. Sofort brach sie in Tränen aus, wollte ihm die Hände küssen. »Das Dach, wer könnte es herrichten?«

      »Ich kann euch hinführen.« Das Kind auf den Arm lief sie vor ihnen her und blieb vor einem Haus stehen. Ein Mann trat heraus. Sein erster Blick fiel auf Decimus. Nichts Gutes ahnend, blickte er sie fragend an. »Du kennst diese Frau«? fragte Kristian. Der Mann nickte. »Ihr Dach ist undicht, was kostet es, wenn du es erneuerst?« Er zögerte mit der Antwort. Sein Blick ging zwischen Decimus, dessen eine Hand auf sein Schwert lag, und Kristian hin und her. »Sechs Denare«, sagte er schließlich.«

      »Ich gebe dir die sechs Denare, auf dem Rückweg schauen wir uns deine Arbeit an, wenn sie uns nicht gefällt, verlange ich mein Geld zurück.« Decimus nickte zur Bestätigung.

      »Ist das klar?«

      »Ja Herr.« »Und du fängst sofort Morgen an?«

      Er nickte. Gierig schloss sich seine Hand um das Geld. Sie gingen. Die Frau wusste nicht, was sie sagen sollte.

      »Geht