Hermann Büsken

Die Tore der Atlanter Buch 3 von 4


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Sie setzten sich auf ein Krankenlager. »Rufus, vom letzten Überfall der Germanen sind doch eine Menge Waffen übrig geblieben. Was ist damit geschehen?«

      »Sie wurden zunächst in unsere Waffenkammer gebracht, damit sie nicht noch mal gegen uns gerichtet werden können.«

      »Was habt ihr damit vor?«

      »Nichts, wir haben keine Verwendung dafür.« Die Legionäre kamen zurück und brachten die Ware der Händler. Ein beachtlicher Haufen türmte sich auf. Den Männern gab er je einen Denar Lohn. Die Ware der Händler verschwand in den Umzugskarton.

      »Rufus gehst du schon mal vor, ich komme gleich nach. Als er fort war, brachte Kristian die erste Ladung nach Großvater. Insgesamt waren es vier.

      Dann ging er zu den Frauen. Wie erwartet, waren sie umlagert, und er nahm an, dass es ihnen gefiel. Der Tribun winkte ihn zu sich. »Ich habe gehört, dass du dich als Händler niederlassen willst?«

      »Ja, aber nicht hier. Ich kaufe alles, was ich bekommen kann. Wenn ihr für mich etwas habt, dann sagt mir Bescheid.« Er beschloss, ihn direkt auf die Waffen der Germanen anzusprechen.

      »Tribun, ich habe schon mit Rufus darüber gesprochen. Ihr habt die Waffen der Germanen in eurer Waffenkammer gelagert. Rufus sagt, es geht in erster Linie darum, dass die Waffen nicht mehr gegen euch gerichtet werden können. Wenn ihr sie mir gebt, seid ihr sie auf Dauer los. Sagt mir, was ihr dafür haben wollt?«

      »Wenn du mich schon so fragst, es wäre schön, wenn wir für Octavius und seine Männer ein Abschiedsessen geben könnten. Du weißt, wie begrenzt unsere Vorräte sind.«

      »Sprechen wir von einem Rind?«

      »Ja, ich weiß, dass du einen mächtigen Zauber hast. Kannst du heute noch ein Rind besorgen?«

      »Ich werde es versuchen und euch jetzt verlassen.« Kristian wusste die Frauen gut aufgehoben und sprang in einen unbeobachteten Augenblick nach Großvater.

      »Großvater, ich brauche ein Rind.« Die letzten Rinder hatte er auf dem Viehmarkt gekauft.

      »Weißt du, ob heute noch Markt ist?«

      »Keine Ahnung.« Kristian sprang bei sich vorbei und nahm einige Geldscheine aus seinem getarnten Koffer. Dann veränderte er sein Äußeres in der Gestalt, die er das letzte Mal benutzt hatte, als er für den Tribun Vieh eingekauft hatte, und sprang zum Markt. Schnell hatte man ihn wiedererkannt. Edra ist wieder da. Viele hatten ihre Geschäfte schon gemacht und fuhren nach Hause. Kristian wandte sich an den Auktionator.

      »Ich brauche ein schweres Rind.« Der Mann deutete zum Ende des Gatters. Kristian nickte. Der Händler nannte seinen Preis, den er ohne zu zögern zahlte. Dann ging er zu dem Rind und löste sich mit ihm vor allen Augen auf. Das Rind am Seil hinter sich herziehend, trat er aus dem Wald und ging auf das Kastell zu. Schnell hatte sich das herumgesprochen. Der Tribun wartete schon am Tor. »Euer Zauber hat euch nicht verlassen, wie ich sehe.«

      »Unser Handel gilt«? fragte Kristian. Der Tribun nickte. Ein Legionär nahm Kristian das Rind ab. »Ich muss noch mal weg, habe im Wald was vergessen.« Vergessen hatte er wirklich etwas.

      Vom Wald aus sprang er zum Bierhandel und erstand ein Einhundertliterfass Bier. Den Zapfhahn hatte er vorsichtshalber schon einschlagen lassen.

      Im Wald ließ er es zurück, und sagte dem Tribun, wo er es abholen sollte. Das Fass wurde später beim Tribun auf den Tisch gewuchtet.

      »Tribun darf ich«? Fragend schaute er Kristian an, bis ihm einfiel, was dieser wollte. Sein Blick ging durch die Runde und fiel auf Rufus. »Rufus, Kristian nimmt die Waffen der Germanen mit.« Rufus nickte, machte aber keine Anstalten darauf einzugehen. »Rufus, es wäre schön, wenn wir uns sofort darum kümmern könnten«, drängte Kristian.

      »Oh, ich wusste nicht, dass du es so eilig hast. Dann komm.« Kristian hatte keine Ahnung, was ihn erwartete. Rufus schloss die Tür zur Waffenkammer auf. Zwei Räume lagen vor ihm. Im Ersten standen die Feldzeichen und römische Waffen. Im Hinteren, die Waffen der Germanen, aufgestapelt übereinander. Man hatte sich nicht die Mühe gemacht, sie zu sortieren. Getrocknetes Blut klebte noch an ihnen. Da sie einen kompakten Haufen bildeten, würde er sie in einmal nach Großvater bringen können. Er suchte sich einen Speer mit stabilem Schaft heraus, ähnlich dem, mit dem er gegen Bibulus gekämpft hatte, und stellte ihn zur Seite.

      »Rufus, ich nehme meine Waffen mit, wir treffen uns beim Tribun.«

      »Das geht nicht, ich darf dich hier nicht alleine lassen.« »Auch gut, dann warte hier.«

      Ehe er erschreckt aufschreien konnte, waren Kristian und die Waffen weg. Oben in Jessikas Haus, gab es zwei leere Räume, in denen er die Waffen ablegte. Er wartete nicht ab, ob Großvater durch den Krach aufmerksam geworden war, sondern sprang sofort zurück. »Mensch Kristian, man muss sich vor dir fürchten«, sagte Rufus.«

      »Dazu besteht kein Anlass. Komm, wir gehen zurück.«

      »Ich bin froh, dass ich dich nicht zum Feind habe.«

      »Soll ich dir etwas zeigen«? fragte Kristian.

      »Und was?«

      »Gib mir deine Hand.« In der anderen hielt er den Speer. Ehe Rufus Einwände vorbringen konnte, standen sie in der Hütte oben auf dem Hügel. »Du weißt nicht, wo wir sind?«

      »Nein, woher sollte ich.«

      »Dort unten ist Godwins Dorf.«

      »Das ist eine halbe Tagesreise von uns entfernt«, stellte er fest.

      »Ich weiß.«

      »Langsam verstehe ich, woher du so schnell ein Rind besorgen konntest.«

      »Komm, wir gehen zurück.« Keiner hatte sie vermisst. Im Kastell glühten zwei Feuer, über dem je ein halbes Rind gedreht wurde. Das Bierfass stand noch unberührt da.

      »Ich habe nicht gewusst, dass du zaubern kannst«, sagte Octavius. »Erst ein Rind, dann dieses Fass.«

      »Der Tribun hat es dir zum Abschied ausgegeben.«

      »Ohne dich hätte er das wohl nicht machen können«, meinte er.

      »Aber er hat dafür bezahlt. Das Rind wird noch eine Weile brauchen, was hältst du davon, wenn wir nachschauen, was in dem Fass ist?« Irgendwer hatte schon Becher bereitgestellt. Kristian füllte einen Becher und reichte ihn Octavius, der sogleich einen Schluck nahm. »Ein seltener Geschmack, aber trinkbar.«

      »Ich muss dich warnen, trinke nicht zu viel davon, denk daran, dass du morgen reiten musst.« Jetzt kamen auch die anderen Männer und füllten sich die Becher. Nach zwei Stunden wurden Teller mit zurechtgeschnittenem Rinderbraten hereingebracht. Hungrig, dem Einerlei des Lageressens entronnen, wurde zugegriffen. Das Bier zeigte auch Wirkung.

      Am späten Nachmittag blies Kristian zum Rückzug. Die Frauen waren guter Stimmung, was wohl dem Bier zuzuschreiben war. Kristian drängte zur Eile, da er noch für morgen Proviant einkaufen wollte. Seinen Speer stellte er in eine Ecke des Raumes. Sie verabschiedeten sich, was die Männer bedauerten. Draußen fanden sie jemand, der sie zu ihren Pferden führte.

      Vom Wald aus, ging es nach Hause. Lena fuhr gleich in ihre Wohnung. Sie versorgten erst ihre Pferde.

      Die Frage war, was er für die Reise an Proviant einkaufen sollte. Er hatte keine Ahnung, wie lange sie dauern würde. Eins wusste er genau, auf normalem Wege wollte er die Strecke nicht bewältigen. Zumindest die Überquerung der Alpen wollte er sich ersparen. Er konnte in der Regel nur dort hinspringen, wo er schon einmal gewesen war, oder es sich genau vorstellen konnte. Da er die Gedanken eines Menschen lesen konnte, wollte er mit der Hilfe seines Führers Decimus und dessen Vorstellungskraft, den Sprung bewältigen.

      Zurück zum Proviant. Sicher würden sie durch bewohntes Gebiet kommen und dort um eine Unterkunft und Mahlzeit bitten können. Trotzdem wäre es gut, für alle Fälle etwas in Reserve zu haben. Er fuhr ins Dorf und kaufte eingeschweißten Räucherspeck, Wurst, Fisch in Dosen, Knäckebrot und Studentenfutter. Die Satteltaschen würden prall gefüllt