Emma Richi

Vermächtnis der Toten


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Ich zog mir meine Jogginghose an und einen weiten Pulli, den Tim mir bei sich aus dem Schrank raus gesucht hatte. Nun, ich hatte wirklich keine Lust wie tot rumzusitzen und die Jungs schweigend anzusehen. Taylor schickte die Jungs raus. Als Mrs. Green mit Mrs. Trimbee ins Zimmer kam, ging auch Taylor raus. “Zeig ihr deine Verletzungen und du bekommst deine Ruhe“, sagte die Direktorin. Zu lassen, dass jemand den ich nicht gut kannte mich berührt? Zähne zusammen beißen und durchhalten. Ich kann das, ganz sicher.

      “Ist gut. Aber es ist wirklich nicht so schlimm. Die Lippe ist geplatzt und mein Schädel brummt, die zweite Kopfnuss war eine zu viel.“ Das Lächeln der beiden Frauen war aufmunternd. Sie tastete meine Wange ab, aber schien zufrieden. “Ich gebe dir jetzt etwas gegen die Kopfschmerzen, am besten versuchst du zu schlafen. Es wird dir gut tun Mädchen, auch eine Haze muss sich mal ausruhen. Morgenfrüh sehen wir noch einmal, sonst wirst du nicht mit den anderen in die Mall gehen.“ “Ist gebongt. Ich geb mir Mühe, aber kann ich kurz noch jemanden anrufen? Bevor ich schlafen muss?“ Jetzt lachte sie, legte das Pulver auf den Tisch und verschwand.

      Am Telefon hörte ich dasselbe wie immer, also legte ich auf und wandte mich Mrs. Green zu. “Ich muss sagen, wahrhaft gut gekämpft, aber wir zwei müssen uns dringen unterhalten. Wenn dir jemand sagt, es reicht, dann hör doch bitte drauf.“ “Wenn Ihnen jemand sagt, dass Sie etwas nicht können, was machen Sie dann?“ Sie lächelte und sagte: “Ist gut, aber sag du, nicht im Unterricht, aber wenn wir unter uns sind. Du wirst jetzt dieses Pulver nehmen und dann warte ich, bis du eingeschlafen bist.“ “Sicher dass meine Mutter Claudia heißt und nicht vielleicht Susann Green?“ Ihr lächeln machte mich entspannt, also nahm ich das Pulver. Es dauerte nicht lang, aber ich schlief ein. Ich war noch nicht ganz weg, als ich einen Kuss auf meiner Stirn spürte. Dies Frau war einfach zu gut für diese Welt.

      Kapitel 9.

      Ich war wach, aber es war noch immer dunkel. Der Mond schien und nur deswegen konnte ich sehen, dass Mrs. Green nicht gegangen war. Sie hatte sich auf das neben Bett gelegt. Auch Taylor schlief. Also stand ich ganz leise auf. Mein Kopf explodierte förmlich. Ich fühlte mich zerstört. Ein zweites Päckchen Pulver hatte mir Mrs. Trimbee nicht da gelassen, aber ich wollte etwas gegen die Kopfschmerzen. Das Shopping würde wirklich anstrengend werden. Ich knipste das Licht an und sah mein Gesicht im Spiegel. Meine Wange war nicht gänzlich blau, aber ziemlich lila. Die Lippe ist angeschwollen. Auch an meiner Stirn war ein kleiner Blauer Fleck. Im Grund sah ich aus, wie nach einem turbulenten Eishockeyspiel. Seufzend machte ich wieder das Licht aus und setzte mich in mein Bett. Mein Handy gab mir genügend Licht um mich mit den Hausaufgaben. Bzw. ich versuchte Spanisch zu verstehen, denn ich musste meine Kenntnisse aufstocken. Sprachen liegen mir nun wirklich nicht und das bedeutet ich muss noch mehr arbeiten als sowie so schon.

      Mrs. Green drehte sich um und sagte leise: “Nathan mach das Licht aus.“ Ich lächelte, sie schien vergessen zu haben, wo sie war. Schnell machte ich mein Handy aus und legte mich wieder ins Bett. Ich beobachtete den Wald, die Bäume und den Mond. Ich dachte an alles, was mir hier innerhalb von zwei Tagen wiederfahren war. Es war, als wäre es genau das, was ich bin. Eine Agentin. Niemand hatte sich je ernsthaft für mich interessiert, bis jetzt, Mrs. Green. Innerhalb von zwei Tagen war sie einfach für mich da. Es hatte lange niemanden mehr gegeben, dem ich vertraute. Doch diese Frau hatte es geschafft, einfach geschafft. Ich vertraute darauf, dass sie da ist, wenn ich in Schwierigkeiten bin. Geschafft hatte sie es innerhalb von zwei Tagen. Ich drehte mich zu ihr und betrachtete sie noch einen Moment, bis ich einschlief.

      “Guten Morgen“, sagt Tay laut um mich zu wecken, auch Mrs. Green hatte gerade noch geschlafen. Sie raffte sich auf und sah mich an. Echt süß, ihr Dutt war verstrubbelt und ihre Schminke leicht verschmiert. Taylor grinste mich an und meinte nur: “Ich geh Essen, dann kümmere ich mich um Jessy und mach den Picknickkorb fertig, also viel Spaß beim Shopping. Soll ich dir die Flecke noch wegschminken?“ “Mrs. Green schafft das schon. Viel Spaß beim Date.“ Als Tay gegangen war, musste ich einfach loslachen, es war echt lustig, wie mich Susann ansah. “Was gibt’s zu lachen?“, aber sie konnte nicht verhindern, selber loszulachen. Ich sagte: “Du siehst mich an, als wäre ich halb Tod. Mit deinem Make-up sieht’s echt lustig aus.“ Sie kam auf mich zu, schlag ihre Arme um meinen Bauch und sagte lachend: “Na warte bis ich mit dir fertig bin junge Dame.“ “Wir werden sehen.“ Wir lachten noch weiter und dann küsste sie mich einfach so auf die Wange und sagte: “Dusch dich und zieh dir etwas gemütliches an. Ich komm dann zu dir und schminke dir deine Blauen Flecke weg.“ “Danke Susann, aber ich würde gern vorher nochmal so eine Dosis Pulver zu mir nehmen.“ “Erst nach dem Essen Liebes. Aber du kannst es dann gleich nehmen und jetzt geh duschen, du siehst nämlich genauso scheiße aus wie ich.“

      Kaum war ich aus der Dusche raus, suchte ich mir schwarze Shorts und ein weißes Top raus. Als Susann wieder rein kam, hätte ich sie fast nicht erkannt, denn sie trug ein luftiges Sommerkleid. Sie sah echt super aus darin. WOW! Ihre Haare waren offen und sie sah echt krass aus, nicht wie eine Mom aus der Vorstadt, sondern so richtig krass. “Könne wir anfangen?“, fragte sie lächelnd und ich nickte. All dieses Zeug an Schminke und Make-up und so weiter, sie kleisterte an mir herum. Es dauerte eine halbe Ewigkeit, aber echt süß. Als sie fertig war führte sie mich zum Spiegel und fragte stolz: “Als wäre nichts passiert.“ “Dankeschön, echt Wahnsinn. Aber die Lippe kann so bleiben, die sieht nicht so dramatisch aus.“ Sie lächelte mich an und dann ließ sie mich einen Moment allein. Susann hatte ein wahres Wunder vollbracht. “Okay, wollen wir runter gehen zum Essen? Ich könnte wetten, dass du auch Hunger hast“, sagte ich und schnappte mir meine Tasche. Zusammen kamen wir unten an. Die meisten Schüler waren schon unterwegs oder lagen noch in ihren Betten. Sogar die Lehrer waren nicht anwesend, nur die Jungs mit denen ich shoppen würde. Wie eine große Familie saßen wir am Lehrertisch und Frühstückten.

      Wir fuhren in zwei großen schwarzen Autos zur Mall. Ein Monstrum. Das würde Stunden dauern bis wir da durch sind. “Also, womit willst du anfangen? Schuhe, Klamotten oder Drogerie?“, Leroy war Feuer und Flamme. Stöhnend ließ ich mich in meinen Sitz sinken. Alle grinsten. Als ich dann meinte, ich hätte zu Hause bleiben sollen, fingen die Jungs an zu lachen. Susann sah mich mitleidig an, doch ich wusste, dass es ihr gar nicht leidtat. Mr. Green schien genauso begeistert vom Shoppen wie ich, also versuchte ich in seiner Nähe Sicherheit zu suchen. American Eagel war der erste Laden. Und plötzlich war ich mitten drin. Leroy und die anderen gingen auf die Suche, ich musste nicht einmal selber suchen. Trotzdem ging ich durch die Reihen und sah mir ein paar Klamotten an. Ich nahm mir eine Bluse und eine Jeans, dann ging ich in die Anprobe. Die Jeans sah gut aus und die Bluse auch. Damit wäre ich für normal fertig gewesen, aber die Jungs schleppten praktisch alles an, was dieser Laden zu bieten hatte. Ich zog alles Mögliche an und entschied mich für noch zwei Jeans und ein paar ordentliche Oberteile. Dann ging‘s direkt in den nächsten Laden. Ich gab mir Mühe Spaß zu haben. Ich musste lachen, als Leroy meinte: “Wenn es dich glücklich macht, dann gehen wir Elektronik einkaufen.“ Tim zog mich hinter sich her, seit ich gestern erwähnt hatte, dass ich Apps verkauft hatte, war er ganz wild darauf mir einen super Laptop zu kaufen. “Okay, der hier ist echt super, sogar besser als super. Perfekt für arbeiten an einem neuen Spiel. Das Soundsystem würde ich selber zusammen suchen“, Tim war eifrig dabei und ich meinte nur: “Ein guter Klang ist alles, was mich interessiert. Und den Laptop nehmen wir mit. Der ist echt klasse.“ “Alles klar Ma’am“, meinte der Verkäufer und sammelte alles zusammen. Er brachte alles zur Kasse und ich bezahlte, wir hatten es geschafft unter 4.000 zu bleiben, was mich echt froh machte. 2.876 hatte ich bezahlt für alles zusammen, ein echtes Schnäppchen.

      Wir stöberten noch durch viele Läden. Langsam machte es wirklich Spaß. Als ich bei H&M gerade in der Umkleide fertig war, als Jackson meinte: “DU brauchst doch sicher auch was für unter den Klamotten, oder?“ Unter meinem Blick ging er unter, Leroy kam mir zu Hilfe: “Los, das schafft sie auch ohne euch!“ Leroy ging mit mir durch die Ständer und zog etwas mit besonders viel Spitze heraus. “Na? Das würde Oscar wirklich Lieben.“ “Mmh, okay, aber das wird er niemals zu Gesicht bekommen.“ Leroy sah mich überrascht an. “Du stehst nicht auf ihn?“, er war wirklich überrascht