Emma Richi

Vermächtnis der Toten


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eine Antwort darauf war nur: “Ein Bauchgefühl.“ “Na herzlichen, kannst du uns dieses Bauchgefühl bitte erläutern?!“, er war unter Starkstrom und super besorgt, nicht um mich, sondern um die gesamte Schule. Bevor ich antworten konnte, kamen Volkov und Monroe reingestürmt: “Es ist das Rote Kreuz. Sie haben noch keine Truppen herbeordert, aber sie werden kommen um sie abzuholen.“ Jetzt redeten alle Lehrer durch einander. Das war mir jetzt zu doof. “Wer will mich abholen?!“, fragte ich, denn ich war mir nicht sicher worum es geht. Gestern hatte Anton mir einen Hinweis gegeben auf den Cyankreis, aber ich musste mich zwingen mich zu erinnern, denn ich dachte eigentlich, dass das so ein spaß zwischen uns ist. Ein Bund zwischen Onkel und Nichte. Niemand sagte etwas, sie hatten wohl ganz vergessen, dass ich auch noch da war. “Das ist eine Mafiaverbindung von Agenten im Untergrund, sie nennen sich das Rote Kreuz“, erklärte Susann und das ließ die Fragezeichen in meinem Gesicht explodieren. Es war auch nicht sonderlich lindernd für meine Kopfschmerzen. Jennifer Monroe erbarmte sich und erklärte: “Sie scheinen hinter dir her zu sein, denn sie haben sich noch nie so weit vor getraut. Da du eine Haze bist, wäre dein Name sicher Grund genug dich zu entführen.“ Jenny bekam böse Blicke von den anderen Lehrern, doch sie zuckte mit den Schultern: “Warum sollte sie es nicht wissen dürfen Immerhin geht es hier nicht um irgendjemanden, sondern um sie.“ Gut, das war jetzt endgültig zu viel. Erst gestern, dann heute und was kommt morgen? Ich stand, doch ich konnte mich nicht daran erinnern aufgestanden zu sein. Ich war im Begriff zu gehen, doch mir wurde die Tür von Jenny versperrt: “Du kannst nicht gehen.“ “Ich werde gehen. Wenn Sie mich nicht freiwillig gehen lassen, du kämpfe ich eben und sie dürfen sich von Mrs. Trimbee anhören, warum ich noch zwei Tage nicht Trainieren darf!!“ Sie bewegte sich nicht weg, als erwarte sie nicht, dass ich sie angriff. Doch genau das würde ich tun. Sie trat doch noch weg, gute Entscheidung. Die Tür krachte ins Schloss und ich ging Richtung Zimmer.

      Ich ging hoch und da wartete niemand, man hatte sie also alle in den Essensaal gebracht. Ich stellte mich vor den Spiegel und zog meine Blus an den Schultern zur Seite. Kein Kreuz, an meinem Bauch auch keins und an meinem Rücken auch nicht. Gut, dann bin ich nicht markiert. Ich war erleichtert, aber das bedeutet im Grund gar nichts. Ich zog mir Sportklamotten an. Mit einer Wasserflasche in der Hand ging ich runter. Niemand war da der mich hätte aufhalten können. Wirklich niemand war da. Draußen lief ich ein paar Runden und dann schaltete sich den Boomboy an. Jetzt war es mir egal ob vielleicht Mrs. Trimbee etwas sagen würde. Der erste Schlag war noch schwach, aber mit jedem weiteren legte ich mehr Kraft hinein. Meine ganze Wut ließ ich an diesem scheiß Ding aus.

      “Wieso eigentlich immer ich?!“ Ein Schlag. “Warum schon wieder?!“ Ein zweiter. “Holt euch doch jemand anderen!!“ Ein dritter. Ein vierter und fünfter. “Ich muss das nur durchhalten!“ Nummer Sechs. “Niemals Schwäche zeigen!“ Sieben. “Keine Tränen!!“ Acht. “Disziplin!!!“ Neun, Zehn, Elf. Ein Kick. “Keine Gefühle!“ Zwölf, dreizehn, vierzehn. “Disziplin!!“

      Wie verrückt schlug ich auf den Boom typen ein. Sie ruinieren mein Leben, zum zweiten Mal! Kaum bin ich auf dem besten Weg glücklich zu werden, kommen sie wieder!“ Meine Schläge kamen in immer kürzeren Abständen. Die Sorgen, die Wut, nichts von dem ging in Rauch auf, die Flamme wurde größer und immer größer. Aber meine Kraft bleibt mir langsam weg. Ich saß vor dem Boomboy auf der Matte, mit angezogenen Beinen. Ich keuchte und gab mir Mühe wieder auf die Beine zu kommen, aber ich blieb dann doch sitzen. Ich fühlte mich erledigt, denn mit war klar, wenn ich nach so kurzer Zeit schon alle war, dann würde ich keinen ernsthaften Kampf durchstehen. Training würde ich in nächster Zeit an erste Stelle setzten. Jede Pause würde ich dazu nutzen mich zu verbessern. Ich muss gut genug sein um es zu beenden bevor es beginnt.

      Ich hatte wieder genügend Kraft um weiter zu machen, also fing ich wieder von vorne an. Nur diesmal mit Kicks. Zwischendurch ein paar Schläge.

      “Was wird das?!“, Grant Volkov schrie das wirklich quer über den ganzen Hof. Ich drehte mich um und erklärte: “Ich trainiere!! Das ist wichtig, denn ich will hier nicht untergehen!! Ich muss gut genug sein, damit ich hier standhalten kann!! Die Verletzungen sind nur Zeugnis von meinem nicht vorhandenen Können! Das kann ich mich nicht leisten!“ “Nun gut, aber deine Verletzungen sind nicht kuriert, leg dich gemütlich ins Bett, lies eine gute Lektüre und entspann dich Mädchen. Wir alle schützen dich.“ “Das Bett ist hier und meine Lektüre ist mein Training. Was bedeutet Schutz, wenn ich mich nicht selber schützen kann? Warum macht mir eigentlich jeder mir Vorschriften was ich zu tun und zu lassen habe?!“ Jetzt kam auch noch Oscar dazu. Na perfekt. “Beweg deinen Arsch ins Gebäude!!“, schrie Oscar mich plötzlich an. Ich tat, als würde es mich nicht interessieren und sagte: “Ich wollte eh gerade Pause machen.“ Ich ging rein, ohne einen von ihnen noch einmal anzusehen. Auf eine Dusche hatte ich keinen Bock, also ließ ich die Hose und den Pulli an. Mit meiner Wasserflasche, einem Stift und einem Block setzte ich mich in die Mensa. So gut wie niemand war mehr dort, alle waren auf ihre Zimmer gegangen. Ich war dabei in ruhe zu arbeiten, denn die anderen hatten mir gesagt, dass wir einen Aufsatz schreiben sollten für den Deutschunterricht über die Person die uns am meisten in unserem Leben beeinflusst hat. Wen sollte ich da nur nehmen? Ketherina oder vielleicht Anton? Claire oder Brant? Mrs. Daniels oder Miles? Ich bin doch nicht irre, wen ich über die schreibe, dann werde ich praktisch zu einem offenen Buch. Gar nicht gut. Na dann versuch ich mal jemanden zu finden, bei dem ich nicht lügen muss. Viel lieber würde ich jetzt weiter den roten Kerl verprügeln, stattdessen verzweifle ich an einem scheiß deutsch Aufsatz!

      “Hey Rem, hast du einen Moment?“, fragte Riley und setzte sich direkt zu mir. Ich klappte meinen Block zu und sah zu ihr. “Hab ich den eine andere Chance?“, seufzte ich und sie lächelte mich nur an. Dann fuhr sie fort: “Also ich hab unsere Mutter angerufen, gestern… Und sie kommt heute her. Ich bat sie darum, aber du bist nicht verpflichtet mit mir mitzukommen. Es ist eine Chance sie kennen zu lernen. Es wäre schön wenn du dabei bist. Sie kommt mit Mrs. Keen, sie wollte wohl mit der Schulleitung sprechen wegen ihren Töchtern. Egal was du über sie denkst, du könntest sie all das selber fragen.“ “Nein“, ich wollte sie nicht sehen und schon gar nicht mit ihr sprechen. “Denk drüber nach“, etwas geknickt zog sie ab. Ich hatte noch nicht einmal meinen Block aufgeschlagen, da kam Oscar mit den Jungs und seinem Vater. Der sah aus, als würde er mich erwürgen wollen: “Du gehst nirgendwohin ohne das einer der Jungs, ein Lehrer bei dir ist! Hast du verstanden?!“ Ich nickte und wollte gerade aufstehen um zu gehen, doch dann fiel mir ein, dass ich nicht mehr allein sein werde. “Wer ist mein erster Schatten?“, fragte ich genervt und dann lächelte er, als freue er sich, weil ich es ja sooo gut verstanden hatte. Er deutete auf Oscar und meine Reaktion war nicht die, die er erwartet hatte: “Ich wird jetzt in mein Zimmer gehen und da ist Taylor, also kein Grund das er mitkommt.“

      Mr. Green ließ mich genervt gehen. Sein Kopfschütteln war irgendwie verzweifelt. Ich lief durch die Gänge. Es war noch nicht einmal zwölf Uhr Mittags und ich hatte schon panische Gedanken, weil ich den Unterricht vermisse. Mir fiel zu spät auf, dass ich gar nicht auf dem Weg zum Zimmer gewesen war, sondern direkt zum Verhörunterrichtsraum. Natürlich war an einem Sonntag niemand hier, also setzte ich mich hin und begann zu arbeiten. Natürlich haben sie mich gefunden, doch Susann und Nathan wollten schon wieder mit mir allein reden. “Ich habe kein Interesse an einem Gespräch, egal worum es geht oder um wen es geht.“ Es war ihnen egal, Nathan war noch wütender als vorhin: “Du bist in Gefahr und wir wollen die beschützen. Also hör auf mit dem Terror und nimm den Schutz an!“ “Ich will nicht wie ein Hund an die Leine genommen werden! Außerdem will ich meine Ruhe!“ “Taylor passt für den absoluten Notfall auf Riley auf, dass bedeutet, dass du solange entweder bei uns beiden oder bei Mrs. Monroe bist“, Susann war schon wieder höchst besorgt, also spielte ich einfach mit: “Gut, ich wollte nur in Ruhe meinen Aufsatz schreiben. Ich komm nicht voran, also dachte ich, vielleicht trainiere ich noch einmal mit Mrs. Monroe.“ “Gut, dann bringe ich dich zu ihr. Dann könne wir uns noch einen Moment unterhalten.“ Nathan war vorgegangen und ich ging dann mit Susann.

      “Ich bin mir sicher, du möchtest deine Mutter kennen lernen“, sie hörte sich ähnlich an wir Rileen, doch ich antwortete ebenfalls gleich: “Nein, egal was irgendjemand sagt, es bleibt dabei.“ “Das ist nicht die beste Idee, aber nicht nur Claudia kommt in einer Stunde an, sondern auch die Mutter von Alissia,