Wilma Burk

Wo du hingehst, will ich nicht hin!


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ab und kam mit großen Sprüngen auf mich zu. Sie lief an mir vorbei zur Haustür und drehte sich um, als wollte sie sagen: „Na, was ist? Schließ endlich auf!“

      Noch waren wir nicht ganz im Haus, als das Telefon klingelte. Aha, Traudel will wissen, ob ich gut zu Hause angekommen bin, dachte ich und nahm den Hörer ab. „Alles okay, Traudel! Schönen Dank für den netten Nachmittag“, sagte ich sofort ins Telefon.

      Stille im Apparat.

      „Hallo!“, rief ich irritiert hinein.

      „Du warst bei Mutti und Paps?“

      Es war Susanne.

      „Susi! Du bist es! Ja, ich komme gerade von ihnen.“ Hastig versuchte ich zu verstecken, wie neugierig ich war, als ich sagte: „Wir haben von dir gesprochen. Ich habe schon so auf deinen Anruf gewartet.“

      „Kann ich mir denken!“

      Das klang resigniert. So kannte ich sie nicht.

      „Gibt es etwas Neues?“, fragte ich verhalten.

      „Du weißt, worum es geht?“

      „Ja. Robert hat eine Stelle als Oberarzt angeboten bekommen, ganz in meiner Nähe, in dem neuen Krankenhaus in Harzerode, sagte man mir. Es soll ihn sehr reizen, sie anzunehmen. Habt ihr euch entschieden?“

      „Wir?!“ Sie lachte bitter auf. „Das ist gut! Er hat sich entschieden und soeben den Vertrag unterschrieben.“ Sie schwieg. Ich wartete und hörte sie heftig atmen.

      „Und nun?“, fragte ich vorsichtig. Was hätte ich sonst sagen können.

      „Ja, was nun?“ Sie lachte höhnisch auf und zögerte weiterzusprechen. Offensichtlich fiel ihr das schwer, was sie mir noch sagen wollte.

      „Was machst du? Was wird aus deinen Geschäften?“, half ich ihr.

      Wieder ein bitteres Auflachen. „Was soll ich machen? Ich werde sie aufgeben“, erklärte sie kurz.

      „Wirklich?“ Ich musste tief Luft holen. „Schaffst du das denn einfach so?“

      „Weiß, Gott, nicht einfach so! Das waren lange Diskussionen mit Robert. Es ist verrückt, aber gerade jetzt hat jemand sein Interesse an meinen Geschäften gezeigt, als wäre das Gerücht, dass ich aufgeben könnte, wie ein Lauffeuer durch die Gegend gelaufen. Doch das erzähle ich dir alles später. Ich werde ja bald in deiner Nähe sein.“

      Es tat mir weh, sie so enttäuscht reden zu hören. „Wenn es dir auch schwerfällt, Susi, dich aber wie früher in Berlin wieder in meiner Nähe zu haben, freut mich sehr.“ Wenigstens etwas Positives an dem Umzug wollte ich ihr noch aufzeigen.

      „Ja, das ist schön“, antwortete sie. „Ich melde mich wieder bei dir und werde dir mitteilen, wie es weitergeht“ Damit legte sie auf.

      Die Würfel waren gefallen und Robert hatte gesiegt.

      Ich hatte den Hörer noch nicht richtig aufgelegt, da klingelte das Telefon erneut. Traudel war es. „Weißt du es schon? Susanne hat sich entschieden“, polterte sie. Es war nicht zu überhören, dass ihr das missfiel.

      „Ja, sie hat es mir eben erzählt. Nun zieht sie in unsere Nähe, auch in deine, Traudel“, versuchte ich ihr das Gute daran hervorzuheben. „Deine Enkelkinder wirst du dann viel öfter sehen können. Bis jetzt hast du nicht viel von ihnen gehabt.“

      „Natürlich gefällt mir das. Doch wie wichtig ist das dem gegenüber, was auf Susanne zukommt. Wie konnte Robert sich nur so brutal durchsetzen? Jetzt hat Susanne keine Wahl mehr, wenn sie sich nicht von ihm trennen will. Das wird sie ihm nie verzeihen“, ereiferte sich Traudel.

      „Einer von beiden musste aber nachgeben“, versuchte ich, sie zu beruhigen.

      „Nachgeben nennst du das? Erzwungen hat er sich das. Ich sage dir, es ist ein Fehler, wenn Susanne ihre Geschäfte aufgibt.“

      „Man kann es auch anders sehen. Größe hat Susanne damit bewiesen, dass ihr die Familie mehr wert ist, als jeder berufliche Erfolg.“

      „Und warum muss es wieder die Frau sein, die das beweist? Kannst du mir mal sagen, warum?“

      „Nein, das kann ich dir nicht sagen. Doch ich bin überzeugt davon, sie hat sich richtig entschieden, auch wenn es ihr sehr schwerfällt“, beharrte ich. Man konnte doch Susanne jetzt nicht noch Vorwürfe machen.

      „Jetzt redest du wie Mama früher. Der Mann hat recht, egal worum es geht. Nein, hier hätte Robert zurückstecken müssen. Und wenn es noch so eine besondere Stellung ist, die ihm geboten wird, eine vergleichbare zu bekommen ist immer noch leichter als ein Geschäft neu aufzubauen.“

      „Hast du das so etwa zu Susi gesagt?“

      „Natürlich! Soll ich meine Meinung hinterm Berg halten? Ich werde nie begreifen, wie Susanne nachgeben konnte. Ich glaube nicht, dass er allein fortgegangen wäre, wenn sie ihm nur klar genug gemacht hätte, dass sie niemals mitgehen werde.“

      „Wie kannst du dir da so sicher sein?“ Ich konnte mir schon vorstellen, dass dies das Ende ihrer Ehe gewesen wäre, obgleich auch ich am liebsten dagegen aufgebockt hätte. Warum musste es Susanne sein, die nachgab. Was hatte ihr nun in ihrer Situation die ganze Emanzipation genützt? Es gab nur ein Entweder-Oder. Und wie seit Ewigkeiten ging es wieder einmal nach dem Mann.

      *

      Kapitel 4

      Auch Margot hatte bald von Susannes Entschluss erfahren. „Das ist hart für sie. Dennoch ist es richtig, was sie tut. Ich hoffe sehr, dass sie es eines Tages auch so sehen kann. Im Augenblick ist sie dazu noch zu verbittert“, sagte sie zu mir am Telefon.

      Weiter kam sie nicht, ihre Tochter Katja nahm ihr offensichtlich den Hörer aus der Hand. „Hallo, Tante Kati! Da siehst du wieder einmal, wie man mit den Erfolgen einer Frau umgeht. Robert verfolgt einfach stur seinen Weg, und Susi muss sich anpassen, wenn die Familie nicht auseinanderbrechen soll. Ist das nicht wieder ein Beweis dafür, dass eben nur eins geht, Beruf oder Familie? Mir passiert so etwas jedenfalls nicht. Mich kriegt keiner als gottergebene Ehefrau. Darauf kannst du dich verlassen“, rief sie dazwischen.

      Dann war Margot wieder am Apparat. „Katja kann es nicht begreifen, sie hätte Susanne am liebsten aufgestachelt. Kannst du dir ja sicher denken, bei ihrer Einstellung. Manchmal wundert es mich, dass dieses Mädchen bei mir groß geworden ist, wo mir doch die Familie stets über alles ging.“

      „Vielleicht ist ihr gerade dadurch klar geworden, wie viel Zeit und Zuwendung eine Familie von einer Frau braucht. Vielleicht hat sie bei Schulkameradinnen gesehen, wie wenig davon eine zugleich berufstätige Mutter übrig haben konnte. Und dann das Beispiel Susanne, hektischer als es bei Susanne und Robert zugeht, ist doch gar nicht mehr möglich. Da ist es kein Wunder, wenn sie sich jetzt in ihrer Meinung bestärkt fühlt“, antwortete ich.

      „Doch auf einen Partner will auch sie nicht verzichten. Wie lange ist sie schon mit Alexander zusammen. Und das, obwohl jeder seine eigene Wohnung hat. Manchmal glaubte ich, sie würden zusammenziehen. Aber, nein! Ich bin doch nicht blöd! Der würde nur erwarten, dass ich ihm die Schuhe putze’, erklärte sie mir. Er ist sieben Jahre älter als sie und hat eine gute Stellung in einer Bank. Er könnte längst eine Familie gründen. Mich wundert es, dass er damit zufrieden ist, so, wie sie beide miteinander leben.“

      „Vielleicht kommt ihm das sehr gelegen, weil er einer von denen ist, die ihre Freiheit behalten wollen, aber nicht auf die Beziehung verzichten.“

      „Damit kannst du recht haben“, stimmte mir Margot zu.

      „Es ist schon seltsam“, überlegte ich weiter, „von einem Mann erwartet man das viel eher als von einer Frau wie Katja, die obendrein noch hübsch, geistreich und liebenswert ist.“

      „Helmut denkt, eines Tages werde entweder ein anderer kommen, oder sie heiraten doch noch, weil es ihnen auf Dauer lästig wird, für jedes Beisammensein erst