T. von Held

Afrikanische Märchen auf 668 Seiten


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Inhalt der Kisten und Kästen an und fand meine Erwartungen

       weit übertroffen.

       Meine Mutter war anfangs stumm vor Staunen und

       Freude; dann sprach sie:

       »Allah hat meinen Sohn reich gesegnet, ihm sei

       Dank! Nun aber, mein Sohn, zeige, daß du seiner

       Güte wert bist. Gehe hin, suche dir ein Haus, richte

       einen Laden ein mit den Waren, welche der Scheik dir

       gebracht hat, und arbeite.«

       Das tat ich denn auch. Wenn ich in meinem Laden

       saß, so war mein Affe an meiner Seite, oder er ging

       des Morgens fort und kam am Abend zurück; dann

       hatte er stets einen Beutel mit Silber- oder Goldstükken

       im Maule, die legte er vor mich, und ich nahm

       das Geld und verwahrte es. Unsere Mahlzeiten teilten

       wir miteinander und waren gute Freunde. Auf diese

       Weise verging eine geraume Zeit. Da eines Abends

       geschah etwas, was mich mit Staunen und Schrecken

       erfüllte. Mein Affe war den ganzen Tag über von mir

       fort gewesen, und als er heimkam, begrüßte er mich

       mit Worten, wie Menschen zu sprechen pflegen. Ich

       erwiderte den Gruß, war aber doch unruhig ob solch

       seltsamen Vorkommnisses. Der Affe sah meine Besorgnis

       und sprach:

       »Fürchte dich nicht, Mahomed; denn ich bin kein

       gewöhnlicher Affe, sondern der Gott der Gläubigen

       hat mich geschaffen, daß ich dir diene und zu Glück

       und Reichtum verhelfe. Dein Reichtum ist jetzt groß;

       aber eins fehlt dir noch; denn du hast kein Weib. Ich

       habe dir im Auftrag Allahs ein Weib ausgesucht, das

       du heiraten mußt.«

      Kapitel 2

      Da fragte ich:

       »Wer ist das Weib?«

       Er antwortete: »Morgen mache dich bei Sonnenaufgang

       auf den Weg und gehe auf den Markt. Nimm mit

       dir deine besten Sklaven; reite ein Maultier, dessen

       Sattel und Zügel sehr kostbar sind, und du selber kleide

       dich in deine besten Kleider. Auf dem Markte wirst

       du einen alten Mann sehen, der trägt die Tracht der

       Priester des Höchsten. Ihn rede an und sage ihm, daß

       du seine Tochter zum Weibe begehrst. Er wird von

       dir großen Reichtum fordern für seine Tochter. Gib

       ihn hin; denn wenn du das Weib hast, wird dein Gut

       sich mehren.« Nachdem der Affe so gesprochen hatte,

       legte ich mich nieder und schlief. Am anderen Tage

       tat ich, wie das Tier mir gesagt hatte, und alles kam

       genau so, wie mir prophezeit worden war. Der alte

       Mann gab mir seine Tochter zum Weibe, und als ich

       heimkam, war ich ein verheirateter Mann. Ich erzählte

       dies dem Affen. Der sprach:

       »Wann wirst du dein Weib aus dem Hause ihres

       Vaters holen?«

       Ich sagte es ihm. Er darauf zu mir: »Wenn du in

       das Haus des Mannes gehst, dessen Tochter du gefreit

       hast, so wirf einen Blick in den Hof des Hauses. Zu

       deiner Linken wirst du eine Türe sehen, an ihr hängt

       ein Ring, den kannst du öffnen mit dem Schlüssel, der

       daran hängt; tue es und gehe in den Raum. In ihm

       wirst du einen großen Kasten gewahren, auf dem ein

       Topf steht; in diesem ist ein Gefäß mit Wasser. Links

       davon steht ein roter Hahn und rechts ein Messer,

       dessen Inschrift einen Zauber ausübt. Mit diesem

       Messer schlachte den Hahn und dann wasche das

       Messer in dem Gefäß. Danach wirst du sehen, daß der

       Kasten sich öffnet, und ein großer Schatz wird vor dir

       liegen, von dem niemand weiß, daß er da ist. Er soll

       dein sein; denn so will es Allah, der mich erkoren hat,

       dir der Überbringer irdischen Glückes zu sein. Tue

       genau, wie ich dir sagte; denn nun liegt es in deiner

       Hand, glücklich oder unglücklich zu sein. Mein Auftrag

       ist zu Ende, und ich werde hingehen, wo ich hergekommen

       bin.«

       Ich dankte dem Affen und versprach, seinen Ratschlägen

       zu folgen.

       Ich tat es auch. Aber man denke sich meinen

       Schreck, als ich plötzlich im Nebenraum das Mädchen,

       welches ich gefreit hatte, rufen hörte: »Der Affe

       raubt mich, er raubt mich!«

       Ich ging alsbald hin, von wo die Stimme gekommen

       war, und fand, daß mein Weib fort war. Mir war

       zumute, als sollte ich verrückt werden! Der Vater

       meiner Frau gebärdete sich auch wie ein Wahnsinniger,

       als ihm die Nachricht gebracht wurde. Gleich

       einem Rasenden stürzte er auf mich los und schrie:

       »Was jetzt geschehen ist, wollte er lange schon tun.

       Ich litt es nicht und fesselte ihn durch den Zauber, den

       du gelöst hast. Mit Tränken habe ich ihn gezwungen,

       Affengestalt anzunehmen! Jetzt ist alles vorbei! Gehe

       fort von mir, denn ich liebte mein Kind und traure

       darum! Dich aber verfluche ich, der du an dem Unheil

       schuld bist! Eile, mach', daß du fortkommst, damit ich

       dir in der Bitterkeit meines Herzens kein Leid zufüge.

       «

       Da verließ ich den alten Mann. Nirgends aber fand

       ich Ruhe, sondern irrte umher wie ein Heimatloser.

       Auf meiner Wanderung kam ich in einen dichten

       Wald. Überall suchte ich mein verlorenes Weib. In

       dem Walde sah ich zwei Schlangen, eine weiße und

       eine schwarze. Die weiße wurde von der schwarzen

       verfolgt. Da tötete ich die schwarze. Die weiße verschwand,

       kam jedoch bald zurück mit drei anderen

       Schlangen, die ihr genau glichen. Diese vier nun

       machten sich daran, den Körper der toten Schlange zu

       zerstückeln, und ich hörte sie sagen: »Wir werden es

       dir Dank wissen, was du uns getan.«

       Danach fragten sie:

       »Bist du nicht Mahomed, den sie den Trägen nennen?

       « Ich bejahte