Michael Hamberger

Das Teufelskraut


Скачать книгу

Geschwindigkeit schien nicht genug. Wie sie den näher kommenden Schritten entnehmen konnte, holten die Bären schnell auf. Da sah Layla einen Baum. Nicht sehr hoch, aber vielleicht doch hoch genug. Sie machte wieder eine scharfe Kurve und rannte mit unverminderter Geschwindigkeit auf den Baum zu. Als sie kurz vor dem Ziel ist, sprang sie ab, bekam den unteren Ast zu fassen und zog sich im selben Moment hoch. Dann begann der Baum auch schon heftig zu wackeln. Die Bären waren da! Layla kletterte, so schnell sie konnte, noch einige Meter nach oben, dann leitete sie sofort die Verwandlung ein, die auch sofort einsetzte. Es gestaltete sich als recht schwierig, sich während der Verwandlung am heftig wackelnden Baum auch noch festzuhalten, aber trotzdem gelang es Layla. Und genau in der Sekunde, als die Verwandlung komplett war, brach der Baum unter dem Gewicht des Bären zusammen, der wohl, wie Layla schätzte eine ganze Tonne wog. Layla wurde herunter geschleudert. Elegant drehte sie sich in der Luft und sah zwei der Bären. Offenbar war ihr wirklich nur einer hinterher geklettert, während die anderen unten den Baum bewachten. Layla streckte ihre Hände mit den mächtigen Krallen nach vorne und flog auf einen der Bären zu. Sie konnte noch kurz dessen Augen aufblitzen sehen, als sie ihn voll traf. Sie umschlang ihn mit beiden Armen, während ihre scharfen Reißzähne zubissen. Doch leider ist das Fell des Bären so dick, dass weder die Krallen, noch ihre langen Reißzähne einen nennenswerten Schaden anrichteten. Der Bär schüttelte sich, wie ein nasser Hund und Layla flog im hohen Bogen davon. Noch in der Luft machte Layla ein halbe Drehung, kam dadurch auf den Füssen auf und griff sofort wieder an. Der Bär schlug nach ihr, aber Layla tauchte geschickt unter dem Schlag hindurch und sprang den Bären wieder an. Diesmal waren dessen Augen ihr Ziel. Der Bär konnte sich im letzten Moment wegdrehen, sodass ihr Schlag nicht voll traf. Ihre Krallen blieben in der Augenbraue des Bären hängen. Der Bär schrie auf und noch bevor er Layla wieder abschütteln konnte, holte sie mit der anderen Hand aus und schlug nochmals zu. Und diesmal traf sie voll. Ihre Krallen drangen tief in das linke Auge des Bären ein. Layla ließ aber sofort wieder los und ließ sich fallen. Keine Sekunde zu früh, wie die mächtige Pranke bewies, die mit Brachialgewalt über sie hinwegsauste. Der zweite Bär hatte nach ihr geschlagen. Kaum auf dem Boden, stieß sich Layla jedoch sofort wieder ab. Diesmal war der zweite Bär ihr Ziel. Doch der hatte besser aufgepasst, als sein Kamerad. Er drehte schnell den Kopf zur Seite, sodass Laylas Angriff ins Leere ging. Dann schlug er wieder mit seiner mächtigen Pranke zu. Layla sah diese Tatze, die dick wie ein Baumstamm war, auf sich zukommen. Im letzten Moment konnte sie den Kopf ducken. Die scharfen Krallen streiften ihr nur leicht über den Pelz. Dann war Layla in Schlagweite. Mit all ihrer Kraft zielte sie mit den scharfen Krallen auf die Nase des Ungetüms. Und der Schlag traf voll. Die Werwolf Krallen hinterlassen vier lange, tiefe, blutige Striemen und der Bär schrie vor Schmerz auf. Wütend schlug er nach Layla, aber der Schlag war hastig und nicht gut gezielt, sodass Layla mühelos ausweichen konnte. Sie schlug noch einmal in Richtung der Augen des Bären, aber bevor der Schlag ankam, traf sie ein mächtiger Schlag, der ihr die Luft aus den Lungen drückte. Der dritte Bär hatte in den Kampf eingegriffen. Layla flog quer über die Lichtung. Verletzt hatte sie der Bär nicht, obwohl ihr die komplette linke Seite wehtat. Deshalb gelang es ihr diesmal auch nicht, elegant wieder auf die Füße zu kommen. Mit Schrecken bemerkte Layla, dass sie am Ende ihrer Kraft war. Der größte Nachteil ihrer Werwolf Gestalt war der unglaublich hohe Energieverbrauch. Deshalb brauchte Layla eine Unmenge an Kalorien, wenn sie sich in einen Werwolf verwandelte. Das war ja an sich ein Traum für jede Frau, aber für Layla war dies fast ein Alptraum. Waren nämlich diese Kalorien verbraucht, schaltete ihr Körper auf den Energiesparmodus und sie verwandelte sich spontan in ihre menschliche Gestalt, in der sie wesentlich weniger Energie verbrauchte. Layla hatte zwar am Mittag sehr gut und reichlich gegessen, aber das Abendessen war bis auf den Kaffee in Grindelwald ausgefallen. Sie war von den Ereignissen einfach überrollt worden und hatte keine Zeit dazu gehabt. Und jetzt war es wohl fast soweit. Ihre Energiereserven waren fast aufgebraucht. Ihr musste schleunigst die Flucht gelingen.

      Layla drehte sich zu den Bären um. Der Bär, den sie am Auge verletzt hatte versuchte mit Schnee die Wunde zu kühlen, machte aber keine Anstalten mehr, Layla anzugreifen. Auch der, dem sie die tiefen Wunden an der Nase verabreicht hatte, war jetzt deutlich vorsichtiger, wie Layla aus seiner Körperhaltung schließen konnte. Nur der dritte, noch unverletzte Bär war noch in seinem Kampfeswillen ungebrochen.

      Leider war Layla nach dem Schlag genau wieder vor der unüberwindlichen Steigung gelandet, sodass sie nicht einfach davon laufen konnte. Sie würde also kämpfen müssen.

      Der Bär richtete sich zu seiner vollen Größe auf und ließ ein drohendes Brummen hören. Offenbar wollte er Layla einschüchtern. Die sah in aber nur mit gefletschten Zähnen an. Sie wollte keine weitere Energie mit solchen Spielchen verbrauchen. Layla merkte, wie langsam wieder Kraft in ihren Körper floss. Sie hatte also noch Reserven. Es war auch gut, dass es ihr nicht kalt war. Zum Glück war der Mythos aus den Hollywood Horrorfilmen, wo sich ein Werwolf bei seiner Verwandlung die zerfetzten Kleidungsstücke von Leib riss, nicht war. Layla war in ihrer Werwolf Gestalt zwar etwas größer, aber nicht so groß, dass ihre Kleidung zerriss. Vorsorglich kaufte Layla ihre Kleidungsstücke immer eine Nummer größer. Nur die Schuhe waren wegen der Krallen etwas eng und drückten.

      Langsam begannen sie die Bären zu umkreisen. Aber noch griffen sie nicht an. Laylas Kampfkraft hatte sie wohl doch überrascht und hatte sie vorsichtiger werden lassen. Der an der Nase verletzte Bär lief auf allen vieren, während der andere sich immer noch aufgerichtet hielt, was Layla sehr wunderte, da er so zwar imposant, aber wesentlich weniger beweglich aussah. Das war Laylas Chance! Mit zwei schnellen Sprüngen war sie bei ihm und bevor er reagieren konnte, schlug sie ihm die Krallen beider Tatzen in den Bauch. Sie glaubte zu erkennen, dass das Fell dort wesentlich weniger dicht war. Dann bekam Layla aber schon den nächsten Schlag ab, der sie wieder quer über die Lichtung fliegen ließ. Hart landete sie im Schnee. Noch bevor sie sich abrollen konnte, sah sie aus dem Augenwinkel einen mächtigen Körper auf sich zufliegen. Der an der Nase verletzte Bär griff sie wieder an. Blitzschnell drehte sich Layla zur Seite. Einen Bruchteil einer Sekunde später landeten zwei riesige Tatzen genau dort, wo sie kurz vorher noch gelegen hatte. Layla sprang auf die Füße und griff den Bären sofort wieder an. Diesmal konnte sie ihn gar nicht verfehlen. Tief drangen ihre Krallen in das rechte Auge des riesigen Bären. Sie konnte noch Blut spritzen sehen, dann traf sie der nächste Schlag, der sie wieder zurückweichen ließ. Zum Glück hatte dieser Schlag nicht voll getroffen, sondern sie mehr oder weniger nur gestreift. Layla bemerkte, dass sie am Ende ihrer Kraft war. Jeden Moment musste die Rückverwandlung einsetzen. Nur wacklig konnte sie sich auf den Beinen halten. Sie drehte sich um und sah, dass der Bär blutend im Schnee liegen blieb. Wo war der dritte Bär. Der, dem sie in den Bauch geschlagen hatte. Layla wusste, dass sie ihn getroffen hatte, hatte aber keine Ahnung, ob sie damit Erfolg gehabt hatte. Langsam drehte sie sich um. Der Bär stand circa drei Meter von ihr entfernt auf allen vier Füssen. Er fletschte die Zähne. Aber er griff nicht an. Da sah Layla eine riesige Blutlache unter ihn, die sie vor Freude aufheulen ließ. Sie hatte ihn tatsächlich verletzt und nach der Größe der Blutlache zu schließen, erheblich. Der Bär brummte sie wütend an. Offensichtlich wollte er noch nicht aufgeben. Plötzlich bemerkte Layla, dass die Rückverwandlung einsetzte. Sie fiel auf die Knie, wissend, dass sie dem Bären jetzt schutzlos ausgeliefert war. Während der Verwandlung, die ihre ganze restliche Energie verbrauchte, konnte sie sich normalerweise nicht rühren. Doch der Bär machte keine Anstalten, sie anzugreifen. Er sah vielmehr fasziniert zu, wie aus dem Werwolf ein Mensch wurde. Kurz später war die Verwandlung komplett und Layla kniete wieder als Mensch im Schnee. Mühsam kam sie auf die Beine. An eine Flucht war jetzt nicht mehr zu denken. Ihre Beine waren schwer, wie Blei. Aber auch die Bären schienen schwer angeschlagen zu sein. Trotzdem begannen sie langsam, Layla einzukreisen, die verzweifelt nach einer Fluchtmöglichkeit suchte. Aber es gab keine. Sie stand mitten auf der Lichtung, die Bären nur etwa drei bis vier Meter von ihr entfernt.

      Da fiel Laylas Blick auf die rot leuchtende Kristallkugel, die immer noch mitten in der Luft schwebte. Offenbar hatten die Bären mit der Kugel zu tun. Fast schien es sogar so, als würden sie die Kugel bewachen. War dies eine Chance für Layla? Die Kugel war nur etwa zwei Meter von ihr entfernt. Sie würde sie auf jeden Fall vor den Bären erreichen. Die Bären hatten offensichtlich ihren Blick bemerkt, denn sie wurden plötzlich wieder aggressiver. Also doch! Ohne zu zögern sprang Layla vor und griff nach der Kugel. Aus dem Augenwinkel sah sie, dass genau