ANDRE AMISIUS

Romantische Realisten & melancholische Millionäre


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sowohl Zärtlichkeit als auch Leidenschaft wünschen, und dazu natürlich auch Fürsorglichkeit (und zwar mental wie materiell). Frauen benötigen jemanden, der zugleich stark ist und doch auch einfühlsam sein kann. Frauen wünschen sich jemanden, von dem sie als Ganzes, mit all ihren Stärken, aber auch ihren Schwächen erkannt und angenommen werden.

      Was aber auch die sog. Frauenversteher nur schwer nachvollziehen können ist, dass viele Frauen das alles ernsthaft von ein und demselben Mann erwarten? Doch letztlich ist es für Männer gar nicht so wichtig, Frauen verstehen zu können. Viel wichtiger ist die Fähigkeit sie zu lieben, ohne sie dabei gleich immer verstehen zu können. Wobei dies im Alltag gerne seinen Ausdruck darin findet, als Mann mit einer Frau über alles zu reden – dabei aber nach Möglichkeit nichts zu sagen, was sie nicht gerne hören will.

       61. Ob man auch zwei Menschen zugleich lieben könne?

      Nein, und diejenigen, die das behaupten, tun es selbst am allerwenigsten.

       62. Welcher der schönste Kosename sei?

      Nun, vielleicht so einer wie „ meine Liebste“ oder auch „Schönste der Schönen“ - der ehrlichste dürfte vermutlich dann doch aber „meine Teuerste“ lauten.

       63. In welchem Wesenszug Kunst und Liebe sich ähnlich sind?

      Die Ausweglosigkeit des Versuchs zu erklären, wie Kunst funktioniert oder gar ihren Wert zu bemessen, ist wohl nur zu übertreffen durch das Vorhaben, die Liebe zwischen zwei Menschen auf dem Vernunftwege verstehen zu wollen.

      Beide darf man zudem nicht mit Konventionen belasten. Denn sonst drohen sie zu scheitern oder aber ihren Wert einzubüßen. Und der Wert einer jeden Kunst bemisst sich am wenigsten im Besitz derselben. Auch dieses Merkmal teilt sie mit der Liebe.

       64. Was Eheringe symbolisierten?

      Für diese ist es das schmuckvolle Symbol der Krönung einer Liebe - für jene ist es die vermutlich teuerste Handschelle der Welt.

      Wie dem auch immer sein mag, der Bedeutung eines Eherings gerecht zu werden, heißt auf jeden Fall, ihn nur zu ganz außergewöhnlichen Anlässen vorübergehend abzustreifen.

       65. Was der alte Amor vom noch älteren Konfuzius lernen könnte?

      Der Weg ist das Ziel. So heißt eine der klügsten Einsichten fernöstlicher Weisheit. Und so gern jeder Bergsteiger einen Gipfel erklimmt, er wird wohl kaum dort wohnen wollen. Und ganz ähnlich kann ein ehrlicher und selbstkritischer Mensch bei einem ewigen Liebesschwur lediglich die Bereitschaft zum Versuch, niemals aber den Eintritt des Erfolgs garantieren.

       66. Ob Eheskepsis auch Ausdruck eines pathologischen Zynismus sein könne?

      Unsere Zeit kennt kaum einen höheren Wert als den der selbstbestimmten Lebensführung; und dies völlig zu Recht. Und doch gibt es immer noch genügend Menschen – mehrheitlich männlichen Geschlechts - die sich im Rahmen einer feierlich-rituellen Zeremonie im Grunde zu nichts anderem verpflichten, als ihr sexuelles Selbstbestimmungsrecht womöglich lebenslang an einen anderen Menschen abzutreten. Und damit nicht genug; dem gleichen Menschen gewähren sie dafür oftmals auch noch eine nur schwer zu revidierende Unterhalts-bürgschaft. Im Gegensatz zu allen herkömmlichen Bürgschaftsverpflichtungen wird in diesem speziellen Fall dem Bürgen allerdings dazu auch noch gratuliert – ist das weniger zynisch?

       67. Warum die Ehe vor allem bei Linken weniger gut gelitten sei?

      Weil frei nach Marx eine seiner wichtigsten Erkenntnisse lautet: ich könnte niemals eine Frau lieben, die sich mit einem Typen wie mir einlassen würde!

       68. Wann das erwachsen werden beginne?

      In dem elektrisierenden Moment, wenn das Interesse am anderen Geschlecht erwacht – erreicht worden ist das erwachsen sein dann in dem gelassenen Moment, in dem man spürt, dass man vom anderen Geschlecht nicht mehr emotional abhängig ist.

       69. Ob man schlichten Wahrheiten misstrauen solle?

      Grundsätzlich eher schon; es sei denn, sie sind von einer Einfachheit wie diese:

      Der Mensch ist voller Widersprüche.

      Das Leben ist meistens kompliziert.

      Die Welt ist vor lauter Vielfalt kaum zu überschauen.

      Und die Liebe ist zugleich das Schwierigste und das Schönste . . .

       70. Wer das emotional bedürftigere Geschlecht sei?

      Ohne Zweifel das männliche. Die größere emotionale Bedürftigkeit der Männer (die ihren rituellen Ausdruck in der Tradition des sog. Heiratsantrages findet) ist für diese ein existenzielles Dilemma. Für die Frauen hingegen ist sie in manchen Fällen eine der aussichtsreichsten Varianten der materiellen Existenzsicherung.

       71. Ob romantische Anwandlungen nicht auch positiv sein könnten?

      Durchaus, aber nur dort, wo sie auch vernünftig sind. Denn wie schlecht Sentiment und Logik sich miteinander vertragen, erkennt man daran, dass die sentimentale Vorstellung einer ewigen Liebe unausgesprochen beinhaltet, niemals mehr dem Zauber einer neuen Verliebtheit verfallen zu wollen.

      Von daher ist die Vorstellung eines einzigen Partners fürs ganze Leben durchaus realistisch – viele Menschen hatten schließlich sogar schon mehrere davon.

       72. Ob die Ehe nicht doch gesünder sei?

      Dass verheiratete Menschen statistisch betrachtet angeblich länger leben sollen, liegt nicht daran, dass die Ehe gesund ist, sondern daran, dass Menschen mit einer von vornherein geringeren Lebenserwartung wie etwa chronisch Kranke oder Behinderte seltener in der Lage sind, überhaupt eine Ehe eingehen zu können.

      Demzufolge wäre von wirklicher Aussagekraft nur der Vergleich von freiwillig Unverheirateten und ebenso freiwillig Verheirateten. Auf dessen Resultate bin ich äußerst gespannt – heißt es doch, eine der höchsten Lebenserwartung gesondert nach Berufsgruppen würden angeblich die Ordensleute aufweisen.

       73. Ob sich Schönes und Nützliches vereinbaren ließen?

      Das Schöne lässt sich auf Dauer leider doch nicht mit dem Nützlichen in Verbindung bringen. Auch wenn die menschliche Hoffnung immer noch nicht bereit ist, diese Erfahrung anzuerkennen, und insbesondere die Standesämter arglose Zeitgenossen immer wieder vom Gegenteil überzeugen wollen.

       74. Was Männlichkeit wirklich bedeute?

      Die eigene Männlichkeit zum Beispiel auf halsbrecherische und rücksichtslose Art und Weise im motorisierten Straßenverkehr beweisen zu wollen, ist ein gleichermaßen beliebtes wie für die Intelligenz eher unschmeichelhaftes Phänomen.

      Die eigene Männlichkeit den Frauen dagegen als eine Art Geschenk antragen zu können, welches diese nicht nur bereitwillig, sondern sogar voller entzückter Hingabe erwarten und leidenschaftlich anzunehmen bereit sind, das ist der Kern männlicher Lebenskunst.Und dies leben zu können, erkennt man nicht etwa daran, wie ein Mann sich selbst präsentiert, sondern vielmehr daran, was er bei seinem Gegenüber auszulösen vermag.

       75. Ob Eheskepsis und Liebessehnsucht sich nicht widersprächen?

      Keinesfalls, gegen die Ehe gelegentlich zu polemisieren und zugleich die Liebe zwischen den Geschlechtern zu propagieren, muss kein Widerspruch sein. Denn vielmehr scheint es bereits genügend Verheiratete zu geben, welche die Liebe bedauerlicherweise nicht mehr allzu hoch schätzen. Diese bemitleidenswerten Zeitgenossen wirken mitunter so, als sei die Ehe sei im Grunde ein Job wie jeder andere – nur mit dem Unterschied, dass es keine Bezahlung gäbe und man dafür aber den Chef sofort duzen und gelegentlich sogar küssen könne.

       76. Wie Frauen zu Männerverstehern