Katrin Lindemann

Schattenjäger


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Stattdessen lehnte ich mich gegen die Motorhaube. Adrian setzte sich neben mich und ergriff wieder meine Hand. „Du hast doch vor wieder zu kommen, wenn du morgen gehst, oder?“ Jetzt sah ich ihn überrascht an. „Du willst, dass ich wieder komme?“ – „Sicher.“ entgegnete er mir als wäre er sauer weil ich es nicht von allein gemerkt habe. „Ich habe dir heute versucht zu erklären, was ich für dich übrig habe. Ist das nicht in deinen steinernen Schädel gedrungen?“ Oh klasse, jetzt machte er sich schon über mich lustig. „Ich wusste nicht, wie ernst es dir ist. Ich dachte nach dem Ganzen in Deutschland…“ weiter kam ich nicht weil er mich mit einem genervten Stöhnen unterbrach. „Jetzt vergiss das doch mal. Also bitte nicht alles, denn ich fand die Zeit die wir hatten wirklich toll. Aber sieh dir doch mal genau an, was wir jetzt haben. Ich will, dass es so bleibt!“ Ich stand auf und stellte mich dicht vor ihn, seine Arme legten sich um mich. „Versteh ich dich richtig? Also mal für die begriffsstutzigen unter uns. Hast du dich verliebt und willst fest mit mir zusammen sein? Trotz dem was ich bin?“ Er sah mir tief in die Augen und zögerte nicht mit seiner Antwort. „Genau so ist es. Ist es auch das, was du willst?“ Ich musste lachen über diese Frage. „Soll das ein Witz sein? Blöde Frage, was meinst du warum ich bis nach Spanien renne um dich zu sehen?“ Er stimmte in mein Lachen ein und küsste mich wieder. Dann löste er sich, als wenn ihm etwas bewusst geworden ist. „Warte mal, rennen? Bist du von zuhause hier her gerannt? Also zu Fuß?“ – „Ja, wieso? So bin ich am schnellsten.“ Wieder schüttelte er grinsen den Kopf. „Du bist unglaublich.“Nur so unglaublich, wie jeder andere Vampir. Aber diesen Gedanken behielt ich für mich. Das würde für uns beide gesünder sein. Er bedeutet mir so viel. Ich wollte ihn nie wieder verlieren. „Das will ich hoffen.“ Flüsterte ich an seinen Lippen. Er grinste wieder und dann vergaß ich die Zeit und ließ mich ganz an ihn sinken, küsste ihn schier unendlich lange.

      Wir fuhren noch einige Stunden durch die Stadt, gingen spazieren und unterhielten uns darüber, wie es nun werden würde. Ich hatte immer noch Zweifel, wie es sein würde. Dass er die Wahrheit sagte, bezweifelte ich nicht, aber wie lange er es aushalten konnte, mit Jemandem oder etwas wir mir. Nebenbei hatte ich noch Gefallen daran gefunden, Menschen in Schwierigkeiten zu helfen. Das hatte damit begonnen, wie ich unfreiwillig sein Leben retten musste. Und da kamen meine Gedanken zu dem nächsten Problem. Sein Leben. Adrian war ein Mensch. Er würde permanent den Geruch eines Vampires an sich haften haben, was eventuell andere Vampire anlocken könnte. Ich hatte bisher hier in Barcelona noch keinen anderen unsterblichen wahr nehmen können, was aber nicht hieß, dass es sie hier nicht gab. Vermutlich war die viele Sonne das ganze Jahr über sehr hilfreich, doch ganz verhindern konnte ich es sicher nicht. Wenn ein Mensch stark nach unsterblich roch, würde auch ich neugierig sein und wissen wollen, was dahinter steckt. Zumal unser Geheimnis gewahrt werden muss. Menschen, wenn auch so zerbrechlich, bargen immer ein Risiko. Verdammt, das würde mir über den Kopf wachsen. Und ich würde es zuhause auch noch erklären müssen. Aber da müsste es eh noch einige klärende Gespräche geben. Gegen 4 Uhr morgens wollten wir uns auf den Heimweg machen. Wir standen am Auto und ich bekam ein freches Grinsen, als er mit dem Schlüssel spielte. „Was ist?“ Wollte ich wissen. „Bist du schneller als der Wagen?“ fragte er mich und ich wusste sofort was er vorhatte. Sollte ich mich auf dieses Spielchen einlassen? Ich wusste nicht genau wo ich war und musste sicher einen Umweg in Kauf nehmen wenn ich erst nach unserer Fährte suchte. Aber ich hatte mein Gps Handy. Hm das könnte klappen. „Wenn ich den direkten Weg finde, mit Sicherheit.“ Aber mir gefiel es auch nicht unbedingt, ihn allein zu lassen. Andererseits konnte ihm in seinem Wagen sicher nicht viel passieren. Also gut. „Kriegen wir es raus!“ forderte er mich frech auf. „Einverstanden, aber nicht, dass du in deiner Männlichkeit geknickt bist, wenn ich schon 10 Minuten an deiner Wohnung auf dich warte.“ Er lachte, küsste mich und stieg dann in seinen Wagen. Ich hatte bereits mein Handy in der Hand und öffnete die Karte. Alles klar, der Weg war in meinem Kopf gespeichert und ich würde nur einige Minuten brauchen. Als er das Fenster bei sich runter ließ, grinste ich ihn noch einmal an. „Dann bis gleich, Schatten.“ Adrian verstand was ich meinte und gab Gas, im selben Augenblick als ich auf die Dächer schoss und Richtung seiner Wohnung darüber flog. Nach nur wenigen Minuten konnte ich meine eigene Fährte aufnehmen, die ich einige Stunden zuvor hinterlassen hatte, ich näherte mich von Süden. Dann hockte ich auch schon auf seinem Balkon. Es dauerte noch geschlagene 17 Minuten, bis Adrian den Wagen unten vor dem Haus abstellte. Ich grinste in mich hinein. Sein erster Blick wanderte zu seinem Balkon, nachdem er ausgestiegen war. „Verdammt.“ Hörte ich ihn leise murmeln, als er mich entdeckt hatte. Schnell lauschte ich und prüfte meine Umgebung, alles war ruhig, keine Zeugen. Eine halbe Sekunde später stand ich neben ihm. „Ärgere dich nicht, das war doch klar. Und ähm, Lust zu fliegen?“ Er starrte mich nur an. „Was?“ Dann packte ich ihn um den Brustkorb und sprang blitzschnell wieder auf seinen Balkon. Als ich ihn los ließ, taumelte er rückwärts gegen die Wand und atmete schwer. Oh je ich hatte ihn richtig erschreckt. „Entschuldige.“ Na einigen Sekunden hatte er sich wieder gefasst und sah mich etwas verdutzt an. „Ich glaube so schnell war ich noch nie von der Straße in meiner Wohnung.“ Ich konnte nicht anders, ich grinste ihn an. „War das ein Kompliment?“ wollte ich wissen. „Und wie es das war.“ Er schnaubte noch einmal und ging dann durch die nur angelehnte Balkontür hinein. Als ich ihm zusah, wie er sich immer noch schwer atmend auf die Couch plumpsen ließ, wusste ich dass es ihm mehr zugesetzt hatte, wie ich dachte und er zugeben wollte. Ich stellte mich hinter die Lehne und massierte ganz sanft seinen Nacken. „Entschuldige, ich wusste nicht wie sehr ich dich damit erschrecke.“ Die Augen geschlossen ließ er den Kopf gegen die Lehne fallen. „Hm, alles ok, mach dir keine Gedanken.“ Dann seufzte er leise und ich massierte weiter. Er genoss es sichtlich. Nach einigen Minuten ging ich um die Couch herum und ergriff seine Hand. „Komm mit.“ Sagte ich nur leise als er mich verwundert ansah. Ein schiefes Lächeln umspielte seine Lippen und er stand auf, folgte mir ins Schlafzimmer. „Leg dich mal auf den Bauch.“ Er gehorchte wieder, dann pflanzte ich mich auf seinen Hintern, zog ihm sein T-Shirt aus und begann seinen gesamten Rücken zu bearbeiten. Vorsichtig natürlich, ich wollte ihm ja nicht die Wirbelsäule zertrümmern. Das kam nicht so gut, dachte ich. Und der einzigen dann rettenden Option wollte ich aus dem Weg gehen. Ich ließ mir viel Zeit, während sich meine Gedanken, um die sich ständig wiederholenden Fragen drehten. In weniger als 24 Stunden musste ich wieder zuhause sein. Ich musste ihn verlassen. Obwohl ich es nicht wollte. Ich wollte alle wichtigen Inhalte meines Lebens miteinander vereinen, aber das war nicht möglich. Aber ich war auch zu gespannt wie er sich verhalten würde, wenn ich fort war. Ich würde mich quälen, wenn es so weiter ging wie bisher. Adrian hatte mir erklärt, dass er keine Zukunft gesehen hatte, als er Deutschland verließ. Diese Ansicht habe sich jetzt geändert, weil ich anders war. So viel anders und die Entfernung nicht mehr so ein Hindernis darstellte. Und zur Hölle, ich musste mir eingestehen, dass ich ihn liebte. Aber es fühlte sich anders an. Diese Empfindungen konnte ich mit nichts vergleichen, was ich als Mensch je gefühlt hatte. Unermesslich, menschlich nicht ertragbar. Noch nicht einmal zwei Tage hatte es gebraucht um mich umzuhauen. Schon sein Geruch in der ersten Nacht die ich hier verbracht hatte. Wie konnte ich nur so naiv sein, zu glauben, dass ich mich von ihm hätte fern halten können. Zwangsläufig fragte ich mich sofort, ob ich nicht auch einen anderen Vorwand gefunden hätte, mich ihm zu zeigen. Also wenn ich ihm seinen heißen Arsch nicht hätte retten müssen. Ich fand keine Antwort, jedenfalls keine ehrliche. Nach ca 14 Minuten wollte der Mann unter mir nicht mehr still liegen. Ich ließ es zu, dass er sich unter mir auf den Rücken drehte und sah ihn aufmerksam an. Adrian griff nach meinen Armen und zog mich in seine Arme, hielt mich fest bei sich. „Wir haben nicht mehr viel Zeit, richtig? Heute Abend wirst du nach Hause müssen.“ Auch er hatte wusste, dass die Sonne bald aufging. „Ja leider.“ Flüsterte ich an seinem Hals. Ich versuchte mich zu konzentrieren, so nah an seiner Halsschlagader war das gar nicht so einfach. Die Wirkung seines so konzentrierten Geruches hatte sich etwas geändert in den letzten Stunden, doch zu wissen wie er schmeckte, machte es wieder schwieriger. Ich wollte ihn, und zwar lebend als Mann an meiner Seite, dessen war ich mir sicher. Und trotzdem wollte ein Teil von mir immer sein Blut. „Aber du wirst doch bald wieder kommen, oder?“ sein Herz beschleunigte seinen Rhythmus, die Antwort auf diese Frage bedeutete ihm viel. „So schnell ich kann.“ Versprach ich und ließ ihn die Wahrheit in meinen Worten hören. Als er erleichtert ausatmete ging es auch mir besser. Er wollte mich bei sich haben, vielleicht fast genauso sehr wie ich es wollte.