Katrin Lindemann

Schattenjäger


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war. Er roch sogar anders. Seine ganze Erregung war so ansteckend und nicht die Spur von Angst. Konnte es möglich sein? Hatte er vielleicht doch nicht verstanden was ich war? Doch hatte er. Er griff an meine Oberlippe, schob sie ein Stück hoch und sah nach meinen Fängen. Ich bleckte die Zähne kurz um ihm die Gefahr zu verdeutlich. Doch er ließ einfach meine Lippe los und küsste sie dann. „Mach damit einfach einen Bogen um mich.“ Dabei beließ er es und küsste mich wieder. Zur Hölle, wie wollte ich das anstellen? Aber ich hatte keine Zeit mehr zu reagieren, ich ergab mich seinem Zustand und war sofort in der Selben Stimmung.

      Nach Stunden, so schien es, lagen wir in seinem Bett, er in meinen Armen und unterhielten uns über die gegebenen Umstände. Ich wusste, dass er völlig müde sein musste, trotzdem stellte er mir weiter Fragen. Ob er merkte, dass ich nicht müde war? Oder erschöpft? Nicht einmal außer Atem? „Du solltest vielleicht schlafen.“ Sagte ich leise und streichelte dabei über seinen Kopf. Der lag auf meinem Bauch und drehte sich jetzt zu meinem Gesicht um. Sein letztes Gähnen gab den Auslöser dieses Gespräch nun zu verschieben. „Was ist mit dir? Bist du nicht müde?“ ich wühlte in seinen Haaren während er auf eine Antwort wartete. „Nein, ich schlafe nicht.“ Seine Augen weiteten sich wieder. „Gar nicht?“- „Niemals.“ Adrian drehte sich um, stützte sich auf seine Ellenbogen. Küsste mich kurz und sah mir in die Augen. Wow, es haute mich einfach um wenn er mich so ansah. „Wirst du noch da sein, wenn ich wach werde?“ Mal wieder eine Frage auf die ich vorbereitet war. „Ja, ich bin da wenn du wach wirst.“ Und es war die Wahrheit. Aber Skepsis schlich sich in seinen Ausdruck. „Versprichst du es?“ Ich musste leise lachen. „Ja, ich verspreche es.“ Sagte ich und grinste ihn an. Als ich noch ein Mensch war und er in Deutschland, stellte ich diese Frage ständig wenn wir uns verabschiedeten und es um ein Wiedersehen ging. Er lachte mit mir, er konnte sich ebenfalls daran erinnern. Ich wurde in seine Arme gezogen, als er sich auf den Rücken drehte. „Wirst du auch hier bleiben?“ Schon wieder hatte er mich durchschaut. Ich musste dringend an meiner Fassade arbeiten. „Nein.“ Gab ich Kleinlaut zu, konnte ihn dabei aber nicht ansehen. „Was hast du vor?“ seine Stimme nahm einen eigenartigen Klang an, als fürchtete er, dass ich einfach so verschwinden konnte. „Bist du sicher, dass du die Antwort hören willst?“ Jetzt hob ich den Kopf um ihn ansehen zu können, ich wollte seine Stimmung abschätzen. Kurz überlegte er, nickte dann aber. „Ich muss jagen.“ Die Frage in seinem Gesicht verschwand nicht, also wurde ich deutlicher. „Es ist sicherer, wenn ich hier bei dir bin, sollte ich nicht…..durstig sein! Verstehst du?“ Oh, er verstand. Sein Gesicht wurde blass. Er schloss die Augen und atmete einige Male tief durch. Beinah hätte ich das belächelt. Er wollte tatsächlich mit all dem umgehen können und doch war eben einer Ohnmacht nahe gewesen. So schien es zumindest. „Also bist du hier, wenn ich wach werde. Damit kann ich leben.“ Er ließ das Thema Jagt damit fallen. Auch ich beließ es dabei und küsste ihn noch einmal sanft. Dann wollte ich, dass er einschlief. Also rührte ich mich nicht mehr, nachdem ich die Decke zwischen uns gezogen hatte. Ich war eiskalt im Gegensatz zu ihm, er würde frieren wenn ich mit meiner Haut an seiner lag. Das brachte mir noch einen vorwurfsvollen Blick ein, aber er verstand. Es dauerte keine 5 Minuten bis er fest schlief. Er musste wirklich fertig gewesen sein. Vorsichtig entzog ich mich seiner Umarmung und blickte auf die Uhr. Ich musste mich beeilen, wenn ich zurück sein wollte, bevor sie Sonne aufging. Es war fast 5 Uhr morgens. 2 Stunden hatte ich dank des Winters wohl noch. Ich hob meine Sachen auf und ging geräuschlos in meinem gewöhnlichen Tempo ins Wohnzimmer. Zog mich wieder an und griff bei der Couch nach meinem Waffenhalfter. Nachdem ich es umgelegt hatte, zog ich die Jacke drüber. Es vergingen nur einige Sekunden seit ich aus dem Bett gekrochen war bis jetzt, wo ich nun auf der Balkonbrüstung hockte. Ich streckte meine Sinne aus um mich besser orientieren zu können. Dann sprang ich auf das Dach gegenüber und schoss über viele weitere hinweg, bis ich fand wonach ich suchte. Ein Gossenviertel, wo angebliche Raubüberfälle mit Verletzungen keine Seltenheit waren. Nach zwei aufgeschnitten Handgelenken kam mir der Gedanke, ob ich die Leute direkt zu einem Krankenhaus bringen sollte. Und da kam mir eine Idee. Krankenhäuser waren immer Hüter vieler Blutkonserven. Das würde mir heute viel Zeit sparen. Ein Blick in mein Handy und das Internet verriet mir die Standorte sämtlicher Krankenhäuser. Ich sah auf die Uhr, ich konnte es schaffen wenn ich schnell war. An einem Krankenhaus angekommen schoss ich den Schildern nach in die Abteilung, wo Blut gespendet wurde. Und Bingo. Eine Kühltruhe in einem Nebenraum sah wirklich vielversprechend aus. Ich griff blitzschnell hinein und eilte dann aus dem Fenster auf das Dach. In meinen Händen hatte ich sicher 3 Liter Blut. Das würde eine Weile vorhalten und die nächste Jagt weit nach hinten verschieben. Ich entsorgte die leeren Konserven in den medizinischen Abfall des Krankenhauses und fühlte mich regelrecht betrunken von frischem Blut. Und ich fragte mich ob ich ein schlechtes Gewissen haben sollte. Die Menschen brauchten das Blut sicher. Andererseits ob ich es nun aus den Krankenhäusern klaute oder von den Menschen direkt. So verletzte ich nicht mal jemanden. Undendlich oft konnte ich das aber auch nicht machen, Ich würde mir bald überlegen, einen Mittelweg zu finden um niemals aufzufallen.

       Die Dämmerung schreckte mich auf. Ich war schon wieder in meine Gedanken versunken. Jetzt aber schnell zurück. Ein Blitzen, was über die Dächer huschte bei der prallen Sonne hier, musste ja niemanden auffallen. Auch wenn ich wusste, dass ich zu schnell war um von menschlichen Augen erfasst zu werden, ging ich immer lieber auf Nummer sicher. Und ich hatte da jemanden versprochen da zu sein, wenn er aufwachte. Ich schoss also schnell zurück und stieß schon bald auf meine eigene Fährte. Ihr zurück zu folgen war leicht, denn ich kannte mich hier nun nicht wirklich aus. Es vergingen nur Minuten bis ich wieder in der Wohnung war und die Tür geschlossen hatte. Ich lauschte sofort in Richtung Schlafzimmer und musste lächeln. Adrian schlief tief und fest. Sein ruhiger Herzschlag gab mir ein gutes Gefühl. Ich legte meine Waffen und meine Jacke wieder ab. Dann sah ich mich genauer in der Wohnung um. Nahm jedes Detail in mich auf. Sein konzentrierter Geruch überall konnte von mir nun leichter verarbeitet werden. Kein Verlangen mehr im Hals, nur noch ein leichtes Kribbeln in der Nase, welches mich auf Beute hinwies. Aber Adrian war für mich keine Beute. In keinem Fall. Also blendete ich das aus. Es gelang mir sehr schnell, wenn ich mich stark genug konzentrierte. Nach einer Stunde, die ich mit dieser Konzentrationsübung zugebracht hatte, ging ich völlig geräuschlos wieder ins Schlafzimmer, lehnte mich an den Türrahmen und sah ihm fasziniert beim Schlafen zu. Er war so friedlich. Das hatte ich in Deutschland schon bei ihm bewundert. Die wenigen Stunden die er neben mir lag und schlief, war ich völlig überrascht, wie ruhig der Mann war. Etwa zwei Stunden waren vergangen, als er die Augen kurz aufschlug, mich ansah und mir deutlich machte, dass ich zu ihm kommen sollte. Ich gehorchte und musste lächeln. Ich setzte mich in sein Bett und lehnte mich mit dem Rücken gegen die Wand am Kopfende. Dann zog ich schnell die Decke zwischen uns. Adrian protestierte nicht, sondern legte den Kopf in meinen Schoß und die Arme um mich. Nach einigen Minuten schlief er wieder. Ich wollte meine Hand auf seinen Rücken legen, wusste aber wie kalt sich diese für ihn anfühlen würde. Also zog ich die Decke an seinem Rücken einfach etwas höher und legte meine Hand darauf. So würde ihn die Kälte nicht stören. Hoffte ich! Ich versank in meinen eigenen Gedanken über alles Mögliche. Was ich hier tat, wie es weiter ging, was passieren würde, wenn er wach war. Ich musste bald zurück sein. Auch wenn ich erst einen Tag fort war, würde es mir schwer fallen, mich hier los zu reißen. Verdammt, ich hing an diesem Kerl, warum nur. Es machte alles so schwierig. Und seine Art war nicht grade hilfreich, meine Gedanken von ihm zu lösen. Also dachte ich an die vergangene Nacht. An seinen Gesichtsausdruck, als er mich auf der Straße endlich erkannte, nachdem ich mich umgedreht hatte. Der Schock verflog etwas und man sah unendliche Überraschung und etwas Erleichterung in seinem Blick. Vielleicht hatte er sich Gedanken gemacht, ob die Kämpferin, die er nicht erkannte im ersten Moment, als nächstes ihn angreifen würde. Um ehrlich zu sein, hatte ich keine Ahnung, was er gedacht hat. Wie sollte ich auch. Ich meine, was hätte ich noch vor 4 Monaten gedacht, wenn ich überfallen worden wäre. Eine in schwarzes Leder gekleidete Frau mit schwarzen Dolchen in der Hand, wäre aus dem nichts aufgetaucht und hätte die Angreifer verjagt? Und ich musste mir eigestehen, dass auch ich keine Ahnung gehabt hätte, was als nächstes passiert. Glücklicher Weise hatte er mich nicht eine bescheuerte Stalkerin, oder ähnliches genannt. Oder hatte er es in seinem Kopf und es sich nicht anmerken lassen? Vielleicht war er auch einfach nur froh, dass ich im richtigen Moment da war. Tickten Männer nicht so? Sie machten sich doch gar nicht solche komplizierten Gedanken, oder? So vergingen die nächsten Stunden.