Katrin Lindemann

Schattenjäger


Скачать книгу

sah ihn an. „Warum?“- „Bist du nicht extra hergekommen um mich zu sehen? Was, wenn ich dich auch sehen wollte und nun willst du so schnell wieder verschwinden?“ Verdammt, er wusste auch noch, wie er mich kriegte. Ich richtete mich auf und sah auf ihn hinunter. Ich hatte vergessen wo ich stand, so sehr hatte er mich mit seiner Aussage schon abgelenkt. Sein Blick wurde etwas panisch, als er mich dort stehen sah. In ca 30 m Höhe. Sicher würde ein Sturz hier runter für einen Menschen sehr ungesund enden, aber für mich doch nicht. Gut, davon hatte er sicher keine Ahnung. „Könntest du bitte da runter kommen?“ Ich hatte ihm noch nicht geantwortet als diese Frage von ihm kam, aber ich ging seiner Bitte nach. Ich hüpfte wieder auf den Balkon und wieder erschreckte ich ihn. Es klang, als würde ein Stein von der Brüstung fallen, nur gedämpft durch die Sohle meiner Schuhe. Verflucht ich vermied aber auch gar nichts. „Mir kann nichts passieren, wenn ich da runter springe.“ Wieder ein panischer Blick. „Springen?“ Ich hatte springen gesagt, nicht fallen. Oh je. Ich musste mich echt zusammen reißen. „Und ja ich bin gekommen um dich zu sehen, aber ich sage es gern noch einmal. Ich wollte mich dir nicht zeigen, du solltest gar nicht merken, dass ich hier war. Aber nö, du musst ja in Schwierigkeiten kommen.“

      Er lächelte. Na endlich mal was Richtiges gesagt. Aber er kam schon wieder auf mich zu. Das musste ich unterbinden. Ich hielt ihm eine Hand entgegen. „Nicht. Komm nicht immer so nahe, das ist ….nicht gut.“ Es wirkte, er blieb stehen. „Warum nicht?“ – „Das kann ich dir nicht erklären!“ Er guckte enttäuscht, aber akzeptierte offenbar meine Aussage. „Es gibt eh eine andere Frage, die mich mehr interessiert!“ Ich nickte und ließ meine Hand sinken. „Welche?“ Er steckte seine Hände in seine Jackentaschen. „Wo bist du vorhin hergekommen?“ hatten wir diese Frage nicht schon? Ja ich war mir sicher. „Ich war in der Nähe, wie schon gesagt.“ Ich wurde unruhig, wollte er es jetzt etwas genau wissen? Sein Blick durchbohrte mich wieder und ich setzte eine undurchdringliche Miene auf. „Ja das sagtest du schon. Aber ich meine speziell die Richtung. Du standest sofort vor mir, bist du etwa…“ Sein Blick ging nach oben zum Dach und dann wieder in mein Gesicht. Ich folgte seinem Blick nicht, sondern beobachtete ihn ganz genau. Als er mich wieder ansah wurde, sein Blick weicher. Also sagte ich nichts und nickte nur. Er atmete schwer aus und ließ diese weitere unfassbare Information in seine Erinnerungen einfließen. Ach man, nun konnte ich ihm auch gleich reinen Wein einschenken. Langsam ging ich an ihm vorbei zurück ins Wohnzimmer. Er folgte mir nach einigen Augenblicken. Ich stellte mich mit dem Rücken zum Licht und gegen die Couchlehne, behielt die Tür im Auge. Er blieb kurz ihm Rahmen stehen, sah mich an und überlegte sicher kurz. Dann schloss er die Balkontür und kam direkt auf mich zu. Blieb ca einen Meter vor mir stehen und suchte meinen Blick. Wieder traf mich sein Duft wie ein Hammerschlag. In der Wärme des Raumen kombiniert mit allem hier wo dieser Geruch noch steckte. Ich hob langsam den Kopf um ihn anzusehen. Meine Augen fanden seine. Ich war gespannt was nun kommen würde. Mein Entschluss mich seinen Fragen ehrlich zu ergeben stand. Offensichtlich hatte er bemerkt, dass sich etwas verändert hatte. Er hob die Hand und griff an den Reißverschluss meiner Jacke. Wartete noch einen Moment, um meine Reaktion zu sehen. Als ich nur still stehen blieb, zog er ihn auf. Wir sahen uns dabei in die Augen, aber den nächsten Schritt überließ er wieder mir. Seine Hand war wieder in seiner Jacke verschwunden. Ich ergab mich und ließ die Jacke von meinen Schultern rutschen und auf die Couch hinter mir fallen. Wieder wanderten seine Augen an meinem Körper entlang und hefteten sich auf das Halfter, in dem meine Waffen steckten. Ich öffnete es schnell und ließ es ebenfalls auf die Couch fallen. Es machte mir nichts aus, denn es war ja nicht so, dass ich sie zum kämpfen brauchte, wenn es drauf ankam. Er beobachtete mich und schien fast…was war es nur? Erleichtert? Ja er sah erleichtert aus. Hatte er Angst vor meinen Waffen? Komisch, dabei war ich doch viel gefährlicher. Er wartete immer noch, also hielt ich ihm auf halben Weg meine Hand entgegen. „Du willst meine Veränderung kennen lernen?“ Er sah kurz auf meine Hand und nickte mir dann zu. „Dann greif zu!“ sagte ich leise und er gehorchte. Wenn ihn die Kälte nicht erschrecken wird, dann sicher die Tatsache, dass ich beinah so hart war wie Marmor. Er zog jetzt ebenfalls seine Jacke aus, warf sie vorbei an mir auf die Couch und stand in einem ärmellosen Hemd vor mir. Und noch deutlicher wurde sein Geruch. Verdammt, langsam riskierte ich hier sein Leben. Seine Hände legten sich um meine erhobene Hand und fühlten genau, was ich meinte, wenn ich von Veränderungen sprach. Aber anders als erwartet, schreckte er nicht zurück. Warum tat dieser Mensch nie was ich erwarte? Im Gegenteil, er verschränkte seine Finger mit meinen und überwand den Rest Abstand zwischen uns, drückte seinen warmen Körper gegen die Steinplatte, die ich dagegen sein musste. War ich ihm nicht zu kalt? Die Hand, die er wieder frei hatte, legte sich an meine Wange. Ich konnte nicht anders als ihm verwirrt in die Augen zu starren. Adrian hielt meinem Blick stand und atmete jetzt schneller, auch sein Herzschlag hatte sich beschleunigt bei der Nähe zwischen uns. Wie von selbst schien sich meine freie Hand an seine Hüfte zu legen, nur ganz leicht. Aber hatte es bei dieser Nähe überhaupt noch einen Sinn sich zurück zu halten? War er mir nicht bereits viel näher als ich es zulassen wollte? Zulassen konnte? Sein Kopf senkte sich langsam, sein Gesicht war nur noch wenige Zentimeter von meinem entfernt. „Adrian…ich weiß nicht…“ flüstert ich noch, aber da war es zu spät. Seine weichen warmen Lippen trafen auf meine und ich versteifte mich. Ein Verlangen in meiner Kehle und totale Verwirrung in meinem Kopf breiteten sich aus. Seit meiner Verwandlung war ich niemanden mehr auf diese Art nahe gekommen. Wenn ich das zuließ, dann um zu trinken. Aber das würde ich hier niemals zulassen. Meine Härte und Kälte schien ihn in diesem Augenblick nicht zu stören. Also ließ ich es geschehen, völlig von seiner Nähe umnebelt.

       Ich ermahnte mich noch zur Vorsicht. Ich hoffte, er würde es dabei belassen und gleichzeitig wollte ich mehr von ihm. Viel mehr. Er ließ den Kuss etwas intensiver werden. Wir küssten uns schließlich nicht das erste Mal und doch war es ganz neu, weil ich neu war. Auch mein Atem beschleunigte sich nun, aber etwas verwirrte mich, Mein Körper schien sich unter dieser Nähe aufzuheizen. Die Stellen die seinen Körper berührten brannten förmlich unter dieser Nähe. Meine Empfindungen waren sicher nicht ganz unschuldig daran. Ich musste mich immer noch kennen lernen. Wer rechnet schon mit so etwas. Er presste sich immer noch an mich und ließ den Kuss andauern, schob seine Hand in meinen Nacken und drückte meinen Kopf an seinen. Auch er wollte mehr. Aber wie viel konnte ich ihm zugestehen ohne ihn zu verletzen? Was, wenn ich mich vergaß? Er war so viel zerbrechlicher als ich. Nach einigen schier unendlichen Momenten löste er sich schwer atmend von mir und sah in meine Augen. „Können wir…ich meine ist es möglich?“ Er wollte es tatsächlich? Mich? Jetzt hier in diesem Augenblick? Ich bleib bei der Wahrheit und musste mich konzentrieren. Ich wollte ihn mindestens genauso sehr, wie er mich. „Ich bin mir nicht sicher, ich will dich nicht verletzen.“ Als Antwort daraufhin küsste er mich wieder. Als wäre es ein Ja. Oder reichte es ihm schon, dass es kein Nein war? Du solltest hier verschwinden, Katrina. Bevor du ihm weh tust. Ich wusste, was vernünftig war und doch wollte ich etwas anderes. Ich schob ihn mit Leichtigkeit etwas von mir weg und senkte den Kopf. „Du weißt nicht, was du da willst!“ Dann sah ich ihn ernst, aber immer noch schwer atmend an, eine Hand auf seiner Brust um ihn auf Abstand zu halten. „Adrian, so sehr ich das auch will. Aber ich bin …gefährlich für dich!“ Meine Ernsthaftigkeit überzeugte ihn. Er hielt sich zurück und wartete auf eine Erklärung. „Ich könnte mich vergessen, was wenn…?“ Ich sah mich hilfesuchend um aber ich musste es aussprechen. Er musste verstehen bevor er etwas wollen konnte. Also nahm ich meinen Mut zusammen. „Was, wenn ich dich beiße?“ Die Überraschung über diese Aussage holte ihn auf den Boden der Tatsachen zurück. „Ich bin kein Mensch mehr, Schatz!“ Ich hoffte, dass er jetzt verstand und ich es nicht deutlicher sagen musste. Aber er starrte mich immer noch an. „Was meinst du damit, wenn du mich beißt? Das hast du doch….“ Jetzt weiteten sich seine Augen. Ich hoffte er würde die Aussagen °kein Mensch° und °beißen° nun zusammen bringen. „Du meinst, dass du dich jetzt anders ….ernährst?“ Er schluckte bevor er das letzte Wort aussprach. Zum Glück, er hatte mich verstanden. Ich nickte. „Versteh das nicht falsch, ich habe es nicht vor. Aber wenn ich mich vergesse und es passiert, wenn ich dir weh tue…ich …ich..ich sollte wirklich gehen.“ Ich drehte ihm den Rücken zu und griff über die Lehne der Couch nach meinen Sachen. Seine Hand legte sich um meinen Arm und hielt mich davon ab. Warum ließ ich das zu? Ich hatte viel mehr Kraft als er. Er klebte an meinem Rücken und seine Wärme drang wieder in meinen Körper. „Geh nicht, es wird alles gut gehen.“