Bettina Reiter

Sieben Tage bis zur Hochzeit


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getroffen. „Nicht jede Frau will Mutter werden.“

      „Da hat mir Stew aber etwas anderes erzählt. Spätestens mit dreißig möchtest du verheiratet sein und ein Jahr später Kinder haben. Wenn mich nicht alles täuscht, hast du in sieben Tagen runden Geburtstag.“ Heidi warf Elisha einen bissigen Blick zu. Dieser verdammte Trottel Stew! „Aber sag mal, da du hier bist, hat die Küche noch Fleisch übrig oder müssen wir woanders hin?“

      „Es reicht!“, rief Elisha aus. „Lass sie endlich in Ruhe.“

      „Nichts lieber als das.“ Die beiden gingen an die Bar. Freddy und Rugby begrüßten sich lautstark. Die Kinder starrten mit offenen Mündern zu ihrem Tisch herüber. Der Vater schlief mit zurückgelegtem Kopf, die Mutter sprach mit der halbvollen Whiskeyflasche. Die Senioren spielten Karten und die Tänzer diskutierten darüber, ob sie ins Black Knight Pub gehen sollten.

      „Ich möchte nach Hause.“ Heidi legte das Besteck auf den Teller. Zwei einsame Pommes lagen aufgeweicht in der Sauce. „Mir ist der Hunger vergangen.“

      „Du darfst dich von Freddy nicht runterziehen lassen.“

      Ein verletzter Blick traf sie. „Musstest du ausgerechnet Stew von meinem Wunsch erzählen?“

      „Tut mir leid. Am Beginn unserer Ehe gab es noch so etwas wie ein Vertrauensverhältnis. Ich habe mir nichts dabei gedacht.“

      „Schon gut.“ Heidi seufzte. „Ich bin es leid, mich wegen meiner Figur verteidigen zu müssen. Leid, ständig auf meinen Mr. Big zu warten. Alles was ich will ist heiraten, Kinder und ein eigenes Heim. Ist das zu viel verlangt?“

      „Natürlich nicht. Aber ich dachte, du hättest dich damit abgefunden.“

      „Womit? Damit, ewiger Single zu sein? Ach, Elisha, ich rede mir mein Dicksein schön und behaupte glücklich zu sein. Mit meiner Lebensplanung verhält es sich genauso.“

      „Und ich dumme Kuh denke nur an meine eigenen Probleme.“

      „Das hat mich wenigstens von meinen abgelenkt.“ Heidi warf einen kurzen Seitenblick zu den Kindern, die mit dem Handy ihrer Mutter spielten.

      Der Internetdienst Google leuchtete auf.

      „Allerdings“, Heidis Grinsen kehrte zurück, „wenn das Glück nicht zu mir kommt, muss ich eben nachhelfen.“

      2. Kapitel

      „Du weißt schon, dass du nackt bist, Stew?“

      „Stört es dich?“ Elishas Ex machte eine einladende Geste. Schnell stakste sie an ihm vorbei. Nicht auszudenken, wenn Nachbarn auf diesen Empfang aufmerksam wurden. Im Nu würden sich Gerüchte in der ganzen Stadt verbreiten. „Ich dachte, wir kommen gleich zur Sache“, rief er ihr hinterher, als sie fast in der Wohnküche war. Die Tür fiel ins Schloss.

      „Bist du deshalb nackt?“, machte sie sich lustig über ihn und fragte sich gleichzeitig, ob er meinte was sie dachte. „Also, weshalb bin ich hier?“ In der Abspüle stapelte sich Geschirr. Zwei dreckige Pfannen schmückten den Gasherd. Fliegen machten sich über die schimmeligen Reste her. Der Aschenbecher auf dem Wandtisch quoll über. Ein pinkfarbener BH lag über der Sessellehne, zwei Sektgläser standen auf dem Fenstersims. Eines mit pinkem Lippenstift am Rand. Stew schien sein Single-Dasein zu genießen.

      „Kann ich dir etwas anbieten?“ Ihr Ex stemmte die Hände in die Hüften, nachdem er sich an den Brusthaaren gekrault hatte. Elisha lehnte sich gegen den Tisch.

      „Danke, nein. Ich hänge an meinem Leben.“

      „Echt? Seit wann?“ Mit anzüglichem Grinsen kam er näher. „Du siehst toll aus. Neue Frisur?“ Ehe sie reagieren konnte, umfasste er eine ihrer Haarsträhnen und ließ sie durch die Finger gleiten. Elishas Atem beschleunigte sich. Trotz ihrer Wut, eines musste man Stew lassen: Er war ein guter Liebhaber gewesen.

      „Ich habe meine Haare wachsen lassen, das ist alles.“

      „Überall?“

      „Sicher, das magst du doch so gerne.“

      Kurz zog er die Stirn kraus, dann musterte er ihr Gesicht. „Wenn du nackt wärst, würden deine Haare die vollen Brüste bedecken“, raunte er und fuhr mit seinem Finger sacht über ihren Hals. „Was für ein Kontrast. Dunkelbraunes Haar auf blasser Haut. Warum hast du während unserer Ehe auf dem Kopf ausgesehen wie ein Soldat?“

      „Weil du mich herumkommandiert hast?“

      „Komm schon, so schlimm war ich auch wieder nicht. Aber du weißt ja, das Auge isst mit. Manchmal habe ich gedacht, ein Mann liegt neben mir.“

      „Wie nett!“, erwiderte sie kurz vor einer Schnappatmung, weil sein Finger über ihre erhärteten Warzen glitt. Es war zu lange her, seitdem sie mit einem Mann geschlafen hatte. Genau genommen war die zweite Betthälfte seit der Trennung vor einem Jahr leer geblieben.

      Als sein Mund ihre Wange berührte, stöhnte sie leise auf. Verdammt, sie würde sich doch nicht auf ihren Ex einlassen? Nicht nach allem, was ihr dieser Vollidiot angetan hatte. Das konnte sie unmöglich zulassen - Stews Zunge spielte mit ihrem Ohrläppchen - andererseits …

      „Ich habe mich damals auf den ersten Blick in dich verliebt“, schmeichelte er ihr. „In diese geheimnisvollen grünen Augen. Den vollen Mund, den ich auch jetzt unbedingt küssen will. In deine sinnliche Ausstrahlung, diesen Sexappeal. Wenn du gehst“, seine Hände umschlangen ihre Hüften, „bewegst du dich wie eine geschmeidige Katze. Du machst mich scharf, Elisha.“ Geschirr klirrte, als er sie auf die Arbeitsplatte hob. „Ich will dich.“ Fordernd küsste er sie auf den Mund und schob gleichzeitig ihren Jeansrock höher. Zum Teufel mit dem Hass, im Augenblick wollte sie ein Abenteuer. Sehnte sich nach Sex, purem Sex. Ohne jegliche Verpflichtung. Die Leviten konnte sie ihm später lesen.

      „Darling? Wo bleibst du denn so lange?“, ertönte es plötzlich aus dem Schlafzimmer.

      Elisha erstarrte.

      „Aua!“, rief Stew im selben Moment aus und fuhr sich mit vorwurfsvollem Blick an die blutende Unterlippe. „Du hast mich gebissen.“

      „Sei froh, dass ich nicht dein Ding zwischen den Zähnen hatte“, keifte Elisha, hüpfte herunter und richtete sich den Rock. „Du Arschloch machst mich an, während eine deiner Tussis in unserem Ehebett liegt. Was soll das?“

      „Ich bin auch nur ein Mann. Du siehst zu umwerfend aus, als dass du mich kalt gelassen hättest. Außerdem warst du ein Vulkan im Bett. Fantasievoll und unersättlich.“ Er räusperte sich. „Eine Ménage-à-drois, wie lange habe ich davon geträumt. Celine wäre sicher einverstanden.“

      „Bist du verrückt?“, brüllte Elisha und tippte sich an die Stirn. „Hast du mich deswegen her zitiert?“ Sie gab ihm einen Schubs, als sie an ihm vorbeistapfte.

      „Eigentlich wollte ich dich fragen, ob du mir Geld leihen könntest.“

      „Vergiss es.“ Elisha riss die Haustür auf. „Und vergiss am besten meinen Namen, meine Handy-Nummer und unsere Ehe. Tu einfach so, als wären wir uns nie begegnet.“ Sie eilte die drei Stufen hinunter und öffnete die Autotür. Wie üblich hatte sie den Schlüssel stecken lassen.

      „Ich kann dich nicht vergessen, Elisha.“ Er fasste nach ihrem Arm und drehte sie zu sich herum.

      „Erspar uns das. Du willst nur Geld und hast versucht, es dir auf schäbige Art zu besorgen. Im doppelten Sinn.“

      „Du irrst dich! Ich habe nie aufgehört dich zu lieben.“

      Trocken lachte Elisha auf. Dabei bemerkte sie, wie sich der Vorhang hinter Mrs. Grannigens Fenster bewegte. Die Neunzigjährige sorgte gern für allerhand Klatsch. Aber ihren kugelrunden Augen nach zu urteilen, konzentrierte sie sich eher auf Stews bestes Stück.

      „Lass mich gefälligst los, du Mistkerl!“

      „Erst wenn du mir zuhörst.“