Axel Birkmann

Blutiges Freibier


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erste Sahne. Echte Profis, die Jungs.«

      »Und danach haben sie dem neuen Gastwirt ganz zufällig mal kurz den Schädel gespalten«, fügte Kreithmeier schmunzelnd hinzu.

      Herr Sandholzner sprang auf: »Jetzt vergreifen Sie sich aber im Ton, Herr Kommissar. Es ist wohl besser, Sie beide gehen jetzt. Wenn Sie noch weitere Fragen haben, wenden Sie sich bitte an unseren Rechtsanwalt. Herrn Netzer. In der Weizengasse.«

      »Tut mir leid, wenn Sie sich auf den Schlips getreten fühlen«, wollte Alois beschwichtigen, »doch es gibt auch ein altes Sprichwort: getroffene Hunde bellen. Und Sie bellen gerade. Und zwar richtig laut. Wir gehen jetzt, aber es ist durchaus möglich, wir kommen wieder. Und Sie überlegen sich, wer Sie beide in der besagten Zeit alles zusammen gesehen hat. Zeugen könnten Ihr Alibi bestätigen. Im Moment haben Sie sich für mich nur wenige Meter vom Tatort entfernt aufgehalten. Und das ist ein Grund, Sie weiter zu verdächtigen. Komm Melanie, gehen wir. Auf Wiedersehen.«

      »Hoffentlich nicht«, feixte Frau Sandholzner hinter ihnen her.

      Alois und Melanie setzten sich in den BMW. Sie blieben schweigend sitzen, denn Alois machte keine Anstalten den Wagen zu starten und wegzufahren. Plötzlich öffnete sich die Haustür und das Ehepaar Sandholzner erschien. Sie sprangen hastig in einen Audi A6 Avant, der vor dem Haus parkte und fuhren davon.

      »Willst du denn denen nicht hinterher fahren, Alois«, fragte Melanie und deutete mit dem Arm auf den sich entfernenden Kombi.

      »Nein, das will ich nicht. Außerdem weiß ich sowieso, wo sie hinwollen.«

      »Du weißt es?«, fragte sie ungläubig.

      »Ja! Ich glaube, sie fahren zum Rechtsanwalt. Der Netzer ist ihr Anwalt und zugleich der vom toten Wirth. Du weißt schon, das Testament liegt bei ihm. Schon recht eigenartig. Kann es da nicht einen Interessenkonflikt geben?«

      »Ich weiß nicht. Bis jetzt wohl nicht. Nur die Reaktion der beiden war etwas verwunderlich. Sie haben meiner Meinung nach überreagiert«, sagte Melanie.

      Alois startete den Motor und fragte: »Und was schließt du daraus, Melanie?«

      »Sie hätten allen Grund sich am Wirth zu rächen. Er hat ihnen ihre Existenz geraubt. Ich denke, sie sind pleite. Sie haben den Zuschlag nicht bekommen. Und der Wirth macht mit seinem niedrigen Wareneinstand und den Billigkräften den großen Reibach. Und niemanden stört das weiter. Vor allen Dingen nicht die Stadt Freising.«

      Alois fuhr los. »Ja, das ist die freie Marktwirtschaft, das Gegenteil zur Planwirtschaft zu DDR Zeiten. Das ist halt so. Kostenoptimierung, Einkaufssensibilisierung und modernes Personalmanagement.«

      »Hahaha! Hast du mal einen Kurs über Betriebswirtschaft gemacht, oder woher hast du diese schlauen Sprüche«, fragte Melanie ihren Kollegen bissig.

      »Ich weiß, das sind alles Themen, über die ihr euch in der DDR keine Sorgen gemacht habt. Jeder hatte einen Job, ein Einkommen und ein Dach über dem Kopf.«

      »Und nicht zu vergessen einen Kindergartenplatz. Du hast doch keine Ahnung, was da drüben abgegangen ist. Und es war nicht alles schlecht, Alois, überhaupt nicht.« Sie machte eine kurze Pause, sah ihren Kollegen eindringlich von der Seite an. »Wo fährst du eigentlich hin?«

      »Durch die Weizengasse, wollte nur mal kurz sehen, ob ich Recht hatte mit meiner Vorahnung. Da vorne ist die Kanzlei. Wenn die Sandholzners hier her sind, müssten sie ihren Wagen im Parkhaus der Sparkasse abgestellt haben. Ich warte hier, schau mal schnell.«

      »Ich kann auch langsam schauen. Hast du dir wenigstens die Nummer gemerkt?«

      »Ja, Freising, SH 47. Ein dunkler A6 Kombi. Ich warte solange auf dich.«

      Missmutig sprang Melanie aus dem Wagen, warf ihrem Kollegen noch einen bösen Blick zu, dann verschwand sie im Dunkel der Parkgarage. Es dauerte nicht lange, da tauchte sie wieder auf und hielt ihren Daumen nach oben. Was so viel heißen sollte, wie Okay.

      »Du hattest Recht, der Wagen steht hier. Ein dunkelblauer Audi A6 Avant mit dem amtlichen Kennzeichen FS-SH 47. Und jetzt?«, fragte sie, als sie sich auf den Beifahrersitz neben Kreithmeier in den Wagen fallen ließ.

      »Wir werden dem Herrn Rechtsanwalt ein anderes Mal einen Besuch abstatten. Am Besten bei der Testamentsverkündung. Jetzt werden wir aber einen anderen feinen Herrn besuchen gehen, vorher muss ich aber noch kurz telefonieren.« Er wählte eine Nummer auf seinem Smartphone.

      »Zeidler, Spurensicherung«, meldete sich eine Stimme.

      »Rainer, ich bin es, der Alois. Ich habe eine Bitte an dich.«

      »Das hört sich nach Arbeit an«, sagte der Zeidler und schnaufte laut.

      »Sage mal, habt ihr in dem Kühlcontainer zufällig das Handy des Toten gefunden? Ich habe nämlich nichts entdeckt.«

      »Nein, da war nichts. Er hatte keines in seiner Jacke oder Hose und am Tatort habe wir auch keines gefunden.«

      »Das ist ja interessant. Dann hat der Mörder das Telefon mitgenommen, um vielleicht einige Anrufe zu decken, die der Tote mit ihm gemacht haben könnte.«

      »Das kann sein, Alois. Wir haben von seinem Sohn Angaben zu seinem Provider. Ich lasse das Handy orten und seine Anruferliste ausdrucken. Das ist im Moment alles, was ich für dich machen kann.«

      »Okay dann tue das bitte. Außerdem brauche ich Informationen über die Vermögensverhältnisse einer gewissen Familie Sandholzner. Die ehemaligen Wirtsleute auf dem Freisinger Volksfest. Und du solltest doch alles herausfinden über die Vergabe der Volksfestgenehmigungen, insbesondere des Bierzeltes. Hast du das?«

      »Ja, Alois, das habe ich. Der Zuständige auf dem Ordnungsamt heißt Stöckl, Peter Stöckl. Ist seit eineinhalb Jahren dafür zuständig. Hat dieses Jahr die Sandholzner abgelehnt. Das Zelt sollte angeblich zu alt sein. Sie hätten ein Neues kaufen oder das Alte renovieren sollen. Mehr weiß ich darüber nicht.«

      »Der lehnt ganz einfach einen Festwirt ab, der schon über zehn Jahre auf dem Volksfest residiert?«

      »Ja, die Befugnisse hat er. Ich habe in der örtlichen Presse gelesen, dass er damit ziemlich rigoros umgeht.«

      »Was meinst du damit?« Alois schaltete auf Lautsprecher, damit Melanie mithören konnte.

      »Ich habe einen Artikel gelesen über einen gewissen Kapfhammer. Der hat einen Süßigkeitenstand, der heißt „Sweet Sugar“ und er wollte auf dem Volksfest präsent sein. „Sweet Sugar“ ist kein Ladengeschäft in der Innenstadt, sowie der Hussel, sondern nur ein Verkaufswagen mit allerlei Süßigkeiten. Aber aus Platzgründen dürfe der Kapfhammer mit seinem Verkaufsstand nicht teilnehmen, so habe Peter Stöckl vom Freisinger Ordnungsamt ihm mitgeteilt, erzählte Kapfhammer in dem Artikel den Journalisten. Und er ist ziemlich sauer auf das Ordnungsamt.«

      «Das kann ich verstehen«, kommentierte Alois Rainer Zeidlers Bericht.

      »Der Kapfhammer beschwerte sich, denn er zweifelte an dieser Entscheidung. Er fand, so der Artikel, dass beim Freisinger Volksfest einheimische Aussteller bevorzugt werden sollten, aber das wäre nicht der Fall. Viele Auswärtige wären in der Luitpoldanlage präsent - aus Fürstenfeldbruck, München oder Niederbayern. Nur er, der Kapfhammer dürfe nicht, dabei fühlt er sich als Freisinger, wenngleich er in Kirchdorf im Ampertal wohnhaft ist. Er sagte der Zeitung, dass der Herr Stöckl ihm gegenüber die Absage zusätzlich begründete, er müsste in Freising wohnen. Und was ist mit der nähern Umgebung, argumentierte er. Gehört die Umgebung denn nicht dazu? Er zahle seine Steuern auch für die Stadt Freising. Als daraufhin die Zeitung den Chef des Ordnungsamtes ansprach, soll dieser nur knapp geantwortet haben, dass Kapfhammer ein letztes Angebot, einen Stand beim diesjährigen Volksfest zu erhalten, abgelehnt habe. Kurzfristig wäre noch was frei geworden, aber den Platz wollte er dann doch nicht haben.«

      »Und was hat das alles mit uns zu tun?«, fragte Melanie ins Telefon.

      »Das hegt doch den Verdacht, dass Einiges an der Vergabe nicht mit rechten Dingen zugeht. Der Franz Kapfhammer fühlt sich auf jeden Fall unfair behandelt.