Axel Birkmann

Blutiges Freibier


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kurz danach. Die Spitze des Hammerkopfes hat den Schädel eingeschlagen. Der Hammer hat ihn nicht mit der flachen Seite getroffen, sondern mit seiner Ecke. Mit der flachen wäre es vielleicht nur eine Gehirnerschütterung geworden. Der Täter wollte töten, er wusste, was er tat.«

      Kreithmeier schritt zu Melanies Schreibtisch und nahm den Anzapfhammer, der in einer durchsichtigen Plastiktüte steckte, prüfend in die Hand. Er simulierte einen Schlag damit.

      »Der ist ganz schön schwer. Warum gerade aber diese Mordwaffe? Warum nicht erschossen oder erstochen?«

      »Einen Schuss hätte man sofort gehört.«

      »Und mit Schalldämpfer?«

      »Alois, wer kommt denn an eine Waffe mit einem Schalldämpfer heran. James Bond vielleicht, aber doch kein Freisinger.«

      »Und warum kein Messer?«

      »Zu unsicher. Es haben schon Opfer mit mehr als 10 Messerstichen überlebt. Die Gefahr wäre zu groß, dass das Opfer überlebt und den Täter wieder erkennt.«

      »Und der Hammer?«

      »Ist einfach zu besorgen, liegt an der Theke herum und ein gut gezielter Schlag auf die Birne ist meistens tödlich.«

      »Das heißt für dich Melanie, der Mord war geplant. Ein Auftragsmord sogar?«

      »Vielleicht. Für mich auf jeden Fall kein Affekt.«

      »Dann sollten wir den Täter ja leichter ermitteln können, denn bei Affekt würden ja mehr Leute in Betracht kommen, alle, die in letzter Zeit nicht sonderlich gut auf den Wirth zu sprechen waren, quasi jeder Mitarbeiter, oder sogar einer der Kerle, die angeblich die Fässer gestohlen haben sollen.«

      »Das ist nur die Aussage deiner lieben Resi Kasbauer. Das ist aber bisher noch nicht erwiesen.«

      »Erstens, Frau Schütz, ist es nicht meine liebe Resi. Und nach der Inventur wissen wir sicher mehr. Ich muss heute sowieso noch einmal ins Zelt, das Protokoll von ihr unterschreiben lassen.«

      »Da komme ich mit, Herr Kreithmeier. Diesmal aber ohne Dirndl. Und nun zur Befragung der lieben Olga Bogdanow. Du wirst dich wundern, was mir diese Dame so alles erzählt hat. Komm! Sehen wir es uns an.«

      Olga Bogdanow

      Sie fläzten sich beide wieder auf das Sofa und Melanie schob die DVD mit der Befragung der hübschen Ukrainerin in das Wiedergabegerät.

      Nach den Anfangsfragen, Namen, Geburtsdatum und –ort stürzte sich Melanie direkt auf das Thema, wann denn die Dame den Helmut Wirth kennen gelernt hatte und wie ihr Verhältnis zu ihm gewesen sei.

      »Es war vor knapp sieben Jahren in Kiew«, antwortete sie. »Die deutsche Bundesregierung unterstützte damals eine Messe in Kiew, die AGRO, die Internationale Fachmesse für Landwirtschaft, Landtechnik und Viehzucht. Helmut Wirth sorgte auf dem Stand des Freistaates Bayern für bayrische Schmankerl und Getränke. Es gab Spezialitäten aus der Region, dazu frisch gezapftes Löwenbräu. Helmut zauberte ein kleines Oktoberfest aus dem Ärmel. Die Messebesucher waren begeistert. Der Bayernstand war immer voll. Und ich arbeitete zu diesem Zeitpunkt als Messehostess und als Dolmetscherin für das ukrainische Landwirtschaftsministerium. So haben wir uns kennengelernt. Bei Hefeweizen und Weißwürsten. Und dann hat sich halt alles entwickelt. Wir haben uns verliebt.«

      »Hat Ihnen der Altersunterschied denn nichts ausgemacht?«

      »Wissen Sie, Frau Schütz, das war doch Ihr Name ....?«

      »Ja!«

      »Wissen Sie, das ist in Osteuropa gang und gäbe, vor allem in der ehemaligen Sowjetunion, dass sich gut aussehende Frauen ...«, sie fuhr sich mit ihrer Hand durch ihren blonden Pferdeschwanz, »dass sich gut aussehende Frauen einen gut situierten Mann suchen, der Geld und Ansehen hat. Das findet man leider bei den Jüngeren nicht. Zuerst kommt die Sicherheit, dann die Liebe und zur Not nimmt man sich halt einen jungen Geliebten.«

      Kreithmeier sah, wie Melanie die Augenbrauen hoch hob.

      »Natürlich, und die Literatur lebt es einem vor, wenn ich da an Anna Karenina denke. Sie hatte einen wohlhabenden älteren hässlichen Ehemann und verliebte sich in einen jungen Offizier. Doch ihr Mann verstieß sie. Kein Happyend. Am Schluss brachte sie sich um. Sie warf sich vor einen Zug. Im vorliegenden Fall ist es etwas anders. Der Ehemann wird erschlagen. Und die hübsche Konkubine lebt weiter.«

      Diesmal warf die Bogdanow der Kommissarin einen bitterbösen Blick zu. Melanie ließ sich nicht beirren und fuhr fort: »Helmut Wirth war allem Anschein eine gute Partie für Sie, oder.«

      »Gönnen Sie es mir nicht, aus der armen und korrupten Ukraine, in das saubere und gerechte Deutschland gekommen zu sein?«

      »Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, natürlich gönne ich Ihnen das, wir ermitteln in einem Mordfall, und da müssen wir jeder nur erdenklichen Spur nachgehen.«

      »Sie verdächtigen mich? Sie denken, ich hätte mit dem Ableben meines Partners etwas zu tun?«

      »Im Moment befragen wir Sie nur, und das machen Sie freiwillig. Sie können jederzeit gehen. Würde ich Sie verdächtigen, hätte ich Ihnen längst Ihre Rechte vorgelesen und Ihnen geraten sich einen rechtlichen Beistand zu holen. Doch soweit sind wir noch nicht. Einige Fragen habe ich aber doch noch. Wie war Ihr Verhältnis zu Helmut Wirth. Hatten Sie einen Liebhaber?«

      »Nein, natürlich nicht.«

      »Haben Sie eine Ahnung, warum er ermordet worden ist?«

      »Auch nicht.«

      »Wie ist Ihr Verhältnis zu seinem Sohn?«

      »Freundschaftlich. Ich kann und wollte seine Mutter nie ersetzen.«

      »Warum waren Sie nicht mit Helmut Wirth verheiratet?«, fragte Melanie.

      »Das hatte sich bisher noch nicht ergeben. Wir wollten es, aber es war nie die Zeit dafür.«

      »Und warum lügen Sie mich jetzt an?«

      »Frau Schütz, ich lüge Sie nicht an.«

      »Doch das tun Sie. Ich habe heute früh mit der Einwohnerregistratur in Kiew telefoniert und bitte glauben Sie mir, mein Russisch ist immer noch recht gut. Und was denken Sie, habe ich da erfahren können?«

      Olga Bogdanow rutschte unruhig auf dem Stuhl hin und her. Alois Kreithmeier starrte erwartungsvoll auf den Bildschirm und murmelte leise: »Na was wohl?«

      Er sah wie seine Kollegin sich langsam mit dem Oberköper auf die Frau zu bewegte.

      »Ich habe erfahren, dass Sie den Helmut Wirth vor drei Jahren in Kiew geheiratet haben, sogar kirchlich in der Alexander Kirche, der einzigen römisch-katholischen Gemeinde der Hauptstadt. Was sagen Sie dazu?«

      Alois sprang überrascht auf und drückte auf den Pauseschalter.

      »Die beiden sind verheiratet? Wieso sagst du mir das nicht? Das ändert ja alles. Dann ist ja sie die Alleinerbin.«

      »Also mein lieber Kreiti. Während du noch den Schlaf des Gerechten getätigt hast, habe ich schon gearbeitet. Und dann kommst du zu spät zum Dienst und wann hätte ich es dir sagen sollen? Die beiden standen ja schon vor dem Büro. Und ob sie die Alleinerbin ist, das wird das Testament zeigen. Auf jeden Fall bekommt sie einen recht großen Pflichtteil, wenn die beiden nicht zuvor einen Ehevertrag abgeschlossen haben. Aber vielleicht können wir ja mal weiter laufen lassen, es wird noch viel besser.«

      Mürrisch drückte Kreithmeier auf Wiedergabe.

      Olga Bogdanow saß da, wie ein ertappter Lausejunge bei einem Streich. Sie sagte kein Wort und sah an Melanie vorbei an die Wand.

      »Und stimmt das? Waren Sie Helmut Wirths rechtmäßige Ehefrau?«

      »Ja!«, sagte sie mit zittriger Stimme. Ihre kühle Selbstbeherrschung war verflogen. »Ja, das stimmt, es war unser kleines Geheimnis.«

      »Unser