Axel Birkmann

Blutiges Freibier


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mehr wie das Jahr zuvor verkauft.«

      »Und mit ausländischen Bedienungshilfen sicher auch mehr Geld gespart, was Ihrem Gewinn zu Gute kommt.«

      Lukas Wirth lehnte sich zurück. »Neidisch, Herr Kommissar?«

      »Herr Wirth, ich glaube, Sie verkennen etwas die Situation. Nicht ich habe den Schädel eingeschlagen bekommen, sondern Ihr ehrenwerter Herr Vater. Was nützt einem das viele Geld, wenn man keine Zeit mehr hatte, es auszugeben?«

      Lukas schwieg. Man konnte sehen, er biss sich auf die Zähne. Hatte er bis eben noch den Tod seines Vaters verdrängt, so war er ihm wieder ins Gedächtnis gerutscht. Er unterdrückte ein paar Tränen und starrte still auf seine vor seiner Brust gefalteten Hände.

      Melanie stoppte den Mitschnitt. Sie stand auf und schlenderte langsam und nachdenklich Richtung Küche. »Ich brauche noch einen Kaffee. Du auch einen, Alois?«

      »Nein danke.«

      »Glaubst du, er hat etwas mit dem Mord zu tun?«, rief sie aus der Küche. Alois war auch aufgestanden und lehnte mit den Armen verschränkt an der Küchentür.

      »Was heißt glauben? Glauben tue ich gar nichts. Für mich zählen nur die Fakten. Und es gibt einiges, was dafür sprechen mag. Er wird höchstwahrscheinlich der Alleinerbe sein. Die Bogdanow wird zwar etwas vom Kuchen abbekommen aber das Stück wird relativ klein sein.«

      »Du kannst Recht haben, Alois. Sein Benehmen sieht nicht direkt nach großer Trauer aus. Immerhin ist sein leiblicher Vater erschlagen worden. Und sein Alibi ist mir zu fadenscheinig. Er war angeblich während der Tatzeit zu Hause. Und diese Olga als Zeugin. Sicher nicht zu jeder Minute. Seine Mutter tot, sein Vater tot, dann diese neue noch unklare Beziehung. Gibt er im Unterbewusstsein seinem Vater die Schuld am Tod seiner Mutter? Zumindest beschuldigt er ihn aber der unterlassenen Aufsichtspflicht in der Sorge um seine kranke Mutter. Und dann der mögliche Hass auf die neue Frau im Hause, die Angst möglicherweise alles an sie zu verlieren. Warum ist er nicht verheiratet? Hat er eine Freundin?«

      »Nicht dass ich wüsste.«

      »Vielleicht haben sie sich die hübsche Ukrainerin ja geteilt. So wie das Geschäft. Eine Früh- und eine Spätschicht.«

      »Melanie, jetzt gehst du aber etwas zu weit.«

      »Das soll es alles schon gegeben haben, mein Lieber, dass der Vater dem Sohne die Freundin ausgespannt hat, aber auch umgekehrt. Die beiden Beteiligten müssen ja nichts davon mitbekommen haben. Und die blonde Olga hielt sich nach allen Seiten einen Ausweg offen.«

      »Du spinnst ja, Melanie.«

      »Aber hallo. Wäre doch genial. Der alte Wirth war immerhin schon an die 60. Ein alter Knacker. Und die Bogdanow ist knapp Mitte 30. Sie bringt zusammen mit dem Sohn den Alten um, dann erben sie alles und die hübsche Olga bekommt als nette Dreingabe noch den potenteren Sohnemann.«

      »Melanie, deine Fantasie hätte ich gerne einmal. Lass mir bitte doch noch einen Kaffee durch und dann schauen wir uns den Rest der Befragung des Juniors an. Ich bin vor allem gespannt auf die Aufzeichnung von dir und der Russin.«

      »Ukrainerin. Alois, Ukrainerin.«

      »Das ist für mich eh alles dasselbe.«

      Als sie beide wieder mit einer frischen Tasse Kaffee vor der Mattscheibe saßen, ließ Melanie die Aufzeichnung der Vernehmung des jungen Wirthsohnes weiterlaufen.

      »Hatte Ihr Vater irgendwelche Feinde?«

      »Was wollen Sie mit dieser Frage?«, kam es trotzig aus Lukas Wirths Mund.

      »Das ist doch ganz einfach, hatte Ihr Vater irgendwelche Feinde? Ehemalige Geschäftspartner, Mitarbeiter, Freunde Ihrer Mutter und was ist mit der Familie Sandholzner. Er hat ihnen ja den Festzeltbetrieb weggeschnappt. Da gibt es doch sicher genug.«

      »Mein Vater war kein einfacher Mensch, wenn Sie das meinen, aber Feinde, die ihm den Schädel einschlagen würden, solche Leute kenne ich nicht.«

      »Waren denn die Geschäfte Ihres Vaters immer legal?«

      Wie von einem Blitz getroffen, sprang Lukas Wirth auf und brüllte auf den Kommissar ein: »Wollen Sie das Ansehen meines Vaters nach seinem Ableben noch in den Dreck ziehen. Verdammt er ist tot. Und da erwarte ich von einem Polizeibeamten Pietät und Anstand.«

      Kreithmeier war jetzt auch aufgestanden. Die Kamera fing leider jetzt nur noch die Oberkörper der beiden Männer ein. Ihre Gesichter waren außerhalb des Objektivs. Man konnte hören, was sie sprachen, aber ihren Mund nicht mehr sehen.

      Kreithmeiers Stimme versuchte den jungen Mann zu beruhigen: »Es ist doch nur eine Frage. Niemand will Ihren toten Vater in Misskredit bringen. Nur es handelt sich hier um Mord, und dazu noch um einen kaltblütigen Mord, und da sind alle Fragen erlaubt, die einen Hinweis auf den mutmaßlichen Mörder geben können. Und Sie wollen doch auch, dass wir denjenigen erwischen, der das Ihrem Vater angetan hat.«

      Lukas Wirth beruhigte sich und setzte sich wieder hin. Kreith-meier macht es ihm nach. Nun waren wieder beide vom Oberkörper bis hinauf zur Haaresfülle auf dem Bildschirm zu sehen.

      »Du kannst jetzt ausschalten, da kommt nichts mehr«, sagte Kreithmeier zu Melanie. »Von möglichen Feinden wusste er nichts und zu eventuellen illegalen Geschäften seines Vaters äußerte er sich nicht. Dann habe ich das Gespräch beendet.«

      »Okay«, sprach sie und schaltete das Gerät aus.

      »Was sagst du zu dem Verhör?«

      »Nenne es bitte nicht Verhör«, sagte Melanie. »Es war nur eine Befragung, sonst hätten wir ihn über seine Rechte aufklären und ihm die Möglichkeit eines Rechtbeistandes einräumen müssen.«

      »Ist ja gut, du hast ja Recht. Und was hältst du vom Junior?«

      »Du solltest dir zunächst das Gespräch mit der Bogdanow ansehen, bevor du irgendwelche Schlüsse ziehst, die unter Umständen falsch sein könnten. Höre dir die blonde Ukrainerin an. Dann weißt du mehr. Ich habe im Moment noch einen Wissensvorsprung und den möchte ich nicht auskosten. Grundsätzlich traue ich diesem Burschen nicht über den Weg. Nur warum sollte er seinen Vater so profan umbringen, während der Festwoche, vor so vielen Menschen, die ihn leicht erkennen könnten und mit so einem windigen Alibi. Ich glaube nicht, dass der Mord geplant war, er war eher im Affekt, aus Rache, aber nicht um an ein Erbe heranzukommen.«

      »Oder aber genauso inszeniert, damit wir genau so denken, Melanie. Wir suchen den Affektmörder und derweil ist es ein kaltblütig geplanter und ausgeführter Mordanschlag, um an sein Geld und an seine Frau heranzukommen.«

      »Beides kann möglich sein, Alois, aber alles ist für mich noch zu spekulativ. Frau Dr. Nagel bestätigt in ihrem Gutachten die Annahme der Spurensicherung, dass der Tod zwischen 23 und 23.30 eingetreten sein muss. Die Mordwaffe ist der neben der Leiche aufgefundene Holzhammer. Und der Schlag kam nicht wie ursprünglich angenommen von hinten sondern von vorn. Und der Täter ist mit allergrößter Wahrscheinlichkeit ein Mann, mindestens Ein Meter Achtzig groß und von kräftiger Statur. Eine Frau als Täterin ist für Frau Nagel recht ungewöhnlich, es sei denn, sie wäre Diskus- oder Hammerwerferin bei den olympischen Spielen.«

      »Also fällt die Bogdanow nicht ins Gewicht.«

      »Sie hätte den Mord höchstens als Auftrag veranlassen können. In der Ukraine wird es im Milieu sicher eine ganze Menge Leute geben, die diese Körpermasse und die Kraft dazu hätten. Und ich gehe davon aus, dass die Bogdanow solche Typen kennt.«

      »Du sagtest doch, Melanie, dass der Schlag von vorne kommen musste, also hat das Opfer seinen Täter noch sehen müssen. Auch kennen?«

      »Das muss nicht sein. Nur eines ist sicher, der Helmut Wirth hat sich nicht gewehrt. Er muss im Kühllager gestanden sein, sein Mörder hat dort auf ihn gewartet oder sich von hinten an ihn herangeschlichen. Dann vielleicht den Namen des Opfers gerufen oder sich anderweitig bemerkbar gemacht, der Wirth hat sich umgedreht und dann zack, hat er ihm einen mit dem Hammer gegeben, ein Schlag hat wohl gereicht.«

      »Er