Rubinius Rabenrot

... und dann für immer!


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      Beide lächelten und Fred wuchs ein paar Zentimeter, indem er seine Haltung korrigierte, um dem Tanz noch mehr Ausdruck zu verleihen.

      So schwangen sie das Tanzbein gut eine halbe Stunde lang. Vom Foxtrott ging es über in einen Tango. Der Cha-Cha-Cha misslang ihnen, aber beim Rumba waren sie wieder voll in ihrem Element. Der Jive brachte sie vollends ins Schwitzen und mit einem schwungvollen Wiener Walzer schlossen sie die Tanzeinlage ab.

      „Möchtest du was trinken?“ Schweißgebadet, keuchend und mit hochrotem Kopf stand Fred vor Jana. Ein wenig zu nah, wie sie fand und ging einen halben Schritt zurück.

      „Einen Prosecco, gern“, sagte sie, drehte sich um und ging zu ihrer Clique an den Tisch. Kathi grinste sie an.

      „Oha!“, hörte sie die Freundin sagen. “Der ist ja mächtig verschossen in dich.“

      „Ach, Kathi. Was du nicht sagst!“, erwiderte Jana ein wenig genervt und die anderen der Gruppe lachten.

      „Kein Wunder“, rief Gero über den Tisch, „die Jana ist ja auch ein wunderschönes Geschöpf“, und er schmunzelte.

      „Gero, danke für das Kompliment.“

      Fred kam mit einem Sektglas in der einen Hand und einer Flasche Prosecco in der anderen zurück.

      „Wer soll denn das trinken?“ Jana sah in an.

      „Nichts ist mir zu viel für dich“, sagte er und mit einem sonderbaren vibrieren in der Stimme.

      „Hört, hört“, grölte Carmen etwas zu schrill, „da bahnt sich was an, sag ich euch.“

      „Carmen, halt die Klappe! Gar nichts bahnt sich an.“ Janas Stimme klang entschieden und zu hart. Dabei sah Fred Jana verliebt an, als habe er ihre Worte gar nicht gehört und grinste, übers ganze Gesicht.

      Der DJ legte einen Blues auf und Fred stand schon wieder bei Jana, um sie zum Tanz aufzufordern.

      „Ich brauch´ eine Pause, Fred. Ich bin sicher, dass Bianka gern mit dir diesen Tanz riskieren würde.“ Bianka, die ihr gegenübersaß, errötete. Sie hatte Jana vor ein paar Wochen gestanden, dass sie sich in Fred verliebt habe.

      „Na dann. Biankilein woll´n wir?“, fragte er galant.

      Beide gingen auf die Tanzfläche. Eine Weile beobachtete Jana das tanzende Paar. Innig umschlugen bewegte sich die verliebte Bianka in den Armen Freds zum Rhythmus der Musik.

      Jana dachte an Ralf Rössler. Ob Ralf wohl Gesellschaftstänze mochte? Wahrscheinlich war ihm diese Welt fremd. Er war viel zu viel unterwegs, um sich mit Standard- und lateinamerikanischen Tänzen die Zeit zu vertreiben. Ohne Kathi wäre sie selbst nie auf die Idee gekommen, einen Tanzkurs zu machen. Aber es war so ein Glück für sie! Das Tanzen hatte sie von den schweren Gedanken an Matthi abgelenkt und sie in eine Welt geführt, die sie vorher nicht gekannt hatte.

      Sie schloss die Augen und dachte daran, wie es wäre, wenn sie mit Ralf Rössler einen Blues tanzen würde. Seinen Körper ganz nah an dem ihren zu spüren.

      „Fred hat dich ja ganz fertig gemacht“, hörte sie Kathi, die sich neben sie setzte.

      „Nein, in keinster Weise. Mir geistert andauernd Ralf Rössler durch den Kopf.“

      Samstag, 15.06., um 21:35 Uhr. Im Tanzclub am Stachus

      Lisa lehnte sich an Ralf und geduldig warteten sie, bis sie dran kamen. Er genoss die Nähe der Freundin. Der leichte Duft Ihres Parfüms, von der Marke „dezent aber teuer“ stieg in seine Nase. Vor ihnen harrten noch zwei Paare ungeduldig darauf, endlich in den Tanzclub zu dürfen. Im Eingangsbereich war die Luft stickig. An der Kasse saß Ludwig, der Faschingsprinz des letzten Jahres und Mitinhaber des Clubs.

      „Na da schau her: der Ralf und die bezaubernde Lisa. Auch mal wieder bei uns?“

      „Hatten Lust, den Tanzlehrern dieses Clubs zu zeigen, wie ein flotter Foxtrott getanzt wird“, erwiderte Lisa.

      „Muss schon sagen, reizender denn je“, und mit seinem sympathischsten Lächeln sah er sie an.

      „Danke für das Kompliment, Ludwig.“

      „Charmant wie immer.“ Ralf reichte dem Mitinhaber die Hand. „Wie läuft´s mit dem Club?“

      „Bestens!“, frohlockte Ludwig. „Und: Was macht die Schokoladenfabrik?“

      „Alles ausgezeichnet“, antwortete Ralf. „Wie viel?“ Er deutete mit seinem Kinn auf die Kasse.

      „Ihr seid heute meine Gäste. Muss euch ja wieder bewegen, öfters zu kommen.“

      „Dank´ dir“, sagte Lisa und warf ihm einen Kuss zu. Ludwig machte eine Kopfbewegung, als würde er den Kuss mit seiner Wange auffangen.

      „Viel Spaß. Vielleicht können wir ja später noch etwas gemeinsam trinken.“

      „Gern“, erwiderte Ralf, „geht dann aber auf meine Rechnung.“

      Lisa und Ralf gingen in den Saal, in dem sich die Tanzfläche befand. Am Eingang des Tanzsaales blieben sie stehen und schaute in den schummrig beleuchteten Saal. Lisa umarmte Ralf von hinten und legte ihr Kinn auf seine Schulter. Der Geruch von abgestandener Luft strömte ihnen, trotz Klimaanlage entgegen. Es roch leicht nach Parfüm und nach Schweiß. Mehr als zehn Paare tanzten schunkelnd einen Blues.

      „Ach, Gott! So eng umschlungen bei dieser Hitze.“ Lisa nahm Ralf an die Hand und führte ihn an einen leeren Tisch.

      „Wenn man sich liebt, ist´s wohl der schönste Tanz ...“

      „…oder die Möglichkeit für euch Männer, einen Frauenkörper genüsslich abzutasten.“ Ralf schüttelte den Kopf und grinste. „Von uns Männern erfunden und von euch Frauen als gut befunden“, sagte er charmant grinsend. „Willst was trinken?“ Beide setzten sich an einen Tisch, von dem aus sie den ganzen Tanzsaal überblicken konnten.

      „Im Moment nicht. Danke. Später vielleicht. Mal schauen, wie sich der Abend noch weiter entwickelt.“

      „Der Ludwig hat dich angesehen, als wärst du die Sehnsucht seiner Nächte.“

      „Ralf, das ist jetzt aber wirklich unappetitlich.“

      Der Blues fand ein Ende und ging in einen Tango über.

      „Ich komm´ gleich wieder.“

      „Is´ scho´ recht“, sagte Lisa und sah den Tänzern zu, wie sie ihre Partnerinnen teils wirklich hölzern über das Parkett schleiften.

      Samstag, 15.06., um 21:59 Uhr. Tanzsaal im Tanzclub

      Jana trank von ihren Prosecco. Fred war noch immer mit Bianka auf dem Parkett und genoss es, dass die vielen Augen am Rande der Tanzfläche den Tanzkünsten des großen Tänzers bewundernd folgten.

      Genau das mochte Jana an Fred nicht. Er war der Meinung, der Tänzer habe das Recht, im Mittelpunkt zu stehen und die Tanzpartnerin wäre nur als Dekoration, als Stütze gedacht, nur ein Instrument, um den Tanz mit einer Pirouette auszuschmücken, und der weibliche Körper sei allein dafür da, dem Tanz einen gewissen Sexappeal zu verleihen.

      Gelangweilt sah sie quer durch den Tanzsaal. Plötzlich erstarrte ihr Blick. Zunächst schüttelte sie kurz den Kopf, und als das Bild immer noch nicht verschwunden war, schloss sie die Augen, um die gesichtete Fata Morgana zu verscheuchen. Vorsichtig rieb sie mit den Fingerspitzen über die Augenlider. Es konnte gar nicht sein, völlig unmöglich war es, was sie da sah.

      Wieder öffnete sie die Augen und schaute durch die gedimmte Beleuchtung im Saal auf die gegenüberliegende Seite. Er war es! Sie sah ihn so klar und deutlich, wie man eine Person nur sehen konnte, in diesem schummrigen Licht des Tanzsaales und wenn man überhaupt bei Verstand war.

      Janas Herz setzte für einen kurzen Moment