Holly B. Logan

Ein aufgeschobener Kuss


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also, ehrlich, Nancy!" Lara schubste ihre Freundin ein Stückchen zur Seite, "jetzt hör doch auf! Du immer mit deinen Provokationen!"

      "Was? Wie? Provokation? Schätzchen, ich will dich nicht provozieren, das ist nur meine Meinung!"

      "Ja, ja, ich hab’s verstanden." Lara verdrehte die Augen.

      Nancy ergänzte: "Und Nick würde es erst recht gefallen, da verwette ich meinen Hintern drauf!"

      "Nick! Pfff", schnaubte Lara verächtlich, "der steht vermutlich gerade mit Drew an Deck und erklärt ihr die Sterne!"

      Laras Laune wurde bei dem Gedanken an Nick sofort schlechter.

      "Hey, kein Grund, Trübsal zu blasen! Wir lassen uns von Mr O’Mara nicht unseren Abend vermiesen, okay?"

      "Mmmh", murmelte Lara und versuchte, nicht mehr an ihren Freund und dessen Kollegin, die werte Mrs Hopkins, zu denken.

      Nach einer Weile, die beiden Freundinnen hatten ihren Sekt ausgetrunken, schlug Nancy vor, auf einer der Schaukeln Platz zu nehmen. "Guck mal, los schnell, da ist eine frei geworden!", rief sie.

      "Spinnst du?", quiekte Lara.

      "Ist doch nichts dabei, außerdem tragen wir beide ganz brav Unterwäsche! Obwohl, Moment ..." Nancy begann aufgeregt an sich herumzuzupfen, "Oh nein", stieß sie kreischend heraus und hob ihren Rock nach oben, so dass Lara einen Blick auf ihre Unterwäsche werfen konnte. "Ich trage die hässlichen, verfärbten Snoopy-Schlüpfer! Wie konnte mir nur so ein Fauxpas unterlaufen? Ich fasse es nicht! Aber weißt du was, wenn du dich genau umschaust, hier ist doch sowieso Fasching! Los, nichts wie rauf auf das Teil!"

      Die Freundinnen kamen aus dem Lachen nicht mehr heraus und stürmten die Schaukel. Es war Nancy anzumerken, dass sie schon leicht einen im Tee hatte. Lara schoss sofort die Frage in den Kopf, wie sie zurückkommen sollten, aber Nancy entging nicht, dass sie sich schon wieder Gedanken machte, und sagte nur: "Schätzchen, mach dir nicht ständig Sorgen um ungelegte Eier!"

      Lara hatte es sich auf einer Couch unweit der Liegewiesen gemütlich gemacht und wartete auf Nancys Rückkehr. Schon vor mehr als einer halben Stunde war sie von der Schaukel aufgesprungen, um eine zweite Runde Getränke zu besorgen. "Lass mich gehen, du hast die ersten Drinks bezahlt", hatte Lara vorgeschlagen, aber Nancy hatte darauf bestanden, sie einzuladen. "Rühr dich nicht vom Fleck, ich bin sofort zurück!"

      Ha, ha, von wegen!

      Lara hatte Nancy aus dem Augenwinkel verloren. Eben stand sie noch mit einem Mann an der Bar und hatte sich auffällig gut mit ihm unterhalten und nun war sie nicht mehr zu sehen. Doch plötzlich, Lara wollte sich gerade auf die Suche nach ihr machen, stand Nancy mit strahlendem Gesicht und zwei neuen Gläsern in der Hand vor ihr.

      "Das ist Alan, unser persönlicher Sekt-Einschenker heute Abend", sagte sie und schob den jungen Mann neben sich wie ein Kind, das dem Weihnachtsmann ein Gedicht aufsagen soll, ein Stück nach vorn.

      Es war derselbe, mit dem sie sich an der Bar angeregt unterhalten hatte. Fast ein wenig schüchtern beugte er sich, mit einer Sektflasche in der Hand, zu Lara herunter und hielt ihr ungewohnt förmlich die Hand hin.

      "Hallo, ich bin Alan", sagte er, "hast du was dagegen, wenn ich mich zu dir setze?"

      Lara deutete auf den freien Platz neben sich. Sie hatte sofort einen Kloß im Hals. Unruhe stieg in ihr auf. Warum musste ihre werte Freundin schon wieder einen Typen anschleppen? Nancy setzte sich neben Lara auf die Couchkante. Sie hatte dieses blöde Grinsen im Gesicht. Lara kannte es nur zu gut. Es war dieses Ich-verkupple-zwei-einsame-Seelen-Grinsen. Sie hasste sie dafür! Wie oft hatte sie ihr schon gesagt, dass sie ihre Kuppel-Versuche in der Clique, die nie den gewünschten Erfolg brachten, gefälligst lassen sollte! Erst der letzte Versuch - Nancy wollte Trudy Baker mit ihrem Chef zusammenbringen - ging dermaßen in die Hose, dass sie allen Mädels hoch und heilig versprach, künftig die Finger von derlei Aktionen zu lassen.

      Lara strafte ihre Freundin unverzüglich mit ihrem bösesten Sag-mal-bist-du-bescheuert-Blick ab. Doch die war sich scheinbar keiner Schuld bewusst und guckte wie ein Unschuldskind vom Lande. Lara starrte stur geradeaus. Es ärgerte sie, dass sie nicht locker sein konnte. Was war schon dabei, sich zu unterhalten? Absolut nichts! Aber wo lag ihr Problem? Warum, um alles in der Welt, war sie schon wieder drauf und dran, sich in ihr Schneckenhaus zu verkriechen? Sie stellte sich vor, wie sie Trudy und den anderen Mädels erzählen würde, dass sie jemanden kennengelernt hatte – in so einem halben Sexschuppen! Die würden doch aus allen Wolken fallen! Aber das Dumme an der Sache war, dass Lara in Gedanken schon wieder ein Szenario durchging, das lächerlich war. Erstens hatte sie mit diesem Alan noch kein einziges Wörtchen gesprochen, zweitens tat sie ja gerade so, als müsste sie den Typen heiraten und drittens wünschten sich ihre Freundinnen sowieso, dass sie Nick verlassen würde. Weil sie überzeugt waren, dass die beiden nicht zusammenpassten – Lara, die süße, freche Liebenswürdige und Nick, der karrieregeile Hengst, der ständig irgendwelche sexistischen Sprüche vom Stapel ließ.

      Nancy stieß Lara in die Seite. "Haaaaaallo Träumerle, aufwachen!" Sie riss ihre Augen übertrieben auf, um ihr zu signalisieren, dass sie nicht allein auf der Couch saß und dass da jemand neben ihr war, der Lara die ganze Zeit über die Sektflasche vor ihre Nase hielt.

      "Oh, sorry!", sagte Lara, lächelte verlegen und hielt ihr Sektglas höher, damit Alan ihr einschenken konnte. "Danke, das genügt! Wir müssen noch nach Hause kommen!"

      "Oh, du willst schon fort, bevor wir angestoßen haben?"

      "Nein, versteh' mich nicht falsch, natürlich stoße ich mit dir an. Ich wollte nicht unhöflich sein." Sie prosteten einander zu.

      "Alan, du musst wissen, unsere Lara ist immer sehr, sehr durchdacht!", mischte Nancy sich ein.

      "Ich wüsste nicht, was daran verkehrt sein sollte", sagte Alan und lächelte Lara an. Es war ein offenes und schönes Lächeln.

      4. Kapitel

      Alan Gertz war ein gutaussehender Mann. Er hatte einen wunderschönen Mund, einen richtigen Schmollmund, um den ihn, wie Lara sich vorstellen konnte, so manche Frau, sie eingeschlossen, beneidete. Seine Augenfarbe konnte sie in dem Licht nicht genau erkennen, wohl aber, dass er die liebevollsten Augen hatte, die sie jemals gesehen hatte. Nach wenigen Minuten war sie schon weniger angespannt und hatte nichts mehr dagegen, mit ihm zu plaudern.

      Alan erzählte ihr, dass er Nancy bei einem Barbecue eines gemeinsamen Freundes kennengelernt hatte. Komisch, dachte Lara, was für ein Barbecue, welcher Freund? Von einem Barbecue hatte sie gar nichts erzählt, obwohl, vielleicht hatte sie es doch erwähnt. Nancy plapperte den lieben langen Tag so viel herum, dass Lara sich von dem, was sie so erzählte, ohnehin nur die Hälfte merken konnte. Doch als sie sich umdrehte, um Nancy zu fragen, stellte sie fest, dass sie schon wieder stiften gegangen war.

      "Hast du mitbekommen, dass sie aufgestanden ist?", fragte sie Alan und musste lachen.

      "Ja, anscheinend wollte sie uns nicht stören!"

      "Nicht stören? Ich bitte dich, wobei sollte sie uns denn stören, wir unterhalten uns doch nur!"

      "Findest du nicht auch, dass das ein eher ungewöhnlicher Ort für eine Unterhaltung ist?" Er sah ihr auffordernd in die Augen.

      "Ähm, Moment ... ich glaube, du hast da was falsch verstanden ..." Lara packten sofort wieder Fluchtgedanken.

      Was dachte dieser Mann von ihr? Dass sie sich mit ihm vergnügen würde? So wie es offensichtlich jeder Besucher dieses Clubs tat? Sofort wurde sie zynisch. "So eine bin ich nicht!", warf sie ihm schroff an den Kopf. Sie dachte erneut an dieses Barbecue. Vielleicht war es ja ein Sex-Barbecue oder ein Barbecue für Dominas? Vielleicht war Alan ein Freund von Nancys komischem Sklaven? Vielleicht aber war er auch selbst ein Sklave oder wollte einer werden? Lara reimte sich in ihrer Phantasie schon wieder die krudesten Geschichten zusammen. Schließlich war Nancy mit allen Wassern gewaschen.

      "Hey, ist alles in Ordnung mit dir?", fragte Alan und berührte sie leicht an ihrer Schulter. "Hab ich was Falsches