Jean-Pierre Kermanchec

Die schwarzen Männer


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      Serge schien zufrieden zu sein. Seine Vorkehrungen zum Sturm des Juwelierladens wurden vorangetrieben. Er hoffte dennoch, dass die Bemühungen des Psychologen, die Geiselnehmer zur Aufgabe zu bewegen, noch eine Chance hatte. Jedes gewaltsame Eindringen war mit Risiken verbunden. Risiken für seine Leute, für die Geiseln und letztlich auch für die Geiselnehmer. Die Methode des Psychologen erschien ihm stümperhaft. Glaubte der wirklich, dass die Verbrecher sich mit solchen Spielereien hinhalten lassen würden? Die Fragen nach Chauffeur und Führerschein hatten einen Hauch von Unbeholfenheit des jungen Psychologen in ihm aufsteigen lassen. Andererseits hatte er eine weitere Stunde an Zeit gewonnen.

      Serge dachte nicht weiter darüber nach und machte sich auf den Weg, um seine Vorbereitungen voranzutreiben.

      Kapitel 6

      Paul Chevrier betrachtete die Bilder, die die kleine Kamera in den Überwachungswagen übertrug, sehr genau. Auf dem Boden hinter der Theke lag ein Mensch. Seit Minuten starrte er auf den regungslosen Körper. Er hoffte, dass er irgendeine Bewegung erkennen könnte, aber der Mensch blieb einfach nur liegen. Es schien ziemlich sicher zu sein, dass es sich um einen Toten handelte. Damit war seine Anwesenheit hier gerechtfertigt. Es galt jetzt denjenigen der drei Verbrecher zu identifizieren, der für den Tod des Mannes verantwortlich war. Die Jagd nach dem Mörder war in diesem Fall einfach. Es gab drei Verdächtige, er brauchte nur den richtigen herauszufischen. Im Verhörraum, da war er sich sicher, würde sich sehr schnell herauskristallisieren, wer geschossen hatte. Abgesehen davon, dass er nur alle drei Waffen ballistisch untersuchen lassen musste, um die Tatwaffe herauszufiltern. Die Fingerabdrücke auf der Waffe würden dann die Beweise komplettieren. Aber zuerst mussten sie die drei Männer verhaften können. Noch waren sie in dem Laden und hielten fünf Geiseln in ihrer Gewalt.

      Paul kam zu dem Ergebnis, dass er für diesen Fall seinen Chef nicht aus dem Urlaub zurückrufen musste. Damit kam er alleine zurecht.

      Sie hatten das Telefon des Juweliers auf ihren Apparat im Überwachungswagen umleiten lassen. Die Geiselnehmer würden jetzt sofort mit ihnen verbunden, sobald sie eine Nummer wählen.

      Als das Telefon klingelte, sah Paul auf den Bildschirm. Er konnte deutlich sehen, dass der Mann, den sein Kollege Denis nannte, den Hörer in der Hand hielt.

      Elouan Le Gripp setzte sein Headset wieder auf und nahm das Gespräch an.

      „Hallo, hier ist Elouan Le Gripp, Sie wollen mit mir sprechen?“

      „Sind Sie wieder dran, Sie Klugscheißer?“

      „Sie könnten sich schon etwas gewählter ausdrücken, ich nenne Sie schließlich auch nicht Hampelmann.“

      Denis machte auf dem Monitor ein verdutztes Gesicht. Elouan sah deutlich, dass der Mann unsicher geworden war. Dann hatte er sich wieder im Griff und begann den Grund seines erneuten Anrufes zu erklären, ohne nochmals auf die Bemerkung einzugehen.

      „Ich habe mir die Sache überlegt. Ich will keinen Bus und auch keinen größeren Wagen haben. Sie bestellen einen Hubschrauber, der uns von hier wegbringt, ist das angekommen?“

      „Einen Hubschrauber? Wo um alles in der Welt sollen wir jetzt einen Hubschrauber herbekommen? Ihnen ist hoffentlich klar, dass Sie zu dem Hubschrauber auch einen Piloten brauchen?“

      „Bin ja nicht blöd! Natürlich brauchen wir einen Piloten. Der Hubschrauber soll hier vor dem Gebäude landen und uns aufnehmen.“

      „Wohin soll der Flug denn gehen? Wir müssen das wissen, für die Tankfüllung, verstehen Sie?“

      „Das kann euch völlig egal sein. Der Pilot erfährt das Ziel sobald wir gestartet sind. Der Hubschrauber muss aufgetankt sein und zwar bis unter den Tankdeckel. Verstanden?“

      Elouan Le Gripp dachte nach, er musste den Mann weiter hinhalten und versuchen, irgendeine Gegenleistung von ihm zu erhalten. Auf dem Bildschirm sah er die drei verängstigten Frauen. Vielleicht gelang es ihm, die drei Frauen gegen den Hubschrauber zu tauschen. Das wäre ein Erfolg.

      „Sagen Sie, was bekommen wir eigentlich dafür, dass wir Ihnen entgegenkommen. Mein Chef ist ein ganz scharfer Hund, Sie haben ihn vielleicht erlebt. Der Mann geht über Leichen, wenn er sein Ziel verfolgt. Also mein Chef wird den Hubschrauber bestimmt nicht ohne eine Gegenleistung genehmigen.“

      „Was wollt ihr? Vielleicht ein Autogramm?“

      „Nun, ich könnte mir denken, dass ich bei meinem Chef schneller etwas erreichen könnte, wenn ihr euch bereit erklärt, die Frauen freizulassen?“

      „Frauen, woher wollt ihr wissen, dass wir Frauen hier haben?“

      „Weil ihr in einem Juweliergeschäft seid. In der Regel halten sich dort eher Frauen als Männer auf. Wie viele Frauen sind in dem Geschäft?“

      „Das könnte dir so passen, dass ich euch auch noch preisgebe, wie viele der Geiseln Frauen sind.“

      „Ich will es gar nicht so genau wissen. Sagen Sie mir nur, dass Sie bereit sind, Frauen freizulassen im Tausch für einen Hubschrauber.“

      Denis kratzte sich am Kopf, das konnte Elouan auf dem Bildschirm deutlich sehen. Der Mann schien nachzudenken. Einerseits würde er keinerlei Angaben machen wollen, anderseits wollte er den Hubschrauber bekommen. Die Bemerkung, über den Chef der über Leichen ging, schien sein Grübeln beflügelt zu haben. Noch ging der Mann davon aus, dass die Gendarmen keinen Überblick über die Situation in dem Geschäft hatten. Er könnte ihnen also noch alles Mögliche auftischen. Ihm war klar, dass die Gendarmen das Geschäft sofort stürmen würden, falls er keine Geiseln mehr hatte. Er überlegte wie er am besten vorgehen konnte.

      „Also, ich bin bereit, euch eine Geisel zu geben. Eine Frau darf die Bijouterie verlassen, sobald der Hubschrauber gelandet ist.“

      Elouan war das eindeutig zu wenig. Eine Geisel im Tausch gegen den Hubschrauber wollte er nicht akzeptieren.

      „Hören Sie, mein Chef hat mir gerade gesagt, Sie sollen die Geisel behalten, den Hubschrauber gibt es nicht.“

      „Dann stirbt eben eine Geisel, ist ihm das lieber?“

      „Ich sagte Ihnen schon, der Typ ist knallhart. Er fordert wenigsten drei oder vier Frauen, am besten fünf.“

      „Wir haben nicht einmal fünf Frauen, wie soll ich die jetzt herzaubern?“

      „Es müssen ja nicht fünf sein, wenn Sie keine fünf haben. Wie wäre es dann mit, sagen wir, drei?“

      Denis schwieg erneut, er hatte denen da draußen jetzt gesagt, dass er keine fünf Frauen als Geiseln hatte. Das war eindeutig ein Fehler. Er wollte sich aber keine Blöße vor seinen Kollegen geben. Er brauchte deren Respekt und deren Glauben an seine Führungsqualitäten. Das Heft des Handelns durfte er nicht aus der Hand geben, wenigstens nicht erkennbar. Sie sollten auch weiterhin sehen, dass er die Verhandlungen zielsicher führte und das Unterfangen zu einem guten Ende führen würde.

      „Also, sag deinem Chef, dass wir bereit sind, drei Frauen freizulassen, sobald der Hubschrauber hier angekommen ist. Aber keine Mätzchen, sonst könnt ihr die Frauen auf Bahren heraustragen. Ich kann genauso hart wie dein Chef sein.“

      „Das wollen wir ganz bestimmt nicht. Also, ich spreche mit ihm. Ich melde mich gleich wieder.“

      „Lass dir nicht zu viel Zeit, die Uhr läuft. Ihr habt nur noch eineinhalb Stunden Zeit.“

      Elouan sah auf seine Uhr und stellte fest, dass es in der Tat bereits über eine Stunde her war, dass er mit den Verhandlungen begonnen hatte. Er legte das Headset ab und verließ den Überwachungswagen, um Serge Quinnec aufzusuchen.

      „Haben Sie gut hinbekommen“, meinte Paul, der neben dem Psychologen stand.

      „Nun, noch sind die Frauen nicht befreit.“

      Elouan Le Gripp ging nach draußen und sah sich nach Serge Quinnec um.

      Der Einsatzleiter telefonierte, winkte Elouan