Heike Möller

Von Vampiren, Kriegern und Dieben


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erneutes Brüllen von der Innentreppe ließ Jan seinen Kopf herumwirbeln. Wütend glotzte er Tristan an.

      „Die Pol...?“ Leilani blinzelte nervös den jungen Mann an, ihr Mund wurde trocken. Dann sah sie geschockt zu Tristan Kadian.

      Und dann verstand sie das Paradoxon. Sie begriff, dass sie, die Diebin, Opfer eines Einbrechers geworden war.

      Und das sie ihrem letzten Opfer an den Kopf warf, ein Einbrecher und Dieb zu sein.

      Leilanis Gesicht verzog sich zu einem Lächeln, wurde zu einem Grinsen. Dann brach auch sie in schallendes Gelächter aus.

      Tristan nickte, während er sich vor Lachen krümmte. „Ist das geil!“, brüllte er und klopfte sich auf die Schenkel.

      Jannik stand mit hängenden Schultern da und verstand nun gar nichts mehr. Jetzt schien auch die junge Frau übergeschnappt zu sein. „Könnte mich einer von euch beiden bitte aufklären? Ich hasse es, wie ein dummer Schuljunge dazustehen!“

      Leilani konnte nicht mehr. Ihre Beine, die seit der Entdeckung, dass in ihrer Wohnung eingebrochen worden war, zitterten, drohten jetzt nachzugeben. Immer noch lachend setzte sie sich neben den Mann auf die Treppe, den sie vor wenigen Augenblicken am liebsten noch verprügelt hätte.

      Tristan holte ein paar Mal tief Luft, versuchte sich zu beruhigen. „Tut mir leid, Jan“, schniefte er. „Situationskomik. Es ist nur so, dass Leil …“ Er brach wieder in Gelächter aus.

      Leilani beruhigte sich langsam wieder, wischte mit ihrem Handrücken kurz eine Träne aus dem Gesicht, die ihr durch den plötzlichen Lachanfall einfach so gekommen war. „Ähm …. Ich nehme an, er hat Ihnen nichts erzählt, oder?“

      Jannik sah die Frau mit einem verzweifelten Gesichtsausdruck an. „Nein“, erwiderte er gedehnt.

      Sie holte tief Luft, sah dem hübschen, blonden Mann mit den rehbraunen Augen fest ins Gesicht. „Ich bin vor zwei Nächten bei Herrn Kadian hier in die Villa einge­brochen. Er hat mich erwischt und mich trotzdem laufen lassen.“

      Jannik glotzte die Frau an, dann Tristan. Der fing, als er Jans entsetztes Gesicht sah, schon wieder an, hemmungslos zu kichern. „Sie … haben was?“, fragte er mit hoher, kieksender Stimme.

      Tristan steckte seinen Kopf zwischen die Beine und lachte. Die breiten Schultern, der kräftige Rücken, alles bebte. >Entschuldige! <, brüllte er Jan in Gedanken lachend an.

      Jan knurrte ungehalten.

      „Sie haben richtig verstanden, Herr …“

      „Cerný. Jannik Cerný.“ Jan war immer noch völlig konsterniert und reichte der Frau die Hand.

      „Freut mich, auch unter diesen … abstrusen Bedingungen. Ich bin Leilani Fischer.“

      Sie nahm die Hand des Mannes und lächelte ihn an. „Sie haben richtig verstanden, Herr Cerný. Ich bin hier eingebrochen und wollte ihren Freund bestehlen. Und jetzt bin ich hier, weil …“ Sie presste rasch ihre Lippen aufeinander um nicht erneut in ein lautes Lachen auszubrechen, schluckte schnell.

      „Bei dir ist eingebrochen worden?“, Tristan blickte auf. Er hatte sich wieder unter Kontrolle, aber immer noch war eine leichte Belustigung zu hören.

      „Ja. Ich habe wirklich geglaubt, dass Sie es waren.“

      Er schüttelte den Kopf, seine Wangenmuskeln zuckten ein wenig. „Ist nicht mein Stil, Lani. Ehrlich nicht.“

      Sie sah ihn ruhig an. Seine grünbraunen Augen waren jetzt mehr grün als braun, schimmerten. Das Weiß seiner Augäpfel war stark gerötet, als ob die Äderchen geplatzt waren. „Das weiß ich jetzt auch. Mein Auftritt tut mir leid. Ich dachte nur, dass Sie mich auf diese Weise dazu kriegen wollen, Informationen aus mir herauszuholen.“

      Tristan schüttelte den Kopf. „Wenn ich es nicht durch meine Kontakte und Mög­lichkeiten geschafft hätte, deinen Auftraggeber ausfindig zu machen, dann hätte ich dich noch einmal besucht und es direkt versucht. Glaub´ mir.“

      Jannik sah die beiden immer noch verwirrt an. „Sie … haben ihn bestohlen. Und du hast sie laufen lassen?“

      Tristan grinste breit. „Sie hat versucht, mich zu bestehlen. Ist nicht dazu gekommen.“

      >Jetzt verstehe ich, warum du Darius verdächtigst! <, meinte Jan und blickte die junge Frau grübelnd an.

      „Was ist dir gestohlen worden?“, fragte Tristan Leilani. Er hatte sich jetzt völlig beruhigt, fühlte sich erheblich besser als all die Monate zuvor.

      „Ich habe nicht nachgesehen, Herr Kadian. Ich war nur so wütend, weil meine Wohnung brutal durchsucht wurde. Und da bin ich sofort hierher gefahren.“

      Tristan sah Jan vielsagend an. „Gut. Wir fahren jetzt in deine Wohnung und sehen in Ruhe nach. Wo wohnst du?“

      Überrascht sah Leilani ihn an. „Wie? Das haben Sie nicht herausgefunden?“

      Er grinste. „Doch. Habe ich aber schon wieder aus meinem Gedächtnis gelöscht.“

      Sie lächelte milde gestimmt. „Bouchestraße in Neukölln. Geht von der Harzer Straße ab.“

      Er nickte. „Ich weiß, wo das ist. Kommst du mit, Jan?“

      „Okay. Aber ich weiß nicht, wo das ist. Lebe hier noch nicht so lange wie du, Alter!“

      Jan sah seinen Freund immer noch missgestimmt an.

      Tristan sah Leilani an. „Ich fahre mit Jan mit, zeige ihm den Weg. Wir treffen uns da.“ Er stand auf und streckte Leilani seine Hand hin.

      Einen Moment zögerte sie, dann legte sie ihre Hand in seine und ließ sich von Tristan Kadian hochziehen.

      „Interessante Gegend“, meinte Jannik, als er seinen Wagen geparkt hatte und mit Tristan auf Leilani zuging, die vor ihrer Haustür auf die beiden Männer wartete. Unterwegs hatte Tristan ihm alles von seiner Begegnung mit der jungen Frau berichtet.

      Tristan sah seinen Freund von der Seite her an. „Ist das jetzt Ironie oder so was?“

      „Warum? Guck´ dir doch mal die Häuser an. Einige sind bestimmt schon 100 Jahre alt. Hier gibt es viele Kinder, viele Bäume …“ Jan trat in die Hinterlassenschaft eines Hundes.

      „Und viel Hundescheiße“, meinte Tristan trocken.

      Jan knurrte etwas Unverständliches und säuberte seinen Schuh im Sand einer Baustelle, streifte die Sohle an der Bordsteinkante ab. „Habe ich dir schon erzählt, dass auf der Burg jetzt auch ein Hund lebt?“

      Tristan grinste. „Ja. Außerdem war ich bei der Hochzeit von Adolar und Nicole. Ich habe Pumuckel kennen gelernt und mich eine Weile mit ihm unterhalten. Das Vieh hat Persönlichkeit!“

      Jan sah Tristan grübelnd an. „Ehrlich gesagt, wirst du mir langsam unheimlich. Erst dieser wahnsinnige Lachanfall, dann dein schräger Humor. Himmel, du …. Ich habe echt Probleme, dich im Moment wiederzuerkennen, Alter.“

      Sie erreichten Leilani, die sichtlich nervös wirkte.

      >Du und die anderen habt euch doch beschwert, dass ich ständig Trübsal blase. Was nicht der Fall war. Ich habe die letzten Monate damit verbracht, meine sexuellen Defizite der letzten 600 Jahre ein wenig aufzuholen. <

      „Was?“ Jan blieb wie angewurzelt stehen und starrte in den breiten Rücken des Freundes.

      Tristan drehte nur den Kopf, zog eine Augenbraue hoch und lächelte. Er hob den Zeigefinger an seine Lippen und machte eine stillschweigende Geste.

      Leilani