Gerhard Freitag

Die Positiven


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Telepathisch setzte er hinzu: „Am meisten beunruhigt mich, dass wir ständig aufpassen müssen, wer uns über den Weg läuft.“

       „Geht mir genauso. Aber inzwischen tröste ich mich mit der Vorstellung, dass uns beiden gemeinsam niemand so schnell ein X für ein U vormachen kann. Schließlich sind wir erstens gewarnt, und zweitens haben wir ein paar Sinne, die zusammen ganz schön was bewirken können.“

      „Hast ja Recht. Komm, lass uns auf die Abschlussparty von deiner Abteilung gehen.“

      Toku und Eve verließen ihre Wohnbox und machten sich wie immer auf den Weg zu Lift und Vakbahn.

      Als sie in 73 Gelb eingetroffen waren und Eve alle diejenigen vorgestellt hatte, die Toku noch nicht kannte, nahmen sie in bequemen Stühlen Platz. Ein Sekretär brachte ein Tablett mit Brötchen und frisches Gemüse mit Snacksaucen. Eve zauberte 2 Flaschen Wein aus ihrer Tasche und schon bald erfüllte fröhliches Stimmengewirr den Raum.

      Plötzlich stutzte Toku. Er hatte die Spur eines >gerichteten< Gedankens aufgefangen.

      Jemand näherte sich der Außentür von Eves Abteilung und dachte intensiv über Mutationen nach. Brockenweise bekam Toku mit, dass der Besucher auf der Suche nach jemandem war, von dem er selbst nicht genau wusste, wie derjenige denken würde; wie er auf ihn reagieren würde.

      Toku ergriff Eve vorsichtig beim Oberarm.

      „Gefahr“, raunte er ihr ins Ohr. „Höchster Block!“

      Er getraute sich nicht, seine telepathische >Stimme< zu benutzen. Zu groß war die Gefahr, dass sie abgehört wurden.

      Ein Mann betrat den Vorzimmergang, welcher zu den Büroräumen führte. Er war in das alltägliche Ticityblaugrau gekleidet, hatte eine weiße Hautfarbe und kurze, rote Haare. Er war von hagerer Gestalt und sah sich aufmerksam um. Dabei machte er den Eindruck von jemand, der sich bemühte, so unauffällig wie ein Luftballon bei einer Kinderparty auszusehen.

      Toku esperte vorsichtig und bemerkte, dass der Mann begonnen hatte, durch die Glasscheiben hindurch, die einzelnen Anwesenden aufs telepathische Korn zu nehmen. Offensichtlich wollte er herausfinden, was der Grund für die Party war, wer die Teilnehmer waren und ob er etwas Interessantes für seine Auftraggeber finden konnte. Für das Bruchstück einer Sekunde hatte er bei Auftraggeber an die USA gedacht.

      Toku hatte inzwischen begonnen, ein lustiges Detail aus seinem Arbeitsbereich zum Besten zu geben, was die allgemeine Aufmerksamkeit auf seine Person lenkte. Eve war aufgestanden und tat, also wolle sie noch eine weitere Flasche aus ihrer Tasche holen.

      Dabei esperte auch sie nach dem unbekannten Eindringling.

      „Ich muss mal für kleine Mädchen“, warf sie den näher an der Tür sitzenden Kollegen zu und betrat den Gang vor den Büroräumen.

      „Hallo“, sprach sie den dort so unauffällig wie möglich weitergehenden Mann an. „Haben Sie sich verlaufen? Zu wem möchten Sie denn?“

      Sie spürte, wie der Mann gegen ihren Block prallte und dann verwundert aufkeuchte. „Sie denken nicht….. Ich kenne niemand, der nicht denkt“

      In diesem Moment erhob Eve ihre Suggestorenstimme. „RUHIG STEHEN BLEIBEN, KEINEN LAUT.“

      Der Mann versuchte sich zu bewegen und es gelang ihm, zwei kleine Schritte auf sie zu zumachen. Etwas hämmerte gegen ihren Block.

      „RUHIG STEHEN BLEIBEN. DU KANNST DICH NICHT MEHR BEWEGEN.“ Gleichzeitig versuchte sie zu espern, wer er sein könnte und um was es ihm eigentlich ging.

      In diesem Moment spürte sie, wie eine unsichtbare Kraft, sie am Weitergehen hinderte. Sie blieb bewegungslos stehen und versuchte ihren Block auf das höchste verfügbare Maß zu erhöhen.

      Die Schnur des Vorhangs bewegte sich ruckartig auf sie zu und begann eine Schlinge zu bilden.

      „DU KANNST DICH NICHT BEWEGEN UND DIE TELEKINETISCHE KRAFT NICHT MEHR EINSETZEN.“

      Eve sah, wie die Schnur langsam zu Boden sank. Während sie noch überlegte, wie sie jetzt Toku um Hilfe rufen sollte, spürte sie, wie eine mächtige Kraft neuerlich gegen ihren Block pochte. Sie hatte das Gefühl, als ob jemand mit einem Vorschlaghammer auf ihr Schädeldach eindreschen würde. Sie versuchte ein weiteres Mal ihre Suggestion: „DU KANNST, KANNST, KANNST ….“, kreischte die unhörbare Stimme mit dem Klang eines heftigen Erdbebens.

      Block, halte den Block.......

      Die Vorhangschnur hob sich wieder vom Boden.

      Block, Block .....

      In diesem Augenblick berat Toku den Vorraum und Eve konnte seine Gedanken wie einen riesenhaften Strom gegen den Block des Mannes anbranden hören: „Wer bist du, was willst du, öffne deinen Block.“. Nur Sekunden später kam eine zweite, noch mächtigere Welle: „Öffne den Block, öffne den Block, öffne …“ Tokus Gedankenflut fühlte sich auch für Eve an, wie ein Tsunami, der gegen eine Fischerhütte prallt.

      Die Vorhangschnur fiel zu Boden. Eve taumelte überrascht von dieser PSI-Gewalt zur Seite. Bevor Toku dazu kam, seinerseits mit telekinetischen Kräften nach dem Mann zu fassen und gleichzeitig seinen eigenen Block in höchster Abwehrbereitschaft aufrecht zu halten, drehte sich der Mann auf dem Fuß um und stürzte aus dem Raum.

      Toku kümmerte sich um Eve und ließ den Mann fliehen.

      „Was hast du, bist du in Ordnung?“

      „Ja, es geht schon wieder“, keuchte Eve. Es war völlig überraschend.“

      In diesem Augenblick betraten einige Kollegen den Vorraum.

      „Hallo Eve, du machst ja ein Gesicht, als ob dir der Leibhaftige begegnet ist.“

      „Eve, Toku, was macht ihr denn hier draußen?“

      „Wollt ihr schon gehen?“

      „Wird gut sein, wenn wir möglichst schnell verschwinden, Eve.“

       „OK, es geht schon wieder. Ich werde mich bald verabschieden.“

      „Es ist nur ein Zufall, dass Toku und ich zur gleichen Zeit keinen Platz mehr für den Wein hatten“, grinste Eve und die Kollegen stimmten ein fröhliches Lachen an.

      „Wir helfen euch noch, den Feind Alkohol zu vernichten“, meinte Toku übers ganze Gesicht feixend, „aber dann haben wir noch eine weitere Verabredung, bevor wir morgen fertig einpacken und die Checks machen müssen.“

      Sie gingen wieder in die Büroräume zurück und versuchten, sich nichts von dem Zwischenfall anmerken zu lassen.

      Nachdem die Getränke und Snacks bald aufgebraucht waren, löste sich die Büroparty mit vielen Glückwünschen und Händeschütteln auf.

      Kaum hatten sie Eve´s Büro verlassen und sich wieder auf den Weg zur Vakbahn gemacht, meinte Toku: „Jetzt haben wir den Salat. Jemand hat uns ausgeforscht und konnte entkommen. Er wird seinem Auftraggeber melden, wer wir sind und was wir können.“

       „Da bin ich nicht so pessimistisch. Der ist in Panik geflüchtet.“

      „Aber, er weiß ja, in welchen Büros er zu suchen, oder nachzuforschen hat.“

       „Im Moment hatte ich den Eindruck, dass er keinen so guten Block hatte, als ob er von Gerry, oder Freunden ausgebildet worden wäre. Außerdem war er selber am meisten überrascht.“

      „Das mag schon sein, aber sobald er seine 7 Sinne wieder beisammen hat, wird er dafür sorgen, dass wir erwischt werden.“

       „Und was schlägst du vor?“

      „Wir müssen dafür sorgen, dass er uns nicht verraten kann und unsererseits nach ihm suchen.“

       „Und was machen wir, wenn wir ihn gefunden haben?“

      „Nun,