Kaspar Graf von Heumar

Der Weg zur perfekten Hure


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mich als Kind schon anders als meine Klassenkameraden nicht für Autos, Flugzeuge oder Technik usw. interessiert. Ich fand ganz einfach Frauen interessant. Und das nicht nur auf der sexuell-körperlichen Ebene, sondern in allem, was sie von Männern unterscheidet. Ich fand ihre Andersartigkeit faszinierend. Ich mochte es, sie zu entdecken und alles über sie zu wissen. Von ihren Interessen angefangen bis hin zu ihren Abneigungen, über ihre Bedürfnisse, Wünsche und Vorstellungen. Deshalb unter anderem meine Berufswahl. Und am Rande bemerkt: Nein, ich bin nicht schwul! Und ich will auch nicht in Abrede stellen, dass mich die sexuelle Seite am meisten angezogen hat. Denn nirgendwo wird der Unterschied zwischen Mann und Frau deutlicher als dort. In meinem Beruf habe ich die Möglichkeit, immer wieder neue Sachen über euch Mädels zu lernen. Mal schöne, mal weniger schöne Dinge. Dafür bin ich sehr dankbar. Und Gleiches gilt in eurem Job, was die Männerwelt angeht. Diese Seite der sexuellen Dienstleistung ist mithin die interessanteste und findet leider kaum Erwähnung. Denn nirgendwo lernt man Menschen besser kennen, als nackt und auf dem Rücken liegend. Ihr hört deren innerste Geheimnisse, Dinge, die sie weder ihrer Frau noch ihren Eltern oder Freunden und Verwandten erzählen. Eine Hure ist nämlich immer auch Zuhörerin und vielleicht sogar später mal eine Art Psychologin. Natürlich kommt nun die Frage: „Welches Mädchen hat schon Spaß daran, mit ätzenden und hässlichen Männern zu ficken?“ Dies ist aber hier nicht Thema. Denn zum einen sind, man glaubt es kaum, nicht alle Gäste in dieser Branche hässliche alte Männer, und zum anderen spreche ich hier lediglich von einer Grundeinstellung.

      Ich habe das mal einem branchenfremden Mädchen in einer Moraldiskussion über unseren Beruf folgendermaßen erklärt: Man stelle sich jemanden vor, der von Kindheit an gern am Computer sitzt. Dieses Beispiel passte recht gut aufgrund meiner und ihrer Generationszugehörigkeit. In jungen Jahren wird er sich mit dem Spielen beschäftigen, so wie jedes Kind. Später beginnt er, sich für das Internet zu interessieren. Ihm gefallen die Grafiken auf diversen Webseiten, und er möchte so etwas selber mal machen können. Also beschäftigt er sich mit der Programmiersprache und fängt eventuell ein Studium der Informatik an. Im Berufsleben macht er das Ganze schließlich zu seinem täglichen Brot. Er arbeitet in einer Firma, die Webseiten erstellt. Natürlich macht er von nun an seltener irgendwelche Grafiksequenzen mit Raumschiffen, Aliens oder Monstern. Meistens sind es relativ langweilige Internetauftritte von der Bäckerei Lüdenscheid oder eines Zulieferbetriebes von Duschvorhangringen. Ab und an aber hat er einen Autohändler als Kunden und darf diesem einen stylischen Wagen als Firmenlogo basteln, mit Flammen aus dem Auspuff und einem Sternenhimmel im Hintergrund. Natürlich ist es nicht genau das, was er sich als Kind erträumt hat. Kaum ein Beruf dieser Welt ist genau so. Das gesamte Leben ist leider nicht genau so, wie wir es als Kind uns einmal ausmalten.

      Dennoch kommt sein Beruf oftmals ganz nah an das heran, was er immer schon wollte und was ihn zu begeistern vermag. Das lässt ihn immer wieder spüren, dass er den richtigen Job hat. Die Bäckerei Lüdenscheid und der Zulieferer von Duschvorhangringen in unserem Beispiel entsprechen dem ätzenden und hässlichen Sack. Der Flammen sprühende Wagen im Nachthimmel jedoch einem interessanten netten Gast, von dem man irgendetwas mitnimmt, oder in dessen Persönlichkeit man etwas Neues entdeckt hat, was einen zum Nachdenken bringt. Kein Job ist immer angenehm, und man muss sich manchmal echt selbst in den Arsch treten.

      Die Hure und ihre Stellung in der Gesellschaft

      In unserer ach so fortschrittlichen Welt existiert noch immer eine gewisse Doppelmoral in Bezug auf Bordelle, Huren und alles, was damit zusammenhängt. Die Gründe dafür sind verschiedener Natur. Zum einen hat der deutsche Staat erst vor wenigen Jahren begonnen, diesen Beruf offiziell als solchen zu akzeptieren. Zum anderen haben diverse Fernsehkrimis und Bücher ein gewisses Bild gezeichnet. Auch betrachten viele Menschen solche Frauen, die offen Sexualität ausleben, noch immer als minderwertig. Sie brauchen nicht einmal Huren zu sein.

      Man stelle sich folgendes Szenario vor: Ein Mann betritt eine Party. Alle Gäste schauen ihn an. Jetzt sagt er: „Alles, was hier Titten hat, sollte besser in Deckung gehen! Papas Klöten stehen nämlich kurz vor der Explosion.“ Was passiert nun? Die meisten Männer werden lauthals lachen. Einige Frauen wahrscheinlich auch. Dennoch wird keine der Frauen auf ihn zugehen und sagen: „Na, dann komm doch mal mit raus! Vielleicht kann ich helfen.“ Sie werden aus Angst um ihren Ruf sogar jedes tiefer gehende Gespräch mit diesem Typen vermeiden. Jeder weiß ja nun, dass er das Sperma in den Augen stehen hat, und schon das Gespräch mit ihm birgt die Gefahr, als „Schlampe“ angesehen zu werden. Ob der Typ attraktiv ist oder cool, interessiert hierbei kaum. Wird eine Frau, die sich nun von diesem Mann angezogen fühlt, den Kontakt mit ihm suchen (wir nennen sie Anna), passiert folgendes:

      Jana und Markus beobachten die Szene. Jana wird sagen:

      „Guck mal, war ja klar, dass gerade Anna sich sofort an so einen heranschmeißt. Die Schlampe. Das war ja auch nicht anders zu erwarten.“ Markus wird entgegnen: „Echt, so ein Miststück ..., was findet die bloß an so einem?“ Das, was Jana und Markus sagen, ist natürlich nicht das, was sie denken. Jana denkt: „Ich hätte selber nicht den Mut, diesen coolen Typen anzusprechen, vor allem, weil er so offen signalisiert hat, dass er Sex will. Mein Ruf könnte leiden. Jetzt nimmt mir die blöde Anna auch noch die Chance, es morgen heimlich zu tun und schnappt ihn einfach so weg ...“ Markus denkt: „Verdammt nochmal, warum kann Anna nicht einfach mich anbaggern? Ich hätte sehr gern mal Sex mit ihr ...“ Was passiert im umgekehrten Fall? Eine hübsche junge Frau kommt auf die Party:

      „Achtung Jungs! Alles mit enger Jeanshose nimmt sich besser in Acht. Mutti hat nämlich schwer Notstand ...“ Wahrscheinlich wird erstmal jedem Partygast die Kinnlade runterfallen. Die Männer werden im Verlauf des Abends mit sabbernden Mäulern an dieser Frau kleben. Am nächsten Tag werden sie sich genau diese Mäuler über sie zerreißen. Die anwesenden Frauen hingegen zerfleischen ihre freizügige (böse) Geschlechtsgenossin bereits am selben Abend. Und zwar deshalb, weil sie eine unschlagbare Konkurrentin ist. Mit diesem Spruch lenkt sie die Aufmerksamkeit aller Männer auf sich und lässt die anderen Frauen traurig und verlassen im Regen stehen. Sie ist eine „Schlampe“. Der Mann in unserem ersten Beispiel ist der „coole, witzige Macho“. Mit etwas Abstand (z. B. einige Tage später) wird die eine oder andere Frau vielleicht sogar unauffällig seine Nähe suchen und sich von ihm vögeln lassen. Auch wenn sie in dem Moment natürlich gesagt haben mag: „Was für ein selbstgefälliger Kerl ...!“ Fakt ist: Männer stehen auf sexuell aktive Frauen. Und Frauen auf sexuell aktive Männer. Aber das gesellschaftliche Rollenverhalten sieht total anders aus. Es sind nämlich Jana und Markus, die den Wunsch aller Menschen nach einer wirklich freien Sexualität blockieren. Und zwar aus fehlendem Selbstvertrauen und falscher Scham.

      In Köln gibt es über 100 Bordellbetriebe. Straßenstrich und Escortangebote einmal außen vor. Wir haben ca. eine Million Einwohner. Davon sind 500.000 Männer. Davon wiederum

      300.1 im entsprechenden Alter (18 bis 70 Jahre), gesund und zu Bordellbesuchen theoretisch fähig. Wenn jeder von ihnen einmal im Jahr in den Puff ginge, dann sind das bei 365 Tagen im Jahr ca. 8 Gäste pro Tag und Puff. Davon könnte keines dieser Häuser wirklich finanziell existieren. Es gibt gute Bordelle, die einen täglichen Gästedurchlauf von 50 bis 100 Personen haben. Es sind also definitiv mehr Männer, die in den Puff gehen als solche, die es nicht tun. Bei den übrigen Dingen im Leben ist es so: Das, was die meisten Leute gut finden ist „normal“. Ähnlich wie bei der Bundestagswahl. Wessen Meinung vom Großteil der Bürger geteilt wird, der darf regieren. Gäbe es eine Partei der Puffgänger, dann wäre dies die mit Abstand stärkste Fraktion ;). Und in der Demokratie gilt ja schließlich die Entscheidung der Mehrheit.

      In der Gesellschaft ist das, zumindest unser Beispiel betreffend, komischerweise anders. Markus geht aller Wahrscheinlichkeit nach selbst heimlich in den Puff. Jana ist mit Thomas verheiratet. Sie hat es aus dem biologischen Instinkt des Schutz suchenden Weibchens getan. Ihr instinktives Unterbewusstsein ließ sie einen Mann wählen (Thomas), der einen guten Job hat und freundlich zu ihr ist. Sie will schließlich Kinder. Das ist Janas Natur. Da Thomas gesellschaftlich akzeptiert ist (hat eine gute Position bei der Bank, spielt Golf, hat ähnlich langweilige aber treue Freunde), ist er eigentlich der richtige Partner für Jana. Er ist ein guter Jäger, der reichlich „Felle“