Johanna Danneberg

Argots Schwert


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      „Und warum hat Marie geschrieben, dass es ihr Leid tut? Ich wette, dieser Mark, wusste, was ihm ‚zusteht’. Er hat Marie erpresst und sich an dem Abend in dem alten Haus mit ihr verabredet, um an das Schwert und die Schatzkarte zu gelangen. Und jetzt ist er stinksauer.“

      Er hielt inne, dann raunte er düster:

      „Was, wenn er sie umgebracht hat?“

      „Du machst mich ganz unruhig mit deinem Mark! Maries Tod war ein Unfall!“

      „Wir müssen endlich zur Polizei.“, sagte Falk plötzlich entschlossen. „Egal ob da nun eine Fehde mit den Lobdeburgern dahinter steckt oder nicht: hier geht es um irgendwas, und diese Sache ist zu groß für uns!“

      Er war aufgestanden und hatte begonnen, auf und ab zu gehen. Caro folgte ihm mit ihren Blicken.

      „...den ganzen Mist in die Saale schmeißen...“, murmelte er gerade, doch es klang halbherzig, als würde er es nur noch aus alter Gewohnheit sagen. Herausfordernd blickte Caro ihn an.

      „Falk, ich hab ja auch Schiss, keine Frage…“

      Sie ließ den Satz unvollendet und wendete sie sich den vorbeitreibenden Wolken zu.

      „Wer hat denn gesagt, dass ich Schiss habe.“, hörte sie Falk sagen.

      Aus den Augenwinkeln beobachtete sie, wie er einen Ball aus einer Ecke der Terrasse klaubte und ihn geistesabwesend mit den Füßen jonglierte. Auf der Straße hörte sie ein Auto vorbeifahren. Dann war es wieder still, bis auf das Rauschen in den Blättern des Apfelbaumes, Vogelgezwitscher und das gleichmäßige Klatschen des Balls auf Falks nackten Füßen.

      „Schiss hab ich ja gar nicht….“, brummelte er. „Aber keine Zeit für diesen Unsinn.“

      Mit dem Ball unter dem Arm trat er zu ihr an den Tisch.

      „Und dir scheint die Sache doch auch über den Kopf zu wachsen. Was ist eigentlich mit diesem Interview? Mit Meister Argot? War das nicht heute Nachmittag? Das hast du wohl vergessen, oder was! Du brauchst wirklich einen Produktionsleiter!“

      Caro schreckte in die Höhe.

      „Wieso? Wie spät ist es?“

      „Gleich zwei.“, sagte Falk, nach einem Blick auf sein Handy.

      „Locker zu schaffen, der Termin ist erst um vier. Und außerdem,“, sie begann, die Teller und Tassen zusammen zu räumen „kann dir das doch egal sein. Du schmeißt den Beutel in die Saale und brauchst dich um mein Interview mit Argot überhaupt nicht mehr zu kümmern. Und ich konzentriere mich wieder aufs Thema meiner Sendung.“

      Sie trug das Geschirr in die Küche und spülte es flüchtig im Waschbecken ab. Als sie wieder heraustrat, stand Falk immer noch genauso da wie eben.

      „Bist du im Stehen eingeschlafen?“

      „Wenn wir nur herausfinden könnten, wer dieser Mark ist. Dann wär mir schon viel wohler.“, sagte er, und sah dabei unschlüssig hoch, in den Wald unterhalb des Fuchsturms.

      „Meister Argot,“, überlegte er dann, „der könnte doch theoretisch nicht nur Marie kennen, sondern vielleicht sogar wissen, wer mit ‚Mark’ gemeint ist, oder?“

      „Wenn seine Familie tatsächlich immer noch den Kontakt zu den Leuchtenburgern gehalten hat, wie vor Jahrhunderten, dann vielleicht. Dann hat er Marie wahrscheinlich gekannt und weiß vielleicht auch, wen sie gemeint haben könnte.“, antwortete Caro vorsichtig.

      Falk seufzte tief, dann grinste er.

      „Na gut, Fräulein Schubert. Dann versuch es. Mach dieses Interview. Ich bin ja selber gespannt, was dabei herauskommt! Auch was diese Fehde angeht. Natürlich ohne...“

      „...das Schwert oder den Brief zu erwähnen, natürlich!“

      Caro sprang auf.

      „Heißt das, wir behalten das Schwert?!“ Sie stürzte auf ihn zu und drückte ihn an sich. „Du bist der eigentliche Schatz, Falk!“

      *

      Der Wind frischte auf und beinahe wäre der Grundriss über die Brüstung geweht. Im letzten Moment erwischte Falk das Blatt. Er werde jetzt erst mal alles wieder sicher in seinem Zimmer verstauen, verkündete er. Caro nickte, in Gedanken schon bei dem Interview, und begann, ihre Sachen zusammen zu suchen. Erst als Falk nach ein paar Minuten immer noch nicht wieder aufgetaucht war, ging sie nach oben, wo sie ihn in die Betrachtung des Planes der Leuchtenburg versunken vorfand.

      „Ich war vor Jahren mal mit meiner Klasse auf der Leuchtenburg.“, sagte er, als sie ins Zimmer trat. „In diesem Gebäude hier war damals das Museum. Das Zimmer im zweiten Stock, das hier markiert ist, vielleicht ist es ja ein ganz normaler, öffentlich zugänglicher Raum von dem Museum.“

      „Ich hab mich schon gefragt, wann du auf die Idee kommst. Ich meine, wenn wir nun schon eine Schatzkarte haben, können wir ja auch gleich richtig auf Schatzsuche gehen.“

      „Also erst mal ist das ein Grundriss. Nix weiter.“

      Caro sah zu, wie er die Papiere zu dem Schwert in den Beutel steckte, und die Sachen in dem Bettkasten unter seinem Schlafsofa verstaute. Sie machte sich auf den Weg nach unten und schlug dabei beiläufig vor, dass sich, egal wie sie den Plan nun nannten, der morgige Sonntag doch wunderbar eignen würde, um der Leuchtenburg mal einen Besuch abzustatten. Da sie kein Auto hätten, könnten sie mit dem Zug nach Kahla fahren. Falk, der ihr gefolgt war, hatte sich in den Türrahmen zur Küche gelehnt, die Arme vor der Brust verschränkt. Caro zog sich ihre Schuhe an.

      „Ich könnte dich morgen früh hier abholen.“, sagte sie, im Kopf schon eine Einkaufsliste mit Proviant zusammenstellend. „Und bevor wir zum Bahnhof gehen, zeigst du mir noch das alte Holzhaus, in dem du das Schwert gefunden hast! Wie klingt das?“

      „Du gibst nicht auf oder? Aber das kannst du vergessen, ich gehe keinesfalls noch mal in die Nähe dieses Hauses! Außer natürlich…“

      Caro bemerkte einen hinterlistigen Ausdruck in Falks Augen, als sie sich im Halbdunkel des Flurs aufrichtete. Ihre Kopfschmerzen hatten plötzlich wieder eingesetzt und sie überlegte, ob sie noch Aspirin zu Hause hatte. Falk fuhr unterdessen fort:

      „Außer natürlich, wir fahren mit dem Rad zur Burg. Da kommen wir praktisch an dem Haus vorbei.“

      Caro sah ihn entgeistert an.

      „Mit dem Fahrrad? Bis zur Leuchtenburg? Das ist doch viel zu weit!“, rief sie entsetzt.

      „Etwa 20 Kilometer. Das ist locker zu schaffen.“

      „Ich hab aber gar kein Rad.“, quengelte sie.

      Da solle sie sich mal keine Sorgen machen, versicherte Falk. Bis morgen hätte er ihr ein Spitzenfahrrad organisiert. Und für den Rückweg könnten sie ja immer noch mit dem Zug fahren.

      Könne er nicht lieber ein Auto statt eines Fahrrades organisieren?, rief Caro verzweifelt. Sie könne auch fahren!

      „Keine Widerrede, Fräulein Schubert. Wenn du das Holzhaus sehen und auf der Leuchtenburg auf Schatzsuche gehen willst, fährst du mit mir mit dem Fahrrad hin! Und rauchst bis dahin besser keine Zigaretten mehr, damit du überhaupt Luft kriegst.“

      Als Caro kurz darauf die Straße vor Falks Haus hinunter zur Bushaltestelle eilte, wusste sie immerhin, dass sie dem Geheimnis des alten Schwertes nach wie vor auf der Spur waren. Ihr schien es, als würde sich eine nahtlose Kette an Ereignissen abspulen, die schon vorher untrennbar miteinander verbunden gewesen waren. Momentan wirkte es zwar, als stolperten sie und Falk diesen Ereignissen nur hinterher, aber sie hatte das Gefühl, dass sie so langsam begannen, Einfluss auf das Geschehen zu nehmen. Und was war da schon eine lächerliche Anstrengung wie eine Radtour, wenn es galt, einen Schatz zu finden!

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