Agnes M. Holdborg

Sonnenwarm und Regensanft - Band 3


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bringt an­de­re zwar nur zu ger­ne in Ver­le­gen­heit, aber heu­te Mor­gen brann­te ihm ein­deu­tig et­was viel Wich­ti­ge­res auf der See­le als Le­n­as und Sen­trans Bett­ge­flüs­ter.« Da­für han­del­te er sich einen Rip­pen­stoß von An­na ein.

      Le­na fühl­te schon wie­der die Rö­te in sich auf­stei­gen. Ihr wä­re es lieb ge­we­sen, man wür­de nicht der­art leb­haf­ten An­teil an ih­rem Lie­bes­le­ben neh­men.

      Of­fen­bar war für Vi­tus das The­ma ab­ge­schlos­sen. Er wand­te sich an Vik­to­ria. »Schön, dass du mit­ge­kom­men bist und das, ob­schon Ke­tu Dienst hat.«

      »Och, ich kann mich zwi­schen­durch ganz gut al­lei­ne be­schäf­ti­gen, Va­ter. Ich bin ger­ne hier im Schloss. Au­ßer­dem wür­de ich mich freu­en, wenn wir uns die Sa­chen von un­se­rer Mut­ter an­schau­en könn­ten.«

      »Das ist ei­ne her­vor­ra­gen­de Idee.« Vi­tus lä­chel­te, wur­de aber wie­der ernst, als er be­merk­te, wie Lo­a­na un­ru­hig auf ih­rem Stuhl hin und her rutsch­te.

      »Schon wie­der?«, frag­te er be­sorgt. Sie nick­te stumm, sprang auf und rann­te hin­aus – und Vi­tus hin­ter­her.

      »Du mei­ne Gü­te!«, rief An­na aus. »Hof­fent­lich hört das bald auf. Lo­a­na tut mir schreck­lich leid.«

      Vik­to­ria blick­te nach­denk­lich zur of­fen­ste­hen­den Kü­chen­tür. »Ja, das ist wirk­lich schlimm. Aber ich glau­be, das ist ihr egal. Sie ist so über­g­lü­ck­lich. Schließ­lich hat sie jah­re­lang ge­glaubt, kei­ne Kin­der be­kom­men zu kön­nen. Ich neh­me an, da nimmt sie das biss­chen Kot­ze­rei ger­ne in Kauf.« Sie sah zu Le­na, die ge­ra­de herz­haft in ihr Kä­se­bröt­chen biss, und mach­te gro­ße Au­gen. »Ach du Schreck, ent­schul­di­ge bit­te, Le­na. Das war takt­los von mir. Das ist nun wirk­lich kein The­ma fürs Früh­stück.«

      Le­na war schlicht­weg am Ver­hun­gern, wes­halb sie nur mit hal­b­en Ohr zu­ge­hört hat­te, und schluck­te nun den so genüss­lich ein­ver­leib­ten Bis­sen ih­res Bröt­chens has­tig run­ter. »Hm?« Erst jetzt wur­de ihr rich­tig be­wusst, dass Vik­to­ria sie ge­meint hat­te. »Oh, ähm, nein, schon gut. Ich bin nicht so emp­find­lich. Au­ßer­dem ist Lo­a­na ja raus­ge­gan­gen, um zu …«

      Was re­de­te sie denn da? Er­neut wur­de sie rot. Doch als sie die be­lus­tig­ten Ge­sich­ter er­blick­te, auch das von Sen­tran, fiel sie er­leich­tert ins Ge­läch­ter ein und setz­te dann fröh­lich ihr Früh­stück fort. Kur­ze Zeit spä­ter aber hielt sie sich stöh­nend den Bauch. »Ich kann nicht mehr«, jam­mer­te sie.

      »Du kannst mit dei­nen ge­ra­de mal zwei Bröt­chen un­mög­lich schon satt sein«, pro­tes­tier­te Sen­tran. »Au­ßer­dem bist du ein­deu­tig zu dünn, ge­nau wie dei­ne Schwes­ter.«

      »Hey, lass mich da ge­fäl­ligst raus, Sen­tran. Mir reicht es schon, wenn Vik­tor und Vi­tus mich stän­dig mit dem Es­sen gän­geln.« An­na guck­te be­lei­digt drein. »Und über­haupt, was heißt hier: zu dünn? An uns Nell-Schwes­tern ist al­les dran, was dran zu sein hat.«

      Le­na lach­te, als sie Sen­trans be­tre­te­nes Ge­sicht sah. An ihr war in der ver­gan­ge­nen Nacht ganz be­stimmt ge­nü­gend dran ge­we­sen. Das hat­te er ihr aus­gie­big ge­zeigt. Des­we­gen nahm sie sei­ne Hand und drück­te sie zart.

      »Schon gut, An­na, wir sind mit al­lem be­stückt, was wir zum Le­ben brau­chen.« Sie ließ Sen­tran los und hielt sich aufs Neue den Bauch. »Aber jetzt bin ich der­ma­ßen satt, dass ich das Ge­fühl ha­be, es wä­re viel zu viel an mir dran.«

      Sie er­wi­der­te Sen­trans em­pör­ten Blick. »Zwei Bröt­chen, ei­ne Rie­sen­por­ti­on Rührei und Müs­li. Ich bit­te dich, Sen­tran, das kannst du doch nie und nim­mer zu we­nig nen­nen? Ich bin nicht mal die Hälf­te von dir. Du hast aber nicht dop­pelt so viel ge­ges­sen wie ich.«

      »Ver­giss es, Schwes­ter­herz!«, rief An­na ei­lig da­zwi­schen. »Wenn es ums Es­sen geht, sind El­fen und auch Hal­bel­fen äu­ßerst starr­sin­nig. Das scheint de­ren Le­bens­phi­lo­so­phie zu sein.«

      »Es sind die Men­schen, die sa­gen: Es­sen hält Leib und See­le zu­sam­men«, schal­te­te Ke­tu sich ein.

      Le­na hat­te von ih­rer Schwes­ter al­ler­hand An­ek­do­ten und Ge­schich­ten über den El­fen­kö­nig, sei­ne Ver­lob­te und auch über sei­ne sechs Wa­chen ge­hört. Je­den­falls ge­nug, um zu wis­sen, dass Ke­tu zwar zu der zu­rück­hal­ten­den Sor­te Mann ge­hör­te, aber nicht zur gänz­lich stil­len. Of­fen­kun­dig hat­te er sich an ein Sprich­wort aus dem reich­hal­ti­gen Re­per­toire sei­nes ver­stor­be­nen Bru­ders Si­stra er­in­nert und es nun zum Bes­ten ge­ge­ben.

      »Eben, Ke­tu, Es­sen – aber nicht Fres­sen«, kon­ter­te An­na la­chend, wäh­rend vier der Wa­chen als Kom­men­tar ein­mal kurz nick­ten, dann auf­stan­den und hin­aus­gin­gen.

      Ke­tu gab Vik­to­ria einen sanf­ten Kuss. »Kommst du noch mit raus?«, bat er sie.

      »Aber si­cher doch, Ke­tu. Schließ­lich muss ich bis heu­te Abend oh­ne dich aus­kom­men.« Vik­to­ria folg­te ihm nach drau­ßen.

      »Tja, wir soll­ten in die Bi­blio­thek ge­hen, Vik­tor, da­mit sich Sen­tran und Le­na auch un­ge­stört von­ein­an­der ver­ab­schie­den kön­nen.« An­na zog ihn hin­ter sich her. Dann dreh­te sie sich um und sprach Le­na noch ein­mal an, ehe bei­de hin­aus­gin­gen. »Komm doch gleich nach.«

      »Was?«, frag­te Le­na völ­lig über­rum­pelt. »Du musst weg?«

      »Ja, ein Ein­satz im Nor­den«, ent­geg­ne­te Sen­tran und wirk­te nie­der­ge­schla­gen. »Aber heu­te Abend bin ich zu­rück, Le­na, be­stimmt. Wirst du auf mich war­ten?« Sei­ne sil­ber­grau­en Au­gen blick­ten sie so ein­dring­lich an, dass sich ihr Herz au­gen­blick­lich zu­sam­men­zog.

      »Ger­ne«, flüs­ter­te sie und ließ sich noch ein­mal aus­gie­big von ihm küs­sen, be­vor auch er zur Kü­che hin­aus­ging.

      Nach­dem sie al­lein war, be­fand sich Le­na wie in Tran­ce. Sie räum­te den Tisch ab und sta­pel­te al­les auf die An­rich­te. Da­bei war sie der­art tief in ih­ren Er­in­ne­run­gen an die ver­gan­ge­ne Nacht, aber auch den über­ra­schen­den Ab­schied von Sen­tran ver­sun­ken, dass ihr gar nicht auf­ge­fal­len war, wie ei­ne gro­ße jun­ge El­fe den Raum be­tre­ten hat­te und Le­na nun un­ge­dul­dig an­starr­te.

      »Du brauchst das nicht zu tun. Das ist näm­lich mei­ne Auf­ga­be.«

      Er­schro­cken fuhr Le­na her­um und ließ ei­ne Ga­bel fal­len.

      »Mein Na­me ist Eti­ta. Du woll­test doch zu dei­ner Schwes­ter in die Bi­blio­thek.« Eti­ta mach­te mit den Hän­den ei­ne scheu­chen­de Be­we­gung. »Sie er­war­tet dich schon.«

      Le­na war es nicht ge­wohnt, dass an­de­re hin­ter ihr her­räum­ten und noch da­zu in ih­ren Kopf her­um­stö­bern konn­ten. Doch die­se Eti­ta mach­te auf sie den Ein­druck, ihr bes­ser nicht zu wi­der­spre­chen. Al­so er­griff sie die Flucht und mach­te sich has­tig auf den Weg zur Bi­blio­thek.

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