Elle West

Die Partisanen


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zu bedanken. Er lächelte schräg. „Du bist mein Vater. Da hab’ ich kaum eine Wahl.“, sagte er und sein Vater erwiderte das Lächeln.

      Während Orlando durch die Halle schritt, blieb er nur kurz stehen um einen Bediensteten anzuweisen, seiner Mutter und seinen Schwestern seinen Besuch ankündigen zu lassen. Auf der Veranda fand er schließlich Benini. Dieser war der Berater und Vertraute seines Vaters und gemeinsam besprachen sie beinahe alle geschäftlichen Angelegenheiten. Alejandró vertraute Benini seit so vielen Jahren, dass er ihn gleich bei sich hatte einziehen lassen, um ihn jederzeit zu sich rufen zu können.

      „Mein Vater verlangt nach dir.“, sagte Orlando und setzte sich in den Schatten eines Baldachins. Benini schien zu überlegen, ob er noch die Zeit finden konnte, um sein Getränk in Ruhe auszutrinken, entschied sich wegen des skeptischen Blickes Don Orlandos dann jedoch dagegen und eilte sofort zum Büro seines Bosses.

      Orlando überlegte, wie er seinen Eltern eine erneute Abreise erklären könnte, ohne dabei verdächtig zu wirken oder viele Fragen aufzuwerfen. Vielleicht sollte er einfach behaupten, sich einmal frei zu nehmen. Er würde ihnen sagen, dass er nach Griechenland fliegen würde, um dort einen entspannten Urlaub bei Bekannten zu verbringen. Er war sich sicher, dass seine Mutter ihm dies glauben würde und wenn nicht, so hatte sie dennoch keine Ahnung, was ihr Sohn ansonsten vorhatte. Bei seinem Vater war er da nicht so sicher. Allerdings hatte Orlando ihm gerade einen guten geschäftlichen Rat gegeben, der gegen seine eigene Überzeugung war. Und würde sein Vater sich danach richten, wäre er vermutlich erst einmal auf Tage beschäftigt. So oder so, nichts würde ihn abhalten können, in den Irak zu reisen.

      Er hob den Kopf als er aufgeregte Stimmen hörte. Gleich darauf tauchten seine Mutter und ihre Töchter vor ihm auf. Sie umarmten ihn eine nach der anderen.

      Isabella küsste ihren Sohn auf die Stirn und hielt sein Gesicht in ihren Händen, bis er ihre Hände liebevoll, aber entschieden von sich zog. „Wie geht es dir, mein lieber Schatz?“, fragte sie und sah ihn mit leuchtenden Augen an. Er war ihr ganzer Stolz und jeder, der ihre Miene sah, wenn sie ihren Sohn betrachtete, konnte das deutlich erkennen.

      Er blickte sie mit einem sowohl charmanten, als auch verlegenen Lächeln an. „Mama, du tust, als hättest du mich ein Jahr lang nicht gesehen.“, sagte er amüsiert. „Aber es geht mir gut, danke.“

      „Was hast du mir mitgebracht, Orlando?“, wollte Sandrine wissen. Sie fragte es nicht arrogant oder gierig, sondern nüchtern, denn alle seine Schwestern wussten, dass er ihnen von jeder Reise Geschenke mitbrachte.

      Er lächelte all seine Schwestern an und war, obwohl er sie alle liebte, froh, nicht mehr Zuhause zu wohnen. Zwei Männer unter fünf Frauen hatten es einfach nicht leicht. „Die Tasche steht im Esszimmer.“, sagte er. Außer Bonita liefen alle Frauen, einschließlich seiner Mutter, ins Haus um nachzusehen, was er ihnen gekauft hatte.

      Bonita setzte sich neben ihren Bruder und steckte sich elegant eine Zigarette an. „Du siehst irgendwie anders aus, als sonst, Bruderherz. Glücklicher.“, merkte sie, mit aufmerksamen Blick auf ihn, an.

      Orlando lächelte leicht, während er in das hübsche Gesicht seiner neun Jahre jüngeren Schwester sah. Sie hatte die Körpergröße eines Topmodels, war schlank, aber nicht mager und hatte lange, schwarze Haare. Vor ein paar Monaten hatte sie noch Locken gehabt, nun war die Dauerwelle heraus gegangen und ihre Haare waren wieder glatt und gerade geschnitten. Noch dazu trug sie jetzt einen frechen Pony. Orlando wunderte sich nicht, dass sie viele männliche Freunde hatte. Allerdings schätze er sie mehr wegen ihrer Liebenswürdigkeit und ihrer Intelligenz. Noch dazu war sie von all seinen Schwestern am ausgeglichensten und unaufdringlichsten.

      „Und du hast eine neue Frisur.“, sagte er und hoffte, sie würde nicht weiter auf ihn eingehen.

      Doch sie tat es: „Lenk bloß nicht ab.“ Ein Lächeln erschien auf ihrem sanften Gesicht. „Ich sehe dir an, dass du was verheimlichst und ich nehme an, es hat mit einer Frau zu tun. In jeder anderen Hinsicht, würde ich deine Lüge nämlich nicht durchschauen.“

      Orlando lachte. Obwohl sie nichts von seinen geheimen Identitäten und Geschäften wusste, wusste sie, dass er öfter auf Lügen zurückgreifen musste, um sich nicht verdächtig zu machen. „Tja, dann wird es wohl so sein.“, räumte er ein.

      Bonita grinste zufrieden. Obwohl sie keine dumme Frau war, war sie, wie ihre Mutter, der Ansicht, ein geldschwerer, attraktiver und guter Mann wie Orlando musste eine Ehefrau finden, die ihn umsorgte und zu schätzen wusste. Bonita fand, dass man Männer bei Laune halten musste, damit sie nicht im Selbstmitleid ertranken und so hätte sie Orlando gerne verheiratet gesehen, oder auch nur überhaupt mit einer Frau fest liiert, die er nach Hause bringen und ihnen vorstellen wollte. Sie wusste, er lebte nicht zurückhaltend, was Frauen anging, aber doch hatte ihn noch keine Frau an sich binden können. Einmal hatte sich eine ihrer Freundinnen auf ihn eingelassen und er hatte mit ihr geschlafen und sie danach nicht mehr auf diese Weise beachtet. Er hatte ihr vielleicht unwissentlich das Herz gebrochen, aber getan hatte er es dennoch. Bonita selbst wollte ebenfalls die Ehe eingehen, aber bisher hatte sie noch keinen Antrag von dem richtigen Mann bekommen. Es musste ein Mann sein, der nicht nur ihr selbst alles bieten konnte, sondern einer, der auch ihre Eltern überzeugen konnte und auch bereit war, ihnen den Hof zu machen. Nur dann würde sie über die Annahme eines Heiratsantrages nachsinnen.

      Orlando musste ihr die Gedanken vom Gesicht abgelesen haben, denn er sagte gequält: „Hör auf an die Ehe zu denken, nur weil ich an eine Frau denke. Du siehst schon aus wie Bella.“

      „Nenn’ Mama nicht Bella. Sie ist deine Mutter und so solltest du sie auch betiteln.“, tadelte sie sogleich. Er sagte nichts, lächelte jedoch so amüsiert, dass sie ohnehin wusste, was er von ihrer Belehrung hielt. Dennoch ärgerte sie sich nur im Stillen darüber und ging lieber weiter auf seine Zukunft ein. „Wer ist diese Frau, an die du denkst?“

      Orlando lächelte geheimnisvoll. „Das weiß ich auch noch nicht genau.“, antwortete er.

      Bonita machte nun doch eine ärgerliche Miene. „Du verliebst dich in eine Frau –das erste Mal überhaupt- und dann ausgerechnet in eine, die du gar nicht kennst? Ich hatte dich für weniger töricht gehalten.“

      „Wer sagt denn, dass ich verliebt bin?“, sagte er lachend. „Ich denke nur an sie.“

      „Was bei dir ja schon gleichbedeutend ist.“, erwiderte seine Schwester unverzüglich. „Jedenfalls hast du nie zuvor so ausgesehen, wenn du an eine Frau gedacht hast. Irgendetwas Besonderes muss es demnach zwischen euch geben.“

      Orlando lächelte und stellte sich Christinas wunderschönes Gesicht vor. Wie sie ihn angerempelt hatte und ihm danach in die Augen gesehen hatte. Er hatte geglaubt, ein Blitz durchzucke ihn. „Ja.“, sagte er. „Sie ist jemand Besonderes.“

      Bonita blickte ihn forschend an und versuchte vergebens seine Gedanken zu erraten. „Wirst du sie der Familie vorstellen?“

      Orlando lächelte erneut. „Das würde ich vielleicht, wenn sie das denn wollte.“

      „Was denn, es liegt an ihr?“, fragte sie beinahe empört. „Du suchst dir gerade die eine Frau aus, die dich nicht will?“

      „Wenn du wüsstest, Schwesterchen.“, sagte er und erinnerte sich dabei an Christinas Verlobung. „Allerdings muss ich zugeben, dass ich wirklich oft an sie denke. Ich möchte sie unbedingt richtig kennen lernen.“, setzte er hinzu und dachte, dass er ihre Heimat sein wollte. Diese Selbsterkenntnis wirkte beinahe erlösend auf sein Gemüt. Dass seine Möglichkeiten Christina wieder zu sehen, geringer waren als die zufällige Chance einer solchen Begegnung, ließ er dabei außer Acht.

      *

      Christina kam im Haus des Mannes an, der die Hilfsorganisation mit günstigen Medikamenten und Transportmöglichkeiten unterstützte.

      Sie saß mit dem gebürtigen Bosnier in dessen Garten und trank kühle Margaritas. Christina war immer wieder überrascht, wie sehr er sich von seinen Kindern unterschied. Mladen war ein großer und schlanker Mann, eher sportlich als dünn und seine Haut war so braun wie seine Augen. Seine zwei Kinder