Elle West

Die Partisanen


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im russischen Gefängnis von Moskau entdeckt. Da Orlando einen zuverlässigen Fälscher gesucht hatte, hatte Wassilij ihm den Gefangenen empfohlen. Antonio war wegen Urkundenfälschung verhaftet worden. Orlando war nach Russland geflogen und hatte sich die Fälschungen von Antonio angesehen, die Wassilij mit hervorragend bewertet hatte. Und auch er hatte nicht widersprechen können. Also hatte er seinem Landsmann ein Angebot unterbreitet, dass dieser in seiner Situation nicht hatte ablehnen können. Orlando hatte die Kaution hinterlegt und Antonio in sein Heimatland zurückgebracht. Danach hatte der Spanier angefangen, für Orlando zu arbeiten. Er war ohnehin ein Krimineller gewesen, aber nun hatte er auch das Gefühl, dass seine illegalen Machenschaften zumindest einigen Menschen eine Hilfe waren. Und Antonio war kein gewalttätiger Krimineller, weshalb er seine Arbeit unter Orlando noch mehr schätzte. Er war nach Santander gezogen und fühlte sich hier wohl. Es gefiel ihm, Flüchtige aufzunehmen, ihnen zu helfen und ihnen ein neues Leben zu ermöglichen. Dank seiner Freunde führte er nun ein angenehmes Leben und hatte eine Aufgabe, die ihn zufrieden stellte.

      Als Antonio die Tür öffnete und er Orlando sah, erschien ein breites Lächeln auf seinem Gesicht. „Aden!“, rief er und schloss Orlando kurz in seine Arme. Dabei wusste er sehr genau, wie lächerlich er dabei aussah, weil sein Freund mehr als einen Kopf größer als er war. „Kommt rein. Kommt, Dana ist auch schon da.“

      Orlando runzelte fragend die Stirn, weil er angenommen hatte, dass Dana noch arbeitete. Dann zuckte er jedoch die Schultern, weil es ihm eigentlich egal war. Er trat mit Khaled ein.

      Als sie in den oberen Stock kamen und das riesige Büro betraten, blickte Khaled sich voller Ehrfurcht um. Überall an den Wänden befanden sich Computermonitore, von denen die meisten eingeschaltet waren und die unterschiedlichsten Bereiche abdeckten. Khaled sah sofort, dass sich viele von ihnen mit dem Abhören von Konten und Gesprächen befassten. Ein junger Mann, der schlank und sportlich aussah, ging die Monitore ab und überprüfte die Aufnahmen routiniert. Des Weiteren befand sich in der Mitte des Raumes ein großer Metalltisch, der von hellen Lampen bestrahlt wurde. Er erkannte Papiere, Lupen und Pinzetten darauf. Im Lichtkegel saß eine Frau, die mit einer Pinzette hantierte und sich dabei ein Papier zur Hand nahm, welches einem Pass sehr ähnlich sah.

      Khaled war aufrichtig beeindruckt. Hätte er diese Technik in seiner Heimat besessen, hätten die Amerikaner ihn sicher nicht erwischt.

      Dana kam auf Orlando zu und blieb verhalten vor ihm stehen. Ein Lächeln spielte um ihren Mund. „Hi.“, sagte sie. „Ich dachte, es wäre besser, wenn ich schnell her komme, also habe ich Krankheit vorgetäuscht.“, erklärte sie ihr verfrühtes Auftauchen.

      „Hi.“, erwiderte er. „Danke, dass du dir die Zeit so spontan nehmen konntest.“

      „Gern geschehen.“, erwiderte sie. Orlando nickte und wandte sich dann Antonio zu. Nachdem Orlando ihr seine Aufmerksamkeit so schnell wieder entzogen hatte, wendete sie sich nun an den Flüchtling. Sie schüttelte seine Hand und setzte ein freundliches Lächeln auf. „Mein Name ist Dana und ich werde Ihnen beibringen, perfekt Spanisch zu sprechen.“, sagte sie einleitend und noch in seiner Sprache.

      Khaled lächelte und konnte nicht umhin, die hübsche Frau genauer zu betrachten. Sie war von normaler Körpergröße, hatte eine schlanke, wenn auch nicht zu dünne Figur und ein freundliches Lächeln. Sie hatte wohlgeformte Rundungen, sowohl am Busen, als auch am Gesäß. Ihm gefielen Frauen, die Rundungen hatten, wenngleich Dana für seinen persönlichen Geschmack noch zu dünn war. Ihre Haare waren hellbraun und ihre Augen funkelten ihm in Grün entgegen. Als er ihren Blick gegenüber Aden Hall gesehen hatte, war er davon ausgegangen, dass die beiden verliebt waren. Dann war ihm aufgefallen, dass nur sie ihn verliebt ansah, er schien nichts davon zu bemerken und auch nicht unbedingt ähnlich zu fühlen. Khaled fragte sich, wie man einer so süßen Frau wie Dana widerstehen konnte, aber dann nahm er an, dass Männer, die so aussahen wie Aden Hall, sicherlich jede Frau haben konnten.

      „Ich danke Ihnen, das ist sehr freundlich.“, erwiderte er endlich.

      „Der Mann, dort am Tisch,“, sie deutete in die Mitte des Raumes zu dem Sportler, der Khaled bereits zuvor aufgefallen war, „heißt Lorenzo. Er wird Ihnen alle Papiere anfertigen, die Sie benötigen werden.“ Lorenzo und Zoe waren Geschwister und beide ebenfalls hervorragende Fälscher. Diese Kontakte hatte Antonio aufgetan und die beiden im Namen von Aden Hall angeworben. Sie wohnten nun ebenfalls in diesem Haus. „Antonio hier,“, sie zeigte auf den normalgroßen Spanier, der neben Aden Hall stand und sich unterhielt, „wird Ihnen ein Zimmer in diesem Haus zur Verfügung stellen, bis Sie genug Spanisch gelernt haben, um sich zurecht zu finden und bis Ihre Papiere fertig sind.“, erklärte sie ihm ruhig. „Und Zoe wird dafür sorgen, dass Sie nicht mehr wieder zu erkennen sein werden.“ Zoe war eine kleine, zierliche Frau, deren Ähnlichkeit zu Lorenzo sich vor allem in den blauen Augen und der gleichen kleinen Nase zeigte. Augenblicklich war sie dabei, eine Liste durchzugehen, wobei sie sich absichtlich im Hintergrund zu halten schien. Khaled konnte auch bei ihr die Muskeln in den Armen und im Bauch erkennen. Offensichtlich hielten sie und ihr Bruder viel auf Sport.

      „Folgen Sie mir, ich werde Ihnen Ihr vorläufiges Zimmer zeigen. Dort können Sie Ihre Tasche abstellen, nachdem Aden Sie durchgesehen hat.“, fuhr Dana fort.

      Orlando kam zu ihnen herüber. „Das habe ich schon gemacht.“, erklärte er ihr. „Aber von der alten Kleidung werden Sie nicht mehr viel benötigen, Khaled.“, sagte Orlando dann an den Iraker gewandt. „Aber auch darum wird Zoe sich kümmern.“

      Dana nickte bestätigend. Dann führte sie Khaled in sein vorläufiges Zimmer.

      Orlando ging zu Lorenzo herüber. „Wann kannst du das Passbild machen?“, wollte er wissen.

      Lorenzo blickte zu ihm auf und überlegte einen Moment. „Ich brauche es spätestens in drei Tagen.“, antwortete er dann. „Ich hoffe, Zoe hat ihn bis dahin anständig verändert. Ansonsten dauert halt alles ein bisschen länger. Er kommt mir nicht so vor, als wäre er der Staatsfeind Nummer eins.“

      Orlando grinste verstehend. „Aber er ist nervös und ich glaube, es würde ihn beruhigen, wenn er seine neuen Papiere eher früher als später bekommt.“

      Lorenzo nickte. „Drei Tage.“, wiederholte er.

      Nun blickte Zoe von ihren Papieren auf. „In drei Tagen kann ich ihn unmöglich dünn werden lassen.“, sagte sie entschieden. Zwar freute sie sich schon darauf, dem dicken Iraker beim Sport den Schweiß ins Gesicht zu treiben, aber auch damit würde sie keine Wunder bewirken können. „Es sei denn, wir würden eine Fettabsaugung vornehmen und ihm danach den Magen verkleinern, damit er sich nicht wieder fett fressen kann. Ich hab’ mal gelesen, wie diese Eingriffe gemacht werden.“

      In ihrer letzten Aussage war eine Frage enthalten, über die Orlando nur den Kopf schütteln konnte. „Auf keinen Fall, schneidest du an ihm herum, Zoe.“, sagte er entschieden. Zoe war ein Genie und traute sich deshalb prinzipiell alles zu. Allerdings wollte Orlando sie nicht immer in diesen Verrücktheiten unterstützen. Dennoch musste er sich nun das Lachen verkneifen, während Lorenzo sich diese Mühe nicht machte. Seine Schwester war immer sehr direkt und machte somit auch kein Geheimnis aus ihrer Abneigung gegen Fettleibigkeit, wenn diese durchs eigene Verschulden entstanden war. Lorenzo und sie waren Zwillinge und auch er war hochbegabt. Sie waren einander sehr ähnlich, mehr noch in ihrem Charakter als in ihrem Aussehen.

      „Aber du wirst ihn doch soweit verändern können –ohne chirurgische Maßnahmen-, dass er seinem jetzigen Ich nicht mehr sehr ähnlich sieht, oder?“, fragte Orlando schließlich.

      Zoe zuckte die Schultern. „Ich denke schon.“, sagte sie dann. „Wenn diese fürchterliche Brille weg ist, er einen anständigen Haarschnitt hat und drei Tage lang nichts isst und nur Wasser trinkt, könnte ich ihn zumindest etwas anders aussehen lassen, was noch immer weit entfernt von gut wäre. Und was, nebenbei bemerkt, völlig unter meiner Würde ist, Aden. Ich hab’ ’nen scheiß Abschluss aus Berkeley.“

      „Na und? Den hab’ ich auch.“, meinte Lorenzo zu seiner Verteidigung. Die beiden wechselten sich in ihren Aufgaben regelmäßig ab. Dieses Mal war er an der Reihe.

      Orlando musste grinsen. Er kannte