Elle West

Die Partisanen


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dass er sich über die Aufmerksamkeit eines so bedeutenden Mannes aufrichtig freute.

      Orlando stellte fest, dass auch dieser Mann sie Skylla nannte und fragte sich augenblicklich, wie sie nun wirklich hieß. Hatte sie ihm im Flugzeug die Wahrheit gesagt, oder sagte sie nun die Wahrheit? Sie versuchte bereits aus ihrem Namen ein Geheimnis zu machen und dies bedeutete, dass sie Vieles zu verbergen versuchte. Gleichzeitig wurde ihm klar, dass auch dieser Mann nicht wirklich mit ihr verwandt war. Sie hatten keine Ähnlichkeit und auch er schien nicht zu wissen, was sich hinter ihrer Fassade verbarg. Sie war eine Lügnerin und sie hatte mit der Mafia zu tun. Für Orlando machten sie diese Tatsachen noch anziehender.

      „Ich will damit sagen, dass es mir selbstverständlich nichts ausmachen würde, wenn Sie mit meiner Cousine tanzten.“, erklärte Mladen lächelnd.

      Christina warf ihm einen bösen Blick zu. „Glücklicherweise ist das immer noch meine Entscheidung.“, sagte sie verärgert.

      Stephanie nahm ihre Handtasche wieder an sich und lächelte sie unschuldig an.

      Orlando seinerseits achtete nicht auf ihren Widerspruch. Stattdessen griff er ihr schmales Handgelenk und führte sie mit sich zur Tanzfläche, die unter einem großen Baldachin aufgebaut worden war. Als sie zwischen den tanzenden Paaren standen, zog er sie dicht an sich, legte eine Hand an ihr Steißbein und hielt ihre rechte Hand in seiner linken.

      „Du sprichst fließend Spanisch, Christina, aber kannst du auch wie eine Spanierin tanzen?“, fragte er herausfordernd. Er entschied sich, sie Christina zu nennen, weil er geglaubt hatte, bei diesem Namen eine Reaktion hinter ihrer undurchschaubaren Miene zu erkennen.

      Die Musik wurde langsamer, tragischer, passend für einen Tango. „Halt einfach die Klappe und tanz.“, verlangte sie. Als er darüber sein attraktives Lachen aufklingen ließ, musste auch sie lächeln. Sie hasste es, dass er so einnehmend war, so charmant.

      Und dann begann er, sie über die Tanzfläche zu führen und stellte sich auch dabei so talentiert an, dass es sie beeindruckte.

      Bald hatten sie die Aufmerksamkeit aller anderen Tanzpaare auf sich gezogen und auch die anderen Gäste in ihrer Nähe wandten sich ihnen zu, um ihnen beim Tango zu zusehen.

      Dana betrachtete die beiden voller Trauer. Wie er sie berührte und wie er sie an sich zog, war so leidenschaftlich, dass es ihr deutlich vor Augen führte, was er ihr vorenthalten hatte. Und dabei hätte sie alles dafür gegeben, an der Stelle dieser Frau zu sein.

      „Wer ist diese Frau?“, fragte sie Bonita, wandte jedoch den Blick nicht von den Tanzenden ab.

      Bonita lächelte verstehend. „Ich nehme an, sie ist die Frau, in die er sich verliebt hat.“, antwortete sie aufrichtig.

      Dana schüttelte fassungslos den Kopf. „Nur weil er mit ihr tanzt, heißt das noch lange nicht, dass er auch in sie verliebt ist.“, sagte sie, zweifelte allerdings selbst daran. Er sah diese Frau auf eine Art an, die sie noch nie bei ihm gesehen hatte.

      „Vielleicht ist sie es ja nicht.“, sagte Bonita schulterzuckend. „Aber verliebt ist er, das hat er mir selbst gesagt.“

      Dana wandte sich ab. Sie hatte genug gehört und gesehen.

      Orlando zog sie ein letztes Mal an sich und hielt sie so fest, während ihnen die Gäste applaudierten. Er war ganz auf sie konzentriert. Auf ihr Bein, das er am Oberschenkel hielt, sodass sie ihr Knie leichter an seine Hüfte drücken konnte. Auf ihre Brust, die sich unter der angestrengten Atmung verführerisch hob und senkte. Auf ihre Hand, die so auf seiner Schulter lag, dass ihre Fingerspitzen noch seinen Hals erreichten. Ihre Lippen waren so dicht vor seinen, dass es ihm schwer fiel, sie nicht zu küssen.

      „Du bist also doch eine Tänzerin.“, sagte er und erinnerte sich, dass sie über seine Vermutung dazu im Flugzeug gelacht hatte.

      Christina blickte ihn atemlos an. Er war so leidenschaftlich und gab ihr das Gefühl, dass sie es auch sein könnte, wenn sie mit ihm zusammen war. Doch so sehr sie sich auch nach dieser Freiheit sehnte, es gab einfach zu viel in ihrem Leben, auf das sie rational und beherrscht reagieren musste. „Sie können mein Bein wieder los lassen, Don Orlando.“, sagte sie und distanzierte sich bereits durch die Anrede wieder von ihm. Es war nicht gut, dass sie ihn überhaupt an sich heran gelassen hatte. Er sollte nicht noch mehr in ihrem Inneren durcheinander bringen.

      Er grinste schelmisch, gab ihr aber nach. „Wie Sie wünschen, Christina.“, sagte er charmant. „Wir sind jetzt also wieder beim Sie?“, fragte er dennoch.

      Sie lächelte leicht. „Allerdings. Das hier war, ganz sicher, eine einmalige Sache.“, sagte sie und ließ ihn dann stehen.

      Er blickte ihr nach und erkannte, dass sie sich von ihrem Bekannten verabschiedete. Dann entschied er, ihr zu folgen.

      Er lief ihr durch die Halle seines Elternhauses nach und fand sie schließlich draußen an der Straße.

      In dem Moment, da er an sie heran trat, ließ sie gerade ihr Handy wieder in der Handtasche verschwinden.

      Dann wandte sie sich zu ihm um und überraschte ihn damit. Er hatte nicht angenommen, dass sie ihn bemerkt hatte.

      „Warum folgen Sie mir?“, fragte sie ärgerlich. „Ich lege keinen Wert auf Ihre Gesellschaft.“

      „Ich möchte nur in Erfahrung bringen, warum Sie meinen Vater –und mich ja ebenfalls- belügen.“, sagte er, doch seine Blicke straften ihn lügen. Sie verrieten, dass es ihm um sie ging, dass er ihre Nähe um seinetwillen suchte.

      Christinas Augen funkelten ärgerlich. „Versuchen Sie es nur, von mir werden Sie kein Wort hören, das Ihnen dabei eine Hilfe sein könnte.“, sagte sie.

      Er grinste und trat dicht an sie heran. „Was genau ist es, dass Sie verbergen wollen, Christina?“, fragte er leise, forschend.

      Sie blickte ihm unverfroren in die Augen. „Kümmern Sie sich um Ihre eigenen Lügen und Geheimnisse und lassen Sie mich meinem Geschäft nachgehen.“, sagte sie, beinahe drohend. Sie war nicht bereit, seinetwegen alles aufs Spiel zu setzen. „Falls Sie sich tatsächlich um Ihren Vater sorgen, so kann ich Ihnen versichern, dass ich ihn nicht über den Tisch ziehen werde. Er wird von mir bekommen, was er verlangt und ich werde bekommen, was ich verlange. Es wird ein ganz normaler Handel sein.“

      „Ein Handel, der unter falschen Angaben und Vorstellungen geschlossen wird.“, merkte er an.

      „Wissen Sie, Aden…Orlando, wie auch immer Sie wirklich heißen, ich verstehe mein Geschäft und ich hoffe, Ihrem Vater ergeht es ebenso.“

      „Aber was Ihr Geschäft beinhaltet, darüber können Sie nichts sagen?“, fragte er vermutend.

      „Es geht Sie nicht das Geringste an.“, erwiderte sie entschieden. „Und nun halten Sie sich daraus, Orlando. Sie können sicher sein, dass Sie sich nicht mit mir anlegen wollen.“

      Er lachte, weil er sie, auch wenn sie ihm drohte, hinreißend fand. „Vielleicht lasse ich es darauf ankommen, Christina.“, sagte er und trat noch dichter an sie heran. Er streckte gerade die Hand vor, um ihr Gesicht zu berühren, als sie von zwei Lichtkegeln beleuchtet wurden.

      Ein Taxi fuhr vor und hielt vor ihnen an. Sie blickte ihn noch einmal an, dann wandte sie sich um und stieg ins Auto. Und wieder verschwand sie einfach und ließ ihn zurück.

      Er blieb einige Momente auf der Treppe stehen und blickte ins Dunkel. Sie hatte Lügen erzählt und dabei so beherrscht und unscheinbar gewirkt, dass er sicher war, dass sie ganz genau wusste, was sie tat. Sie war eine geübte Lügnerin. Das wusste er so sicher, weil er selbst ein geübter Lügner war. Sein Interesse an ihr wuchs mit jedem Atemzug und nun wollte er herausfinden, warum sie auf ihn von Anfang an gefährlich gewirkt hatte. Er musste mit seinem Vater reden und in Erfahrung bringen, womit diese Lady ihr Geld verdiente. Und er wollte versuchen, bei ihrem morgigen Treffen dabei zu sein.

      Kapitel 5

       Spanien,