Heike Möller

Von Vampiren, Kriegern und Dieben


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ich für die Anderen was hole und ich beobachtet werde, fragen die sich dann natürlich, für wen ich so viel zu Essen hole! Sorry, Freunde. <

      Die Stunde war vorüber und Leilani ging in das Parkhaus, setzte sich in ihr Auto und fuhr langsam und ruhig nach Hause. Zwischendurch sah sie immer wieder in den Rückspiegel, aber ihr fiel nichts Verdächtiges auf. Sie suchte sich einen Parkplatz in der Nähe ihres Wohnhauses, nahm die Tüten aus dem Kofferraum und ging gemütlich auf das Haus zu.

      Eine Harley-Davidson stand vor dem Eingang auf dem Bürgersteig und Leilani ließ erleichtert die Schultern sinken. Sie entdeckte Ben an einer Straßenecke, wie er scheinbar auf jemanden wartete und dabei rauchte und telefonierte.

      Leilani ignorierte Ben und ging in das Haus, die vier Stockwerke hoch. Sie hörte, wie oben die Wohnungstür geöffnet wurde und wurde immer ruhiger. Als sie vor Tristan stand, der sie mit besorgt gerunzelter Stirn ansah, atmete sie erleichtert auf.

      „Geliebte!“, sagte er nur und nahm sie in die Arme. Sie zitterte plötzlich und genoss die Wärme und Geborgenheit, die er ausstrahlte.

      „Alles in Ordnung, Liebster“, flüsterte sie. „Ich glaube nicht, dass mir jemand gefolgt ist.“

      Sie gingen in die Wohnung, gefolgt von Ben, der nahezu lautlos die Treppen hinaufgeeilt war. Im Wohnzimmer saßen Jan und Helena Cerný auf der neuen Couch. Tobias Kerner saß auf einem Esszimmerstuhl, wirkte blass und hochkonzentriert zugleich. Ben setzte sich auf einem zweiten Stuhl, während Tristan Leilani auf den Sessel drückte.

      „Ich war so frei und habe für alle Kaffee gemacht“, sagte Tristan sanft. „Möchtest du auch einen?“

      Leilani schüttelte den Kopf. „Nur Wasser, bitte.“

      Tristan eilte in die Küche und kam mit einem Glas und einer Wasserflasche zurück.

      „Erzähle uns von vorn, was geschehen ist“, forderte er sie auf, während er ihr das Glas mit dem Mineralwasser füllte.

      Leilani erzählte den Anwesenden ruhig ihr Erlebnis von dem Moment an, als Tufek Al´Harq die Büroräume des Bezirksamtes betreten hatte. Sie erwähnte nicht Tristans romantischen Liebesbeweis am Himmel über Berlin; das ging nur sie beide etwas an und hatte nichts mit den Kopten-Kriegern zu tun.

      „Wie lange arbeitest du schon mit dieser Anita zusammen?“, fragte Ben. Er hatte sehr aufmerksam zugehört und sah Leilani sanft an.

      „Seit etwa zwei Jahren. Gleich nach meiner Ausbildung kam ich in das Büro rein.“

      „Und seit wann ist sie mit diesem Tufek zusammen?“

      Leilani überlegte kurz, dann fiel es ihr ein. „Seit etwas über einem Jahr. Sie sagt, sie hat ihn in einem Café kennen gelernt. Sie sind damals ins Gespräch gekommen und irgendwie hat es gefunkt.“

      Die Vampire sahen sich schweigend an, aber Leilani wusste, dass sie in Gedanken miteinander kommunizierten. „Würdet ihr mich bitte einweihen?“, bat sie leise.

      Tristan hatte sich auf die Sessellehne gesetzt und seine Hand streichelte ihren Arm. „Wir überlegen, ob es Zufall sein kann oder ob du observiert wirst. Wenn letzteres, dann fragt sich, warum.“

      Leilani grübelte. „An dir kann es nicht liegen. Wir kennen uns erst seit drei Wochen. Darius wäre eine Möglichkeit, da er auch ein Vampir ist. Aber ich habe bis vor einer Woche nicht einmal gewusst, dass ich diesen Mann kenne, geschweige, dass er ein Vampir ist. Das ergibt keinen Sinn.“

      „Sie hat Recht“, gab Helena zu bedenken und sah Leilani mitleidig an. „Es kann wirklich nur ein Zufall sein. Aber um sicher zu gehen, sollten wir uns vielleicht mit diesem Tufek unterhalten.“

      Leilani durchfuhr es eiskalt. „Ihr werdet ihn doch nicht töten, oder?“

      Helena sah betreten zu Boden und auch Ben vermied es, in ihre Augen zu sehen. Merkwürdigerweise war es Tobias, der sanfte und zurückhaltende Tobias, der Leilani mit einer kalten Ruhe in die Augen sah.

      „Tufeks Tätowierung ist frisch. Das heißt, er ist gerade in den Stand eines Legionärs erhoben worden. Und das wird man nur, wenn man einen Vampir getötet hat und das passt zu meiner letzten Vision.“

      „Deiner … Vision?“

      Tristan seufzte leise. „Tobias sieht in Träumen und Visionen, wenn einer von uns stirbt. Das Ganze fing vor etwa zwei Jahren an. Als Jan dann vor eineinhalb Jahren entführt und gefoltert wurde, hat Tobi aufgrund der engen Verbindung zwischen ihnen seine Qualen regelrecht miterlebt.“

      Leilani sah Tobias mitleidig an. Doch der winkte ab. „Vor etwas über einer Woche sah ich wieder den Tod eines der Unseren. Es ging relativ schnell diesmal. Ein Anzei­chen dafür, dass der Mörder noch frisch in seinem Gewerbe war.“

      „Das muss furchtbar für dich sein“, wisperte Leilani. „Wie hältst du das aus?“

      Tobias lächelte sie an. Er mochte sie immer mehr, war froh, dass Tristan diese Frau an seiner Seite hatte, „Ich habe eine Frau, die mich liebt und mir Kraft gibt. Und ich habe Freunde, die mich unterstützen. Und ich lebe in dem Glauben, dass meine Gabe hilfreich ist. Manchmal können wir einen der Unseren rechtzeitig finden und befreien.“

      Leilani sah zu Tristan hoch und bemerkte seine zusammengekniffenen Lippen. „Die Frau, die du und Ben auf Kreta befreit habt. Wusstet ihr durch Tobi davon?“

      Tristan sah sie an und nickte. Dann küsste er sie sanft auf die Stirn.

      Ein Handy klingelte und Ben ging ran.

      „Danke, Rup. Ich melde mich wieder.“ Er klappte das Handy zu und sah seine Freun­de nachdenklich an. „Rupert hat mir gerade die Adresse durchgegeben, unter der Tufek Al´Harq gemeldet ist. Offensichtlich wohnt er nur ein paar Häuserblocks von deiner Kollegin Anita Kollwitz entfernt.“

      „Das ist das, was Anita mir auch einmal gesagt hat“, bestätigte Leilani. „Ich glaube nicht, dass sie etwas damit zu tun hat. Bitte, haltet sie da raus.“

      Ben lächelte milde. „Wir werden sie sanft scannen und danach die Erinnerung an uns aus ihrem Gedächtnis löschen. Wenn sie wirklich unschuldig ist, hat sie überhaupt nichts zu befürchten. Was Tufek betrifft, kann ich dir keine Garantien geben. Es hängt davon ab, wie viele er von uns getötet hat. Versuch uns bitte zu verstehen, Lani.“

      Leilani sah Ben in die eisblauen Augen. Der sanfte Riese war kein kaltblütiger Mörder, das wusste sie. Sie war schon tief in diese Welt eingetaucht. Zu tief, als dass sie jetzt moralische Bedenken äußern konnte.

      „Ich verstehe euch. Und ich akzeptiere und respektiere eure Beweggründe. Wie werdet ihr jetzt vorgehen?“

      „Nun, Tris wird hierbleiben und wir …“ Jannik Cerný hatte sich schon fast erhoben, als Tristan ihn zurückhielt.

      „Kommt überhaupt nicht in Frage!“, zischte Tristan und seine grünbraunen Augen blitzten empört auf. „Ich werde mitkommen und euch helfen.“

      Jan schüttelte den Kopf. „Wir sind drei erfahrene männliche Vampire und Helena kann Übung im Scannen brauchen. Und jemand muss auf Lani aufpassen. Nur für den Fall, dass Tufek auf die Idee gekommen ist, dass ihr plötzlicher Aufbruch in dem Büro doch etwas mit seinem Tattoo zu tun haben könnte.“

      Ben stand auf und streckte sich ein wenig. „Jan hat Recht, mein Freund“, sagte er sanft. „Wer kann Leilani besser beschützen als du? Wir melden uns bei dir und geben dir Bericht, einverstanden?“

      Tristan stand da und wusste nicht so recht, was er tun sollte. Bisher war er derjenige gewesen, der immer und überall an vorderster Front kämpfte. Aber vielleicht war es an der Zeit, auch andere zum Einsatz kommen zu lassen.

      „Okay“,