Heike Möller

Von Vampiren, Kriegern und Dieben


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Darius.“ Leilani wunderte sich über sich selbst: sie verspürte keine Panik, keine Wut. Sie war neugierig, was der Mann von ihr wollte. Also setzte sie sich auf die Couch ihm gegenüber und schlug ihr Bein über das andere, sah den Vampir abwartend an.

      „Du hast keine Angst?“, fragte Darius leise.

      Leilani lächelte bitter. „Ich habe ´ne Scheißangst, Darius. Aber ich bin auch neugie­rig. Was wird das hier?“

      Darius hob jovial seine Hände. „Ich wollte meinem Mädchen mal einen Besuch abstatten.“

      Leilani ließ einen verächtlichen Laut hören und deutete auf die Leibwächter. „In Begleitung der `Three Stooges´? Du hättest anrufen können, dann hätte ich Tee gemacht und Plätzchen serviert.“

      „Pass auf, was du sagst!“, zischte der linke, hagere Typ und fletschte seine ausge­fahrenen Eck- und Schneidezähne. Er hatte einen schweren Akzent und Leilani tippte auf Arabisch oder zumindest in diesem Lebensraum ansässig.

      „Nicht doch, Kam-al.“ Darius hob seine Hand, drehte sich aber nicht zu seinem Lakaien um. „Leilani ist verwirrt, verängstigt und wütend. Es ist in Ordnung, dass sie sich so äußert. Zumindest im Moment.“

      Leilani versuchte einzuschätzen, was in Darius vorging, aber sie konnte es nicht. „Kann ich mir ein Glas Wasser holen? Ich habe einen trockenen Mund.“

      Darius lächelte. „Wie unaufmerksam von mir. Jassid, bist du so nett und holst ihr etwas Wasser?“ Darius hatte seine Worte an den Schrank aus der Küche gerichtet, der sich neben Leilani platziert hatte. Der Mann nickte und ging wortlos in die Küche, kam etwas später mit einem Glas und einer Wasserflasche zurück.

      >Stil haben sie ja, das muss ich sagen. < Leilani goss sich mit zitternder Hand etwas Wasser ein und trank in kleinen Schlucken, während sie von den Männern beob­achtet wurde.

      „Danke, mein Kind“, sagte Darius.

      Leilani stutzte einen Moment, dann wusste sie, was ihr Stiefvater meinte. „Es wäre nett, wenn du meine Gedanken nicht lesen würdest. Das gilt natürlich auch für deine … Männer.“ Ihr fiel kein Wort ein, was nicht eine beleidigte Reaktion des Linken nachgezogen hätte. Also nahm sie das neutralste Wort und verpackte es in tiefster Verachtung.

      „So feurig und tapfer.“ Darius sog ihren Duft ein und ein breites Lächeln legte sich auf sein Gesicht. „Du bist also keine Jungfrau mehr. Kadian?“

      Einen Moment überlegte Leilani, ob sie ihn anlügen sollte, aber das würde nichts bringen. Darius war zu erfahren um die Lüge zu erkennen, das wusste sie.

      „Mit Freuden, Darius. Mit Freuden.“

      Die saphirblauen Augen blitzten kurz schwarz auf, dann hatte sich der Mann wieder in seine Gewalt. „Eigentlich habe ich damit gerechnet, dass er dich schon in der ersten Nacht, als du bei ihm eingebrochen bist, vergewaltigt. Oder tötet. Oder beides.“

      Leilani lachte auf. „Da sieht man doch, wie wenig du über Tristan weißt.“

      Die Wangenmuskeln von Darius zuckten kurz. „Ist auch nicht mehr wichtig. So, wie es jetzt ist, ist es sogar viel besser.“

      Leilani trank einen Schluck und stellte das Glas auf den Tisch. „Wie meinst du das?“

      „Nun, offensichtlich ist er in dich verliebt. Und damit habe ich ihn in der Hand.“

      Lange sah Leilani ihren Stiefvater an, dann schüttelte sie den Kopf. „Warum, Dari­us?“, fragte sie leise. „Warum hasst du ihn so sehr. Nach allem, was du ihm angetan hast, was er durchlitten hat, verfolgst du ihn immer noch. Er hat dir doch nicht als einziger eine Niederlage beschert.“

      Darius lächelte wieder. „Ah! Er hat dich in alles eingeweiht. Hat er dir auch erzählt, was wir vor seiner Wandlung mit ihm angestellt haben?“

      Leilani sah in die kalten Augen des Mannes, der ihr einst so vertraut war. „Ja, hat er. Wir haben keine Geheimnisse voreinander.“

      Darius lachte leise. „Das glaubst du. Hat er dir erzählt, dass er regelmäßig eine Nutte aufsucht?“

      Leilanis Herzschlag setzte für einen Moment aus, dann beruhigte sie sich wieder. „Wenn das stimmt, dann war das bestimmt, bevor wir uns ineinander verliebten. Tristan würde mich nie betrügen, dass weiß ich.“

      Darius sah sie prüfend an, erkannte, dass ihre Meinung über Tristan Kadian feststand. „Du fragtest, warum. Nun, weil ich ihn hasse. Nach seiner Wandlung ist er wie ein Komet aufgestiegen, hat es zu Ansehen und Ruhm gebracht. Das hatte ich nie für ihn vorgesehen.“

      Leilani lachte, lachte und konnte nicht mehr aufhören. Darius sah sie zuerst fragend, dann wütend an. „Hör auf!“, schrie er.

      Leilani beruhigte sich allmählich, kicherte aber noch. „Oh, Dada. Wie armselig du doch bist. So voll Neid.“

      Der Hagere, Kam-al, schoss auf Leilani zu und packte sie an der Kehle. In einem ersten Impuls wollte sie sich wehren, untersagte es sich dann aber und starrte den Mann nur an.

      „Kam-al!“ Darius´ scharfe Stimme pfiff den Hageren langsam zurück, aber der Blick aus den schwarzen Augen war mehr als eindeutig. Immer würde Darius ihn nicht zurückhalten können. Leilani rieb sich den malträtierten Hals und sah keuchend ihren Stiefvater an.

      „Und was jetzt? Tötest du mich persönlich oder überlässt du das deinen Hand­langern?“

      Darius schien zu überlegen, dann spitzte er die Lippen. „Im Moment bist du lebend von großem Wert. Ich nehme dich mit, in meine Heimat.“

      Leilani zog die Brauen hoch. „Du glaubst doch nicht, dass ich dich so einfach begleite, oder?“

      „Nein. Aber ich appelliere an deine Vernunft.“

      Spöttisch lächelte Leilani. „Oh ja. Ich werde sehr vernünftig am Flughafen alle Menschen zusammen brüllen.“

      Darius lachte trocken. „Das ist meine Kleine. Eine Kämpfernatur. Und so klug! Und weil du so klug bist, wirst du uns ohne Schwierigkeiten zu machen begleiten.“

      Leilani fühlte einen Druck in ihrem Kopf und wusste, dass Darius versuchte Kon­trolle über sie zu erlangen. Sie wehrte sich, kämpfte dagegen an.

      „Sieh mal einer an. Ich habe keinen Einfluss mehr auf dich. Aber vielleicht kannst du dich nicht gegen alle wehren.“

      Der Druck in Leilanis Kopf nahm sprunghaft zu und sie erkannte, dass Darius´ Hand­langer ihre Fähigkeiten gegen sie einsetzten. Sie keuchte, ihre Hände krallten sich in die Couch, sie versuchte sich dagegen zu wehren.

      „Wehre dich nicht, Lani“, sagte Darius sanft und die Sanftheit seiner Stimme strafte seine Taten und Worte Lüge. „Ich brauche dich noch. Also komm´ mit uns.“

      Obwohl Leilani es nicht wollte, stand sie auf, ließ sich von dem Hünen, Jassid, an der Taille umfassen. Darius stand auf und nahm ihre Handtasche, öffnete sie und holte das Handy von ihr raus.

      „Das werde ich noch brauchen können“, murmelte er und ließ es in seine Jacke gleiten. Dann nahm er ihre Papiere hinaus. „Wo ist dein Reisepass?“

      „Im Arbeitszimmer“, antwortete Leilani ohne es zu wollen. „Schreibtisch. Oberste Schublade rechts.“

      Der dritte Leibwächter, der bisher kein Wort gesagt hatte oder sich zu einer Regung hatte hinreißen lassen ging in Leilanis Arbeitszimmer. Kurz darauf kam er mit dem Reisepass in der Hand wieder heraus, händigte ihn seinem Herrn aus.

      „Komm, meine Sonne. Ich habe große Pläne mit dir“, sagte Darius und ging, gefolgt von Leilani und den drei Leibwächtern, aus der