Iris Schneider

Kampf den Schatten


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hast du auch noch ein paar warme Socken von mir herumfliegen“, sagte sie verhandelnd.

      „Du meinst wohl meine warmen Socken“, bestand ich auf mein Recht.

      Sie setzte sich auf ihren alten Platz auf dem Sofa

      Du kannst mir ruhig einen Kaffee machen, ich geh ja gleich wieder“, sagte sie weinerlich gespielt.

      Ich schaute Tatjana einen Augenblick an. Sie war mit ihrem Handy beschäftigt. Ich fand sie immer noch sehr hübsch, aber ihr egoistischer und fordernder Charakter übertünchte meine letzte Hoffnung und das scheinbar Gute, was mich am Anfang bei ihr geblendet hatte, war nur brüchige Fassade gewesen. Widerwillig kochte ich Kaffee.

      „Hast du eigentlich kein Taktgefühl im Leib?“

      „Doch, aber ihm ist kalt hier in Deutschland, weil er von Tunis ja ganz andere Temperaturen gewohnt ist.“

      „Soll er doch einen von deiner Oma anziehen, oder sich woanders einen Pullover herholen“, sagte ich sauer.

      „Wie bist du denn drauf, nur weil er so friert?“

      Mir platzte langsam der Kragen. Jetzt hatte ich mich schon von ihr getrennt und nun schlürfte sie meinen eigenhändig gekochten Kaffee und forderte wegen eines dahergelaufenen tunesischen Ehemannes, auch noch meine besten Pullover von mir.

      „Hast du nun einen oder hast du keinen?“, drängte sie energischer.

      Ich musste husten. Vor lauter Penetranz und Respektlosigkeit. Ich wollte eigentlich ruhig bleiben, aber ich explodierte wie eine alte Dampfmaschine.

      „Raus!“, sagte ich kurz und schmerzlos und stand vorne an der geöffnete Eingangstür wie ein Zinnsoldat. „So warst du schon immer. Deshalb bin ich auch gegangen!“, schrie Tatjana wütend

      „Gegangen worden!“, korrigierte ich scharf.

      „Hier würde ich so und so vor Kälte sterben!“, zischte Tatjana Feuer speiend meine unschuldige Flurgarderobe an und rauschte erhobenen Hauptes an mir vorbei. Gekonnt trat ich hinter ihr die Tür leger mit dem Fuß zu. Wie konnte ich so etwas nur geliebt haben? Mir war elend zumute und nach Reden und Ausheulen bei jemandem. Ach, Mira. Sie wird wohl immer meine Traumfrau bleiben. So etwas ist eine Rarität und gibt es nicht im üblichen Handel. Mein Handy meldete sich. Schon wieder Tatjana? Mit Sicherheit ist sie es. Dabei hatte ich ihr doch einen bestimmten Song als Klingelton im Handy eingerichtet. Sie hat ihre Nummer mit Sicherheit unterdrückt. Wütend nahm ich mein Handy und schrie es an:

      „Du hirnverbrannte Kuh, du! Jetzt reicht es mir langsam mit deiner Penetranz und Aufdringlichkeit!“, fauchte ich feucht mein Handy an.

      „Wie bitte?!“, hörte ich eine geschockte männliche Stimme.

      „Aber was habe ich dir denn getan?“

      „Hallo..., wer ist denn da...?“

      „Fred, nur der alte Fred.“

      „Oh, entschuldige bitte, Fred, ich dachte, es wäre wieder sie.“

      „Du liebe Güte, hast du ein Temperament am Leib“, sagte Fred fast beleidigt. „Ich wollte dich nur fragen, ob du Lust auf ein Bier hast. Ich sitze auf dem Marktplatz bei Olli.“

      Und ob ich Lust hatte. Außerdem musste ich einfach mal wieder raus. Wie lange hatten wir uns in der gemütlichen Dorfkneipe „Bei Olli“ nicht mehr getroffen.

      „Ja, ich komm Fred, bis gleich.“

      Ich ließ alles stehen und liegen und machte mich auf den Weg.

      Als ich dort ankam, stand schon mein Bier auf dem Tisch in unserer alten Lieblingsecke am Fenster.

      „Wie geht es dir denn, Wulf?“

      „Ganz gut Fred“, log ich.

      Wir hoben die Gläser und stießen an.

      „Bist du sie endlich los?“

      „Wen meinst du?“

      „Na, diese Kuh, mit der du mich eben betitelt hast.“

      „Ja, ja, sie ist weg“, sagte ich gelangweilt.

      „Du bist nicht bei der Sache, Wulf. Was ist los mit dir?“

      Was verstehst du schon von den Gefühlen, die mich martern. Außerdem würdest du mich für bekloppt halten, wenn ich dir jetzt von Mira erzählen würde, lieber Alfredo.

      „Sie wird mich nicht mehr belästigen.“

      „Ihr wart einfach zu unterschiedlich, Wulf. Sei froh, dass du sie los bist.“

      Ich guckte zum Fenster raus und sah die Abendsonne hinter den Häusern versinken. Wie romantisch.

      „Komisch, du benimmst dich so, als wenn du in die dumme Kuh noch verknallt wärst“, stellte Fred fest.

      Was sollte ich ihm erzählen? Dass ich mich in eine Traumfigur verliebt habe und es mich deshalb gepackt hatte? Unschuldig zog ich meine Augenbrauen hoch und zuckte mit den Schultern.

      Fred ging zur Bar um zu telefonieren. Im gleichen Augenblick sah ich durch das Fenster draußen auf dem Marktplatz eine junge Frau an der Bushaltestelle stehen. Sie besaß eine frappierende Ähnlichkeit mit Mira. Wie benommen stolperte ich hinaus. Als ich aus der Tür kam, stieg sie gerade in einen Linienbus ein.

      „Mira!“ rief ich lautstark über den Marktplatz und lief so schnell ich konnte dem Bus ein Stück hinterher. Was machte ich denn nur? Ich konnte doch nicht einer Traumerscheinung hinterherlaufen. Außerdem gab es vielleicht viele, die so aussehen wie sie. Nein, Mira gibt es nur einmal. Mein Traum hatte mir bestimmt etwas zu sagen. Sie ist für mich real. Das Medaillon, das Mira mir gegeben hatte, war der Beweis. Enttäuscht setzte ich mich einen Augenblick auf die Bank an der Haltestelle, an der sie eben noch gestanden hatte. Es gibt keine andere Frau, die Mira so ähnlich sein konnte. Außerdem darf es das auch gar nicht geben, sonst wäre ja alles tatsächlich nur ein Traum gewesen. Ich werde jetzt jeden Tag hier sitzen. Von morgens bis abends. Ich glaube einfach an sie. Ich ging zurück zu Fred.

      „Was war das denn gerade?“, fragte Fred ein wenig spöttisch.

      „Ich hatte gedacht, es war eine Bekannte.“

      „Du bist mir so eigenartig geworden, Wulf.“

      „Fred, wir sollten öfters mal wieder hier sitzen und zusammen quatschen“, sagte ich ablenkend.

      „Klar, können wir machen. An mir lag es nicht, dass wir uns so lange nicht gesehen haben.

      „Ich hole mir eben was zum Qualmen“, sagte ich nervös und schlenderte zum Zigarettenautomaten. Danach, ging ich noch ein paar Meter weiter zum Blumenstand. Die Frau, die ihn führte, hatte noch geöffnet und bot lauthals ihre letzten Blumen an.

      „Junger Mann, auch ein paar letzte Stängel? Für nur die Hälfte. Deine Frau wird sich sicherlich mal über solch nette Blümken freuen!“

      Bitte, Mira, die sind für dich. Ganz allein. In Liebe gekauft. Ich wusste, dass du doch noch kommen würdest.

      Ich kaufte einen Strauß rosa Rosen und strahlte dabei übers ganze Gesicht.

      „Hören Sie, junge Frau“, fragte ich freundlicher, denn.je.

      „Ick bin janz Ohr, junger Mann“.

      „Sie stehen hier doch jeden Tag und wissen doch, wer so kommt und geht, hier auf dem Platz. Bei Sonnenschein und bei Regen...“

      „Warum quatschte denn so kompliziert“, unterbrach sie mich.

      Frag doch gleich die alte Lore, wer sie war?“

      Ich wurde tatsächlich verlegen. Und das noch in meinem Alter. Vielleicht benehme ich mich ja tatsächlich schon sehr auffällig?

      „Ich habe dich gerade hinter dem Bus her hetzen sehen“, grinste Lore breit.

      „Du bist ja ganz schön in sie verknallt, was?“