Norbert Buchner

Erwärmung und Wohlstand oder Abkühlung und Verfall


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in einer für Trockenheit anfälligen Region so stark zusetzte, dass sie den bald einsetzenden großen klimatischen Wiederaufschwung nicht mehr erreichen konnte. Das war dann aber eine Chance für die Ausbreitung der Obed-Kultur aus dem Süden, welche den hier zeitweise notwendig werdenden Bewässerungs-Ackerbau schon seit langer Zeit beherrschte. Lit. 13.5

      Das frühe Südmesopotamien im Aufschwung: das Jüngere Obed

      In der frühen klimatisch sehr wechselhaften Obed-Periode war im Süden Mesopotamiens die Obed- Kultur aufgetaucht; sie war aber auf den Süden Mesopotamiens beschränkt geblieben. Nach Untersuchungen des deutschen Forschungsschiffes Meteor im Persischen Golf an Sedimenten, welche aus Mesopotamien eingetragen worden waren, begann die Trockenheit in Mesopotamien um die Jahrtausendmitte einem feuchteren Klima Platz zu geben. Diese Klimaverbesserung schuf dann die Voraussetzung für ein Anwachsen und Erstarken der Bevölkerung und eine territoriale Expansion. Um 5400 v.Chr. hatte sich dann mit einer überwiegend fruchtbaren warmen Feuchtphase ein längeres Klimaoptimum eingestellt. Obwohl das Meer im Persischen Golf weiter anstieg und weiterhin Land verschlang und damit weiter Flüchtlinge ins Land drängten, überwogen nun die günstigeren Faktoren. Dieser Bevölkerungszuzug mag nun auch zur territorialen Expansion beigetragen haben. In der Periode Obed 2 breitete sich daher die Kultur des Südens, welche seit langer Zeit die Bewässerungswirtschaft beherrschte, zunächst nach Mittelmesopotamien und nach dem Osten in die Region von Susa vor dem Zagros-Gebirge aus und gegen Ende des 6. Jahrtausends v.Chr. auch nach dem Norden, in den bisherigen Bereich der Halaf-Kultur, deren Regenfeldanbau um eben diese Zeit wegen der wieder um sich greifenden Trockenheit in eine Krise geriet.. Die Obed-Menschen aus dem Süden beherrschten ja die Bewässerungskultur! In der Folge findet man die typischen dreiteiligen Häuser aus Lehmziegeln mit einem großen Mittelsaal und mehreren kleineren Räumen in den Flügeln in ganz Mesopotamien. Sie entwickelten sich sogar zu monumentalen Bauten weiter, welche auf künstlichen Terrassen errichtet wurden. Erstmals hatte man ein solches Bauwerk auf einer Terrasse wieder im religiösen Zentrum des Südens, in Eridu, gefunden.

      In dieser langen Zeit scheinen sich auch überregionale Zentren mit großen Gemeinschaftsräumen herausgebildet zu haben. Gegen Ende des 6. Jahrtausends v.Chr. liegen sogar Zeichen für das Entstehen einer Gesellschaft mit Statusunterschieden vor, also für eine Hierarchisierung, und die neue Gesellschaftsordnung entwickelte sich in der Folge immer weiter. Große monumentale Bauten konnten wohl auch nicht ohne zentrale Autorität errichtet werden! Die Siedlungen wurden immer größer und manche erreichten eine Fläche von etwa 10 Hektar. Man fand auch Hinweise auf Organisation und Registratur, nämlich Zählzeichen aus gebranntem Ton, und Stempelsiegel, die in Ton eingedrückt wurden und als Eigentums- oder Herkunftsangabe wie auch als Verschlusssicherung dienten. Sie sind wie die Zählzeichen Vorläufer des späteren sumerischen Schriftsystems.

      Das südliche Mesopotamien war also die Keimzelle der frühen kulturellen Entwicklung des Obed in Mesopotamien und der gesamte Nahe Osten bis nach Anatolien erlebte in einer langen Gunstperiode des Klimas dann eine ähnliche Entwicklung. Die Menschen aus dem Golf hatten ihre Heimat durch die Flut verloren und sie kamen als arme Flüchtlinge im Süden Mesopotamiens an; nach einer langen von Mühen beladenen Anlaufperiode führte aber später eine lange überwiegend fruchtbare Zeit wieder zur Vermehrung der Bevölkerung, zu kultureller Erholung und zu Weiterentwicklung, Wohlstand und territorialer Expansion. Die Erfahrungen, die ihre Ahnen in der Ebene im Golfmeer vor seiner Überflutung erworben hatten, waren dabei hilfreich. Sie wurden in ihren Erzählungen auch bewahrt bis in eine Zeit, in welcher die Menschen dann das Schreiben erlernt hatten. Lit. 13.6

      Ausbreitung einer bäuerlichen Kultur auf der iranischen Hochebene

      Die iranische Hochebene mit einer mittleren Höhenlage von etwa 1500 Metern über dem Meer wies in den Kaltphasen der Eiszeit ein lebensfeindliches Klima auf. Erst nach einer genügenden Wiedererwärmung nach dem Kälterückfall der Jüngeren Dryas wurde die Hochebene für die Menschen wieder interessant.

      Die Besiedelungsgeschichte des iranischen Raums ist wohl nur vor dem Hintergrund der Vertreibung der Menschen aus der Golfebene durch mehrere Fluten zu verstehen. Die Menschen auf der iranischen Seite des Golfmeers gelangten nach ihrer Vertreibung aus den Uferbereichen über die Passagen der Flüsse, die in den Golf mündeten, allmählich auf das iranische Hochland. Eine wichtige erste Pforte war die weite Bucht von Bandar Abbas im Osten mit ihren zahlreichen Zuflüssen. Ein anderer bedeutender Pfad der Ausbreitung war der spätere elamische Königsweg, eine Querpassage vom Tiefland in Khusistan (Susiana) am Nordwestende des Golfmeers durch teils weite und fruchtbare Zagrostäler auf die Hochfläche der Persis. Es stimmt nachdenklich, dass zwei so gegensätzliche Landschaften, das heiße und wasserreiche Tiefland der Susiana, welches wenig über Meeresniveau liegt, und die kühlere Hochfläche der Persis in etwa 1500 Meter Höhe mit einer Verbindung quer durch den Zagros später zum ersten Reich auf persischem Boden werden konnten, des Reiches von Elam, welches schon in der Bibel erwähnt ist. Dies ist wohl nur geschichtlich aus der Zeit der Besiedelung her zu verstehen. Von diesem Gebiet ging auch eine Expansion nach Indien aus, wie dies die schon erwähnten genetischen Untersuchungen gezeigt haben.

      Natürlich haben auch andere Flüsse aus dem iranischen Zagros-Gebirge als Wanderwege auf das iranische Hochland gedient, wie Nebenflüsse des Tigris, Karun und Dez, welche die Menschen in die Region von Hamadan am Nordostrand des Zagros-Gebirges und weiter an den wasserreichen Fuß des Elburs-Gebirges in die Gegend von Teheran gelenkt haben.

      Der riesige iranische Raum ist bis heute archäologisch noch relativ unzureichend erforscht. Zunächst galt die Aufmerksamkeit der Archäologen im Orient vor allem den in der Bibel erwähnten Stätten und Gegenden sowie den großen Kulturen in der Zweistromebene von Euphrat und Tigris. Lediglich Susa im Osten der sumerischen Ebene wurde schon früh untersucht. Auf der persischen Hochebene und im Zagros lagen archäologische Schätze auch vielfach offen zu Tage, wie die Ruinenstadt Persepolis auf der Persis und die in Felswände gehauenen Gräber der Achämeniden-Könige oder auch große bildliche Darstellungen, wie das Siegesrelief des Darius bei Bisotun oder die Reliefs in Felswänden in den Grotten von Bostan entlang einer Karawanenstraße. Deshalb unterzog man sich dort erst ziemlich spät der Mühe von Ausgrabungen von Ruinenhügeln. Wie schon erwähnt sind in der Gegend von Shiraz und Persepolis von den rund 350 bekannten Ruinenhügeln (Tepes) nur ganz wenige bis zur untersten Schicht erforscht. Überdies wurde die archäologische Forschung dann durch die islamische Revolution und den achtjährigen Krieg zwischen Iran und Irak (1980 – 88) für längere Zeit unterbrochen. Wegen der anhaltenden politischen Unsicherheiten hat sich auch das Deutsche Archäologische Institut (DAI) wieder aus Teheran und auch aus Bagdad zurückgezogen und betreibt dort nur noch zusammen mit einheimischen Partnern Forschung. Ungeahnte archäologische Schätze sind so wohl bis heute noch unentdeckt geblieben.

      Im Tiefland der Susiana nimmt man nach dem heutigen Stand der Kenntnis eine Besiedelung seit etwa zehntausend Jahren an. Im Hochland, wie der wasserreichen Gegend von Teheran am Fuß des Elburs-Gebirges, sind die ersten Siedlungen etwa tausend Jahre jünger. Ein langes Klimaoptimum ab etwa 7500 v.h. führte dann wie anderswo auch in den fruchtbaren Zagros-Tälern und auf der iranischen Hochfläche zu einer starken Bevölkerungzunahme, verbunden mit einer Expansion von Menschen und Siedlungen. In dieser Zeit breitete sich – in frappierender Parallele zur Expansion der bandkeramischen Bauern in Europa – auf der iranischen Hochebene der Ackerbau über das gesamte damals brauchbare Gebiet aus. Die Häuser aus Lehmziegeln waren zunächst recht klein und sie zeigten einen zellenartigen Aufbau und auch die Siedlungen beanspruchten nur ein kleines Areal. Nach einem halben Jahrtausend mit überwiegend fruchtbarer Zeit, um 7000 v.h., zog sich der Ackerbau dann mit einem dichten Netz von Dörfern von den Gebirgstälern südlich von Kerman im Süden der Hochebene durch die ganze Hochfläche nach Norden bis in das südliche Turkmenistan. Seine Zentren lagen am wasserreichen Fuß von Gebirgen und in den fruchtbaren Tälern des Zagros. Wie bei den Bandkeramikern in Mitteleuropa wirkt auch die im weiten Raum des Iran angetroffene Kultur lange Zeit recht einheitlich, sowohl hinsichtlich der Bauweise der Häuser und der Dörfer als auch in Bezug auf die verwendeten Rohstoffe, von Dekors und Schmuck, von Werkzeugen und angepflanztem Getreide. Auch die Art der Bestattung – auf der Seite liegend, mit Grabbeigaben neben dem Kopf oder Körper –